Historische SMBl. NRW.
Historisch: Zusammenarbeit bei der Verhütung und Bekämpfung der Jugendkriminalität Gem. RdErl. d. Innenministeriums - 42 - 62.19.02 -,d. Justizministeriums - 4210 - III. 94 -, d. Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales - III A 4 - 0390.5.2. -, d. Ministeriums für Generationen, Familie, Frauen und Integration - 313 - 6004.1.9 - u. d. Ministeriums für Schule und Weiterbildung - 622. 6.08.08.04 - 50724 - v. 31.8.2007
Historisch:
Zusammenarbeit bei der Verhütung und Bekämpfung der Jugendkriminalität Gem. RdErl. d. Innenministeriums - 42 - 62.19.02 -,d. Justizministeriums - 4210 - III. 94 -, d. Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales - III A 4 - 0390.5.2. -, d. Ministeriums für Generationen, Familie, Frauen und Integration - 313 - 6004.1.9 - u. d. Ministeriums für Schule und Weiterbildung - 622. 6.08.08.04 - 50724 - v. 31.8.2007
Zusammenarbeit bei der Verhütung
und Bekämpfung
der Jugendkriminalität
Gem. RdErl. d. Innenministeriums - 42 - 62.19.02 -,d. Justizministeriums - 4210
- III. 94 -, d. Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales - III A 4 - 0390.5.2.
-, d. Ministeriums für Generationen, Familie, Frauen und Integration - 313 -
6004.1.9 - u. d. Ministeriums für Schule und Weiterbildung - 622. 6.08.08.04 -
50724 -
v. 31.8.2007
Inhaltsübersicht
1 Allgemeines
2 Zuständigkeiten und Aufgaben
2.1
Jugendämter
2.2
Schulen
2.3
Polizeibehörden
2.4
Justizbehörden
2.5
Gesundheitsbehörden
2.6
Ordnungsbehörden
3 Netzwerke der Primärprävention
4 Wesentliche Erlasse
5 Geltungsdauer
6 Aufhebung von Vorschriften
1
Allgemeines
Eine
wesentliche Voraussetzung wirksamer Präventions- und Repressionskonzepte zur
Reduzierung von Kinder- und Jugendkriminalität ist die vertrauensvolle
Zusammenarbeit aller Verantwortungsträger. Deshalb muss das Zusammenwirken
aller mit Jugendproblemen befassten Behörden sowie staatlichen und nicht
staatlichen Stellen gestärkt und gefördert werden. Neben Maßnahmen der
Prävention kommen aus erzieherischen Gründen einer schnellen und gründlichen
Aufklärung von Straftaten sowie einer zeitnahen Reaktion auf Delinquenz
eine besondere Bedeutung zu.
Die
folgenden Hinweise zur Zusammenarbeit enthalten selbst keine Rechtsgrundlagen
zur Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten der Jugendlichen sowie
ihrer Personensorgeberechtigten bzw. Eltern. Insoweit bleiben die zur
Zusammenarbeit angehaltenen Stellen verpflichtet, vor einer Datenübermittlung
an eine andere Stelle im Einzelfall zu prüfen, ob die hierfür erforderliche
Rechtsgrundlage vorhanden ist (Gesetzesvorbehalt bei Einschränkung des Rechts
auf informationelle Selbstbestimmung).
2
Zuständigkeiten und Aufgaben
2.1
Jugendämter
Jeder
junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung
zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit. In
diesem Kontext ist es u. a. Aufgabe der Jugendämter, junge Menschen in ihrer
Entwicklung zu fördern, ihnen und ihren Familien Beratung und erforderliche
Hilfen anzubieten und zu gewähren, Familien zu unterstützen und von den Kindern
und Jugendlichen Gefährdungen abzuwenden. Hierbei wirken die Jugendämter in den
Feldern des Kinder- und Jugendhilfegesetzes bei der Prävention mit. Sie
arbeiten zudem mit anderen Stellen, die der Erziehung, Bildung, Beratung und
der Hilfe dienen, sowie der Polizei zusammen. Die Jugendgerichtshilfe ist Teil
des Jugendamtes. Die Träger der freien Jugendhilfe (Wohlfahrtsverbände,
Jugendeinrichtungen, Jugendorganisationen etc.) und die Kirchen nehmen bei der
Präventionsarbeit und bei den Hilfen eine besondere Rolle ein. Sie sind
wichtige Partner bei der Förderung junger Menschen.
