Aufgehobener Erlass:
Aufgehoben durch RdErl. v. 26.4.2005 - MBl.NRW. 2005 S. 623.
Verhütung und Bekämpfung von Korruption in der öffentlichen
Verwaltung
RdErl. d. Innenministeriums, zugleich im Namen des Ministerpräsidenten und
aller Landesministerien,
v. 12.04.1999
Gliederung
1 Allgemeines
1.1 Geltungsbereich
1.2 Korruption
1.3 Korruptionsgefährdete Bereiche
1.4 Korruptions-Indikatoren
2 Personalwesen
2.1 Führungsverantwortung, Personalrotation
2.2 Kontrollmechanismen
2.3 Dienst- und arbeitsrechtliche Maßnahmen
2.4 Sensibilisierung der Beschäftigten
2.5 Aus- und Fortbildung
2.6 Verhalten bei Auftreten eines Korruptionsverdachtes
2.7 Hinweise auf weitere Regelungen
2.7.1 Annahme von Belohnungen und Geschenke
2.7.2 Nebentätigkeiten
3 Vergabeverfahren
3.1 Informationsstelle für Vergabeausschlüsse
3.1.1 Einrichtung
3.1.2 Meldung und Löschung der Daten
3.1.3 Obligatorische Anfragen
3.2 Aufklärung des Bieters; Eigenerklärung
3.3 Ausschluss vom Vergabeverfahren
3.4 Regelungen bei Zuwendungsmaßnahmen
3.5 Vergaben des Landes für den Bund oder Dritte
3.6 Förmliche Verpflichtung nichtbeamteter Personen
3.7 Vier-Augen-Prinzip
3.8 Sicherungskopie der Angebote
3.9 Hinweise auf weitere Regelungen
4 Sponsoring
5 Schlussbestimmungen
5.1 Restriktivere Regelungen
5.2 Anwendungsempfehlung
1
Allgemeines
1.1
Geltungsbereich
Dieser Erlass gilt für die Behörden,
Einrichtungen und sonstigen öffentlichen Stellen des Landes. Für die Gerichte
und die Staatsanwaltschaften gilt er, soweit sie Verwaltungsaufgaben
wahrnehmen.
1.2
Korruption
Kennzeichnend für korruptive Praktiken sind vor
allem der Missbrauch einer amtlichen Funktion und die Erlangung bzw. das
Anstreben von (persönlichen) Vorteilen unter gleichzeitiger Verschleierung
dieser Handlungsweisen.
Das Strafrecht kennt keine übergreifende
Korruptionsstrafvorschrift, sondern sanktioniert das mit Korruption verbundene
Unrecht in verschiedenen Straftatbeständen.
Relevante strafrechtliche Korruptionsdelikte sind
insbesondere:
- § 331 StGB Vorteilsannahme
- § 332 StGB Bestechlichkeit
- § 333 StGB Vorteilsgewährung
- § 334 StGB Bestechung
1.3
Korruptionsgefährdete Bereiche
Besonders gefährdet durch unrechtmäßige oder
unlautere Einflüsse sind alle Bereiche, die
- Aufträge vergeben,
- Fördermittel bewilligen,
- über Genehmigungen, Gebote und Verbote entscheiden,
- andere Verwaltungsakte erlassen,
- Abgaben, Gebühren etc. festsetzen oder erheben,
- Kontrolltätigkeiten ausüben.
1.4
Korruptions-Indikatoren
Eine Reihe von Indikatoren können Warnsignale im Hinblick
auf Korruptionsgefährdung sein,z.B. wenn sie stark ausgeprägt sind oder häufiger
oder in Kombination mit anderen auftreten. Für sich alleine betrachtet haben
sie nur eine geringe Aussagekraft, sie lassen nicht zwangsläufig auf ein
Fehlverhalten schließen. Die Bewertung von Indikatoren ist daher im Einzelfall
mit größter Sorgfalt durchzuführen. Die vielfältigen Erscheinungsformen der
Korruption führen dazu, dass Indikatorenkataloge, wie im folgenden beispielhaft
dargestellt, nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erheben und in
unterschiedlichen Gefährdungsbereichen voneinander abweichen können.
