Historische SMBl. NRW.
Historisch: Ansiedlung von Einzelhandelsgroßbetrieben; Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben (Einzelhandelserlass) Gem. RdErl. d. Ministeriums für Stadtentwicklung, Kultur und Sport - II A 3 - 16.21 -, d. Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr - 232 - 58 - 28 -, d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft - VI A 2 - 94.31.20 – u. d. Ministeriums für Bauen und Wohnen – II A 1 - 901.11 – v. 7.5.1996 (am 01.01.2003: MSWKS)
Historisch:
Ansiedlung von Einzelhandelsgroßbetrieben; Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben (Einzelhandelserlass) Gem. RdErl. d. Ministeriums für Stadtentwicklung, Kultur und Sport - II A 3 - 16.21 -, d. Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr - 232 - 58 - 28 -, d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft - VI A 2 - 94.31.20 – u. d. Ministeriums für Bauen und Wohnen – II A 1 - 901.11 – v. 7.5.1996 (am 01.01.2003: MSWKS)
Ansiedlung
von Einzelhandelsgroßbetrieben;
Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben
(Einzelhandelserlass)
Gem. RdErl. d. Ministeriums für Stadtentwicklung, Kultur und
Sport - II A 3 - 16.21 -,
d. Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr - 232 -
58 - 28 -,
d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung
und Landwirtschaft - VI A 2 - 94.31.20 –
u. d. Ministeriums für Bauen und Wohnen
– II A 1 - 901.11 –
v. 7.5.1996
(am 01.01.2003: MSWKS)
1. Allgemeines
1.1 Zweck des Erlasses
1.2 Adressaten
1.3 Anwendungsbereich
1.4 Rechtsvorschriften
1.4.1 § 1 Abs. 5 Nr. 8 und Abs. 6
Baugesetzbuch (BauGB)
1.4.2 § 11 Abs. 3 Baunutzungsverordnung
1990 (BauNVO 1990)
1.4.3 § 24 Abs. 3
Landesentwicklungsprogramm (LEPro)
2. Die Regelungen des § 11 Abs. 3 BauNVO 1990
2.1 Allgemeines
2.2 Begriffe
2.2.1 Einkaufszentren
2.2.2 Großflächige
Einzelhandelsbetriebe
2.2.3 Sonstige großflächige
Handelsbetriebe
2.2.4 Geschossfläche – Verkaufsfläche
2.2.5 Sortimente
2.3 Landesplanerische oder
städtebauliche Auswirkungen großflächiger Handelsbetriebe
2.3.1 Auswirkungen nach § 11 Abs. 3
Satz 2 BauNVO
2.3.2 Vermutungsregel nach § 11 Abs. 3
Satz 3 und 4 BauNVO
2.3.3 Sonderfall Agglomeration
3. Beurteilung in der
Landesplanung
3.1 Materielle Erfordernisse
3.1.1 Übereinstimmung von Kerngebieten
und Sondergebieten mit der zentralörtlichen Gliederung
3.1.1.1 Zentralörtliche Gliederung
3.1.1.2 Übereinstimmung mit der
zentralörtlichen Gliederung
3.1.1.3 Ausnahmen
3.1.1.4 Konfliktlösung für Gebiete der
näheren Umgebung
3.1.2 Räumliche und funktionale
Zuordnung zu Siedlungsschwerpunkten
3.1.2.1 Siedlungsschwerpunkte
3.1.2.2 Funktionale und räumliche
Zuordnung
3.1.2.3 Ausnahmen
3.2 Verfahren
4. Gemeindliche Planung
4.1 Gemeindliche
Einzelhandelskonzepte
4.2 Bauleitplanung
4.2.1 Anpassung der Bauleitpläne an die
Ziele der Raumordnung und Landesplanung
4.2.2 Darstellung im
Flächennutzungsplan
4.2.3 Festsetzung im Bebauungsplan
4.2.3.1 Festsetzung „Kerngebiet"
4.2.3.2 Festsetzung „Sondergebiet"
4.2.3.3 Beschränkung des Einzelhandels in
sonstigen Baugebieten
4.2.4 Bestimmungen in der Satzung über
den Vorhaben- und Erschließungsplan
4.2.5 Beteiligung der benachbarten
Gemeinden (§ 2 Abs. 2 BauGB)
4.2.6 Beteiligung der Träger
öffentlicher Belange (§ 4 BauGB)
4.2.7 Planungserfordernis –
Abwägungsgebot
4.3 Überprüfung und Anpassung
älterer Bebauungspläne
4.3.1 Planungserfordernis und Änderung
älterer Bebauungspläne
4.3.2 Entschädigung bei Änderung oder
Aufhebung einer zulässigen Nutzung
5. Baurechtliche Zulässigkeit von
Vorhaben im Einzelfall
5.1 Im Geltungsbereich von
Bebauungsplänen i. S. des § 30 BauGB
5.1.1 Bebauungspläne auf der Grundlage
der Änderung der BauNVO 1986/BauNVO
1990
5.12 Bebauungspläne auf der Grundlage
der BauNVO 1977
5.1.3 Bebauungspläne auf der Grundlage
der BauNVO 1968
5.1.4 Bebauungspläne auf der Grundlage
der BauNVO 1962
5.1.5 Zulässigkeitsbeschränkung durch §
15 BauNVO
5.2 Innerhalb der im Zusammenhang
bebauten Ortsteile (§ 34 BauGB)
5.2.1 Allgemeines
5.2.2 Zulässigkeit nach § 34 Abs. 1
BauGB
5.2.3 Zulässigkeit nach § 34 Abs. 2
BauGB
5.2.4 Mit einfachem Bebauungsplan
5.2.5 Gesicherte Erschließung
5.2.6 Überprüfung des unbeplanten Innenbereichs
5.3 Im Außenbereich
5.3.1 Ohne bauplanungsrechtliche
Festsetzungen
5.3.2 Mit einfachem Bebauungsplan
5.4 Nutzungsänderungen
und Erweiterungen
5.5 Behandlung von Bauanträgen
5.5.1 Antragsunterlagen
5.5.2 Festschreibung in der
Baugenehmigung
5.6 Vorlage von Bauanträgen bei der
Bezirksregierung
6. Aufhebung von Vorschriften
Allgemeines
1.1
Zweck des Erlasses
Der Einzelhandel nimmt im Städtebau und in der Stadtentwicklung einen immer
größeren Stellenwert ein. Er hat besondere Bedeutung für
- die Stadtbildung (Belebung der Innenstädte und Nebenzentren sowie der
Ortszentren),
- den Verkehr (motorisierter Einkaufsverkehr, öffentlicher Personennahverkehr -
ÖPNV -, Wirtschaftsverkehr),
- die Stadtgestalt (Denkmalschutz, Maßstäblichkeit) und
- die soziale Integration (Nahversorgung, öffentlicher Raum, Kommunikation).
Der Strukturwandel im Handel (Konzentration/ Filialisierung,
Entstehung von Großstrukturen, Zusammenwachsen des Handels mit den Funktionen
Freizeit/Kultur/Gastronomie) hat in Verbindung mit der Verlagerung der
Handelsstandorte aus den Zentren an die Peripherie zu neuen Anforderungen an
den Städtebau geführt. Erforderlich ist die Integration des Handels in
funktionaler, maßstäblicher und räumlicher Hinsicht, und zwar auf Ebene des
Wohngebiets, des Stadt(teil)-zentrums, der Gesamtstadt und der Region.
Eine besondere Bedeutung beim Strukturwandel des Handels haben großflächige
Einzelhandelsbetriebe. Aus Sicht der Planung stellen die neuen Betriebsformen
besondere städtebauliche und regionale Integrationsanforderungen, die vor allem
auf deren Merkmale „Großmaßstäblichkeit" und „dezentrale Standorte"
zurückzuführen sind.
Um funktionsfähige lokale und regionale Versorgungsstrukturen zu erhalten bzw.
zu schaffen, ist auf mehreren Ebenen ein Gleichgewicht anzustreben, d.h. ein
ausgewogenes Verhältnis zwischen
- den einzelnen Handelsbetriebsformen (Branchenmischung,
Betriebsformenmischung),
- den Angebotsstrukturen zwischen der Stadt und dem Umland und
- den Einzelhandelsstandorten Innenstadt/Nebenzentren, wohnortbezogenen Lagen
und dezentralen Standorten.
Großflächige Einzelhandelsbetriebe sollten aufgrund ihrer erheblichen
Auswirkungen auf die lokalen und regionalen Versorgungsstrukturen, die Umwelt
und die Stadtentwicklung nur dann zugelassen werden, wenn sie
- nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zur lokalen und
regionalen Versorgungsstruktur stehen,
an einem städtebaulich integrierten Standort und
- in integrierten städtebaulichen Strukturen entstehen.
Die folgenden Hinweise, Empfehlungen und Weisungen dienen als Planungs- und
Entscheidungshilfen bei der Ansiedlung und Erweiterung von
Einzelhandelsgroßbetrieben sowie von Nutzungsänderungen
für entsprechende Zwecke. Sie gehen vom geltenden Recht aus undberücksichtigen
die einschlägige Rechtsprechung. Sie sind ausschließlich auf städtebauliche und
raumordnerische Ziele, insbesondere auf die Sicherung einer ausreichenden und
ausgewogenen Versorgung mit Gütern aller Bedarfsstufen i. S. der
Daseinsvorsorge ausgerichtet. Sie verfolgen nicht das Ziel, auf den Wettbewerb
der unterschiedlichen Unternehmen und Betriebsformen des Handels Einfluss zu
nehmen.
1.2
Adressaten
Der vorliegende Erlass soll den Bezirksplanungsräten als Trägern der
Regionalplanung, den Bezirksregierungen, den Gemeinden als Trägern der
Bauleitplanung und den Bauaufsichtsbehörden als Grundlage für die Beurteilung
von Einkaufszentren, großflächigen Einzelhandelsbetrieben und sonstigen
großflächigen Handelsbetrieben i. S. v. § 11 Abs. 3 Baunutzungsverordnung - BauNVO -(Einzelhandelsgroßbetriebe) dienen und für
Investoren, Grundstückseigentümer und den Einzelhandel Planungs- und
Investitionssicherheit schaffen.
1.3
Anwendungsbereich
Dieser Erlass ist auf folgende Vorhaben anzuwenden:
- Errichtung und Erweiterung von Einkaufszentren (Nr. 2.2.1), großflächige
Einzelhandelsbetriebe (Nr. 2.2.2) und sonstige großflächige Handelsbetriebe
(Nr. 2.2.3) i. S. v. § 11 Abs. 3 BauNVO
- Erweiterung bestehender Einzelhandelsbetriebe zu großflächigen
Einzelhandelsbetrieben
- Umwandlung eines Großhandelsbetriebs (Nr. 2.2.3) ganz oder teilweise zu einem
großflächigen Einzelhandelsbetrieb (Nutzungsänderung,
Nr. 5.4)
- Änderung einer in der Baugenehmigung festgeschriebenen Branche oder eines
festgeschriebenen Warensortiments (Nutzungsänderung,
Nr. 5.4)
- Nutzungsänderungen von vorhandenen Gebäuden zu
großflächigen Einzelhandelsbetrieben
- Errichtung von mehreren jeweils nicht großflächigen Einzelhandelsbetrieben in
räumlicher Nähe und zeitlichem Zusammenhang (Agglomeration, Nr. 2.3.3).
1.4
Rechtsvorschriften
Für die Beurteilung von Einzelhandelsgroßbetrieben sind insbesondere folgende
Rechtsvorschriften zu beachten:
1.4.1
§ 1 Abs. 5 Nr. 8 und Abs. 6 Baugesetzbuch (BauGB) § 1 Abs. 5 Nr. 8 BauGB:
Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen ...
die Belange der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse
einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, ... des Verkehrs
einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs, ....
§ 1 Abs. 6 BauGB:
Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange
gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.
1.4.2
§ 11 Abs. 3 Baunutzungsverordnung 1990 (BauNVO 1990)
1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die
Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die
städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an
letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten
Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind, sind außer in Kerngebieten nur in für
sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1
Nr. 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3
des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die
infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der
Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die
Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen
Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt.
Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nr. 2 und 3
in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1200 m2
überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür
bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1200 m2
Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1200 m2 Geschossfläche
nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten
Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer
Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und
das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.