Darüber
hinaus haben Kinder und Jugendliche in schwierigen Lebenslagen einen Anspruch
auf rechtzeitige und verlässliche Hilfe durch die Jugendämter. Hierzu müssen in
sozial belasteten Regionen und für Familien mit besonderen Risikofaktoren
niedrigschwellige Angebote bereitgestellt werden.
Zur
Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen, insbesondere des Jugendschutzgesetzes,
arbeiten die Jugendämter mit den örtlichen Polizei- und Ordnungsbehörden
zusammen.
2.2
Schule
Erziehung
und Bildung in der Schule zielen auf die Entwicklung einer selbst- und
sozialverantwortlichen Persönlichkeit der Kinder und Jugendlichen. Dazu bedarf
es der breiten und kontinuierlichen Unterstützung aller, die an der Erziehung
beteiligt sind. So kann gemeinsam präventiv gearbeitet werden.
Themen
der Kriminalprävention, insbesondere zur Vermeidung von Gewalt und Drogenkonsum
bzw. Erläuterungen des Betäubungsmittelrechts, sollen verstärkt im Unterricht
behandelt werden. Dazu können von der Polizei oder dem Jugendamt durchgeführte
Multiplikatorenveranstaltungen besucht werden. Lehramtsanwärterinnen und
-anwärter sollten Gelegenheit erhalten, die Zusammenarbeit mit der Polizei und
dem Jugendamt kennen zu lernen. Vertrauensbildend sind regelmäßige
anlassunabhängige Besuche oder Sprechstunden der Polizei und des Jugendamts in
den Schulen.
Zur
Sicherung des Kontakts mit der Polizei und dem Jugendamt bestellt jede
Schulleitung eine Ansprechpartnerin oder einen Ansprechpartner. Die
Ansprechpartnerinnen und -partner bewerten zusammen mit den von der Polizei und
dem Jugendamt benannten Personen regelmäßig, mindestens einmal im
Schulhalbjahr, ihre Zusammenarbeit.
Besteht
gegen Schülerinnen oder Schüler der Verdacht einer strafbaren Handlung, hat die
Schulleitung zu prüfen, ob pädagogische Maßnahmen ausreichen oder ob wegen der
Schwere der Tat eine Anzeige an die Polizei oder die Staatsanwaltschaft
erfolgen muss.
Eine Strafanzeige ist insbesondere zu erstatten, wenn der Schulleitung Tatsachen bekannt werden, die Anhaltspunkte dafür sein können, dass folgende Straftaten an der Schule oder im unmittelbaren Umfeld davon begangen wurden oder bevorstehen: Straftaten gegen das Leben, Sexualdelikte, Raubdelikte (wie das "Abziehen" von Sachen unter Gewaltanwendung), schwere und gefährliche Körperverletzung, besonders schwere Fälle von Bedrohung, Sachbeschädigung oder Nötigung; darüber hinaus bei politisch motivierten Straftaten, Verstößen gegen das Waffengesetz, Einbruchsdiebstählen, gefährlichen Eingriffen in den Straßenverkehr und dem Besitz, dem Handel oder der sonstigen Weitergabe von Betäubungsmitteln. Die Lehrkräfte sind verpflichtet, die Schulleitungen zu unterrichten, wenn sie Kenntnis von solchen oder vergleichbaren Straftaten erhalten. Die Erziehungsberechtigten sind zu benachrichtigen.