Personenbezogene Indikatoren:
- persönliche Probleme (Sucht, Überschuldung, Frustration,
etc.),
- Geltungssucht,
- Jobdenken, mangelnde Identifikation mit der Aufgabe,
- gezielte Umgehung von Kontrollen, Abschottung einzelner Aufgabenbereiche,
- Inanspruchnahme von betrieblichen Einrichtungen,
Freizeitanlagen, Ferienwohnungen oder Veranstaltungen des
Antragstellers/Bieters,
- unerklärlich hoher Lebensstandard.
Systembezogene Indikatoren:
- zu große Aufgabenkonzentration auf eine Person,
- unzureichende Kontrollen, zu schwach ausgeprägte Dienst-
und Fachaufsicht,
- zu große unkontrollierte Entscheidungsspielräume,
- schwer verständliche Vorschriften.
Passive Indikatoren:
- Ausbleiben von Bürgerbeschwerden, obwohl mit Widerspruch
zu rechnen wäre,
- Ausbleiben von behördlichen (Re-)Aktionen.
2
Personalwesen
2.1
Führungsverantwortung,
Personalrotation
Vorgesetzte üben ihre Führungsverantwortung und
Dienst- und Fachaufsicht konsequent aus und achten auf Korruptionsindikatoren.
Sie sind sich ihrer Vorbildfunktion bewusst und wirken darauf hin, dass ein
"Klima" verhindert wird, das die einen Korruptionsverdacht
anzeigenden Beschäftigten in eine Abseitsposition drängt.
Sie kennen die Dienstposten, die einer
besonderen Korruptionsgefahr unterliegen. Für diese Dienstposten soll, soweit
fachlich und wirtschaftlich vertretbar, ein Personalkonzept entwickelt werden,
in dem jeweils feste Verwendungszeiten festgelegt sind, nach deren Ablauf die
Betroffenen eine neue Aufgabe erhalten. Andernfalls oder sofern die
festgelegten Verwendungszeiten für einzelne Dienstposten oder spezielle
Fachbereiche aus sachlichen Gründen überschritten werden, machen sie diese
Gründe aktenkundig und sorgen in diesen Fällen für eine besonders ausgeprägte
Dienstaufsicht. Dies gilt insbesondere dort, wo Fachwissen auf wenige
Beschäftigte (z.B. Spezialisten oder in Kleindienststellen) konzentriert ist.
2.2
Kontrollmechanismen
In korruptionsgefährdeten Arbeitsgebieten sind
geeignete Kontrollmechanismen auszubauen, wie z.B.:
Stärkung der Dienst- und
Fachaufsicht/Führungsverantwortung durch z.B.:
- intensive Vorgangskontrolle(z. B. Durchführen von
Kontrollen an vorher festgeschriebenen "Meilensteinen" im
Vorgangsablauf),
- Wiedervorlagen,
- Überprüfung der Ermessensausübung,
- Einrichtung von Innenrevisionen,
- Herausgabe von Prüfrastern, Checklisten o.ä. zum
ordnungsgemäßen Vorgangsablauf,
Standardisierung von wiederkehrenden Vorgangsabläufen unter
Einsatz der EDV (automatische Erfassung von Auffälligkeiten),
- Strikte Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips,
- Transparenz der Entscheidungsfindung in
korruptionsgefährdeten Arbeitsbereichen durch organisatorische Maßnahmen (z.B.
rechnergestützte Vorgangskontrolle, Berichtswesen, eindeutige
Zuständigkeitsregelungen, genaue und vollständige Dokumentation).
2.3
Dienst- und arbeitsrechtliche Maßnahmen
In allen Fällen von Korruption, auch unterhalb
der Strafbarkeitsschwelle, sind disziplinar- und arbeitsrechtliche Mittel mit
Nachdruck anzuwenden.
2.4
Sensibilisierung der Beschäftigten
Um die Bereitschaft der Beschäftigten zu
fördern, Korruption offen anzusprechen oder aufzudecken und um
Korruptionsanfälligkeit zu mindern, sind Maßnahmen erforderlich, die auch die
wahrzunehmenden Aufgaben, organisatorischen Gegebenheiten etc. berücksichtigen.
Dazu gehören:
- Stärkung des Problem- und Verantwortungsbewusstseins der
Beschäftigten,
- Stärkung des Unrechtsbewusstseins für korruptive
Handlungen,
- Umfassende und ggf. regelmäßige Unterrichtung der
Beschäftigten aller Hierarchieebenen über die einschlägigen Regelungen, wie
z.B. über das Verbot der Annahme von Vorteilen und Geschenken, die Genehmigung
von Nebentätigkeiten und die bei Verstößen zu erwartenden Sanktionen,
- Information der Vorgesetzten über die verfügbaren
Kontroll- und Aufsichts-, aber auch Sanktionsmöglichkeiten.
