Historische SMBl. NRW.
Aufgehoben durch Runderlass vom 4. Oktober 2018 (MBl. NRW. S. 593).
Historisch:
Messung, Beurteilung und Verminderung von Erschütterungsimmissionen Gem. RdErl. d. Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - V B 2 - 8829 (VNr. 4/00), d. Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr – IV A 6 – 46-63, u. d. Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport – II A 4 – 850.1 v. 31.7.2000
Messung, Beurteilung und Verminderung
von Erschütterungsimmissionen
Gem. RdErl. d. Ministeriums für Umwelt und Naturschutz,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz - V B 2 - 8829 (VNr. 4/00),
d. Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr – IV A 6 –
46-63,
u. d. Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport – II A 4 – 850.1
v. 31.7.2000
1 Geltungsbereich
2 Schädliche Umwelteinwirkungen durch Erschütterungen
2.1 Schädlichkeit von Erschütterungseinwirkungen
2.2 Messung und Beurteilung von Erschütterungseinwirkungen
3 Immissionswerte
3.1 Einwirkungen auf Gebäude
3.2 Einwirkungen auf Menschen in Gebäuden
4 Hinweise zur Beurteilung
4.1 Einwirkungen auf Gebäude
4.2 Einwirkungen auf Menschen in Gebäuden
5 Erschütterungen bei Baumaßnahmen
5.1 Einwirkungen auf Gebäude
5.2 Einwirkungen auf Menschen in Gebäuden
6 Verminderung von erheblichen Belästigungen durch
Erschütterungsimmissionen
6.1 Aktive Schutzmaßnahmen
6.2 Ausbreitungsweg
6.3 Passive Schutzmaßnahmen
6.4 Maßnahmen zur Verminderung erheblicher Belästigungen insbesondere bei nur
vorübergehend betriebenen Anlagen (z.B. Baustellenanlagen)
Anhang: Beispiele und Tabellen
Geltungsbereich
Dieser Erlass dient dem
Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen
Umwelteinwirkungen durch Erschütterungen sowie der Vorsorge gegen schädliche
Umwelteinwirkungen durch Erschütterungen. Er enthält Beurteilungsmaßstäbe zur
Konkretisierung der Anforderungen aus § 5 Abs. 1 Nrn. 1und 2 und § 22 Abs. 1
des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) sowie aus § 3 Abs. 3 und § 13 des
Landes-Immissionsschutzgesetzes (LImschG) zur Abwehr schädlicher
Umwelteinwirkungen durch Erschütterungen und Vorsorge. Zur Vorsorge s.
insbesondere Gliederungs-Nr. 6.1.
Dieser Erlass gilt für
genehmigungsbedürftige und nicht genehmigungsbedürftige Anlagen einschließlich
Baustellen.
Dieser Erlass bildet keine
geeignete Beurteilungsgrundlage für Erschütterungsimmissionen bei besonderen
Nutzungen von Gebäuden und Grundstücken. Besondere Nutzungen von Gebäuden und
Grundstücken sind Nutzungen, die gegenüber Erschütterungseinwirkungen in
besonderem Maße empfindlich sind. Derartige Nutzungen liegen bei Arbeitsstätten
mit erschütterungsempfindlichen Apparaturen oder Fertigungsgeräten (z.B.
Elektronenmikroskope, Laser-Einrichtungen usw.) vor.
Zur Prognose von
Erschütterungen werden in dieser Leitlinie keine Handlungsanleitungen gegeben.
Schädliche Umwelteinwirkungen durch Erschütterungen
Eine für Anlagenbetreiber und
Überwachungsbehörden gleichermaßen bundesweit rechtsverbindliche Klärung der
Frage, wann Erschütterungsimmissionen auf bauliche Anlagen und auf Menschen in
Gebäuden als schädliche Umwelteinwirkungen anzusehen sind, existiert nicht. Die
Bewertung der Erheblichkeit von Belästigungen bzw. Nachteilen durch
Erschütterungseinwirkungen i.S. des BImSchG ist daher anhand von Regelwerken
sachverständiger Organisationen oder von einzelfallbezogenen Gutachten
vorzunehmen.