Sind Schülerinnen oder Schüler an einer strafbaren Handlung beteiligt, so darf die Schule nicht Aufgaben der Strafverfolgung übernehmen. Auf die Bedeutung der Mitwirkung der Schulleitung nach Einleitung eines Jugendstrafverfahrens wird hingewiesen. Gemäß Jugendgerichtsgesetz soll die Schule bei den Ermittlungen im Rahmen des Vorverfahrens, soweit möglich, gehört werden. Strafbare Handlungen, die von Schülerinnen oder Schülern außerhalb der Schule begangen wurden, können nur dann zu Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen nach dem Schulgesetz führen, wenn ein schulischer Bezug erkennbar ist (z. B. Mitschülerinnen oder Mitschüler gefährdet sind).
Besteht
hinreichender Verdacht, dass eine Schülerin oder ein Schüler vernachlässigt
oder misshandelt wurde oder wird, informiert die Schulleitung das zuständige
Jugendamt. Hierzu übermittelt die Schulleitung den Sachverhalt in der Regel
zunächst pseudonymisiert an das Jugendamt. Dieses prüft, ob ein Einschreiten
des Jugendamtes erforderlich ist. Wird dies bejaht, so fordert es die
persönlichen Angaben zu den betroffenen Schülerinnen und Schülern sowie
Personensorgeberechtigten bei der Schule an. In anderen Fällen unterbleibt die
Weitergabe dieser Daten. Lehrkräfte, die einen derartigen Verdacht haben,
informieren die Schulleitung.
2.3
Polizeibehörden
Polizeiliche
Konzepte zur Reduzierung der Kinder- und Jugendkriminalität umfassen
Strafverfolgung, Prävention, Opferschutz und die Vermittlung von Opferhilfe.
Ziel ist es vor allem, kriminelle Karrieren frühzeitig zu erkennen und ihre
Verfestigung zu verhindern. Von besonderer Bedeutung sind daher
Intensivtäterprojekte und die schnelle Aufklärung von Straftaten. Hierzu
arbeitet die Polizei insbesondere mit Schulen, Jugendämtern, freien Trägern der
Jugendhilfe, Ordnungsbehörden und Justizbehörden eng zusammen.
Der
Kontakt zu den Jugendämtern sollte besonders eng sein. Sie werden über
jugendgefährdende Orte sowie über gefährdete Kinder und Jugendliche
unterrichtet. Das Jugendamt ist unverzüglich zu verständigen, wenn
erzieherische Maßnahmen schon während der polizeilichen Ermittlungen notwendig
erscheinen. Die Bewährungshilfe sollte bereits dann informiert werden, wenn
aufgrund polizeilicher Feststellungen zu befürchten ist, dass von ihr Betreute
wieder in die Kriminalität abzugleiten drohen.
Die
Polizei unterstützt die Ordnungs- und Jugendbehörden bei der Überwachung der
Bestimmungen des Jugendschutzgesetzes, um Gefährdungen zu verhindern, die das
körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen bedrohen.
Bei
Gefährdungen für Kinder und Jugendliche trifft die Polizei die unaufschiebbar
notwendigen Maßnahmen im Rahmen ihrer Zuständigkeit. Sie wirkt auf
intervenierende Maßnahmen originär zuständiger Behörden hin.
In
allen Kreispolizeibehörden beobachten speziell geschulte Beamtinnen und Beamte
zum Zwecke des Jugendschutzes die örtlichen Maßnahmen zur Verhütung und
Bekämpfung der Jugendkriminalität und schlagen Verbesserungen vor. Zu diesem
Zweck halten sie Verbindung zu den Dienststellen ihrer Behörde, bei denen
Sachverhalte bearbeitet werden, an denen Kinder und Jugendliche als
Tatverdächtige, Opfer oder Gefährdete beteiligt sind.
Gerade
der erste Kontakt der tatverdächtigen Kinder und Jugendlichen mit den
Strafverfolgungsorganen des Staates kann wesentlichen Einfluss auf ihre
zukünftige Entwicklung haben. Die Bearbeitung von Jugendsachen erfolgt daher
durch besonders geschulte und mit der Problematik der Jugendkriminalität
vertraute Polizeibeamtinnen oder Polizeibeamte (Jugendsachbearbeiterinnen und
Jugendsachbearbeiter).