Insbesondere bieten sich dazu folgende
Möglichkeiten an:
- Aushändigung dieses Erlasses im Zusammenhang mit der
Ablegung des Diensteides bzw. der Verpflichtung,
- ausführliche, praxisnahe Information der Beschäftigten in
sensiblen Bereichen durch die Führungskräfte oder besonders fortgebildete
Beschäftigte,
- interne Öffentlichkeitsarbeit, z.B. durch Rundschreiben,
Broschüren mit geltenden Regelungen und Praxisbeispielen,
- Behandlung des Themas "Korruption" in
Mitarbeiterbesprechungen und Personalversammlungen.
2.5
Aus- und Fortbildung
Korruptionsverhütung und -verfolgung sollen
Bestandteil der Aus- und Fortbildung sein; Formen der Korruption und die
Maßnahmen der Korruptionsverhütung und -verfolgung sind angemessen zu behandeln.
2.6
Verhalten bei
Auftreten eines Korruptionsverdachtes
Um eine erfolgreiche Korruptionsbekämpfung zu gewährleisten,
müssen alle Stellen zusammenwirken, denen Verhütung, Aufdeckung und Verfolgung
korruptiver Praktiken möglich ist.
Bei konkretem Korruptionsverdacht sind
Dienstvorgesetzte bzw. Arbeitgeber unverzüglich zu unterrichten. Statt dessen
kann ein Verdacht auch der von der obersten Landesbehörde für den jeweiligen
Geschäftsbereich benannten Stelle unmittelbar mitgeteilt werden (siehe Anlage
1).
Der Dienstvorgesetzte bzw. Arbeitgeber hat
frühestmöglich – ggf. in Abstimmung mit der vorgesetzten Behörde oder
Einrichtung – den Anfangsverdacht korruptiver Handlungen den
Strafverfolgungsbehörden (Landeskriminalamt und Staatsanwaltschaft) anzuzeigen.
Zur Begründung des Anfangsverdachts werden konkrete Tatsachen verlangt, die es
als möglich erscheinen lassen, dass eine verfolgbare Straftat vorliegt. An die
Annahme des Anfangsverdachts dürfen keine übertriebenen Anforderungen gestellt
werden, weil die Erforschung des Sachverhalts gerade die Aufgabe des
Ermittlungsverfahrens ist. So braucht der Anfangsverdacht weder dringend noch
hinreichend zu sein. Andererseits hat der Bürger einen Anspruch darauf, dass
nicht schon aus der Luft gegriffene Vorwürfe zur Einleitung eines
Ermittlungsverfahrens führen. Daher reichen bloße Vermutungen zur Begründung
eines Anfangsverdachts grundsätzlich nicht aus. Vielmehr muss der
Anfangsverdacht auf konkreten Tatsachen beruhen. Werden zeitlich dringliche
strafrechtliche Ermittlungshandlungen für erforderlich gehalten, empfiehlt
sich, ggf. nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft, die Mitteilung an die
Polizei.
§ 77e StGB (Ermächtigung und
Strafverlangen) bleibt unberührt.
Alle Behörden, Einrichtungen und Betriebe haben die Strafverfolgungsbehörden
auf deren Ersuchen hin, insbesondere bei der Vorbereitung von Durchsuchungen
und Beschlagnahmen, sowie bei Bedarf einzelfallorientiert und unter
Berücksichtigung der Belange der ersuchten Dienststelle auch mit fachkundigem
und geeignetem Personal, zu unterstützen. Die durch die Landesverfassung
zugewiesene Stellung des Landesrechnungshofs bleibt unberührt.
Wird wegen Anzeichen von
Korruption zunächst verwaltungsintern ermittelt, ist darauf zu achten, dass
spätere Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden nicht gefährdet werden, etwa
dadurch, dass Tatbeteiligte gewarnt werden. Nach Unterrichtung der
Strafverfolgungsbehörden obliegt diesen ausschließlich die weitere Aufklärung
des Sachverhalts. Maßnahmen im Rahmen des Dienst- bzw. Arbeitsrechts gegen
betroffene Beschäftigte sind von der zuständigen Stelle zu prüfen und ggf.
durchzuführen.