Die unter Nr. 2.2 genannten
Normen können als antizipierte Sachverständigengutachten zur Konkretisierung
des Begriffs der schädlichen Umwelteinwirkung herangezogen werden. Sie dürfen
jedoch nicht schematisch angewandt werden.
Schädlichkeit von Erschütterungseinwirkungen
Erschütterungsimmissionen
sind schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG, wenn sie
nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder
erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft
herbeizuführen. Dieser Erlass enthält Beurteilungsmaßstäbe für die Grenzen der
Schädlichkeit von Erschütterungsimmissionen, die auf Gebäude und auf Menschen
in Gebäuden bei üblicher Nutzung einwirken. Werden diese Beurteilungsmaßstäbe
eingehalten, ist immer auch der Gefahrenschutz, insbesondere der
Gesundheitsschutz von Menschen, sichergestellt.
Erschütterungseinwirkungen
auf Gebäude übersteigen die Grenze der schädlichen Umwelteinwirkungen, wenn sie
geeignet sind, erhebliche Nachteile hervorzurufen. Unter Nachteilen sind dabei
Vermögenseinbußen, insbesondere durch Schäden an Gebäuden und Gebäudeteilen, zu
verstehen. Die Verminderung der bestimmungsgemäßen Nutzbarkeit eines Gebäudes
ist in der Regel ein erheblicher Nachteil. Durch Erschütterungen entstandene
Schäden an Gebäuden, die deren Standfestigkeit beeinträchtigen, sind stets als
schädliche Umwelteinwirkungen anzusehen. Im Übrigen hängt die Bewertung von
Erschütterungseinwirkungen von der Gebäudeart und der Nutzung der Bauten ab.
Bei Wohngebäuden und in ihrer
Konstruktion und/oder ihrer Nutzung gleichartigen Bauten sowie bei besonders
erhaltenswerten (z.B. unter Denkmalschutz stehenden) Bauten sind darüber hinaus
Erschütterungseinwirkungen als schädliche Umwelteinwirkungen anzusehen, wenn
sie
- Risse im Putz von Decken und/oder Wänden,
- Vergrößerung von bereits vorhandenen Rissenin Gebäuden oder
- Abreißen von Trenn- und Zwischenwänden von tragenden Wänden oder Decken
verursachen.
Bei einer Werkhalle sind
Erschütterungseinwirkungen, die die Standfestigkeit nicht berühren, in der
Regel keine schädlichen Umwelteinwirkungen.
Erschütterungseinwirkungen
auf Menschen in Gebäuden können insbesondere erhebliche Belästigungen
hervorrufen. Belästigungen ergeben sich aus der negativen Bewertung von
Erschütterungseinwirkungen und deren Folgeerscheinungen (z.B. sichtbare
Bewegungen oder hörbares Klappern von Gegenständen). Zur Belästigung tragen
auch die mit Erschütterungen verbundenen Beeinträchtigungen bestimmungsgemäßer
Nutzungen von Gebäuden und Gebäudeteilen bei. Die Erheblichkeit hängt nicht nur
vom Ausmaß der Erschütterungsbelastung, sondern auch von anderen Faktoren
(siehe DIN 4150-2, Nr. 4) ab, die die Zumutbarkeit für den betroffenen Menschen
bestimmen. Ein Hinweis auf die Fühlbarkeit der Erschütterungseinwirkung ist in
Anhang D - Erläuterung zu Abschnitt 6 - der DIN 4150-2 gegeben.
Messung und Beurteilung von Erschütterungseinwirkungen
Die Normen
DIN 4150 "Erschütterungen im Bauwesen"
-3:1999-02 "Einwirkungen auf bauliche Anlagen",
-2:1999-06 "Einwirkungen auf Menschen in Gebäuden,"
DIN 45669 "Messung von Schwingungsimmissionen",
-1:1995-06 "Schwingungsmesser, Anforderungen, Prüfung,
-2:1995-06 "Messverfahren"
enthalten sachverständige Angaben zur Messung und Beurteilung der Einwirkung
von Erschütterungen auf Gebäude und auf Menschen in Gebäuden.
In ihrem Anwendungsbereich
markieren die Anhaltswerte der DIN 4150-2 die Schwelle zwischen schädlichen und
nicht schädlichen Umwelteinwirkungen. Diese Markierung stellt keine scharfe
Grenze dar. Sie ist aber eine geeignete Grundlage für eine
Immissionsbeurteilung, die auch die besonderen Umstände des Einzelfalls
berücksichtigt.