Die
Polizei bietet allen Schulen aktive Kooperationsformen, bilateral oder im
Rahmen von Ordnungspartnerschaften, zur Verbesserung des Schutzes vor allem von
Schülerinnen und Schülern sowie Lehrerinnen und Lehrern vor Straftaten an. In
diesem Rahmen prüft sie regelmäßig auch ihre Beteiligung an Schulprojekten der
Kriminalprävention. Die Zusammenarbeit von Polizei und Schulen bedingt eine
Atmosphäre des Vertrauens und der gegenseitigen Gesprächsbereitschaft.
Erfordert die Sicherheitslage an einer Schule polizeiliches Einschreiten, sind
auch mit der Schulleitung abgestimmte Repressionsmaßnahmen in Betracht zu
ziehen. Anregungen der Schulleitung oder Elternvertretung sowie Strafanzeigen
können Anlass für eine Prüfung der erforderlichen Maßnahmen sein.
Die
Strafverfolgungspflicht der Polizei bleibt unberührt.
Für
die Zusammenarbeit mit den Schulen benennen die Kreispolizeibehörden feste
Ansprechpartnerinnen oder Ansprechpartner. Für diese Aufgabe kommen insbesondere
Beamtinnen und Beamte des Bezirksdienstes in Betracht. Sie bewerten zusammen
mit den von der Schule und dem Jugendamt benannten Personen regelmäßig,
mindestens einmal im Schulhalbjahr, ihre Zusammenarbeit.
Die
Jugendsachbearbeiterinnen und Jugendsachbearbeiter der Polizei übermitteln der
betreffenden Schulleitung den Sachverhalt bei Tatverdacht gegen einen Schüler
oder eine Schülerin, wenn auf Grund der Art der Straftat oder sonstiger
Anhaltspunkte die Gefahr besteht, dass der oder die Tatverdächtige in der
Schule oder außerhalb der Schule zum Nachteil von Mitschülerinnen oder
Mitschülern, Lehrerinnen oder Lehrern, sonstigen in der Schule beschäftigten
Personen oder Personen der Elternvertretung zukünftig eine Straftat begehen
wird, und sofern die Kenntnis der Schulleitung zur ihr obliegenden Abwehr einer
Gefahr für ein Rechtsgut oder einer Beeinträchtigung der Rechte einer Person
erforderlich ist.
Spätestens
bei Abschluss der polizeilichen Ermittlungen überprüft die Polizei, ob der
Tatverdacht und die Gefahrenprognose fortbestehen. Änderungen sind der
Schulleitung mitzuteilen.
Die
Schulleitungen dürfen die übermittelten Daten ausschließlich zu Zwecken der ihr
obliegenden Gefahrenabwehr verwenden. Eine Weitergabe an Personen ist nur
innerhalb des Lehrerkollegiums oder an Aufsichtsstellen statthaft, soweit dies
zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist.
Ermittlungsverfahren
gegen jugendliche und heranwachsende Tatverdächtige, bei denen aufgrund ihrer
persönlichen Entwicklung sowie der Art, Schwere und Anzahl der ihnen zur Last
gelegten Taten eine umgehende strafrechtliche Reaktion geboten ist, sind
vorrangig durchzuführen (Vorrangiges Jugendverfahren). Die hierzu notwendigen
Verfahrensabläufe stimmen die Kreispolizeibehörden mit den zuständigen Staatsanwaltschaften
ab. Ziel ist es, dass die Anklageerhebung spätestens einen Monat nach der
ersten verantwortlichen Vernehmung erfolgen kann.
2.4
Justizbehörden
Die
Justizbehörden – Staatsanwaltschaften, Gerichte und Vollzugsbehörden – werden
Kraft ihres gesetzlichen Auftrags erst tätig, wenn eine Straftat begangen
worden ist oder zumindest ein entsprechender Verdacht besteht. Ihre Maßnahmen
und Reaktionen orientieren sich dabei vor allem an dem Erziehungsgedanken auf
der Grundlage der besonderen Bestimmungen des Jugendgerichtsgesetzes. Im
gesamten Verfahren ist die Jugendgerichtshilfe heranzuziehen.
In
Jugendverfahren sollen Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie Richterinnen
und Richter tätig sein, die erzieherisch befähigt und in der Jugenderziehung erfahren
sind. Der Erziehungsgedanke spiegelt sich insbesondere auch in den vielfältigen
abgestuften Reaktionsmöglichkeiten wider. Durch zeitnahe und erzieherische
Maßnahmen, etwa die Durchführung eines Täter-Opfer-Ausgleichs oder eines
sozialen Trainingskurses (z. B. in Form eines Anti-Gewalt-Trainings), leisten
die Justizbehörden gleichzeitig einen Beitrag zur Verhütung weiterer Straftaten.
Die
Jugendstaatsanwältinnen und Jugendstaatsanwälte halten im Ermittlungsverfahren
engen Kontakt zu allen weiteren beteiligten Behörden und Personen, insbesondere
zu den Jugendsachbearbeiterinnen und Jugendsachbearbeitern der Polizei und zu
den Jugendämtern.
Nach
Durchführung der Ermittlungen obliegt ihnen die Entscheidung, ob ein
Tatnachweis zu führen ist und ob unter den Voraussetzungen des § 45
Jugendgerichtsgesetz (JGG) von der Verfolgung abgesehen werden kann. Dabei ist
besonderes Augenmerk auf die Anregung erzieherischer Maßnahmen gemäß § 45 Abs.
2 JGG zu richten. Vornehmlich ist die Durchführung dieser Maßnahmen im Rahmen
der Projekte „Gelbe Karte“ (vormals Diversionstage) in Betracht zu ziehen.
Kommt ein Absehen von der Verfolgung aus erzieherischen Gründen nicht in
Betracht, wird zeitnah Anklage erhoben oder Antrag auf Entscheidung im
Vereinfachten Jugendverfahren gestellt. Das Vereinfachte Jugendverfahren bietet
Möglichkeiten für eine zeitnahe Reaktion und sollte daher vermehrt als
Verfahrensalternative angestrebt werden.
Die
Staatsanwaltschaften stimmen mit den Kreispolizeibehörden die notwendigen
Verfahrensabläufe der Vorrangigen Jugendverfahren ab.
Sind
in einem Ermittlungsverfahren gegen einen Jugendlichen die Voraussetzungen für
den Erlass eines Haftbefehls gegeben, prüft die Jugendstaatsanwältin oder der
Jugendstaatsanwalt regelmäßig, ob der Zweck der Untersuchungshaft nicht durch
eine vorläufige Anordnung über die Erziehung oder durch andere Maßnahmen
erreicht oder zur Haftvermeidung vorrangig die einstweilige Unterbringung in
einem Heim der Jugendhilfe angeordnet werden kann. Über die betreffenden Einrichtungen
der Jugendhilfe wird die Justiz regelmäßig informiert.
Die
Jugendgerichte führen die Jugendverfahren mit Blick auf den Erziehungsgedanken
unter Beachtung des Beschleunigungsgebots und der besonderen Bestimmungen des
JGG durch. Sie ordnen - falls eine Einstellung nach § 47 JGG nicht in Betracht
kommt - Erziehungsmaßregeln und dort insbesondere Weisungen an. Wenn diese
nicht ausreichen, wird die Straftat mit Zuchtmitteln (z. B. Arbeitsauflage oder
Jugendarrest) oder mit Jugendstrafe geahndet. Es gilt der Grundsatz der
Subsidiarität in dem gestaffelten Sanktionssystem des JGG.
Für
die zeitnahe Vollstreckung der erkannten Maßnahme ist Sorge zu tragen. Bei
einer Jugendstrafe mit Bewährung sieht das JGG obligatorisch die Unterstellung
unter eine Bewährungshelferin oder einen Bewährungshelfer vor. Dadurch ist
sichergestellt, dass die Jugendrichterin oder der Jugendrichter regelmäßig über
den Verlauf der Bewährungszeit unterrichtet ist und auf mögliches Fehlverhalten
umgehend reagieren kann.
Der
Vollzug des Jugendarrestes und der Jugendstrafe wird erzieherisch gestaltet.
Der Jugendstrafvollzug geht deshalb durch differenzierte Angebote auf den
individuellen Förderbedarf der Gefangenen ein. Die Förderung richtet sich in
besonderem Maße auf die Bereiche schulische Bildung und berufliche
Qualifizierung. Zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt wird mit den
Arbeitsagenturen und sonstigen Einrichtungen eng zusammengearbeitet. Die
Entlassung wird individuell vorbereitet.
Bei
der Vollstreckung von Jugendstrafe an Schultagen soll die Vollstreckungsleitung
regelmäßig zugleich mit der Ladung die Schulleitung davon unterrichten, wo und
in welcher Zeit die Vollstreckung erfolgt. Dem Jugendlichen oder
Heranwachsenden kann auch aufgegeben werden, die Ladung der Schulleitung vorzulegen
und die Kenntnisnahme bescheinigen zu lassen. Entsprechendes gilt für die
Vollstreckung von Freiheitsstrafen gegen Heranwachsende.
Für
die Staatsanwaltschaft benennt die Behördenleitung mindestens eine
Ansprechpartnerin oder einen Ansprechpartner für die Schulen und die Polizei.
Verantwortung
für die Verhütung von Jugendkriminalität trifft im Übrigen nicht nur die
Strafgerichte. Jugendkriminalität kann Ausdruck von Verwahrlosungszuständen in
elterlicher Mitverantwortung sein. Gemäß § 1666 Bürgerliches Gesetzbuch haben
die Familiengerichte eine Gefährdung des Kindeswohls durch erforderliche
Maßnahmen abzuwenden, wenn die Eltern nicht gewillt oder in der Lage sind, die
Gefahr abzuwenden.
2.5
Untere Gesundheitsbehörden
Bei
Verdacht einer psychischen Störung oder einer schweren Verhaltensstörung
empfiehlt es sich, die speziellen Dienste - wie den jugendpsychiatrischen
und/oder den jugend- und schulärztlichen Dienst - der unteren
Gesundheitsbehörden einzuschalten.
Suchtgefährdete
oder suchtkranke Jugendliche sollten auf Hilfemöglichkeiten der
Suchtberatungsstellen hingewiesen werden.
2.6
Ordnungsbehörden
Auf
dem Gebiet der Verhütung der Jugendkriminalität werden die Ordnungsbehörden
insbesondere bei der Überwachung jugendgefährdender Orte unter den
Gesichtspunkten des Jugendschutzes sowie der Einhaltung gaststätten- und
gewerberechtlicher Vorschriften tätig.
3
Netzwerke der Primärprävention
Anhaltende
frühkindliche Verhaltensstörungen (z.B. aggressives Verhalten, soziales Rückzugsverhalten)
zählen zu den Indikatoren für eine spätere Suchtentwicklung, Delinquenz und
gewalttätiges Verhalten. Daher sollten Präventionsmaßnahmen früh, möglichst
bereits im Vorschulalter, durchgeführt werden, um einem negativen
Entwicklungsverlauf effektiv vorzubeugen.
Vor Ort
arbeiten bereits eine Vielzahl von Institutionen wie Jugendhilfe, Sucht- und
Drogenhilfe, Schule, Kindergärten, Polizei, Kirchen, Vereine und andere
Organisationen zusammen, um Kindern und Jugendlichen in Risiko- und Gefährdungslagen
geeignete Hilfen anzubieten. Es sollte angestrebt werden, dass diese
Verantwortungsträger in Städten und Gemeinden kleinräumig und mit dem Ziel
„mehr Sicherheit“ noch intensiver zusammen arbeiten.
Die
Jugendämter sollten dabei eine koordinierende Rolle übernehmen. Sie sollen die
anderen Institutionen bei der Netzwerkarbeit beraten und unterstützen sowie auf
die Vereinbarung von Zielen und Leitlinien der Netzwerkpartner hinwirken.
4
Wesentliche Erlasse
Für
die Verhütung und Bekämpfung der Jugendkriminalität bestehen über diesen Erlass
hinaus zahlreiche spezifische Regelungen, darunter:
- „Polizeiliche
Kriminalprävention“
(RdErl. d. Innenministeriums - 42- 62-02.01 - v. 28.9.2006)
-
„Kriminalitätsvorbeugung“
(Gem. RdErl. d. Innenministeriums - 42.1 - 2750 -, d. Justizministeriums - 4201
- III A.10 -, d. Ministeriums für Arbeit und Soziales, Qualifikation und
Technologie - 324 - 4370.8.1 -, d. Ministeriums für Schule, Wissenschaft und
Forschung - III B 4 -, d. Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur
und Sport - I A 3 - 4291 - u. d. Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie
und Gesundheit - IV 2 - 6304.4.1 - v. 5.11.2002 - SMBl. NRW. 2051)
-
„Bearbeitung von Jugendsachen“
((PDV 382) RdErl. d. Innenministeriums v. 7.12.1995 (n. v.) - IV C 2 - 1591 - SMB1. NRW. 2054)
-
„Haftentscheidungshilfe im Jugendstrafverfahren“
(Gem. RdErl. d. Justizministeriums - 4210 - III A. 87 -, d. Ministeriums für
Arbeit, Gesundheit und Soziales - IV B 2 6150 - u. d. Innenministeriums - IV D
2 - 6591/2.7 - vom 3.5. 1995 - JMBl. NRW. S. 133)
-
„Diversionsrichtlinien“
(Gem. RdErl. d. Justizministeriums - 4210 - III 79 - , d. Innenministeriums -
42 - 6591/2.4 -, d. Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder - 322 -
6.08.08.04 - 7863 - u. d. Ministeriums für Gesundheit, Soziales, Frauen und
Familie - III - 2 -1122 - v. 13.7.2004)
-
„Täter-Opfer-Ausgleich im Jugendstrafverfahren“
(Gem. RdErl. d. Justizministeriums, d. Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und
Soziales u. d. Innenministeriums v. 14. 3. 1995 - SMB1. NRW. 451)
- „Verordnung über
Zuständigkeiten nach dem Jugendschutzgesetz
(Jugendschutzzuständigkeitsverordnung – JuSchGZVO)“
vom 16. Dezember 2003 (GV. NRW. S. 820)
- „Netzwerke gegen
Gewalt an Schulen und im schulischen Umfeld; Einrichtung von
Arbeitsgemeinschaften bei den Kreisen und kreisfreien Städten"
(Gem. RdErl. des Kultusministeriums u. d. Innenministeriums v. 16.2.1994, -
Bereinigte Amtliche Sammlung der Schulvorschriften NRW (BASS) 12-21 Nr. 9)
5
Geltungsdauer
Dieser
Erlass tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2013 außer Kraft.
6
Aufhebung von Vorschriften
Den
Gem. RdErl. „Verhütung und
Bekämpfung der Jugendkriminalität“ d. Innenministeriums - 42 - 6591 -, d.
Justizministeriums - 4201 - III 94 -, d. Ministeriums für Gesundheit, Soziales,
Frauen und Familie - III 3 - 0312.1 - u. d. Ministeriums für Schule, Jugend und
Kinder - 322 -6.08.08.04 Nr. 9914/04 - v. 2. 11. 2004 (SMBl. NRW. 2051) hebe
ich auf.
MBl.
NRW. 2007 S. 582