Soweit Geheimnisträgerinnen oder
Geheimnisträger betroffen sind, haben die zuständigen Dienstvorgesetzten auch
die Geheimschutzbeauftragten zu informieren.
Die zuständigen Vorgesetzten haben in
Korruptionsfällen umgehend die zur Vermeidung eines drohenden Schadens
erforderlichen Maßnahmen einzuleiten. Eine verwaltungsgerechte Abwicklung sowie
die rechtzeitige Geltendmachung von Schadenersatz- und Entschädigungsleistungen
sind sicherzustellen.
2.7
Hinweise auf weitere Regelungen
2.7.1
Annahme von Belohnungen und
Geschenken
Beamtinnen und Beamte dürfen - auch nach
Beendigung des Beamtenverhältnisses - in Bezug auf ihr Amt kein Geld oder
andere Belohnungen oder Geschenke annehmen. Generell erlaubt ist nur die
Annahme von geringwertigen Aufmerksamkeiten wie z.B. Massenwerbeartikeln.
Ausnahmen vom Verbot bedürfen der Zustimmung des Dienstvorgesetzten bzw. des
vor der Beendigung des Beamtenverhältnisses zuletzt zuständigen
Dienstvorgesetzten (siehe im Einzelnen § 76 LBG und die dazu ergangenen
Verwaltungsvorschriften).
Entsprechendes gilt für Beschäftigte im
Angestellten- und Arbeiterverhältnis (siehe im Einzelnen § 10 BAT, § 12 MTArb.).
2.7.2
Nebentätigkeiten
Bei Nebentätigkeiten (siehe im Einzelnen §§ 67
ff. LBG und die dazu ergangenen Nebentätigkeitsverordnungen bzw. § 11 BAT bzw.
§ 13 MTArb.) muss bereits der Anschein vermieden werden, dass durch sie dienstliche
und private Interessen verquickt werden und damit eine objektive, gerechte und
sachliche Erledigung der Dienstgeschäfte nicht mehr gewährleistet ist.
In korruptionsgefährdeten Bereichen ist deshalb bei der
Erteilung von Nebentätigkeitsgenehmigungen ein strenger Maßstab anzulegen.
Für Nebentätigkeitsgenehmigungen gilt:
- Zeitliche Begrenzung (max. 5 Jahre),
- Auflagen und Bedingungen möglich,
- Erlöschen bei Versetzung zu einer anderen Dienststelle.
Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die Nebentätigkeit
dienstliche Interessen beeinträchtigen kann.
3
Vergabeverfahren
3.1
Informationsstelle für
Vergabeausschlüsse
3.1.1
Einrichtung
Beim Finanzministerium des Landes
Nordrhein-Westfalen wird eine Informationsstelle für Vergabeausschlüsse
eingerichtet.
Anschrift:
Informationsstelle für Vergabeausschlüsse
Koordinierungs- und Beratungsstelle des Landes
für Vergaben nach der VOL (KBSt-VOL)
40190 Düsseldorf
Tel.: 0211/4972-2342
Fax: 0211/4972-2377
Meldung und Löschung
der Daten
Die mit der Durchführung des Vergabeverfahrens
befassten Dienststellen teilen die von ihnen getroffenen Entscheidungen der
Informationsstelle wie folgt mit:
1. Meldende Stelle
2. Datum
3. Aktenzeichen
4. Name und Telefonnummer des Ansprechpartners
5. Ausschlussfrist
6. Betroffenes Unternehmen
7. Gewerbezweig/Branche
8. Anschrift
9. Handelsregister-Nummer (falls bekannt)
Die Informationsstelle nimmt die von den
Vergabestellen gemeldeten Daten in eine Liste auf. Diese Daten können allen mit
der Durchführung von Vergabeverfahren befassten Dienststellen sowie den nach
Nr. 3.4 dazu berechtigten Zuwendungsempfängern für das konkrete
Vergabeverfahren übermittelt werden. Jede Auskunft, die über einen erfolgten
Ausschluss informiert, ist zu dokumentieren.
Nach Ablauf der Ausschlussfrist oder auf
Veranlassung der Vergabestelle, die den Ausschluss gemeldet hat, werden alle
einschlägigen Daten in der Liste gelöscht.