Hinweise
zur Beurteilung von Erschütterungseinwirkungen auf Menschen liefert auch die
VDI-Richtlinie:
VDI 2057 „Einwirkung mechanischer Schwingungen auf den Menschen“
Blatt 1 „Ganzkörper-Schwingungen“ (September 2002).
In ihrem Abschnitt 1.1 -
Grundlagen, Allgemeines - wird aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass unter
bestimmten Arbeits- und Umweltbedingungen gleiche Schwingungsbelastungen
verschiedene Wirkungen haben können. In diesem Zusammenhang wird angemerkt,
dass für bestimmte Situationen gesonderte Normen entwickelt worden sind, wie
z.B. für Schwingungseinwirkungen in Wohngebäuden (DIN 4150-2 und ISO 2631-2),
Schwingungen auf Schiffen (DIN ISO 6954) oder auf Schienenfahrzeugen (ISO
10056).
Ferner heißt es im Abschnitt
6.2 - Beurteilung, Schwingungswahrnehmung und Wohlbefinden:
„Das Kriterium „Wohlbefinden“ bei Schwingungsbelastung ist nach der jeweils
vorliegenden Situation zu beurteilen. So wird z.B. von einem Fahrer einer
mobilen Arbeitsmaschine eine höhere frequenzbewertete Beschleunigung aw(t)
als „Wohlbefinden“ eingestuft als bei einer Fahrt in einem Personenkraftwagen
oder beim Aufenthalt in Gebäuden. Bei der Beurteilung von
Ganzkörper-Schwingungen in Gebäuden sind DIN 4150-2 und ISO 2631-2 zu beachten.“
Damit ist in der VDI
Richtlinie hinreichend klargestellt, dass sich ihr Anwendungsbereich nicht auf
die Beurteilung von Erschütterungen in Wohngebäuden nach dem Kriterium der
erheblichen Belästigung im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bezieht.
3
Immissionswerte
Die Immissionswerte der
Tabellen 1 und 2 (Anhang) berücksichtigen die in Nr. 2.2 genannten
Erkenntnisquellen.
Die Immissionswerte der
Tabelle 1 kennzeichnen für den überwiegenden Teil der heute vorhandenen Gebäude
eine Schwelle, bei deren Einhaltung eine Verminderung der bestimmungsgemäßen
Nutzbarkeit als Folge von Erschütterungseinwirkungen nach den bisherigen
Erfahrungen nicht eintritt. Bei der Überschreitung der Immissionswerte nimmt
aber das Risiko derartiger Beeinträchtigungen zu.
Die Immissionswerte der
Tabellen 2 und 3 stellen auf die Vermeidung erheblicher Belästigungen von
Menschen in Gebäuden ab. Tabelle 2 gibt Immissionswerte für Situationen an, in
denen Erschütterungsquellen über mehrere Monate und Jahre auf Immissionsorte
einwirken. Sie dienen zur Festlegung der Schwellen zwischen schädlichen und
nicht schädlichen Umwelteinwirkungen. Die Immissionswerte der Tabelle 3 gelten
für tagsüber einwirkende Erschütterungen von Baustellen und stellen
Zumutbarkeitsmaßstäbe nach Maßgabe von Nr. 5.2 bereit.
Die Immissionswerte der
Tabellen 2 und 3 können nicht ohne nähere Prüfung zur Beurteilung der
Belästigung durch Erschütterungseinwirkungen herangezogen werden. In jedem
Einzelfall ist zu prüfen, ob die Immissionswerte aufgrund von Art (durch Erschütterungsquelle
bedingt), Ausmaß (Intensität der Einwirkung) und Dauer (Einwirkzeit, Pausen)
der Erschütterungseinwirkungen geeignet sind, deren Erheblichkeit und
Zumutbarkeit sachgerecht zu beurteilen. Eine solche Beurteilung kann erst
vorgenommen werden, wenn feststeht, dass kein atypischer Fall vorliegt, bei dem
eine von der Regel abweichende Beurteilung geboten ist.