1.4.3
§ 24 Abs. 3 Landesentwicklungsprogramm
Gesetz zur Landesentwicklung - Landesentwicklungsprogramm (LEPro)
- vom 5. Okt. 1989 (GV. NW. 1989 S. 485, ber. S. 648/SGV. NW. 230)
Allgemeines Ziel der Raumordnung und Landesplanung:
Kerngebiete sowie Sondergebiete für Einkaufszentren, großflächige
Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe sollen nur
ausgewiesen werden, soweit die in ihnen zulässigen Nutzungen nach Art, Lage und
Umfang der angestrebten zentralörtlichen Gliederung sowie der in diesem Rahmen
zu sichernden Versorgung der Bevölkerung entsprechen und wenn sie räumlich und
funktional den Siedlungsschwerpunkten zugeordnet sind.
2
Die Regelungen des § 11 Abs. 3 BauNVO 1990
2.1
Allgemeines
§ 11 Abs. 3 BauNVO enthält eine Sonderregelung für
die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Einkaufszentren, großflächigen
Einzelhandelsbetrieben und sonstigen großflächigen Handelsbetrieben (Nr. 5).
Danach sind die vorgenannten Betriebe nur in Kerngebieten und in für solche
Betriebe ausdrücklich ausgewiesenen Sondergebieten zulässig.
§11 Abs. 3 BauNVO enthält keine unmittelbaren
Vorgaben für die Ausweisung von Kern- und Sondergebieten. Die Festlegung von
Anzahl, Lage und Größe der Kerngebiete und Art, Anzahl, Lage und Größe der
Sondergebiete in den Gemeinden erfolgt
- unter Berücksichtigung landesplanerischer Zielvorgaben (Nr. 3.1), die im
Rahmen der landesplanerischen Anpassung der Bauleitpläne an die Ziele der
Baumordnung und Landesplanung (Nr. 3.2) überprüft wird, und
- im Hinblick auf städtebauliche Konzepte und Zielvorstellungen der Gemeinden
(Nr. 4).
Begriffe
2.2.1
Einkaufszentren
Ein Einkaufszentrum ist eine räumliche Zusammenfassung von
Einzelhandelsbetrieben verschiedener Art und Größe - zumeist in Kombination mit
verschiedenartigen Dienstleistungsbetrieben -. In der Regel wird es sich
um einen einheitlich geplanten, finanzierten, gebauten und verwalteten
Gebäudekomplex handeln. Aus der für die Anwendung des § 11 Abs. 3 BauNVO maßgeblichen raumordnerischen und städtebaulichen
Sicht - insbesondere im Hinblick auf die Auswirkungen auf die
Versorgungsstruktur der Gemeinde - kann aber auch eine nicht von vornherein als
solche geplante und organisierte Zusammenfassung von Einzelhandels- und
Dienstleistungsbetrieben ein Einkaufszentrum i. S. d. § 11 Abs. 3 BauNVO darstellen. Ein solches „Zusammenwachsen"
mehrer Betriebe zu einem „Einkaufszentrum" setzt jedoch außer der
erforderlichen räumlichen Konzentration weitgehend voraus, dass die einzelnen
Betriebe aus der Sicht der Kunden als aufeinander bezogen, als durch ein
gemeinsames Konzept und durch Kooperation miteinander verbunden in Erscheinung
treten (organisatorische oder betriebliche Gemeinsamkeiten wie etwa gemeinsame
Werbung oder verbindende Sammelbezeichnung, vgl. BVerwG,
Urteil v. 27.4.1990 - 4 C 16.87 -, BauR 1990, 573 = NVwZ 1990, 1074).
2.2.2.
Großflächige Einzelhandelsbetriebe
Großflächige Einzelhandelsbetriebe sind in Abgrenzung zum sonstigen Handel
planungsrechtlich eine eigenständige Nutzungsart.
Einzelhandelsbetriebe sind Betriebe, die ausschließlich oder überwiegend an
letzte Verbraucher verkaufen. Zu ihnen zählen u.a.
alle Kauf- und Warenhäuser, SB-Warenhäuser, SB-Kaufhäuser, Verbrauchermärkte
sowie Fachmärkte. Dazu gehört auch der Direktverkauf an Endverbraucher,
unabhängig davon, ob dieser am Standort des Fertigungsbetriebs oder in einem
eigens dazu geschaffenen Zentrum (Factory-Outlet-Center)
erfolgt.
Die Großflächigkeit beginnt dort, wo üblicherweise die Größe der der
wohnungsnahen Versorgung dienenden Einzelhandelsbetriebe (Nachbarschaftsläden)
ihre Obergrenze findet. Diese Grenze liegt - unabhängig von regionalen und
örtlichen Verhältnissen - etwa bei 700 m2 Verkaufsfläche (so das
Bundesverwaltungsgericht für einen der wohnungsnahen Versorgung dienenden
Lebensmittelmarkt, Urteil v. 22.5.1987 - 4 C 19.85 -, BauR
1987, 528 = NVwZ 1987, 1076).
2.2.3
Sonstige großflächige Handelsbetriebe
Sonstige großflächige Handelsbetriebe sind Betriebe, die in nicht unerheblichem
Umfang (mehr als 10% vom Gesamtumsatz) auch an letzte Verbraucher verkaufen und
hinsichtlich ihrer Auswirkungen großflächigen Einzelhandelsbetrieben
vergleichbar sind.
Betriebe mit reiner Großhandelsfunktion zählen nicht zu den sonstigen
großflächigen Handelsbetrieben. Großhandel liegt vor, wenn an einen
Gewerbetreibenden (Wiederverkäufer, gewerblicher Verbraucher/Freiberufler oder
Großverbraucher/Behörde, Kantine) betrieblich verwendbare oder (betriebsfremde,
aber) betrieblich verwertbare Waren abgesetzt werden.
Der Absatz von Waren an Gewerbetreibende zu deren privaten Verbrauch rechnet
zur Einzelhandelstätigkeit. Die Rechtsprechung hat eine Toleranzgrenze von 10%
des Umsatzes des Großhandelsunternehmens für betriebsfremde Waren zur Deckung
des privaten Lebensbedarfs zugestanden.
Ein Handelsunternehmen, welches für sich in Anspruch nimmt, einen reinen
Großhandel zu betreiben, hat durch geeignete Maßnahmen für die Einhaltung
dieser funktionalen Anforderungen zu sorgen (Anhaltspunkte für Maßnahmen bei Cash-and-Carry-Betrieben vgl. BGH, Urteil v. 30.11.1989 –
I ZR 55/87 -, NJW 1990, 1294).
2.2.4
Geschossfläche – Verkaufsfläche
Die Geschossfläche eines Gebäudes ist die Summe der Flächen seiner
Vollgeschosse einschließlich der Umfassungs- und Zwischenwände, Treppenhäuser
sowie der etwa in die Verkehrsflächen vorgekragten
oder sie überbauenden Gebäudeteile, jedoch ausschließlich der Nebenanlagen i.
S. v. § 14 BauNVO, Balkone, Loggien, Terrassen sowie
baulichen Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig
sind oder zugelassen werden können (§ 20 BauNVO).
Verkaufsfläche ist die Fläche, die dem Verkauf dient einschließlich der Gänge,
Treppen in den Verkaufsräumen, Standflächen für Einrichtungsgegenstände,
Kassenzonen, Schaufenster und sonstige Flächen, soweit sie dem Kunden
zugänglich sind, sowie Freiverkaufsflächen, soweit "sie nicht nur
vorübergehend genutzt werden.
2.2.5
Sortimente
Als Sortiment wird die Gesamtheit der von dem Handelsbetrieb angebotenen
Warenarten (-sorten) verstanden. Zu dem Warenangebot gehört ein nach dem
Charakter des Handelsbetriebs abgestuftes Sortiment an Dienstleistungen. Der
typische Charakter des Betriebs wird von seinem Kernsortiment (z.B. Möbel;
Nahrungsmittel, Getränke usw.; Kleineisenwaren, Werkzeuge, Bauartikel u.ä.) bestimmt. Das Randsortiment dient der Ergänzung des
Angebots und muss sich dem Kernsortiment deutlich unterordnen. Die
Sortimentsbreite ist die Vielfalt der angebotenen Warengruppen, die
Sortimentstiefe wird durch die Auswahl innerhalb der Warengruppen
charakterisiert.
Zentrenrelevante Sortimente zeichnen sich dadurch aus, dass sie z.B.
- viele Innenstadtbesucher anziehen,
- einen geringen Flächenanspruch haben,
- häufig im Zusammenhang mit anderen Innenstadtnutzungen nachgefragt werden und
- überwiegend ohne Pkw transportiert werden können.
Bei zentrenrelevanten Sortimenten sind negative Auswirkungen auf die
Zentrenstruktur, insbesondere auf die Innenstadtentwicklung zu erwarten, wenn
sie überdimensioniert an nicht integrierten Standorten angesiedelt werden.
Nahversorgungsrelevante Sortimente sind vor allem die Waren des täglichen
Bedarfs, insbesondere für die Grundversorgung mit Lebensmitteln.
Zentren- und nahversorgungsrelevant sind die in der Anlage 1, Teil A, genannten
Sortimente. Die in Anlage 1, Teil B, aufgeführten Sortimente sind zentren- und
nahversorgungsrelevant, sofern die Gemeinde nichts anderes festlegt. Dabei sind
insbesondere die Größe der Gemeinde und örtliche Gegebenheiten zu
berücksichtigen. Die Gemeinden können bei Vorliegen besonderer städtebaulicher
Gründe weitere Zentren- und nahversorgungsrelevante Sortimente festlegen.
Eine Fortschreibung der Anlage 1 ist zu gegebener Zeit
vorgesehen.
Landesplanerische oder städtebauliche Auswirkungen großflächiger
Handelsbetriebe
Großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe
gelten dann als Einzelhandelsgroßbetriebe i. S. v. § 11 Abs. 3 BauNVO, wenn sie nicht nur unwesentliche Auswirkungen auf
die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die
städtebauliche Entwicklung und Ordnung haben können.
- Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung ergeben sich aus dem
Landesentwicklungsprogramm (insbesondere § 24 Abs. 3), aus dem
Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen (LEP NRW) und aus den
Gebietsentwicklungsplänen.
- Die städtebauliche Entwicklung und Ordnung bezieht sich auf die in § 1 Abs. 5
BauGB insbesondere genannten städtebaulichen Belange.
2.3.1
Auswirkungen nach § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO
Die in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 BauNVO
genannten landesplanerischen oder städtebaulichen Auswirkungen werden in § 11
Abs.3 Satz 2 BauNVO beispielhaft konkretisiert. Im
Einzelfall können auch nicht ausdrücklich aufgeführte Auswirkungen von
Bedeutung sein. Für die Anwendung von § 11 Abs. 3 BauNVO
bedarf es nicht des konkreten Nachweises, dass Auswirkungen tatsächlich
eintreten; es genügt vielmehr bereits die Möglichkeit des Eintretens solcher
Auswirkungen.
§ 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO nennt beispielhaft folgende
Auswirkungen:
- schädliche Umwelteinwirkungen
- auf die infrastrukturelle Ausstattung
- auf den Verkehr
- auf die Versorgung der Bevölkerung
- auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in
anderen Gemeinden
- auf das Orts- und Landschaftsbild und
- auf den Naturhaushalt.
Schädliche Umwelteinwirkungen sind insbesondere auf die Nachbarschaft
einwirkende Immissionen durch einen stärkeren Zu- und Abfahrtsverkehr zu dem
Vorhaben, z. B. die Zunahme von Lärm- oder Abgasbelastungen in Wohnstraßen.
Auswirkungen i. S. einer Störung sind auch schon dann anzunehmen, wenn die zu
erwartenden Belastungen noch nicht die Schwelle der schädlichen
Umwelteinwirkungen i. S. des § 3 Abs. l Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) überschreiten. So kann die Zunahme des Lärms in
einer ruhigen Wohnstraße nur um wenige dB (A) bereits eine „Auswirkung"
sein. Zur Vermeidung derartiger Auswirkungen müssen verkehrsintensive Bereiche
wie Zufahrten, Anlieferung, Kundenstellplätze so angeordnet sein, dass
Störungen von Wohnbereichen weitgehend ausgeschlossen sind. Auf den Gem. RdErl. v. 8. 7.1982 - Planungserlass - MBl.
NW. S. 1366/SMBl. NW. 2311) und den RdErl. v. 16.7.1982 - Beteiligungserlass - (MBl. NW. S. 1375/SMB1. NW. 2311) wird hingewiesen.
Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung liegen insbesondere vor,
wenn die ordnungsgemäße verkehrliche Anbindung des Vorhabens nicht
gewährleistet ist bzw. das vorhandene Verkehrsnetz nach seiner Konzeption und
Leistungsfähigkeit nicht auf das Vorhaben ausgerichtet ist, insbesondere
Einrichtungen des ÖPNV fehlen.
Auswirkungen auf den Verkehr sind anzunehmen, wenn vorhandene
Verkehrseinrichtungen durch den vom Vorhaben ausgehenden zusätzlichen Verkehr
überlastet bzw. ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung entzogen werden oder wenn
Verkehrsbehinderungen auftreten. Dies ist z.B. der Fall, wenn Wohnstraßen
wesentlich zusätzlich belastet und dadurch zu Durchgangsstraßen werden.
Straßenquerschnitte nicht mehr ausreichen, Linksabbieger den Geradeausverkehr
behindern oder sich an Verkehrsknoten Staus entwickeln können.
Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung können sich dadurch ergeben,
dass durch die zu erwartende Kaufkraftbindung an einem Standort und
infolgedessen Geschäftsaufgaben im Wohnbereich die ausreichende Nahversorgung,
vor allem für nicht motorisierte Bevölkerungsgruppen, nicht mehr gewährleistet
ist. Es ist davon auszugehen, dass die Nahversorgung für den kurzfristigen
Bedarf insbesondere im Nahrungs- und Genussmittelbereich i. d. R. noch in einer
Gehzeit von 10 Minuten möglich sein soll. Anhaltspunkte für eine Gefährdung der
Nahversorgung können sich aus einer Gegenüberstellung der - nur einmal
umsetzbaren - Kaufkraft der Bevölkerung im Einzugsbereich des Betriebs und der
vorhandenen Verkaufsfläche je Einwohner unter Berücksichtigung der
Sortimentsverteilung und der Flächenproduktivität ergeben.
Auswirkungen auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde
oder in anderen Gemeinden sind insbesondere Auswirkungen auf das Stadtzentrum
oder die Neben- und Grundversorgungszentren in den Stadtteilen oder das
Ortszentrum einer Gemeinde. Solche Auswirkungen können sich beispielsweise ergeben,
wenn durch ein Einzelhandelsgroßprojekt außerhalb dieser Zentren eine in der
Innenstadt oder im Ortskern eingeleitete mit öffentlichen Mitteln geförderte
städtebauliche Sanierungsmaßnahme nicht planmäßig fortgeführt werden kann, z.B.
weil sich die vorgesehene Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben nicht mehr
ermöglichen lässt, oder wenn durch starke Kaufkraftbindung außerhalb der
Zentren das Niveau und die Vielfalt der Einzelhandelsgeschäfte in der
Innenstadt oder im Ortskern absinken, weil es dort - auch wegen des höheren
Mietpreisniveaus - zu Leerständen von Geschäften kommt. Auswirkungen auf die
Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in anderen Gemeinden können sich
ergeben, wenn der Einzugsbereich eines Einzelhandelsgroßprojektes den
zentralörtlichen Versorgungsbereich der Ansiedlungsgemeinde wesentlich
überschreitet und die Entwicklung und Versorgungsfunktion von Nachbargemeinden
beeinträchtigt.
Auswirkungen auf das Orts- und Landschaftsbild können gegeben sein insbesondere
bei einem nach Lage, Umfang und Größe aus dem Rahmen der näheren oder weiteren
Umgebung fallenden oder in der Landschaft dominierenden Vorhaben. Maßgeblich
ist, ob sich das Vorhaben in den gegebenen städtebaulichen und landschaftlichen
Rahmen einfügt bzw. sich dem Landschaftsbild unterordnet oder ob es an einem
exponierten Standort vorgesehen ist oder als Fremdkörper empfunden wird. Bei
größeren Baumassen sind erhöhte Anforderungen an das Bauwerk auch hinsichtlich
seines Maßstabs und der nicht zu bebauenden Freiflächen (insbesondere der
Stellflächen) zu stellen.
Auswirkungen auf den Naturhaushalt können durch eine Beeinträchtigung des
Ökosystems gegeben sein, z.B. Versiegelung von Freiflächen mit Stellflächen,
Veränderung des Kleinklimas durch ausgedehnte Gebäude.
2.3.2
Vermutungsregel nach § 11 Abs. 3 Satz 3 und 4 BauNVO
Nach § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO 1990 sind Auswirkungen
i. S. v. § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO i. d. Regel
anzunehmen, wenn die Geschossfläche des Betriebs 1200 m2
überschreitet. Diese Vermutungsregel geht davon aus, dass die Verkaufsfläche
erfahrungsgemäß i. d. Regel etwa 2/3 der Geschossfläche beträgt und eine
Verkaufsfläche oberhalb von 800 m2die in der Vorschrift genannten
Auswirkungen haben kann.
Nach § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO gilt die -
widerlegliche - Vermutung des Satzes 3 nicht, wenn Anhaltspunkte dafür
vorliegen, dass Auswirkungen bereits bei wenigerals
1200 m2 Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1200 m2
Geschossfläche nicht vorliegen. § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO
konkretisiert die Anhaltspunkte - d.h. städtebauliche und betriebliche
Besonderheiten - für eine von der Regel des § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO abweichende Beurteilung:
-
Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile
Dabei wird berücksichtigt, dass sich ein Einzelhandelsbetrieb mit 1200 m2
Geschossfläche in einer kleinen Gemeinde stärker auswirkt als ein Betrieb mit
gleicher Größe in einer Großstadt.
- Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung
Hier ist insbesondere die Versorgung der Bevölkerung mit Waren des täglichen
Bedarfs zu berücksichtigen.
- Warenangebot des Betriebs
Hier ist wegen der unterschiedlichen Zentrenrelevanz einzelner Sortimente die
Sortimentsstruktur von Bedeutung, z.B. ob es sich um Waren mit einem
typischerweise großen Flächenbedarf und geringer Zentrenrelevanz wie Möbel
handelt.
Bei Vorhaben mit mehr als 1200 m2 Geschossfläche ist i. S. einer
typisierenden Betrachtungsweise ohne besondere Prüfung von Auswirkungen i. S.
v. § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO auszugehen, wenn
der Antragsteller nicht eine atypische Fallgestaltung geltend macht.
Eine vom Antragsteller nachzuweisende atypische Fallgestaltung, die die
rechtliche Vermutung des § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO
widerlegt, liegt somit nur vor, wenn aufgrund betrieblicher Besonderheiten oder
der konkreten städtebaulichen Situation der beabsichtigte Betrieb nicht zu der
Art der Betriebe gehört, die von der Vermutung erfasst werden sollten (BVerwG, Urteil v. 3.2.1984 - 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342, 345f.).
Betriebliche Besonderheiten, die von der typischen Fallgestaltung abweichen
können, sind insbesondere gegeben
- bei einer Abweichung des Verhältnisses von Geschossfläche zur Verkaufsfläche,
d.h. wenn der Anteil der Verkaufsfläche wesentlich unter 2/3 der Geschossfläche
liegt,
- wenn der Betrieb beschränkt ist auf ein schmales Warensortiment (z.B.
Gartenbedarf),
- bei Artikeln, die üblicherweise mit handwerklichen Dienstleistungen angeboten
werden (z.B. Kfz-Handel mit Werkstatt),
- bei Artikeln, die in einer gewissen Beziehung zu gewerblichen Nutzungen
stehen (z.B. Baustoffhandel, Büromöbelhandel).
Abweichungen der konkreten städtebaulichen Situation von derjenigen, in der §
11 Abs. 3 BauNVO das Entstehen großflächiger
Einzelhandelsbetriebe wegen deren Auswirkungen verhindert wissen will, können
beispielsweise darin bestehen,
- dass der Einzugsbereich des Betriebs im Warenangebot bisher unterversorgt war
und innerhalb des Einzugsbereichs des Betriebs zentrale Versorgungsbereiche an
anderen Standorten nicht vorgesehen sind oder
- der Betrieb in zentraler und für die Wohnbevölkerung gut erreichbarer Lage
(städtebaulich integriert) errichtet werden soll, jedoch nur, wenn ein etwa
vorhandenes Zentrenkonzept ; oder die angestrebte Zentrenstruktur dadurch nicht
gestört wird.
Generell gilt für alle atypischen Fallgestaltungen folgendes:
- Ist bei einer atypischen Fallgestaltung die Vermutungsregel nicht anzuwenden,
muss die Abschätzung möglicher Auswirkungen auf konkrete Untersuchungen
gestützt werden.
- Die atypische Fallgestaltung kann nicht losgelöst von der Größenordnung des
Vorhabens beurteilt werden. Auch bei Vorhaben miteinem
schmalen Warensortiment und nicht-zentrenrelevanten Kernsortimenten wie z.B.
Möbelhäusern, Bau- und Heimwerkermärkten sowie Gartencentern können aufgrund
der Größe des Vorhabens Auswirkungen auf den Verkehr, auf die Versorgung der
Bevölkerung im Einzugsbereich, auf das Orts- und Landschaftsbild oder auf den
Naturhaushalt vorliegen. Außerdem sind bei solchen Vorhaben aufgrund der
branchenüblichen zentren- und nahversorgungsrelevanten Randsortimente
Auswirkungen auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der
Ansiedlungsgemeinde oder in benachbarten Gemeinden möglich und daher auch zu
prüfen. Zur Abgrenzung der Sortimente mit geringer Zentrenrelevanz und der
zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortimente wird auf Nummer 2.2.5 und die Anlage
1 hingewiesen.
- Bei der Zulassung eines Vorhabens aufgrund einer atypischen Fallgestaltung
wird es i. d. R. erforderlich sein, die Sortimente in der Baugenehmigung
festzuschreiben. Die zulässigen Sortimente sollten als Positivliste oder die
unzulässigen Sortimente als Negativliste - ggf. flächenmäßig begrenzt –
Bestandteil der Antragsunterlagen sein oder in der Baugenehmigung
festgeschrieben werden.
2.3.3
Sonderfall Agglomeration
Auswirkungen i. S. v. § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO
können jedoch auch dadurch gegeben sein, dass mehrere kleinere Betriebe mit
einer Größe von jeweils nicht wesentlich unter 1200 m2
Geschossfläche in räumlichem und zeitlichem Zusammenhang errichtet werden, zu
vorhandenen Betrieben neue Betriebe unter 1200 m2 hinzutreten oder
vorhandene Betriebe entsprechend erweitert oder umgenutzt werden sollen. Solche
als isolierte Einzelfälle ggf. für sich unbedenkliche Vorhaben müssen in ihrem
Zusammenwirken gesehen werden und können durch eine derartige Agglomeration
gemeinsam zu Vorhaben i. S. des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 BauNVO, wenn nicht sogar zu einem Einkaufszentrum werden
(Nr. 2.2.1). Auf die Zulässigkeitsbeschränkung durch § 15 BauNVO
wird hingewiesen (Nr. 5.1.5).
Durch die Aufstellung von Bebauungsplänen und die Beschränkung bzw. den Ausschluss
des Einzelhandels kann die Agglomeration von Einzelhandelsbetrieben unterbunden
werden (Nr. 4.2.3.3).
3
Beurteilung in der Landesplanung
In den
vergangenen Jahren hat es sich als zunehmend schwierig herausgestellt,
bei bestimmten großflächigen Einzelhandelsbetrieben - wie z.B. Möbel- Bau- und
Heimwerkermärkten – den Anforderungen des § 24 Abs. 3 des Gesetzes zur
Landesentwicklung (Landesentwicklungsprogramm - LEPro)
nach Orientierung an der zentralörtlichen Gliederung und der räumlichen und
funktionalen Zuordnung zu Siedlungsschwerpunkten Rechnung zu tragen. Dies ging
auch zu Lasten der Innenstädte und Ortskerne, weil in erheblichem Umfang
zentrenrelevante Sortimente an dezentralen Standorten zugelassen wurden.
Die folgenden Hinweise, Empfehlungen und Weisungen verfolgen unter dem
Gesichtspunkt einer bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung drei
Zielsetzungen für die landesplanerische Beurteilung von
Einzelhandelsgroßprojekten:
- Geltung einheitlicher Kriterien als Grundregeln für die Anwendung des
§ 24 Abs. 3 LEPro,
- Einhaltung der gesetzlichen Regelung des § 24 Abs. 3 LEPro
bei zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortimenten (s. Anlage 1) und
- Ausnahmeregelungen bei nicht-zentrenrelevanten Sortimenten.