Eine vorzeitige Löschung kann durch die
Vergabestelle auf schriftlichen Antrag eines Bewerbers oder Bieters veranlasst
werden, wenn
- er durch geeignete organisatorische und
personelle Maßnahmen Vorsorge gegen die Wiederholung der Verfehlung getroffen
hat (eine weitere Zusammenarbeit mit den für die früheren Verfehlungen
verantwortlichen Personen ist in aller Regel unzumutbar) und
- der Schaden ersetzt wurde oder eine verbindliche
Anerkennung der Schadensersatzverpflichtung dem Grunde und der Höhe nach - ggf.
verbunden mit der Vereinbarung eines Zahlungsplans - vorliegt.
Bei der Entscheidung über die vorzeitige
Löschung sind die Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen.
3.1.3
Obligatorische Anfragen
Vor Erteilung eines öffentlichen Auftrags mit
einem Wert über 25.000 Euro bei einer Vergabe nach der VOL/A beziehungsweise über 50.000 Euro bei einer
Vergabe nach der VOB/A sowie Vergaben
nach der VOF (jeweils Nettoauftragswert nach Abzug der Umsatzsteuer) fragt die
Vergabestelle - bei Vergaben oberhalb der EU-Schwellenwerte bereits vor
Absendung der Information nach § 13
Vergabeverordnung - bei der
Informationsstelle nach, ob Eintragungen hinsichtlich des Unternehmens, das den
Zuschlag erhalten soll, vorliegen. Bis zu diesem Zeitpunkt kann sich die
Vergabestelle auf die Richtigkeit der Eigenerklärung (Anlage 2)
verlassen.
Bei geplanten Vergaben unterhalb der genannten
Wertgrenze steht die Anfrage im pflichtgemäßen Ermessen der Vergabestelle.
3.2
Aufklärung des Bieters; Eigenerklärung
Potentielle Bieter sind zum frühestmöglichen
Zeitpunkt von der Vergabestelle über die genannte Meldeverpflichtung und
Anfragemöglichkeit aufzuklären.
Bei allen Vergabeverfahren (ausgenommen Freihändige Vergaben bis 10.000,- Euro)
ist von den (auch gemeinschaftlichen) Bietern oder Bewerbern mit dem Angebot
jeweils eine Erklärung gemäß Anlage 2 abzugeben
3.3
Ausschluss vom Vergabeverfahren
Die mit der Durchführung des Vergabeverfahrens
befasste Dienststelle entscheidet in jedem Einzelfall, ob ein Bewerber oder
Bieter wegen Unzuverlässigkeit von der Teilnahme am Vergabeverfahren
ausgeschlossen werden soll; § 8 Nr. 5 VOB/A und § 7 Nr. 5 VOL/A bleiben
unberührt.
Bei nachgewiesenen schweren Verfehlungen ist der Bewerber
oder Bieter in der Regel auszuschließen.
Der Nachweis ist erbracht, wenn aufgrund der
vorliegenden Tatsachen keine begründeten Zweifel an der schweren Verfehlung
bestehen. Bei Verstößen gegen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB),
z.B. Absprachen über die Abgabe oder die Nichtabgabe von Angeboten sowie die
Leistung von konkreten Planungs- und Ausschreibungshilfen, die dazu bestimmt
sind, den Wettbewerb zu beeinflussen, kommen für den Nachweis auch die
Bußgeldbescheide der Kartellbehörde in Betracht. Verdachtsmomente allein können
nicht ausschlaggebend sein.
Bei Verfehlungen, durch die dem Auftraggeber
kein oder nur ein geringer Schaden entstanden ist, kann unter dem Gesichtspunkt
der Verhältnismäßigkeit von einem Ausschluss abgesehen werden. Um etwaige
Wiederholungsfälle feststellen zu können, ist aber auch in diesen Fällen die
Informationsstelle für Vergabeausschlüsse (ohne Angabe einer Ausschlussfrist)
zu benachrichtigen. In einem solchen Fall ist der betreffende Bewerber bzw.
Bieter auf den festgestellten Sachverhalt und die im Wiederholungsfall zu
erwartenden Konsequenzen schriftlich hinzuweisen.
Falls keine neuen Informationen eingehen, sind sämtliche
diesbezüglichen Daten nach Ablauf von sechs Monaten zu löschen.