Einwirkungen auf Gebäude
Die Immissionswerte für die
Beurteilung der Einwirkungen auf Gebäude (Anhang, Tabelle 1) sind nach der Gebäudeart
und nach der Dauer der Einwirkungen gestaffelt. Grundlage hierfür sind die
Anhaltswerte nach DIN 4150-3. Die Zuordnung der Gebäude zu den Zeilen nach
Tabelle 1 erfolgt durch Inaugenscheinnahme.
Sind die Immissionswerte
eingehalten oder unterschritten, ist davon auszugehen, dass keine schädlichen
Umwelteinwirkungen im Sinne des BImSchG vorliegen.
Werden die Immissionswerte
überschritten, kommen Anordnungen nach §§ 17 oder 24 BImSchG in Betracht. Sind
außerdem konkrete Anzeichen für Schäden im Sinne von erheblichen Nachteilen als
Folge von Erschütterungen erkennbar, ist das Ermessen der zuständigen Behörde
nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BImSchG und ggf. auch nach § 25 Abs. 2 BImSchG
eingeschränkt; sie darf dann nur bei einem atypischen Sachverhalt von einer
nachträglichen Anordnungen absehen. Dabei ist zu beachten, dass an baulichen
Anlagen Risse nicht nur durch Erschütterungen verursacht werden können; sie
entstehen auch zum Beispiel durch ungleichmäßige Setzungen des Bauwerks oder
durch ungleichmäßige Dehnungen verschiedener Baumaterialien bei
Temperaturänderungen.
Werden Überschreitungen der
Immissionswerte festgestellt, ohne dass konkrete Schäden erkennbar sind, kann
die Anordnung von Maßnahmen zurückgestellt werden, wenn der Anlagenbetreiber
für die betroffenen Gebäude das Maß der Erschütterungseinwirkungen, die
voraussichtlich nicht zu Schäden führen, gutachterlich feststellen lässt und
wenn dieses Maß nicht überschritten wird.
Sollen Immissionen nach
Tabelle 1 begrenzt werden, ist zu prüfen, ob nicht ohnehin wegen der
belästigenden Wirkung von Erschütterungen auf den Menschen die
Erschütterungseinwirkungen weitergehend gemindert werden müssen.
Starke Erschütterungen können
vor allem in locker bis mitteldicht gelagerten nichtbindigen Böden (Sande,
Kiese) zuSackungen des Bodens und damit zu Setzungen von Gründungskörpern
führen. Das gilt besonders für häufige Erschütterungen, für gleichförmige Sande
und für Böden unterhalb des Grundwasserspiegels. Nähere Informationen enthält
DIN 4150-3:1999-02 Anhang C.
Einwirkungen auf Menschen in Gebäuden
Tabelle 2 (Anhang) enthält
Immissionswerte in Abhängigkeit von Gebietsart und Tageszeit der Einwirkungen.
Grundlage hierfür sind die Anhaltswerte nach DIN 4150-2. Die Zuordnung des
Einwirkungsortes zu den in Tabelle 2 aufgeführten Gebieten ist nach folgenden
Grundsätzen vorzunehmen:
Maßgeblich für die Zuordnung sind die Festsetzungen in den Bebauungsplänen.
Sonstige in Bebauungsplänen festgesetzte Flächen für Gebiete und Anlagen sowie
Gebiete und Anlagen, für die keine Festsetzungen bestehen, sind entsprechend
der Schutzbedürftigkeit zu beurteilen.
Wenn gewerblich, industriell
oder hinsichtlich ihrer Erschütterungsauswirkungen vergleichbar genutzte und
zum Wohnen dienende Gebiete aneinander grenzen (Gemengelage), können die für
die zum Wohnen dienenden Gebiete geltenden Immissionswerte auf einen geeigneten
Zwischenwert der für die aneinander grenzenden Gebietskategorien geltenden
Werte erhöht werden, soweit dies nach der Pflicht zur gegenseitigen
Rücksichtnahme erforderlich ist. Die Immissionswerte für Kern-, Dorf- und
Mischgebiete sollen dabei nicht überschritten werden. Es ist vorauszusetzen,
dass der Stand der Erschütterungsminderungstechnik eingehalten wird.