Materielle Erfordernisse
Das Raumordnungs- und Landesplanungsrecht unterscheidet bei den
landesplanerischen Erfordernissen zwischen Zielen, Grundsätzen und sonstigen
Erfordernissen der Raumordnung und Landesplanung.
Die in §§ 18 bis 35 des LEPro enthaltenen Ziele der
Raumordnung und Landesplanung müssen von allen öffentlichen Trägern
raumbedeutsamer Planungen und sonstiger Maßnahmen beachtet werden (§ 5 Abs. 4
Raumordnungsgesetz - ROG). Die Beachtenspflicht wird für die Bauleitplanung in
§ 1 Abs. 4 BauGB bestätigt.
Die in den §§ 1 bis 18 des Landesentwicklungsprogramms (LEPro)
festgelegten Grundsätze stellen raumpolitische Leitsätze dar und sind bei
raumbedeutsamen Planungen gegeneinander und untereinander abzuwägen. Dies gilt
auch für sonstige Erfordernisse - z.B. in Aufstellung befindliche Ziele.
Das für die Ansiedlung von Vorhaben des großflächigen Einzelhandels
grundlegende allgemeine Ziel enthält § 24 Abs. 3 LEPro.
Nach § 24 Abs. 3 LEPro sollen Kerngebiete sowie
Sondergebiete für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige
großflächige Handelsbetriebe nur ausgewiesen werden, soweit die in ihnen
zulässigen Nutzungen nach Art, Lage und Umfang der angestrebten
zentralörtlichen Gliederung sowie der in diesem Rahmen zu sichernden Versorgung
der Bevölkerung entsprechen und wenn sie räumlich und funktional den
Siedlungsschwerpunkten zugeordnet sind.
Bei der Ausweisung entsprechender Gebiete sind landesplanerisch neben der
Orientierung an der zentralörtlichen Gliederung und der Zuordnung zu
Siedlungsschwerpunkten (§ 22 i. V. m. §§ 6, 7 LEPro)
insbesondere noch folgende landesplanerische Grundsätze relevant:
- Entwicklung der räumlichen Struktur entsprechend den Erfordernissen des
Umweltschutzes und den infrastrukturellen, wirtschaftlichen, sozialen und
kulturellen Erfordernissen (§ 1 LEPro)
- sparsame und schonende Inanspruchnahme der Naturgüter, Nachhaltigkeit (§ 2 LEPro)
- Strukturverbesserung in Verdichtungsgebieten und Entwicklung des ländlich
strukturierten Raumes entsprechend der jeweiligen Tragfähigkeit (§§ 4, 8, 9 LEPro)
- funktionsgerechte Verkehrsverbindung, d.h. Haltepunkte des
öffentlichen Personennahverkehrs an den Einzelhandelsstandorten (§ 11 LEPro).
Weitere für die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe relevante
Ziele ergeben sich u.a. aus Abschnitt C des
Landesentwicklungsplans Nordrhein-Westfalen (LEP NRW):
- Vorrang der Innenentwicklung vor der Außenentwicklung
- kurzwegige Anbindung an den ÖPNV
- Integration in die Stadtentwicklungsplanung.
Dabei wird besonderer Wert auch auf die Kooperation der Gemeinden untereinander
und auf die Eignung für die interkommunale Zusammenarbeit gelegt.
3.1.1
Übereinstimmung von Kerngebieten und Sondergebieten mit der zentralörtlichen
Gliederung
3.1.1.1
Zentralörtliche Gliederung
Die angestrebte zentralörtliche Gliederung stellt ein Netz funktional
miteinander verbundener Gemeinden dar (§ 22 i. V. m. §§ 6, 7 LEPro). Die zentralörtliche Gliederung ist im LEP NRW
dargestellt. Im Interesse der bestmöglichen Versorgung der Bevölkerung und
Schaffung gleichwertiger Lebensbedingungen in allen Teilen des Landes werden
alle Gemeinden als Grund-, Mittel- oder Oberzentrum eingestuft. Die Einstufung
erfolgte im LEP I/II; sie wurde unverändert in den LEP NRW übernommen.
3.1.1.2
Übereinstimmung mit der zentralörtlichen Gliederung
Ein Kern- oder Sondergebiet für ein großflächiges Einzelhandelsvorhaben
entspricht dann der zentralörtlichen Gliederung sowie der in diesem Rahmen zu
sichernden Versorgung der Bevölkerung, wenn die Kaufkraftbindung der im Kern-
oder Sondergebiet zu erwartenden Nutzung den Versorgungsbereich des Standortes
nicht wesentlich überschreitet (Art und Umfang der Nutzung). Außerdem muss der
Standort innerhalb des Versorgungsbereichs in dem Zentrum liegen, das in bezug auf Art und Umfang der Nutzung angemessen ist (Lage
der Nutzung).
Eine Ausweisung als Kerngebiet scheidet aus, wenn zu erwarten ist, dass in dem
Kerngebiet eine Nutzung als großflächiges Einzelhandelsvorhaben
erfolgt, die wesentlich dem System der zentralörtlichen Gliederung widerspricht
und damit eine unerwünschte Festsetzung eines Kerngebietes anstatt eines an
sich erforderlichen Sondergebietes droht (vgl. auch Nrn.
4.2.2 und 4.2.3.1).
3.1.1.3
Ausnahmen
Entspricht die beabsichtigte Ausweisung nicht der zentralörtlichen Gliederung
sowie der in diesem Rahmen zu sichernden Versorgung, ist zu überprüfen, ob
nicht im Ausnahmefall gleichwohl die Ausweisung des Gebiets mit den Zielen der
Raumordnung und Landesplanung vereinbar sein kann. § 24 Abs. 3 LEPro stellt eine (eingeschränkte) Ermessensvorschrift dar.
Eine Ausnahmeentscheidung ist nur möglich, wenn die beabsichtigte Ausweisung
die landesplanerischen Ziele beachtet bzw. die landesplanerischen Grundsätze
und sonstigen Erfordernisse berücksichtigt.
- Bei nicht-zentrenrelevanten Sortimenten kann die Bezirksplanungsbehörde
im Einzelfall ausnahmsweise die Anpassung der beabsichtigten Gebietsausweisung
an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung feststellen, wenn dadurch eine
ausreichende quantitative und qualitative Versorgung der Bevölkerung in
benachbarten Versorgungsbereichen nicht gefährdet ist und die o.g. Ziele, Grundsätze und sonstigen Erfordernisse beachtet
bzw. berücksichtigt werden.
- Sind für die Nutzung als großflächiger Einzelhandelsbetrieb mit
nicht-zentrenrelevantem Kernsortiment auch darauf bezogene zentren- und
nahversorgungsrelevante Sortimente vorgesehen, z.B. bei einer beabsichtigten
Nutzung als Fachmarkt für Möbel-, Bau- und Heimwerkerbedarf, so ist eine
Ausnahme für die Nutzung nur möglich, wenn die zentren- und
nahversorgungsrelevanten Sortimente für sich betrachtet der zentralörtlichen
Gliederung entsprechen. Insofern findet hinsichtlich der zentren- und
nahversorgungsrelevanten Sortimente eine gesonderte Prüfung statt, wobei auch
Wechselwirkungen zu berücksichtigen sind.
Dies gilt auch bei Änderung oder Erweiterung einer bestehenden Nutzung.
Überschreitet dabei das bisherige zentren- und nahversorgungsrelevante
Sortiment den nach der zentralörtlichen Gliederung zulässigen Umfang, so ist
eine Änderung oder Erweiterung der Nutzung nur möglich, wenn das zentren- und
nahversorgungsrelevante Sortiment auf den zulässigen Umfang reduziert wird.
Bei zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortimenten ist eine Ausnahme von der
Zuordnung zur zentralörtlichen Gliederung ausgeschlossen, da hier eine Überschreitung
des Versorgungsbereichs der Ansiedlungsgemeinde die zentralörtlichen
Versorgungsbereiche der Nachbargemeinden und ihrer Innenstädte bzw. Ortskerne
gefährdet.
Eine Abweichung vom Prinzip der zentralörtlichen Gliederung ist nur möglich,
wenn bereits im landesplanerischen Verfahren feststeht, welche
Sortimentsstruktur die Nutzung umfasst. Dies wird im Bebauungsplan entsprechend
festgesetzt und ist in der Baugenehmigung umzusetzen.
Bei einer Ausweisung als Kerngebiet ist die Festsetzung einer bestimmten Sortimentsstruktur
nicht möglich. Da eine beabsichtigte Abweichung vom Prinzip der
zentralörtlichen Gliederung eine Festsetzung des Sortiments voraussetzt,
scheidet in diesem Fall eine Ausweisung als Kerngebiet aus.
Bevor die Bezirksplanungsbehörde über eine Ausnahme von der Zuordnung zur
zentralörtlichen Gliederung entscheiden kann, ist eine Abstimmung mit den
Gemeinden, die von der Gebietsausweisung betroffen sein können, der zuständigen
Industrie- und Handelskammer und der Handwerkskammer erforderlich (Nr. 3.2).
Wenn die betroffenen Gemeinden zu der beabsichtigten Nutzung ihr Einverständnis
erklärt haben, ist dies bei der Entscheidung der Bezirksplanungsbehörde von
besonderem Gewicht.
3.1.1.4
Konfliktlösung für Gebiete der näheren Umgebung
Kann eine Ausweisung als Kern- oder Sondergebiet und die entsprechende
Planverwirklichung dazu führen, dass in Gebieten der näheren Umgebung
großflächige Einzelhandelsbetriebe nach § 34 BauGB zulässig werden und dies in
landesplanerischer Hinsicht den Anforderungen des § 24 Abs. 3 LEPro widersprechen könnte, so ist durch eine Überplanung
dieser Gebiete auszuschließen, dass eine Genehmigung nach § 34 BauGB erfolgen
kann.
3.1.2
Räumliche und funktionale Zuordnung zu Siedlungsschwerpunkten
3.1.2.1
Siedlungsschwerpunkte
Gemäß § 24 Abs. 1 i. V. m. §§ 6, 7 LEPro legen die
Gemeinden im Rahmen ihrer kommunalen Planungshoheit Siedlungsschwerpunkte fest.
Die Siedlungsschwerpunkte sind im Flächennutzungsplan darzustellen (RdErl. v. 5.8.1976, SMBl. NW. 2311). In erster Linie sind also die Gemeinden durch die Festlegung der
Siedlungsschwerpunkte selbst im Rahmen ihrer kommunalen Planungshoheit
aufgerufen, funktionsfähige Versorgungsstrukturen in der Innenstadt oder in
sonstigen Standorten (Siedlungsschwerpunkte gemäß § 6 LEPro)
zu sichern oder zu entwickeln.
Siedlungsschwerpunkte zeichnen sich dadurch aus, dass in ihnen ein räumlich
gebündeltes Angebot von öffentlichen und privaten Einrichtungen der Versorgung,
der Bildung und Kultur, von sozialer und medizinischer Betreuung, von Sport- und
Freizeiteinrichtungen vorliegt und eine Erreichbarkeit in angemessener Zeit mit
dem Öffentlichen Personennahverkehr gewährleistet ist. Für die Erreichbarkeit
zentralörtlicher Einrichtungen kann wegen der unterschiedlichen
Verkehrsverhältnisse, Dichte und Struktur der Besiedlung kein landesweit
gültiger einheitlicher Maßstab festgelegt werden (LEP NRW).
Da sich die räumliche Entwicklung vorrangig in Siedlungsschwerpunkten
vollziehen soll, sind auch nur diese als potentielle Standorte für den
großflächigen Einzelhandel zu sehen. Dementsprechend sind nach § 24 Abs. 3 LEPro Kerngebiete sowie Sondergebiete für die Ansiedlung
von Einkaufszentren, großflächigen Einzelhandelsbetrieben und sonstigen
großflächigen Handelsbetrieben Siedlungsschwerpunkten räumlich und funktional
zuzuordnen.
3.1.2.2
Funktionale und räumliche Zuordnung
Eine Zuordnung zu den Siedlungsschwerpunkten innerhalb einer Gemeinde bedeutet
zunächst, dass die Nutzung im oder unmittelbar angrenzend an den
Siedlungsschwerpunkt realisiert werden muss.