Bei der Ausschlussentscheidung sind die
Auskünfte der Informationsstelle für Vergabeausschlüsse sowie die der
Dienststelle bekannten Feststellungen anderer Stellen, etwa der Rechnungsprüfung,
der Strafverfolgungsbehörden oder der Landeskartellbehörde und die
Besonderheiten des Einzelfalls einzubeziehen. Bei den Letzteren können u.a.
Schadensumfang, "Selbstreinigung" im Unternehmen, Umfang und Dauer
des strafbaren Verhaltens, Wiederholungstäterschaft, Zeitablauf seit der
letzten Tat und Mitverantwortung in der Sphäre des Auftraggebers erheblich
sein.
Bei einem Ausschluss ist unter Beachtung des
Verhältnismäßigkeitsprinzips im Regelfall eine Mindestsperrfrist von sechs
Monaten vorzusehen.
Die betroffenen Bewerber oder Bieter werden vor
ihrem beabsichtigten Ausschluss angehört. Die Entscheidung wird ihnen
schriftlich mitgeteilt. Im Falle des Ausschlusses werden sie darauf
hingewiesen, dass die Ausschlussentscheidung mit dem Datensatz nach Nr. 3.1.2
der Informationsstelle mitgeteilt wird.
Wer von der Teilnahme am Vergabeverfahren
ausgeschlossen ist, darf auch nicht als Nachunternehmer oder in
Arbeitsgemeinschaften zugelassen werden.
3.4
Regelungen bei Zuwendungen gemäß
den §§ 23 und 44 LHO
Beträgt die Zuwendung oder bei Finanzierung
durch mehrere Stellen der Gesamtbetrag der Zuwendung mehr als 500.000 €, ist
der Zuwendungsempfänger im Zuwendungsbescheid grundsätzlich zu verpflichten,
vor Vergabe eines Auftrags mit einem Wert über 25.000 € bei Vergaben nach der
VOL und /oder der VOF beziehungsweise 50.000 € bei Vergaben nach der VOB
(jeweils Netto-Auftragswert nach Abzug der Umsatzsteuer) bei der
Informationsstelle für Vergabeausschlüsse beim Finanzministerium NRW
nachzufragen, ob Eintragungen über den vorgesehenen Bewerber oder Bieter
vorliegen. Wird auf die obligatorische Verpflichtung gem. Satz 1 in
Einzelfällen ausnahmsweise verzichtet, so hat die Bewilligungsbehörde die
besonderen Gründe hierfür aktenkundig zu machen. Bei Eintragungen hatder
Zuwendungsempfänger die Bewilligungsbehörde vor der Vergabe des Auftrags zu
unterrichten.
Bei Anfragen dieser Zuwendungsempfänger an die
Informationsstelle ist eine Kopie des Zuwendungsbescheides beizufügen.
3.5
Vergaben des Landes für den Bund
oder Dritte
Die Regelungen der Nr. 3.1, 3.2, 3.3, 3.8 und
ggf. 3.6 sind auch anzuwenden bei Vergaben des Landes, die für den Bund oder
Dritte ausgeführt werden, sofern sich aus den Vorschriften des Auftraggebers
nichts anderes ergibt.
3.6
Förmliche Verpflichtung
nichtbeamteter Personen
Werden Aufgaben der öffentlichen Verwaltung,
insbesondere im Zusammenhang mit der Ausschreibung, Vergabe, Überwachung und
Abrechnung, nicht von einer Stelle im Sinne von Nr. 1.1 wahrgenommen, sondern Dritte
damit beauftragt, soll die beauftragte Person gemäß dem Gesetz über die
förmliche Verpflichtung nichtbeamteter Personen -Verpflichtungsgesetz- vom 2.
März 1974 (BGBl. I S. 469, S. 545), geändert durch Gesetz vom 15. August 1974
(BGBl. I S. 1942) auf die gewissenhafte Erfüllung der Obliegenheiten
verpflichtet werden. Damit werden unter anderem die Strafandrohungen der §§ 331
und 332 StGB (Vorteilsannahme und Bestechlichkeit) sowie § 353 StGB (Verletzung
des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht) auch
gegenüber diesen Personen wirksam.