Für die Höhe des
Zwischenwertes ist die konkrete Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebietes
maßgeblich. Wesentliche Kriterien sind die Prägung des Einwirkungsgebietes
durch den Umfang der Wohnbebauung einerseits und durch Gewerbe- und
Industriebetriebe andererseits, die Ortsüblichkeit der Erschütterungen und die
Frage, welche der unverträglichen Nutzungen zuerst verwirklicht wurde. Liegt
ein Gebiet mit erhöhter Schutzwürdigkeit nur in einer Richtung zur Anlage, so
ist dem durch die Anordnung der Anlage auf dem Betriebsgrundstück und die
Nutzung von Minderungsmöglichkeiten (s. Anhang, Beispiele) Rechnung zu
tragen.
Die in Tabelle 2 genannten
Gebiete entsprechen folgenden Gebietsfestsetzungen nach Baunutzungsverordnung:
(Tabelle siehe Anhang)
Die Beurteilung der
Immissionen erfolgt mit Hilfe der Tabelle 2 und in Anlehnung an Abschnitt 6.2
der DIN 4150-2 auf folgende Weise:
- Ist KBFmax kleiner oder gleich dem (unteren) Immissionswert IWu, dann ist die
Anforderung eingehalten.
- Ist KBFmax größer als der (obere) Immissionswert IWo, dann ist die
Anforderung nicht eingehalten.
- Für selten auftretende, kurzzeitige Einwirkungen ist die Anforderung
eingehalten, wenn KBFmax kleiner als IWo ist (siehe Nr. 4.2).
- Für häufigere Einwirkungen, bei denen KBFmax größer als IWu aber kleiner oder
gleich IWo ist, ist in besonderen Fällen ein weiterer Prüfschritt für die
Entscheidung erforderlich, nämlich die Bestimmung der
Beurteilungs-Schwingstärke KBFTr nach Abschnitt 6.4 der DIN 4150-2. Ist KBFTr
nicht größer als der Immissionswert IWr (IWr ist der Immissionswert zum
Vergleich mit Beurteilungs-Schwingstärken)nach Tabelle 2, dann sind die
Anforderungen ebenfalls eingehalten.
Bei Einhaltung der Werte der
Tabellen 2 und 3 ist zu erwarten, dass auch die Sekundäreffekte in der Regel
nicht zu einer erheblichen Belästigung führen. Treten in Einzelfällen
erhebliche Sekundäreffekte auf und lassen sich diese nicht auf einfache Weise
abstellen (z.B. Resonanzen), so erfordern sie Untersuchungen im Einzelfall. Für
die Beurteilung des von schwingenden Raumbegrenzungsflächen abgestrahlten
sekundären Luftschalls sind die maßgebenden akustischen Regelwerke
(insbesondere die TA Lärm sowie bei tieffrequenten Geräuschimmissionen die DIN
45680: 1997-03 in Verbindung mit dem Beiblatt 1 zu dieser Norm) heranzuziehen.
Bei der Beurteilung von
Erschütterungsimmissionen in Gewerbebetrieben hat sich das Schutzziel nicht an
besonders empfindlichen Nutzungen (s. Gliederungs-Nr. 1, Geltungsbereich, 3.
Abs.) zu orientieren, sondern an solchen, die für Gewerbebetriebe üblich sind
(z.B. am Aufenthalt von Personen in Büroräumen).
Hinweise zur Beurteilung
Wird der Vergleich von
Messergebnissen mit Immissionswerten durchgeführt, um bei festgestellten
schädlichen Umwelteinwirkungen bestimmte Maßnahmen anzuordnen, muss
sichergestellt sein, dass Überschreitungen der Immissionswerte nicht auf
messtechnischen Unsicherheiten beruhen. Bei der messtechnischen Ermittlung von
Schwinggeschwindigkeiten oder KB-Werten treten erfahrungsgemäß Unsicherheiten
von bis zu +- 15 % auf. Sollen Anordnungen auf die Messergebnisse gestützt
werden, ist in der Regel vom durch Messung ermittelten Wert ein Abzug von 15 %
vorzunehmen. Werden Messgeräte der Klasse II nach DIN 45669-1 eingesetzt oder
wird das Näherungsverfahren nach DIN 4150-2 angewendet, können größere
Unsicherheiten auftreten.