Eine funktionale Zuordnung zum Siedlungsschwerpunkt stellt darauf ab, dass in
Gemeinden mit mehreren Siedlungsschwerpunkten mit unterschiedlichen Aufgaben
(Stadtkerne, Nebenzentren, Nahbereichszentren) die Nutzung dem/den
Siedlungsschwerpunkt/en zugeordnet sein muss, der/die dafür am ehesten in Frage
kommt/kommen. Kriterien dafür sind die Größe und Sortimentsstruktur der
geplanten Nutzung, die Ausstattung mit öffentlichen und privaten Einrichtungen,
die gesicherte Versorgung der Bevölkerung und die Gleichwertigkeit der
Lebensverhältnisse. Der großflächige Einzelhandel muss also auch auf ein
innergemeindliches Zentrensystem ausgerichtet sein.
Eine räumliche Zuordnung zu einem Siedlungsschwerpunkt stellt darauf ab, dass
dem funktionsgerechten Siedlungsschwerpunkt die Nutzung auch örtlich richtig
zugeordnet ist. Kriterien dafür sind die Vermeidung einer isolierten Lage am
Rande des Siedlungsschwerpunktes, die Sicherung einer siedlungsräumlichen
Konzentration (optimale Ausnutzung von Infrastruktur/Erreichbarkeit/sparsamer
Flächenverbrauch) und eine möglichst ausgewogene und bedarfsgerechte Versorgung
der Bevölkerung.
3.1.2.3
Ausnahmen
Nicht als Siedlungsschwerpunkt dargestellte Siedlungsbereiche kommen als
Standorte nur in Frage, wenn besondere städtebauliche/siedlungsstrukturelle
Gründe, insbesondere die Erhaltung gewachsener baulicher Strukturen oder die
Rücksichtnahme auf ein historisch wertvolles Ortsbild, dies erfordern oder wenn
es der wohnungsnahen Versorgung dient.
Bei Nutzungen mit nicht-zentrenrelevanten Sortimenten (z.B. bei einer
beabsichtigten Nutzung als Fachmarkt für Möbel-, Bau- und Heimwerkerbedarf)
sind darüber hinaus folgende Ausnahmen möglich:
- Die vorgesehene Nutzung liegt im oder unmittelbar angrenzend an den
Siedlungsschwerpunkt, ist aber räumlich und funktional nicht zugeordnet.
Voraussetzung: Der Umfang des zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortiments
beträgt nicht mehr als 10% der Verkaufsfläche, höchstens aber 2500 m2
(sofern die Größenordnung dieses Sortiments der zentralörtlichen Gliederung
entspricht, s. Nr. 3.1.1).
- Die vorgesehene Nutzung liegt nicht in einem Siedlungsschwerpunkt, aber in
einem Siedlungsbereich. Voraussetzung: Hinsichtlich der zentren- und nahversorgungsrelevanten
Sortimente ist keine Großflächigkeit gegeben und die vorgesehene Nutzung hat
keine wesentlichen Auswirkungen auf das innergemeindliche Zentrensystem.
Die Ausnahmeentscheidung setzt voraus, dass die vorgesehene Nutzung aufgrund
des Standortes benachbarte Gemeinden nicht beeinträchtigt und
landesplanerischen Erfordernissen nicht widerspricht.
Bevor die Bezirksplanungsbehörde eine derartige Entscheidung treffen kann, ist
eine Abstimmung mit den möglicherweise von der Nutzung betroffenen benachbarten
Gemeinden, der zuständigen Industrie- und Handelskammer und der Handwerkskammer
erforderlich (Nr. 3.2).
Verfahren
Bei der Planung von Kerngebieten bzw. Sondergebieten im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO hat die Gemeinde im Verfahren nach § 20 Landesplanungsgesetz
bei der Bezirksplanungsbehörde anzufragen, ob Ziele der Raumordnung und
Landesplanung der beabsichtigten Plandarstellung entgegenstehen. Die Gemeinde
hat Angaben zu machen
- zur Größe (Geschossfläche/Verkaufsfläche), zur Branche und zu den Sortimenten
und ihren Größenordnungen der in dem Baugebiet vorgesehenen Vorhaben,
- zu abweichenden Regelungen zu zentren- und nahversorgungsrelevanten
Sortimenten (Nr. 2.2.5),
- zur räumlichen und funktionalen Einordnung der aufgrund der Planung beabsichtigten
bzw. zulässigen Vorhaben in die eigene gemeindliche Siedlungsstruktur,
- zu den möglichen Auswirkungen des/der Vorhaben auf die davon betroffenen
Gemeinden, auch in benachbarten Ländern und Staaten,
- zu den Inhalten eines Einzelhandelskonzeptes (von der Gemeinde erstellte bzw.
interkommunal abgestimmte Einzelhandelskonzepte - Nummer 4.1 - erleichtern die
landesplanerischen Anpassungsentscheidung der Bezirksplanungsbehörde, z.B.
hinsichtlich der räumlichen und funktionalen Zuordnung zu Siedlungsschwerpunkten).
Die Bezirksplanungsbehörde beteiligt die Gemeinden, die betroffen sein können,
bei der Überprüfung der Anpassung an die Ziele der Raumordnung und
Landesplanung.
Die Bezirksplanungsbehörde soll zusätzliche Stellungnahmen der Industrie- und
Handelskammern und der Handwerkskammern oder sonstiger sachkundiger
Institutionen (z.B. Einzelhandelsverbände) einholen. Eine Stellungnahme der
Industrie- und Handelskammer und der Handwerkskammer ist immer dann
erforderlich,
- wenn eine Beeinträchtigung benachbarter Gemeinden durch die Nutzung droht
oder
- wenn von der zentralörtlichen Gliederung abgewichen werden soll oder
- wenn Ausnahmen von der räumlichen und funktionalen Zuordnung zu einem
Siedlungsschwerpunkt gemacht werden sollen.
Die landesplanerische Anpassungserklärung für derartige Sondergebiete enthält
insbesondere Angaben zur Zweckbestimmung, Art und Umfang der Nutzung,
beabsichtigte Sortimente und ggf. Begrenzung zentrenrelevanter Sortimente.
Ferner kann es u.a. auch schon aus Gründen der
Verfahrensbeschleunigung sinnvoll sein, auf schon erkennbare städtebauliche
Probleme hinzuweisen.
4
Gemeindliche Planung
Gemeindliche Einzelhandelskonzepte
Bei der Steuerung der Einzelhandelsentwicklung kommt den Gemeinden eine
entscheidende Rolle zu. Mit der Aufstellung von gemeindlichen
Einzelhandelskonzepten und der planungsrechtlichen Absicherung dieser Konzepte
durch Bauleitpläne können die Gemeinden die Entwicklung ihrer Zentren und
Nebenzentren unterstützen und für eine ausgewogene Versorgungsstruktur sorgen.
Einzelhandelskonzepte schaffen einerseits eine Orientierungs- und
Beurteilungsgrundlage für die Bauleitplanung und die Beurteilung von Vorhaben
wie auch andererseits Planungs- und Investitionssicherheit für den
Einzelhandel, Investoren und Grundstückseigentümer.
In den Einzelhandelskonzepten legen die Gemeinden ihre Entwicklungsziele für
den Einzelhandel (angestrebte Einzelhandelsausstattung für die angemessene
Versorgung der Bevölkerung) und die Standorte für die weitere Entwicklung des
Einzelhandels (Zentrenstruktur wie Nahversorgungszentren, Neben- und
Stadtteilzentren, Kerngebiete in der Innenstadt für die mittel- und
oberzentrale Versorgung, Sondergebiete) fest.
Bei der Aufstellung kommunaler Einzelhandelskonzepte ist insbesondere eine
Beteiligung der Bezirksplanungsbehörden, der Industrie- und Handelskammern,
Handwerkskammern und Organisationen des Einzelhandels sowie eine Abstimmung mit
den betroffenen Nachbargemeinden im Sinne einer freiwilligen
interkommunalen/regionalen Abstimmung zu empfehlen.
Bauleitplanung
4.2.1
Anpassung der Bauleitpläne an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung
Gemäß § 1 Abs. 4BauGB sind die Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung und
Landesplanung anzupassen. Dementsprechend sind Ziele der Raumordnung und
Landesplanung (Nr. 3.1) für die Bauleitplanung unmittelbar bindende Vorgaben
und nicht Gegenstand der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB. Bei der
Planung von Kerngebieten bzw. Sondergebieten i. S. von § 11 Abs. 3 BauNVO hat die Gemeinde im Verfahren nach § 20 Landesplanungsgesetz
bei der Bezirksplanungsbehörde anzufragen, ob Ziele der Raumordnung und
Landesplanung der beabsichtigten Plandarstellung entgegenstehen (Verfahren zur
Anpassung der Bauleitpläne an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung s.
Nr. 3.2).
4.2.2
Darstellung im Flächennutzungsplan
Wegen der städtebaulichen Bedeutung von Vorhaben nach § 11 Abs. 3 BauNVO sollten - nur unter diesem Gesichtspunkt - im
Flächennutzungsplan bereits Kerngebiete und nicht nur gemischte Bauflächen
dargestellt werden. Die Darstellung von Kerngebieten muss im Hinblick auf
mögliche Auswirkungen der in § 11 Abs. 3 BauNVO
genannten Art behutsam erfolgen und sich auf die wirklichen Zentren
entsprechend der Bedeutung des Wortes „Kern" beschränken. Kerngebiete am
Rand eines Siedlungsbereichs oder in peripherer Lage sind städtebaulich nicht
vertretbar.
Bei der Darstellung eines Sondergebiets nach § 11 Abs. 3 BauNVO
sollte neben der erforderlichen Zweckbestimmung (z.B. „Sondergebiet -
Großflächige Einzelhandelsbetriebe") die Geschossflächenzahl nach § 16
Abs. 1 BauNVO als wichtiges Kriterium angegeben
werden. Um Auswirkungen der zulässigen Vorhaben besser beurteilen zu können,
ist zusätzlich die Konkretisierung der Zweckbestimmung (z.B. Möbelmarkt) und
die Darstellung der vorgesehenen Gesamtgeschossfläche zu empfehlen.
4.2.3
Festsetzung im Bebauungsplan
4.2.3.1
Festsetzung „Kerngebiet"
Die Festsetzung eines Kerngebiets, das lediglich dazu dienen soll, anstelle
eines an sich erforderlichen Sondergebiets Vorhaben nach § 11 Abs. 3 BauNVO aufzunehmen, ohne sonstige für das Kerngebiet
typische Funktionen zu übernehmen, ist eine Umgehung der Vorschrift der §§ 7
und 11 Abs. 3 BauNVO und daher unzulässig. Bei
Festsetzung von Kerngebieten außerhalb der vorhandenen Zentren oder
Nebenzentren sowie in kleineren Gemeinden, insbesondere bei der Entwicklung des
Kerngebiets aus einer gemischten Baufläche, ist zu prüfen, ob im Hinblick auf
nicht voraussehbare Auswirkungen i. S. des § 11 Abs. 3 BauNVO
ggf. eine Einschränkung der Einzelhandelsnutzung auf eine bestimmte
Größenordnung, z.B. durch entsprechende Festsetzungen zum Maß der baulichen
Nutzung, vorgesehen werden muss.
4.2.3.2
Festsetzung „Sondergebiet"
Für Sondergebiete muss die Zweckbestimmung speziell festgesetzt werden. Während
die Baunutzungsverordnung bei den übrigen Baugebieten (§§ 2 bis 9) die
Zweckbestimmung des Gebiets und die zulässige Art der Nutzung selbst festlegt,
müssen diese Regelungen bei Sondergebieten im Bebauungsplan getroffen werden.
Dadurch ergibt sich ein größerer Spielraum, die zulässige Nutzung in den
Festsetzungen zu konkretisieren. Neben der Angabe der Zweckbestimmung
(SO-Gebiet für großflächige Einzelhandelsbetriebe) ist die Festsetzung der Art
der Nutzung (d.h. der einzeln aufzuführenden zulässigen Anlagen) unerlässlich.
Danach sind insbesondere die Verkaufsfläche sowie das Sortiment nach Art und
Umfang im einzelnen festzusetzen (Nr. 2.2.5). Wenn
sich aus einer entsprechenden Begründung das städtebauliche Erfordernis ergibt,
kann die höchstzulässige Verkaufsfläche als Gesamtverkaufsfläche des
Sondergebiets oder Verkaufsfläche einzelner Handelsbetriebe oder Branchen ohne
Bindung an vorgegebene Anlagentypen festgesetzt werden (vgl. BVerwG, Urteil v. 27.4.1990 - 4 C 36.87 -, NVwZ 1990, 1071 = BauR 1990, 569
= DVBl. 1990, 1108). Das Sondergebiet kann auch nach
der Art der Betriebe, die sich nach dem Kernsortiment bestimmt, unterteilt
werden. Eine derartige Sortimentsbeschränkung bzw. Unterteilung kann aus
städtebaulichen Gründen in Betracht kommen, wenn wegen einer Zentrenunverträglichkeit
von großflächigen Einzelhandelsbetrieben mit gemischtem Sortiment nur bestimmte
Fachmärkte (wie Baumärkte, Möbelmärkte, Kfz-Handel mit Werkstatt, Gartencenter
u. ä.) vertretbar sind.
4.2.3.3
Beschränkung des Einzelhandels in sonstigen Baugebieten
Bei Festsetzung von Baugebieten, insbesondere von Mischgebieten und
Gewerbegebieten, ist zu prüfen, ob im Hinblick auf eine unerwünschte
Agglomeration von Einzelhandelsbetrieben (Nr. 2.3.3) oder zum Schutz zentraler
Versorgungsbereiche ggf. eine Einschränkung der Einzelhandelsnutzung vorgesehen
werden muss. So können nach . § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO bei Vorliegen besonderer städtebaulicher Gründe
bestimmte Arten an sich zulässiger Nutzungen und baulicher Anlagen
ausgeschlossen bzw. eingeschränkt werden. Festsetzungen, die auf die Größe von
Anlagen abstellen (hier: Verkaufsfläche von Handelsbetrieben), sind jedoch nur
zulässig, wenn dadurch bestimmte Arten von baulichen oder sonstigen Anlagen
(Anlagetypen) - ggf. auch unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse in
der Gemeinde - zutreffend gekennzeichnet werden (BVerwG,
Urteil v. 22. 5.1987 - 4 C 77.84 -, BauR 1987, 524 =
DVBl.1987, 1004 = DÖV 1987, 1011). Weiterhin kann beispielsweise die
Einzelhandelsnutzung in Gewerbegebieten völlig ausgeschlossen oder nur als
Ausnahme (z.B. im Zusammenhang mit Kfz-Handel, handwerklichen Betrieben oder
zur Versorgung des Gebietes) vorgesehen werden.
4.2.4
Bestimmungen in der Satzung über den Vorhaben- und Erschließungsplan
Eine Satzung über einen Vorhaben- und Erschließungsplan steht einem
Sondergebiet nach § 11 BauNVO gleich. Auch hier
handelt es sich um eine ausdrückliche, gezielte planungsrechtliche Zulassung
durch die Gemeinde. Die Ausführungen zur Darstellung von Sondergebieten im
Flächennutzungsplan bzw. Festsetzung im Bebauungsplan gelten somit
entsprechend.
4.2.5
Beteiligung der benachbarten Gemeinden (§ 2 Abs. 2 BauGB)
Wegen des häufig über die Gemeindegrenzen hinausgehenden Einzugsgebietes von
Einkaufszentren, großflächigen Einzelhandelsbetrieben und sonstigen großflächigen
Handelsbetrieben i. S. v. § 11 Abs. 3 BauNVO ist es
erforderlich, bei den notwendigen Planverfahren auch die von den Auswirkungen
betroffenen Gemeinden zu beteiligen. Dies gilt auch dann, wenn Gemeinden in
einem anderen Bundesland liegen. Für die (materielle) gemeindenachbarliche
Abstimmungspflicht kommt es nicht auf ein unmittelbares Angrenzen der Gemeinden
an (BVerwG, Beschluss v. 9.1.1995 - 4 NB 42.94 -, DÖV
1995, 820).
Einer gemeindenachbarlichen Abstimmung bedarf es bereits dann, wenn unmittelbare
Auswirkungen gewichtiger Art auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung der
Nachbargemeinde in Betracht kommen. Voraussetzung ist - anders als für die
rechtliche Betroffenheit einer Gemeinde durch eine Fachplanung - nicht, dass
eine hinreichend bestimmte Planung der Nachbargemeinde nachhaltig gestört wird
(BVerwG, Urteil v. 15.12.1989 - 4 C 36.86 ‑,
BVerwGE 84, 209).
Die mangelnde Abstimmung verletzt die benachbarte Gemeinde in ihrer
Planungshoheit und damit in ihrem Selbstverwaltungsrecht.
4.2.6
Beteiligung der Trägeröffentlicher Belange (§ 4 BauGB)
Die Industrie- und Handelskammern sowie die Handwerkskammern sind verpflichtet,
auf gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Betriebs- und Agglomerationsformen
des Einzelhandels und damit verbundene Handwerksbetriebe zu achten. Ihrer
Beteiligung kommt im Rahmen der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange
besondere Bedeutung zu.
Den Kammern obliegt es, auch die absatzwirtschaftlichen Aspekte vorzutragen und
bei der Klärung von Zweifelsfragen mitzuwirken. Sie sind möglichst frühzeitig
in das Planverfahren einzuschalten.
Bei Planungen im Zusammenhang mit Einzelhandelsnutzungen kann es fachlich
geboten sein, außerhalb der förmlichen Beteiligung der Träger öffentlicher
Belange zusätzlich die Einzelhandelsverbände um Stellungnahme zu bitten.
4.2.7
Planungserfordernis – Abwägungsgebot
Bei der Ansiedlung von Einzelhandelsgroßbetrieben wird der Flächenbedarf der
Vorhaben und das Koordinationsbedürfnis der von der Planung berührten
öffentlichen und privaten Belange i. d. R. eine förmliche Bauleitplanung
erfordern (§ 1 Abs. 3 BauGB). Der Nachweis der Erforderlichkeit der Planung (§
1 Abs. 3 BauGB), muss deren mögliche Auswirkungen i. S. des § 11 Abs. 3 BauNVO, insbesondere auf die infrastrukturelle Ausstattung
der vorhandenen Zentren und Nebenzentren sowohl der planenden als auch der
Nachbargemeinden erkennen lassen.
Die Abwägung der öffentlichen und privaten Belange kann bei der Ansiedlung von
Einkaufszentren, großflächigen Einzelhandelsbetrieben und sonstigen großflächigen
Handelsbetrieben i. S. von § 11 Abs. 3 BauNVO u.U. fehlerhaft sein, wenn die Ansiedlung solcher Betriebe
zu wesentlichen Beeinträchtigungen ausgewogener Strukturen führt oder nur
einzelnen Bevölkerungsgruppen zugute kommt. Dies kann z.B. bei einer
einseitigen Bevorzugung der Bevölkerungsgruppen, die sich des
Individualverkehrs bedienen, der Fall sein.
4.3
Überprüfung und Anpassung älterer Bebauungspläne
4.3.1
Planungserfordernis und Änderung älterer Bebauungspläne
Im Geltungsbereich von Bebauungsplänen, die noch aufgrund von älterem vor der BauNVO 1977 geltendem Recht aufgestellt wurden, sind
Vorhaben i. S. von § 11 Abs. 3 BauNVO ggf.
uneingeschränkt zulässig. Sind solche Vorhaben im Hinblick auf ihre
Auswirkungen dort landesplanerisch oder städtebaulich nicht vertretbar, so kann
eine weitere Fehlentwicklung nur durch eine Änderung der Bebauungspläne im Wege
der Umstellung auf die geltende Baunutzungsverordnung verhindert werden. Dies
gilt insbesondere für Industrie- und Gewerbegebiete. In diesen Fällen ergibt
sich somit ein Planerfordernis und damit eine Planungspflicht der Gemeinde i.
S. von § 1 Abs. 3 i. V. m. § 2 Abs. 4 BauGB. Die Gemeinden werden hiermit
aufgefordert, ihrer Planungspflicht sobald und soweit wie erforderlich und
möglich nachzukommen. Die zeit- und sachgerechte Erfüllung dieser gesetzlichen
Aufgabe ist von den Aufsichtsbehörden zu überwachen und kann ggf. im
Aufsichtsweg durchgesetzt werden.
Bei der Änderung der Bebauungspläne im Wege der Umstellung auf die geltende
Baunutzungsverordnung ist - auch zur Vermeidung eventueller
Entschädigungsansprüche (Nr. 4.3.2) - zu prüfen, ob vorhandene großflächige
Einzelhandelsbetriebe auf den Bestandsschutz verwiesen oder durch Festsetzungen
nach § 1 Abs. 10 BauNVO planungsrechtlich abgesichert
werden sollen.
Für die Änderung der Bebauungspläne reicht eine vereinfachte Änderung nach § 13
BauGB nicht aus; hierfür ist ein Verfahren nach § 2 BauGB erforderlich. I. d.
R. genügt eine textliche Planänderung, auch, soweit
damit zusätzlich die Instrumente des § 1 Abs. 4, 5 und 9 BauNVO
angewendet werden sollen. Eine pauschale Änderung mehrerer Bebauungspläne ohne
individuelle Begründung für den einzelnen Plan ist im Hinblick auf die insoweit
restriktive Rechtsprechung nicht unbedenklich, es sei denn, sie träfe auf alle
geänderten Bebauungspläne in gleichem Maße zu. Bebauungspläne sollten jeweils
insgesamt und nicht nur in Teilbereichen des Plans auf die geltende
Baunutzungsverordnung umgestellt werden. Zur Sicherung der Planung empfiehlt
sich der Erlass einer Veränderungssperre oder die Zurückstellung kritischer
Baugesuche.
4.3.3
Entschädigung bei Änderung oder Aufhebung einer zulässigen Nutzung
Die Änderung von Bebauungsplänen kann zu Entschädigungsansprüchen nach § 42 ff.
BauGB führen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die durch die Änderung
ausgeschlossene Nutzung bisher zulässig war und durch die Aufhebung der
zulässigen Nutzung eine nicht nur unwesentliche Wertminderung des Grundstücks
eintritt. Der Bebauungsplan muss formell und materiell rechtsgültig sein; nach
§ 30 BauGB muss die Erschließung rechtlich und tatsächlich gesichert sein.
Entschädigungsansprüche gegen die Gemeinde könnten sich danach nur ergeben,
wenn vor der Änderung des Bebauungsplans und damit dem Ausschluss von
Einkaufszentren, großflächigen Einzelhandelsbetrieben und sonstigen
großflächigen Handelsbetrieben i. S. von § 11 Abs. 3 BauNVO
eine den Erfordernissen des Zu- und Abgangsverkehrs dieser Einrichtungen
entsprechende Erschließung gesichert war.
Von einer nicht nur unwesentlichen Wertminderung von Grundstücken ist nur dann
auszugehen, wenn in dem Gebiet oder für bestimmte Flächen im Hinblick auf die
Zulässigkeit dieser Anlagen bei vorhandener Erschließung bereits ein
Verkehrswert entstanden ist, der erheblich über dem Verkehrswert vergleichbarer
Gewerbegebiete und Industriegebiete liegt, in denen die Ansiedlung eines
Einkaufszentrums, großflächigen Einzelhandelsbetriebes oder sonstigen
großflächigen Handelsbetriebes i. S. von § 11 Abs. 3 BauNVO
nicht möglich ist. Auf die Gewinnerwartung des einzelnen Grundstückseigentümers
und auf seine persönlichen Nutzungsvorstellungen kommt es nicht an.
Nach Ablauf der in § 42 Abs. 2 BauGB bezeichneten Frist von 7 Jahren ab
Zulässigkeit, anwendbar erstmalsseit dem 1.1.1984,
kann ein Entschädigungsanspruch infolge Planänderung
nach § 42 Abs. 3 BauGB nur noch für Eingriffe in die tatsächlich ausgeübte
Nutzung des Grundstücks geltend gemacht werden. Diese Regelung stellt eine
wesentliche Erleichterung für erforderliche Änderungen von Bebauungsplänen dar.
5
Baurechtliche Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall
Im Geltungsbereich von Bebauungsplänen i. S. des § 30 BauGB
Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans i. S. v. § 30 Abs. 1 BauGB, der
mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die
überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist
ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die
Erschließung gesichert ist (qualifizierter Bebauungsplan). § 15 BauNVO ist zu beachten (Nr. 5.1.5).
Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzung des
qualifizierten Bebauungsplans nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan nach
§ 30 Abs. 2 BauGB), richtet sich die Zulässigkeit des Vorhabens im übrigen nach § 34 BauGB (Nr. 5.2.4) oder § 35 BauGB (Nr.
5.3.2). Soweit ein Baugebiet festgesetzt ist, ist § 15 BauNVO
zu beachten (Nr. 5.1.5).