3.7
Vier-Augen-Prinzip
Die im Rahmen des Vier-Augen-Prinzips zu
beteiligende Person prüft insbesondere die Zulässigkeit der gewählten
Vergabeart. Sie kann bei Beschränkten Ausschreibungen/Nichtoffenen Verfahren
bzw. Freihändiger Vergabe/Verhandlungsverfahren die Bewerbervorschlagslisten
ergänzen. Über Ergänzungen dürfen die Verfasserin oder der Verfasser der Listen
nur in Ausnahmefällen informiert werden.
3.8
Sicherungskopien der Angebote
Auf folgende Verfahrensmöglichkeit zur
Verhütung von Korruption wird hingewiesen:
Bei Vergaben mit einem Auftragswert über 25.000
Euro und bei Bauleistungen mit einem Auftragswert über 50.000 Euro (jeweils
Netto-Auftragswert nach Abzug der Umsatzsteuer) wird eine Sicherungskopie des
Angebotes bzw. von genau bezeichneten Teilen des Angebotes vom Bieter verlangt,
um nachträgliche Manipulationen der Preise oder anderer preisrelevanter Angaben
erkennen zu können.
Dabei empfiehlt sich die folgende
Verfahrensweise: Der Bieter fügt den
Angebotsunterlagen in einem gesonderten verschlossenen Umschlag eine
selbstgefertigte Kopie oder einen Abdruck des Angebotes bzw. der geforderten
Teile des Angebotes - jeweils ggf. mit Nebenangeboten/Änderungsvorschlägen -,
alternativ entsprechende Aufzeichnungen auf elektronischen Datenträgern, bei.
In der Öffnungsverhandlung/im Eröffnungstermin
wird das Vorliegen dieser Sicherungskopie in der Niederschrift vermerkt. Sie
wird unmittelbar nach Ende der Verhandlung ungeöffnet bei einer von der
Auftragsvergabe nicht betroffenen Stelle in Verwahrung gegeben.
Soll der Zuschlag auf ein Angebot erteilt
werden, das von der in der Öffnungsverhandlung vorliegenden bzw. im
Eröffnungstermin verlesenen Angebotsendsumme abweicht (z.B.
Rechenfehler/Einbeziehung eines Nebenangebotes), sind die Gründe für die
Abweichung zusammenfassend aktenkundig zu machen. Das geöffnete Angebot ist von
einer an der Auftragsvergabe nicht beteiligten Stelle auf Übereinstimmung mit
der Sicherungskopie zu prüfen.
Wird
eine Sicherungskopie verlangt, ist in den Vergabeunterlagen hervorgehoben
darauf hinzuweisen, dass
- diese
gleichzeitig mit dem Angebot abzugeben ist,
- deren
nicht gleichzeitige Abgabe zum Ausschluss des Angebots von der Wertung führt und
- im Laufe
der Wertung festgestellte Abweichungen der Sicherungskopie vom geöffneten
Original den Ausschluss des Angebots von der weiteren Wertung zu Folge haben.
Es wird empfohlen, das vorstehend beschriebene
Verfahren in geeigneten Fällen durchzuführen. Die Intention der Korruptionsprävention
ist dabei sorgfältig mit Belangen der Ökonomie und Effizienz von Verwaltung und
Bietern abzuwägen.
3.9
Hinweise auf weitere Regelungen
Bei der Vergabe von Aufträgen sind die
einschlägigen Vorschriften des Haushalts- und Vergabewesens zu beachten (§ 55
LHO und die dazu ergangenen VV sowie die Regelungen der Vergabehandbücher). Die
damit verbundene Formstrenge soll ein Höchstmaß an Sicherheit für die Vergabe
der Leistungen an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Bieter im
Wettbewerb zu angemessenen Preisen gewährleisten. Sie schützt den Bieter vor
wettbewerbsverfälschenden Manipulationen des Auftraggebers und den Auftraggeber
vor ungerechtfertigten Vorhaltungen des Bieters.
4
Sponsoring
Unter Sponsoring versteht man im Allgemeinen
die Zuwendung von Finanzmitteln, Sach- und/oder Dienstleistungen durch Private
(Sponsoren) an eine Einzelperson, eine Gruppe von Personen, eine Organisation
oder Institution (Gesponserte), mit der regelmäßig auch eigene
(unternehmensbezogene) Ziele der Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit verfolgt
werden.
Leistungen eines Sponsors beruhen häufig auf
einer vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Sponsor und dem Empfänger der
Leistung (Sponsoring-Vertrag/Sponsorship), in dem Art und Umfang der Leistungen
des Sponsors und des Empfängers geregelt sind.