Einwirkungen auf Gebäude
Tabelle 1 unterscheidet
zwischen Dauererschütterungen und kurzzeitigen Erschütterungen. Erschütterungen
gelten nur dann als kurzzeitig, wenn sie für jedes Ereignis höchstens wenige
Sekunden andauern und ihre Häufigkeit für Materialermüdungen und ihr zeitlicher
Abstand für Resonanzerscheinungen unerheblich ist (z.B. einzelne
Sprengerschütterungen).
Einwirkungen auf Menschen in Gebäuden
Besonderheiten für vereinzelt
auftretende Sprengerschütterungen:
Als kurzzeitig einwirkende
Erschütterungen im Sinne von Satz 1 der Nr. 6.5.1 der DIN 4150-2 gelten
Ereignisse mit einer Einwirkdauer von wenigen Sekunden pro Ereignis.
Als wenige Male pro Jahr im
Sinne von Nr. 6.5.1, letzter Satz der DIN 4150-2 gelten Sprengerschütterungen
bei bis zu 10 Ereignissen pro Jahr.
Andere Maßnahmen im Sinne der
Anmerkung zu Nr. 6.5.1 der DIN 4150-2, auf die von der Überwachungsbehörde
hingewirkt werden kann, sind beispielsweise: Ankündigung in Zeitungen oder mit
Handzetteln, telefonische / persönliche Vorwarnung, Kombination der Vorwarnung
mit gezielten Informationen und Benennung von Verantwortlichen.
Erschütterungen bei Baumaßnahmen
Baustellen sind in der Regel
nicht genehmigungsbedürftige Anlagen im Sinne des BImSchG. Sie sind u.a. so zu
errichten und so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert
werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, und nach dem Stand der
Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß
beschränkt werden.
Einwirkungen auf Gebäude
Für die Beurteilung von
Erschütterungseinwirkungen auf Gebäude bei Baumaßnahmen gelten die Ausführungen
in Nr. 3.1 dieses Erlasses sinngemäß.
Einwirkungen auf Menschen in Gebäuden
Die in Tabelle 3 (Anhang)
enthaltenen Immissionswerte dienen der Beurteilung von
Erschütterungseinwirkungen auf Wohnräume oder vergleichbare Räume durch
Baumaßnahmen am Tage. Sie berücksichtigen die besonderen Aspekte von
Baumaßnahmen wie zeitlich begrenzte Einwirkungen und die zum Teil gegebene
Notwendigkeit des Einsatzes von Verfahren, welche zur Realisierung der
Baumaßnahme Erschütterungen in den Baugrund einleiten müssen und damit
zwangsläufig auf die Umgebung einwirken. Daher sind für diesen Fall andere
Maßstäbe hinsichtlich der Bewertung der Erheblichkeit und Zumutbarkeit
anzulegen als bei Erschütterungseinwirkungen durch stationäre Anlagen, die
grundsätzlich zeitlich unbegrenzt auf die Umgebung einwirken.
Bei Baustellenerschütterungen
ist das in Abschnitt 6.5.4 der DIN 4150-2 beschriebene Beurteilungsverfahren
mit folgenden Maßgaben anzuwenden:
Es gelten für tagsüber durch
Baumaßnahmen verursachte Erschütterungen von höchstens 78 Tagen Dauer die
Immissionswerte der Tabelle 3. Für länger als 78 Tage andauernde und für nachts
auftretende Erschütterungen gelten grundsätzlich die Immissionswerte der
Tabelle 2.
Die Beurteilung von zeitlich
begrenzten Erschütterungseinwirkungen durch Baustellen erfolgt in den drei
Stufen I, II und III (siehe auch DIN 4150-2 Nr. 6.5.4.2 Buchst. a) bis c) ):
Bei Unterschreitung der Stufe
I ist nicht mit erheblichen Belästigungen zu rechnen.
Liegen die Erschütterungen
zwischen den Immissionswerten der Stufen I und II und sind die unter Nr. 6.4,
Ziffern 1 bis 4 aufgeführten Maßnahmen durchgeführt, liegen ebenfalls in der
Regel keine erheblichen Belästigungen vor.
Überschreiten die
Erschütterungseinwirkungen jedoch die Stufe II, so können die unter Nr. 6.4
beschriebenen Maßnahmen dazu beitragen, die unvermeidbaren schädlichen
Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß zu beschränken.
Mit zunehmender
Überschreitung der Stufe II nimmt die Wahrscheinlichkeit erheblicher
Belästigungen trotz ergriffener Maßnahmen zu. Solange die Stufe III aber nicht
überschritten wird, können die Pflichten des Betreibers als erfüllt angesehen
werden, wenn alle im Einzelfall anwendbaren Maßnahmen nach 6.4 getroffen
werden.
Sofern nicht bereits bei
Überschreitung der Stufe II ein erschütterungsärmeres Bauverfahren gewählt wurde,
gewinnt diese Maßnahme bei Überschreitung der Stufe III besondere Bedeutung, da
von dieser Schwelle an auch aufwendige, aber weniger erschütterungsintensive
Bauverfahren zunehmend als verhältnismäßig anzusehen sind. Bei der
Ermessensausübung sind im Einzelfall außerdem andere Aspekte, wie die Dauer der
Einwirkung und andere Immissionsarten (z.B. Lärm, Staub, Gerüche) mit in die
Prüfungen einzubeziehen.
Immissionswerte für diese 3
Stufen sind in der Tabelle 3 für verschiedene Einwirkungsdauern D zusammengestellt.
Dabei wird auf eine Unterteilung für verschiedene Gebietsarten verzichtet. Die
Einteilung in Abschnitte von 6, 26 und 78 Tagen wurde von der
durchschnittlichen Anzahl der Werktage einer Woche, eines Monats und
eines Vierteljahres abgeleitet. Für besonders schutzwürdige Gebiete
(Objekte) wie z.B. Klinikgebiete oder ähnliches ist diese Tabelle nicht
anwendbar. Solche Fälle erfordern Einzelfallentscheidungen.
Für Einwirkungsdauern D, die
zwischen einem Tag und 6 Tagen liegen, werden die Immissionswerte der Tabelle 3
linear interpoliert.
Unter der Dauer D der
Erschütterungseinwirkungen in der Tabelle 3 ist die Anzahl von Tagen zu
verstehen, an denen tatsächlich Erschütterungseinwirkungen auftreten (nicht die
Dauer der Baumaßnahme an sich). Dabei sind Tage mit Erschütterungseinwirkungen,
die unter den gebietsabhängigen Werten der Tabelle 2 für IWu oder IWr liegen,
nicht mitzuzählen.
Werden durch eine Baustelle
wahrnehmbare Erschütterungseinwirkungen während mehr als 6 Tagen Dauer
verursacht, die aber noch unter den niedrigsten Werten der Tabelle 3 für IWBu
oder IWBr (IWBu = 0,3; IWBr = 0,2) liegen, dann gelten zusätzliche Einwirkungen
von maximal 6 Tagen Dauer, welche die Anforderungen der Tabelle 3 für bis zu 6
Tage einhalten (gegebenenfalls Interpolation zwischen 1 und 6 Tagen), nicht als
schädliche Umwelteinwirkungen.
Verminderung von erheblichen Belästigungen durch Erschütterungsimmissionen
Aktive Schutzmaßnahmen
Erschütterungen lassen sich
am wirkungsvollsten durch Maßnahmen an der Erschütterungsquelle selbst
vermindern. Dazu eröffnet der heutige Stand der Technik vielfältige
Möglichkeiten.
Für die Minderung oder
Vermeidung von Erschütterungen existiert eine Reihe häufig eingesetzter und
bewährter Maßnahmen:
- Schaffung optimaler Betriebsbedingungen, Wartung und Pflege von Maschinen und
Werkzeugen, Vermeidung unnötiger Lagerspiele, Verwendung scharfer Werkzeuge
(Bohrer, Meißel usw.), Wahl der richtigen Temperatur der Werkstücke beim
Schmieden,
- Übergang zu einer anderen Technik (zum Beispiel Ersetzen von
"Einrütteln" von Spundbohlen durch "Einpressen"),
- sorgfältiges Auswuchten oder Einsatz von Massenausgleichern,
- Auswahl unschädlicher Erregerfrequenzen,
- Schwingungsisolierung mit Feder- und Dämpfungselementen, die den Kräften und
Massen der Maschinen und gegebenenfalls der Masse des Fundamentes entsprechend
dimensioniert werden. Neben der Verminderung der Erschütterungen in der
Nachbarschaft ermöglicht diese Art der Schwingungsisolierung auch eine
Reduzierung der Masse der Unterkonstruktion (Fundament). Die Verminderung der
Erschütterungsbeanspruchung betrieblicher Einrichtungen kann erheblich sein.
Stützen der Unterkonstruktion können in die Gebäudestruktur integriert werden;
Höhenausgleich und Nivellierung sind auch nachträglich leicht möglich.
Alle diese Maßnahmen müssen
in jedem Einzelfall sorgfältig auf ihre Einsatzmöglichkeit geprüft werden.
Insbesondere muss darauf geachtet werden, dass nach Durchführung der Maßnahmen
nicht andere unbeabsichtigte Resonanzen entstehen können. Insbesondere aktive
Schutzmaßnahmen können auch zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen
durch Erschütterungen durchgeführt werden.
Ausbreitungsweg
Erschütterungen werden in der
Regel durch den Boden übertragen, wobei die mechanischen Eigenschaften des
Bodens die Ausbreitung häufig in unvorhergesehener Weise beeinflussen.
Erschütterungen nehmen im
Allgemeinen mit dem Abstand von der Quelle ab, ihre Wirkungen können deshalb
durch Vergrößerung des Abstandes im Normalfall vermindert werden.
Neuere Untersuchungen zeigen,
dass die Ausbreitung von Schwingungen im Erdboden durch vertikal eingebrachte
Schlitze oder Kanäle rechtwinklig zur Ausbreitungsrichtung (mit gasgefüllten
Matten) behindert werden kann. Die Schlitze wirken wie Schallschirme im
akustischen Bereich und sollen möglichst nahe an der Quelle eingesetzt werden.
Sie haben in einigen Fällen zu einer spürbaren Verminderung der Erschütterungen
geführt.
Passive Schutzmaßnahmen
An den zu schützenden
baulichen Anlagen können durch Veränderungen der Schwingungseigenschaften des
Bauwerks oder von Bauteilen die Einwirkungen von resonanzbedingten
Erschütterungen vermieden oder gemindert werden. Wegen des Aufwandes bei der
erforderlichen Versteifung des genannten Bauwerks oder von Bauteilen oder der
Anbringung von Zusatzmassen sollten Versuche in dieser Richtung jedoch nur auf
Einzelfälle beschränkt bleiben, zumal kaum vorhergesagt werden kann, ob die
Maßnahmen Erfolg haben werden. Erfolgreich aber aufwendig ist auch die
Abfederung von Gebäuden, über die vereinzelt berichtet wurde. Durch das
Anbringen von Schwingungstilgern (ungedämpfte Zusatzmassen) an Bau- oder
Maschinenteilen können Resonanzschwingungen vermindert werden. Da die Maßnahmen
nicht an der verursachenden Anlage getroffen werden, lassen sie sich in aller
Regel nur mit Zustimmung der Betroffenen realisieren.
Maßnahmen zur Verminderung erheblicher Belästigungen insbesondere bei nur
vorübergehend betriebenen Anlagen (z.B. Baustellenanlagen)
Die
psychischen Auswirkungen von Erschütterungseinwirkungen können vermindert
werden durch:
- Umfassende Information der Betroffenen z.B. über die Maßnahmen, die
Verfahren, die Dauer und die zu erwartenden Erschütterungen aus dem Betrieb.
- Aufklärung über die Unvermeidbarkeit von Erschütterungen und die damit
verbundenen Belästigungen sowie Empfehlungen über Verhaltensweisen zur
Minderung von Erschütterungswirkungen auf die Betroffenen.
- Einrichtung einer Anlaufstelle für Beschwerden.
- Zusätzliche betriebliche Maßnahmen zur Minderung und Begrenzung der Belästigungen
(Pausen, Ruhezeiten usw.).
- Nachweis der tatsächlich auftretenden Erschütterungen durch Messungen sowie
deren Beurteilung bezüglich der Einwirkungen auf Menschen und Gebäude.
- Nachweis des Nichtentstehens von Gebäudeschäden durch Beweissicherung.
Anlagen: