Geltende Erlasse (SMBl. NRW.)  mit Stand vom 17.4.2024


Verwaltungsverfahrensgesetz Übersendung von Akten in die Kanzleiräume von bevollmächtigten Rechtsanwälten RdErl. d. Innenministers v. 21.12.1988 -l B 2/17 -21.14

 

Verwaltungsverfahrensgesetz Übersendung von Akten in die Kanzleiräume von bevollmächtigten Rechtsanwälten RdErl. d. Innenministers v. 21.12.1988 -l B 2/17 -21.14


Verwaltungsverfahrensgesetz
Übersendung von Akten in die Kanzleiräume von bevollmächtigten Rechtsanwälten
RdErl. d. Innenministers v. 21.12.1988 -l B 2/17 -21.14

Von Rechtsanwälten und im parlamentarischen Raum ist beanstandet worden, dass die Verwaltung die Übersendung von Akten zur Akteneinsicht in die Kanzleiräume von bevollmächtigten Rechtsanwälten zu restriktiv handhabe. Es besteht daher Veranlassung, auf folgende Grundsätze bei der Anwendung des § 29 Abs. 3 Satz 2 zweiter Halbsatz VwVfG. NW. hinzuweisen:

Besteht ein Recht zur Akteneinsicht nach § 29 VwVfG. NW., räumt Absatz 3 Satz 2 zweiter Halbsatz der Behörde die Möglichkeit ein, vorbehaltlich sachlich entgegenstehender Gründe im Einzelfall, auf Antrag Akten zur Einsicht auch in die Kanzleiräume von bevollmächtigten Rechtsanwälten zu übersenden. Die Entscheidung hierüber steht im Ermessen der Behörde. Sie hat die im Einzelfall für und gegen die Aktenüberlassung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abzuwägen.

Die Vorschrift ist nicht so zu verstehen, dass eine Übersendung der Akten von der Behörde nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht gezogen werden dürfe. Sofern der Aktenüberlassung in dem jeweiligen Einzelfall aus der Sicht der Behörde nichts im Wege steht, darf sie auch ohne Vorliegen besonderer Voraussetzungen Akten in Kanzleiräume übersenden.

Hierbei ist zu beachten, dass eine ausführliche Prüfung der Sach- und Rechtslage durch den Rechtsanwalt im Rahmen eines verwaltungsrechtlichen Mandats, mithin die gebotene ordnungsgemäße Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Bürgers, in der Regel eher aufgrund eines Aktenstudiums in der Kanzlei als aufgrund einer Akteneinsicht bei der Behörde möglich erscheint

Von einer Übersendung der Akten kann dann abgesehen werden, wenn sie entweder nicht praktikabel oder unzweckmäßig erscheint Dies ist denkbar z.B. bei Akten in Großverfahren mit zahlreichen Einwendern und mehreren Rechtsanwälten, bei Akten mit nicht mehr rekonstruierbaren Originalplänen, bei Akten, die ständig bei der Behörde benötigt werden oder in Fällen, in denen ein hohes Verlustrisiko besteht. Bei Personalakten sieht Ziffer 5.41 der VV zu § 102 LBG als Sonderregelung die Einsichtnahme nur in Gegenwart eines mit der Bearbeitung von Personalangelegenheiten beauftragten Bediensteten, also in der Behörde, vor.

Es bleibt der Behörde unbenommen, in den Fällen, in denen dies möglich ist, statt der Originalakten Ablichtungen (gegen Kostenerstattung) zu übersenden.

Eine Übersendung von Originalakten dürfte im übrigen nur gegen Kostenerstattung und auch nur vorübergehend erfolgen.

Die Befugnis der Behörde, bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 29 Abs. 2 VwVfG. NW. die Einsicht in die Akten (einerlei, ob bei der Behörde oder außerhalb) grundsätzlich zu verweigern, zu beschränken oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zuzulassen, bleibt hiervon unberührt .

Bei der in jedem Einzelfall gebotenen Ermessensausübung bitte ich daher, die Möglichkeiten des § 29 Abs. 3 Satz 2 zweiter Halbsatz VwVfG. NW., im Sinne der vorangestellten Grundsätze in anwaltsfreundlicher Weise auszuschöpfen.

Dieser Runderlass ergeht im Einvernehmen mit Ministerpräsidenten und allen Landesministern.

MBl. NRW.1989 S. 41.