Je nach Art und Umfang kann Sponsoring eine wirtschaftliche
Tätigkeit darstellen, die der Körperschafts-, Gewerbe- und Umsatzsteuerpflicht
unterliegt.
Die öffentliche Verwaltung darf sich nicht
unbeschränkt dem Sponsoring öffnen, in manchen Bereichen (z.B.
Polizei/Staatsanwaltschaft) wird Sponsoring nur sehr zurückhaltend oder gar
nicht stattfinden können. Sponsoring kann aber in geeigneten Fällen zur
Erreichung von Verwaltungszielen beitragen. Mit dem Sponsoring dürfen keine
rechtswidrigen Ziele verfolgt werden. Sponsoring muss mit dem Verwaltungszweck
vereinbar sein.
Bei der Anwendung von Sponsoring sind daher
folgende Leitlinien zu beachten:
- Sponsoring muss für die Öffentlichkeit
erkennbar sein. Eine vollständige Transparenz des Umfangs, der Art von
Sponsoring und der Sponsoren ist zur Vermeidung der Befangenheit der
öffentlichen Hand unentbehrlich.
- Es darf nicht der Eindruck entstehen, die Dienststellen
oder ihre Beschäftigten ließen sich bei ihren Aufgaben oder bei der Vergabe
öffentlicher Aufträge von den Interessen des Sponsors leiten.
- Das Ansehen des Staates in der Öffentlichkeit darf keinen
Schaden nehmen.
- In Sponsoringverträgen sollen die Leistungen und
Gegenleistungen genau benannt sein. Es ist auszuschließen, dass der Sponsor
Vorgaben für die Erledigung der öffentlichen Aufgabe macht oder sonst hierauf
Einfluss nimmt (Regelung zur Wahrung der Objektivität und Neutralität der
öffentlichen Verwaltung).
- Der Sponsoringvertrag unterliegt dem Zustimmungsvorbehalt
der obersten Landesbehörde. Diese kann die Befugnis delegieren.
- Liegen mehrere Angebote für Sponsoring vor, ist auf
Neutralität zu achten.
- Sollen die Sponsorleistungen einem bestimmten oder einer
konkreten Mehrzahl von Beschäftigten zugute kommen, sind die Vorschriften zum
Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken zu beachten.
Bei der Entscheidung, ob Sponsoring im
Einzelfall vertretbar ist, sind folgende weitere Aspekte zu berücksichtigen:
- Im Zusammenhang mit Sponsoring dürfen keine Zusatzausgaben
entstehen, die dem Willen des Haushaltsgesetzgebers zuwiderlaufen.
- Wenn der Sponsor seine Leistungen als Betriebsausgaben
steuerlich geltend machen kann, finanzieren letztlich alle staatlichen Ebenen
über Steuermindereinnahmen die gesponserten Leistungen mit.
5
Schlussbestimmungen
5.1
Restriktivere Regelungen
Für bestimmte Bereiche getroffene restriktivere
Regelungen bleiben unberührt.
Die zum Sponsoring erlassenen Leitlinien (siehe Nr. 4)
lassen auf die verfassungsrechtlichen Besonderheiten des staatlichen
Hochschulbereichs (Art.16 LVerf NRW) abgestimmte ergänzende Regelungen des
Ministeriums für Schule und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung unberührt.
5.2
Anwendungsempfehlung
Den der Aufsicht des Landes unterstehenden
Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie den von
ihnen beherrschten öffentlichen Unternehmen und Einrichtungen wird empfohlen,
soweit nicht bereits aus anderem Grund hierzu eine Verpflichtung besteht,
diesen Runderlass entsprechend anzuwenden.
Bei entsprechender Anwendung sind diese Stellen
zu Meldungen an die Informationsstelle und Auskunftsersuchen berechtigt.
auch von Nachunternehmern zu
fordern und vor Vertragsschluss bzw. spätestens vor Zustimmung des
Auftraggebers zur Weiterbeauftragung vorzulegen.
MBl. NRW. 1999 S. 498, geändert durch RdErl. v. 17.7.2001 (MBl. NRW. 2001 S. 1028), 11.7.2003 (MBl. NRW. 2003 S. 784), 23.1.2004 (MBl. NRW. 2004 S. 173).