Die zulässige Art der baulichen Nutzung wird in den Bebauungsplänen durch die
Baugebiete festgesetzt. Da die Vorschriften der Baunutzungsverordnung über die
Baugebiete Bestandteil des Bebauungsplans werden (§ 1 Abs. 3 BauNVO), ist dem Bebauungsplan jeweils die Fassung der
Baunutzungsverordnung zugrunde zulegen, die an dem Tage, an dem die öffentliche
Auslegung des Bebauungsplans begann, in Kraft war (vgl. §§ 25 - 25 c BauNVO).
Die einzelnen Fassungen der Baunutzungsverordnung sind wie folgt in Kraft
getreten:
- die Ursprungsfassung vom 26.6.1962 am 1.8.1962,
- die 1. Änderungsverordnung vom 26.11.1968 am 1.1.1969,
- die 2. Änderungsverordnung vom 15.9.1977 am 1.10.1977,
- die 3. Änderungsverordnung vom 19.12.1986 am 1.1.1987 und
- die 4. Änderungsverordnung vom 23.1.1990 am 27.1.1990.
5.1.1
Bebauungspläne auf der Grundlage der Änderung der BauNVO
1986/BauNVO 1990
Einzelhandelsbetriebe i. S. des § 11 Abs. 3 BauNVO
sind außer in Kerngebieten nur in den für solche Vorhaben festgesetzten
Sondergebieten zulässig. In anderen Baugebieten sind sie unzulässig. § 15 BauNVO ist zu beachten (Nr. 5.1.5).
5.1.2
Bebauungspläne auf der Grundlage der BauNVO 1977
Einzelhandelsgroßbetriebe i. S. des § 11 Abs. 3 BauNVO
sind außer in Kerngebieten nur in den für solche Vorhaben festgesetzten
Sondergebieten zulässig. In anderen Baugebieten sind sie daher unzulässig. Für
sie gilt die Vermutungsgrenze von 1500 m2 Geschossfläche. § 11 Abs.
3 Satz 4 BauNVO 1986 findet auch auf Bebauungspläne
auf der Grundlage des § 11 Abs. 3 BauNVO 1977
entsprechende Anwendung (§ 25b BauNVO 1986).
§ 15 BauNVO ist zu beachten (Nr. 5.1.5).
5.1.3
Bebauungspläne auf der Grundlage der BauNVO 1968
Im Geltungsbereich von Bebauungsplänen, denen die BauNVO
1968 zugrunde liegt, sind Einkaufszentren und Verbrauchermärkte, die nach Lage,
Umfang und Zweckbestimmung vorwiegend der übergemeindlichen Versorgung dienen
sollen, außer in Kerngebieten nur in den für solche Vorhaben festgesetzten
Sondergebieten zulässig (§ 11 Abs. 3 BauNVO 1968).
Einkaufszentren und Verbrauchermärkte, die nicht vorwiegend der
übergemeindlichen Versorgung dienen, sind demnach als Einzelhandels- oder
Gewerbebetriebe auch in anderen Baugebieten nach der BauNVO
1968, insbesondere in Mischgebieten, Gewerbegebieten undIndustriegebieten
zulässig. § 15 BauNVO ist zu beachten (Nr. 5.1.5).
Zur Beurteilung der Frage, ob ein Vorhaben vorwiegend der übergemeindlichen
Versorgung dienen soll oder wird, ist im Zweifelsfall (insbesondere bei
Vorhaben mit mehr als 1200 m2 Geschossfläche) von sachverständiger
neutraler Stelle (z.B. Industrie- und Handelskammer und Handwerkskammer, ggf.
unabhängiges Wirtschaftsinstitut) eine gutachterliche
Stellungnahme einzuholen.
5.1.4
Bebauungspläne auf der Grundlage der BauNVO 1962
Im Geltungsbereich von Bebauungsplänen, denen die BauNVO
1962 zugrunde liegt, sind Handelsbetriebe aller Art in Mischgebieten,
Kerngebieten, Gewerbegebieten und Industriegebieten zulässig. § 15 BauNVO ist zu beachten (Nr. 5.1.5).
5.1.5
Zulässigkeitsbeschränkung durch § 15 BauNVO
§ 15 BauNVO ist in der im Baugenehmigungsverfahren
gültigen Fassung der Baunutzungsverordnung anzuwenden. Dies gilt unabhängig
davon, welche Fassung der Baunutzungsverordnung dem Bebauungsplan zugrunde
zulegen ist.
Vorhaben i. S. d. § 11 Abs. 3 BauNVO sind demnach im
Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung
der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von
ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des
Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder
wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.
Die durch § 15 BauNVO geschützte maßgebliche Umgebung
auch außerhalb des Baugebiets reicht nur so weit, wie unmittelbare Wirkungen
eines Vorhabens die Nutzung anderer Grundstücke in bebauungsrechtlicher
Hinsicht beeinträchtigen können. Eine Verschlechterung der Wirtschaftlichkeit
der in der maßgeblichen Umgebung oder in einzelnen Stadtteilzentren ausgeübten
Einzelhandelsnutzungen kann durch Anwendung des § 15 BauNVO
nicht verhindert werden. „Fernwirkungen" finden daher im Rahmen des § 15
keine Berücksichtigung.
Unzumutbare Belästigungen oder Störungen i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO können jedoch beispielsweise darin bestehen, dass
ein hohes Verkehrsaufkommen die öffentlichen Straßen in der maßgeblichen
Umgebung ungewöhnlich belastet, so dass der Zu- und Auslieferungsverkehr anderer
Grundstücke erheblich behindert wird oder Wohngrundstücke durch Immissionen
stark beeinträchtigt werden.
Die Eigenart eines Baugebiets (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO)
lässt sich einerseits unmittelbar anhand der Festsetzungen des Bebauungsplans
sowie aus der bereits vorhandenen und zugelassenen Bebauung feststellen. So
kann sich z.B. in den Festsetzungen von Verkehrsflächen, insbesondere der
Dimensionierung der örtlichen Verkehrsflächen zur Erschließung des Baugebiets,
eine besondere Prägung niederschlagen. Andererseits kann die Eigenart auch
durch eine Auslegung der Festsetzungen festgestellt werden. Hierfür kann u.U. auch die Begründung zum Bebauungsplan herangezogen
werden. So kann z.B. ein Warenhaus in einem Gewerbegebiet (BauNVO
1968) unzulässig sein, wenn das Gewerbegebiet nach der Begründung des
Bebauungsplans dazu vorgesehen ist, im Zuge der Umstrukturierung im Rahmen der
Wirtschaftsförderung einen Gewerbepark zu schaffen, um aus der Innenstadt zu
verlagernde Betriebe aufzunehmen oder produzierendes Gewerbe anzusiedeln (vgl. BVerwG, Urteil v. 3.2.1984 - 4 C 17.82 -, ZfBR 1984, 142 = BauR 1984, 369).
Kleinere Betriebe, die im einzelnen zwar keine, in der Ansammlung mit anderen
kleineren Betrieben aber Auswirkungen i. S. von § 11 Abs. 3 BauNVO
hervorrufen, können im Einzelfall nach § 15 Abs. l Satz l BauNVO
unzulässig sein, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der
Eigenart des Baugebiets widersprechen, z.B. wenn sich in einem Mischgebiet ein
Einkaufszentrum oder ein Gebiet für Einzelhandelsgroßbetriebe entwickelt. In
einem Mischgebiet allgemein zulässige Einzelhandelsbetriebe können im
Einzelfall nach Anzahl und Umfang der Eigenart des Baugebiets widersprechen,
weil im selben Gebiet bereits Einzelhandelsbetriebe zugelassen worden sind und
das gebotene quantitative Mischungsverhältnis von Wohnen und nicht wesentlich
störendem Gewerbe durch die Zulassung eines weiteren Betriebs gestört würde
(vgl. BVerwG, Urteil v. 4.5.1988 - 4 C 34.86 -, BauR 1988, 440).
Die Eigenart eines Gewerbegebiets kann z.B. beeinträchtigt sein, wenn ein oder
mehrere Handelsbetriebe - also auch solche ohne Auswirkungen - die Hälfte des
Gewerbegebiets einnehmen würden.
Durch die Aufstellung von Bebauungsplänen und die Beschränkung bzw. den
Ausschluss des Einzelhandels kann die Agglomeration von Einzelhandelsbetrieben
unterbunden werden (Nr. 4.2.3.3).
Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile (§ 34 BauGB)
5.2.1
Allgemeines
Die planungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens i. S. von § 11 Abs. 3 BauNVO im unbeplanten
Innenbereich ist unterschiedlich zu beurteilen, und zwar
- bei einer näheren Umgebung, die uneinheitlich strukturiert und keinem
Baugebiet der BauNVO vergleichbar ist, nur nach § 34
Abs. 1 BauGB (Nr. 5.2.2);
- bei einer näheren Umgebung, die einem Baugebiet der BauNVO
entspricht, hinsichtlich der Art der Nutzung nur nach § 34 Abs. 2 BauGB,
hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren
Grundstücksfläche nach § 34 Abs. 1 BauGB (Nr. 5.2.3);
- bei Vorliegen eines einfachen Bebauungsplans (§ 30 Abs. 2 BauGB) vorweg nach
dessen Festsetzungen (Nr. 5.1), im übrigen nach § 34 Abs. 1 oder 2 BauGB (Nr.
5.2.4).
Zulässigkeitsvoraussetzung für die Vorhaben in allen Bereichen ist die
gesicherte Erschließung.
Die Erleichterungen für die Zulassung von Vorhaben nach § 34 Abs. 3 Satz 1
BauGB finden keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe
Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen können (§ 34 Abs. 3 Satz 2 BauGB).
Dabei genügt die Möglichkeit einer solchen Beeinträchtigung. Die
Beeinträchtigung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung betrifft in
erster Linie Einzelhandelsgroßprojekte im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO.
5.2.2
Zulässigkeit nach § 34 Abs. 1 BauGB
Bei der planungsrechtlichen Zulässigkeitsprüfung sind die von der
Rechtsprechung entwickelten Kriterien zu berücksichtigen. Insbesondere wird
hinsichtlich des Merkmals „Einfügen" auf die Urteile des BVerwG vom 26.5.1978 - 4 C 8.77 - (DVBl.
1978, 815 = BauR 1978, 276 = BayVBI.
1979, 152 = BVerwGE 55, 370) und vom 4.7.1980 - 4 C
101.77 - (ZfBR 1980, 246 = BauR
1980, 5 = NJW 1981, 139 = RdL 1981, 8 = BBauBl. 1981, 120 = DÖV 1980, 919 = BayVBI.
1981,119) hingewiesen. Danach fügt sich ein Vorhaben nach Art und Maß der
baulichen Nutzung, Bauweise und zu überbauender Grundstückfläche nur ein, wenn
es sich innerhalb des sich aus seiner näheren Umgebung ergebenden Rahmens hält.
Im Rahmen hält sich nur eine Nutzung, die in der näheren Umgebung bereits
vorhanden ist. Sind großflächige Einzelhandelsbetriebe dort noch nicht
vorhanden, fällt ein derartiges Vorhaben aus dem Rahmen. Auch ein aus dem
Rahmen fallendes Vorhaben kann sich dennoch einfügen, wenn es im Verhältnis zu
seiner näheren Umgebung keine bewältigungsbedürftigen Spannungen erzeugt oder
vorhandene Spannungen verstärkt. Großflächige Einzelhandelsbetriebe werden i.
d. R. Spannungen erzeugen oder vorhandene Spannungen verstärken. Eine
Spannungsverstärkung ist z. B. auch darin zu sehen, dass der durch das Vorhaben
bedingte stärkere Zu- und Abfahrtsverkehr bisher ruhigere Wohnstraßen durch
Lärm undAbgase belastet - wobei schon eine Zunahme
von wenigen Dezibel bedeutsam ist - oder dass das vorhandene Straßennetz
überlastet wird, auch durch den ruhenden Verkehr der Kundenfahrzeuge.
Maßgeblich bei Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB ist die Berücksichtigung nur der
„näheren Umgebung". Zu beachten ist, dass die nach § 11 Abs. 3 BauNVO zu berücksichtigenden landesplanerischen und
städtebaulichen Auswirkungen (vgl. Nrn. 2.3 und
2.3.1) regelmäßig weit über die nähere Umgebung hinausreichen. Derartige
„Fernwirkungen" bleiben jedoch bei der Beurteilung des Einfügens außer
Betracht (vgl. BVerwG, Urteil v. 3.2.1984 - 4 C 8.80
-, BauR 1984, 377).
5.2.3
Zulässigkeit nach § 34 Abs. 2 BauGB
In diesem Fall ist hinsichtlich der Beurteilung der Art der Nutzung die
Baunutzungsverordnung (hier § 11 Abs. 3) unmittelbar anzuwenden. Ist die nähere
Umgebung als Misch-, Gewerbe- oder Industriegebiet einzuordnen, ist daher ein
Vorhaben, das die Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 BauNVO
erfüllt, unzulässig. Bei dieser Beurteilung sind auch die landesplanerischen
und städtebaulichen Auswirkungen zu berücksichtigen, die räumlich über die nach
§ 34 Abs. 1 BauGB maßgebliche nähere Umgebung hinausgehen (Fernwirkungen). Ein
Vorhaben i. S. v. § 11 Abs. 3 BauNVO ist nur zulässig
in einem Gebiet, das als Kerngebiet oder Sondergebiet „großflächiger
Einzelhandel" einzustufen ist. Hinsichtlich der Beurteilung des Maßes der
baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche ist
darüber hinaus auch die Prüfung nach § 34 Abs. 1 BauGB erforderlich (Nr.
5.2.2).
5.2.4
Mit einfachem Bebauungsplan
Liegt ein einfacher Bebauungsplan (§ 30 Abs. 2 BauGB) vor, so sind
Handelsbetriebe aller Art nur zulässig, wenn sie dessen Festsetzungen nicht
widersprechen; insoweit gelten die Nummern 5.1 bis 5.1.4 entsprechend. Im übrigen ist das Vorhaben nach § 34 Abs. 1 BauGB (Nr. 5.2.2)
oder nach § 34 Abs. 2 BauGB (Nr. 5.2.3) zu beurteilen.
5.2.5
Gesicherte Erschließung
Zur gesicherten Erschließung gehören bei großflächigen Einzelhandelsbetrieben
insbesondere der verkehrsgerechteAnschluss an eine
leistungsfähige Verkehrsstraße mit einwandfreien Grundstücksein- und
-ausfahrten sowie ggf. zusätzliche Fahrstreifen innerhalb der öffentlichen
Verkehrsfläche. Die Erschließung ist mit den zuständigen Straßenbaubehörden
abzustimmen (§ 56 Straßen- und Wegegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen).
5.2.6
Überprüfung des unbeplanten Innenbereichs
Die Gewährleistung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung erfordert die
laufende Beobachtung des Baugeschehens und ggf. notwendige Anpassungsmaßnahmen,
um Fehlentwicklungen zu vermeiden. Können von einem Vorhaben zu erwartende
Spannungen, die nicht die nähere Umgebung, sondern die Zuordnung von Nutzungen
in einem größeren städtebaulich funktionalen Zusammenhang betreffen, wie er in
§ 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 BauNVO 1977
beschrieben ist, nur im Wege der Bauleitplanung ausgeglichen werden, ist ein
Planerfordernis i. S. v. § 1 Abs. 3 BBauG (jetzt
BauGB) und somit eine gesetzliche Planungspflicht der Gemeinde gegeben (vgl. BVerwG, Urteil v. 3. 2.1984 - 4 C 8.80 -, ZfBR 1984, 137 = BauR 1984, 377).
Zur Feststellung der gesetzlichen Planungspflicht haben die Gemeinden solche
Gebiete innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ohne
bauplanungsrechtliche Festsetzungen über Art und Maß der baulichen Nutzung, in
denen die Möglichkeit der Ansiedlung von Vorhaben i. S. v. § 11 Abs. 3 BauNVO mit Auswirkungen der in dieser Vorschrift
bezeichneten Art gegeben ist, zu überprüfen. Diese Prüfung ist insbesondere in
den Gebieten erforderlich, in denen aufgrund bestehenden Baurechts weitere
Vorhaben zu bereits vorhandenen Vorhaben (i. S. v. § 11 Abs. 3 BauNVO, auch mit geringerer Geschossfläche als 1200m2)
hinzutreten können und dann im Zusammenwirken negative Auswirkungen auslösen
können. Es wird darauf hingewiesen, dass bei dieser Prüfung ggf. eine
Beteiligung der Kammern der gewerblichen Wirtschaft in Betracht kommt.
In vielen Fällen wird die Aufstellung eines einfachen Bebauungsplans i. S. v. §
30 Abs. 2 BauGB, der nur die Art der Nutzung festsetzt, ausreichen.
Bei der Aufstellung eines Bebauungsplans für einen bisher unbeplanten
Innenbereich ist - auch zur Vermeidung eventueller Entschädigungsansprüche,
(Nr. 4.3.2) - zu prüfen, ob vorhandene großflächige Einzelhandelsbetriebe auf
den Bestandsschutz verwiesen oder durch Festsetzungen nach § 1 Abs. 10 BauNVO planungsrechtlich abgesichert werden sollen.
Die Gemeinden sollen die Möglichkeit der Veränderungssperre (§ 14 BauGB) bzw.
der Zurückstellung von Baugesuchen (§ 15 BauGB) in Betracht ziehen.
Die zeit- und sachgerechte Erfüllung dieser gesetzlichen Aufgabe durch die
Gemeinde ist von den Aufsichtsbehörden zu überwachen und kann ggf. im
Aufsichtsweg durchgesetzt werden.
Im Außenbereich
5.3.1
Ohne bauplanungsrechtliche Festsetzungen
Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige
Handelsbetriebe i. S. von § 11 Abs. 3 BauNVO gehören
nicht zu den nach § 35 Abs. 1 BauGB für den Außenbereich privilegierten
Vorhaben. Sie können wegen ihres Umfanges und wegen der Beeinträchtigung
öffentlicher Belange i. S. des § 35 Abs. 2 und 3 BauGB im Außenbereich ohne
bauplanungsrechtliche Festsetzungen nicht zugelassen werden. Dies gilt auch,
wenn und soweit in einem Flächennutzungsplan Bauflächen dargestellt sind, die
durch Bebauungspläne als Kerngebiete oder als Sondergebiete i. S. von § 11 Abs.
3 BauNVO ausgewiesen werden könnten.
5.3.2
Mit einfachem Bebauungsplan
Bestehen im Außenbereich einfache (i. S. des § 30 Abs. 2 BauGB nicht
qualifizierte) Bebauungspläne mit Festsetzungen über Art und Maß der baulichen
Nutzung, so sind Handelsbetriebe aller Art nur zulässig, wenn sie diesen
Festsetzungen nicht widersprechen; insoweit gelten die Nummern 5.1 bis 5.1.4
entsprechend. Darüber hinaus müssen die Voraussetzungen des § 35 Abs. 2
BauGB vorliegen, d. h. öffentliche Belange i. S. von § 35 Abs. 3 BauGB dürfen
nicht beeinträchtigt werden, soweit sie nicht Gegenstand des einfachen
Bebauungsplans sind. Insbesondere darf das Vorhaben Zielen der Raumordnung und
Landesplanung nicht widersprechen (Nr. 3.1). Darüber hinaus muss die
ausreichende Erschließung gesichert sein.
Nutzungsänderungen und Erweiterungen
Nutzungsänderungen und Erweiterungen sind
genehmigungsbedürftig. Für sie gelten die Nummern 5.1 bis 5.3, 5.5, 5.6
entsprechend.
Eine Nutzungsänderung liegt auch vor, wenn ein
Großhandelsbetrieb ganz oder teilweise auf Einzelhandel umstellt (Nr. 2.2.3).
Der Bestandsschutz des Großhandels deckt nicht die Fortführung des Betriebs als
(Teil-)Einzelhandel. Das gleiche gilt, wenn ein in der Baugenehmigung
festgeschriebenes Sortiment umgestellt bzw. geändert wird oder wenn ein neues
Sortiment hinzukommt.
Eine Erweiterung liegt bei einer Vergrößerung der Geschossfläche oder der
Verkaufsfläche vor. Bei Erweiterungen sind für die Beurteilung der Zulässigkeit
die Auswirkungen der gesamten Anlage zugrunde zu legen. Das gleiche gilt, wenn
anstelle eines größeren Handelsbetriebs mehrere kleinere Handelsbetriebe von
jeweils nicht wesentlich unter 1200 m2 Geschossfläche in räumlicher
Nähe und zeitlichem Zusammenhang beantragt werden. Besonderes Augenmerk ist auf
eine etwaige Zusammenlegung derartiger Betriebe zu legen, weil dies ggf. eine Nutzungsänderung oder Erweiterung darstellt.
Behandlung von Bauanträgen
5.5.1
Antragsunterlagen
Antragsunterlagen für Einzelhandelsbetriebe und sonstige Handelsbetriebe müssen
die Art des Betriebs (Einzelhandel, Großhandel), die Geschossfläche, die
Verkaufsfläche (Nr. 2.2.4) und die vorgesehenen Sortimente (Nr. 2.2.5), gegliedert
nach der Größe der Verkaufsfläche, klar und eindeutig erkennen lassen. Liegen
hierzu keine klaren Angaben vor, kann eine Baugenehmigung wegen Unmöglichkeit
der Prüfung nach § 11 Abs. 3 BauNVO nicht erteilt
werden.
Bei Anträgen für Großhandelsbetriebe ist darzulegen, inwieweit durch geeignete
organisatorische Maßnahmen sichergestellt wird, dass der Handel mit dem letzten
Verbraucher weitestgehend unterbunden wird (Nr. 2.2.3).
5.5.2
Festschreibung in der Baugenehmigung
In der Baugenehmigung sind die Betriebsarten (Einzel-, Großhandel), die Größe
der Verkaufsfläche sowie Art und Umfang bzw. die absolute Größe des Sortiments
(nach m2 oder Anteil) festzuschreiben, wenn es sich aus
entsprechenden Festsetzungen des Bebauungsplans oder in Anwendung von § 11
Abs. 3 BauNVO ergibt.
Bei Anträgen für Großhandelsbetriebe sollte der funktionelle Großhandel im
Bauschein festgelegt werden.
Auf § 9 Abs. 1 BauO NW wird hingewiesen (insbesondere
Begrünung/ Bepflanzung von Stellplätzen).
5.6
Vorlage von Bauanträgen bei der Bezirksregierung
Ist beabsichtigt, Einkaufszentren oder großflächige Handelsbetriebe außerhalb
von Kerngebieten oder Sondergebieten i. S. v. § 11 Abs. 3 BauNVO
aufgrund vorhandenen Baurechts nach §§ 30 bis 35 BauGB ohne vorherige
rechtskräftig abgeschlossene Bauleitplanung auf der Grundlage der BauNVO 1977, 1986 oder 1990 zuzulassen, und zwar
1.
einzelne Vorhaben mit mehr als 1200 m2 Geschossfläche oder 700 m2
Verkaufsfläche,
2.
mehrere Einzelvorhaben von jeweils nicht wesentlich unter 1200 m2
Geschossfläche in räumlicher Nähe und in zeitlichem Zusammenhang,
3.
einzelne Vorhaben geringerer Größe in kleineren Gemeinden (vgl. Nr. 2.3.2),
4.
Vorhaben über 3 000 m2 Geschossfläche, die nicht überwiegend an
letzte Verbraucher verkaufen,
so hat die Bauaufsichtsbehörde vor Erteilung der Baugenehmigung oder eines
Vorbescheides den Bauantrag bzw. die Bauvoranfrage
mit der Begründung der beabsichtigten Entscheidung auf dem Dienstweg der
Bezirksregierung vorzulegen. Dabei ist insbesondere auf die Auswirkungen i. S.
von § 11 Abs. 3 BauNVO einzugehen, vor allem, wenn
solche Auswirkungen sich im Zusammenhang mit anderen ähnlichen Vorhaben in
räumlichem oder zeitlichem Zusammenhang ergeben können. Dies erübrigt sich bei
Einkaufszentren, weil die genannten Auswirkungen bei diesenstets
anzunehmen sind.
Die Bezirksregierung überprüft die beabsichtigte Entscheidung und teilt das
Ergebnis der unteren Bauaufsichtsbehörde mit. Vor Eingang einer positiven
Entscheidung der Bezirksregierung darf ein Vorhaben nicht zugelassen werden.
Äußert sich die Bezirksregierung nicht innerhalb einer Frist von zwei Monaten,
kann die Bauaufsichtsbehörde von einer positiven Entscheidung der
Bezirksregierung ausgehen.
6
Aufhebung von Vorschriften
Der Gem. RdErl. v. 16. 7. 1986 (MBl.
NRW. 1986 S. 1001/SMBl. NRW. 2311) wird aufgehoben.
Anlagen: