Geltende Erlasse (SMBl. NRW.) mit Stand vom 15.5.2024
Naturwaldzellen im Staatswald des Landes Nordrhein-Westfalen RdErl. d. Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten – IV A 2 – 3.1-07 - v. 20.11.1970
Naturwaldzellen im Staatswald des Landes Nordrhein-Westfalen RdErl. d. Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten – IV A 2 – 3.1-07 - v. 20.11.1970
Naturwaldzellen im
Staatswald des Landes Nordrhein-Westfalen
RdErl. d. Ministeriums
für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
– IV A 2 – 3.1-07
Die starke Einflussnahme des Menschen auf die Struktur der Wälder machen die Erhaltung
und wissenschaftliche Beobachtung naturnaher Waldtypen erforderlich. Auf den
hierfür ausgewählten Flächen, die künftig nicht mehr bewirtschaftet werden,
soll die ungestörte Entwicklung des Bodens, der Vegetation und der Tierwelt
sowie die natürliche Regeneration des Waldes Gegenstand forstwissenschaftlicher
Untersuchungen sein.
Naturwaldzellen sind forstwissenschaftliche Beobachtungsflächen; sie sollen
insbesondere für langfristige Untersuchungen zur Verfügung stehen. Es ist
beabsichtigt, ein System von Naturwaldzellen zu schaffen, in dem, koordiniert
mit entsprechenden Vorhaben anderer Bundesländer, die wichtigsten natürlichen
Waldgesellschaften planmäßig erfasst werden.
Innerhalb der Naturwaldzellen wird nach § 49 Abs. 5 Landesforstgesetz der
Waldbestand sich selbst überlassen. Bewirtschaftungsmaßnahmen sind nicht
erlaubt; anfallendes Holz darf nicht entnommen werden. Ebenso hat die Neuanlage
von Wirtschaftswegen, Gräben, Abgrabungen, Aufschüttungen, imkereilichen
Einrichtungen und Jagdeinrichtungen wie Hochsitzen, Leitern, Schirmen,
Pirschwegen, Futterplätzen und Hütten zu unterbleiben. Im Übrigen bleibt die
rechtmäßige Ausübung der Jagd und der Fischerei unberührt. Unabdingbar
erforderlich werdende Maßnahmen zur Bekämpfung von Waldschädlingen oder zur
Abwehr von schädigenden Naturereignissen sowie die Anlage von Fußwegen sind im
Benehmen mit der Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten des
Landes Nordrhein-Westfalen (im Folgenden Landesanstalt genannt) durchzuführen.
Die höheren Forstbehörden haben für alle Naturwaldzellen im Staatswald, soweit
diese nicht in Naturschutzgebieten liegen, ordnungsbehördliche Verordnungen
nach § 49 Abs. 1 Landesforstgesetz zu erlassen und amtlich bekannt zu geben.
Die Abgrenzung der Naturwaldzellen ist im Benehmen mit der Landesanstalt
vorzunehmen.
Die
Gliederung einer Naturwaldzelle in Unterabteilungen ist soweit wie möglich
aufzuheben. Beeinträchtigungen durch Maßnahmen in angrenzenden Waldbeständen
sind unbedingt zu vermeiden. Um dies sicherzustellen, kann eine Ausweisung der
Nachbarbestände als Sonderwirtschaftswald gemäß Nr. 3.15 BePla 77 in Betracht
kommen.
Die im Lande Nordrhein-Westfalen ausgewiesenen Naturwaldzellen sind unter www.loebf.nrw.de
im Verzeichnis „Naturwaldzellen im Staatswald des Landes Nordrhein-Westfalen“
einsehbar. Über die Aufnahme weiterer Waldflächen in dieses Verzeichnis
entscheidet das Ministerium.
Nach Ausweisung einer Waldfläche als Naturwaldzelle sind Aufnahmen des
Waldbestandes, der Strauch- und Bodenvegetation, des Bodens sowie
bestandesgeschichtliche Erhebungen erforderlich. Erstbeschreibung, Vermessung
und Markierung der Naturwaldzellen sind Aufgabe der Landesanstalt. Sie
beteiligt das Geologische Landesamt Nordrhein-Westfalen und die
Bundesforschungsanstalt für Naturschutz und Landschaftspflege an den
bodenkundlichen bzw. pflanzensoziologischen Untersuchungen.
Naturwaldzellen
sind in den Betriebsplänen zu kennzeichnen und auf den Forstbetriebskarten
darzustellen.
Die Landesanstalt sammelt alle auf die Naturwaldzellen bezogenen Unterlagen -
bestandesgeschichtliche Daten, Forschungsergebnisse, Veröffentlichungen -und
stellt sie auf Antrag auch für wissenschaftliche Untersuchungen zur Verfügung.
Der
Zustand der Naturwaldzellen ist von der Landesanstalt in fünfjährigen
Zeitabständen zu überprüfen. Über das Ergebnis ist ein Bericht anzufertigen und
dem Ministerium vorzulegen.
Die Überwachung der Naturwaldzellen obliegt der unteren Forstbehörde. Hierzu
gehört auch die Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht entlang der
Waldstraßen und Waldwege, die Naturwaldzellen unmittelbar berühren. Sie hat die
Landesanstalt bei den laufenden Untersuchungen tatkräftig zu unterstützen und
über alle beobachteten Schäden wie Windwurf, Waldkrankheiten, Wildschäden,
Waldbrand sowie über Veränderungen am Zustand der Grenzmale und Markierungen
unverzüglich zu unterrichten.
Zur Unterrichtung der Waldbesucher sind an Wanderwegen und Lehrpfaden, die
Naturwaldzellen berühren, Hinweistafeln mit folgender Aufschrift anzubringen:
„Diese Waldfläche ist eine Naturwaldzelle. Das Land Nordrhein-Westfalen hat sie
für Forschungszwecke eingerichtet.
Naturwaldzellen
repräsentieren typische Waldbestände mit annähernd natürlicher
Artenzusammensetzung. Sie sollen sich ohne menschliche Eingriffe ungestört
weiterentwickeln. Daher ruht jede forstliche Nutzung.
Das
Sammeln von Pflanzen, Beeren, Pilzen und Leseholz ist hier untersagt.“
Wissenschaftliche Untersuchungen in den Naturwaldzellen sollen mit dem Institut
für Waldbau der Universität Göttingen - Lehrstuhl für Naturwaldforschung
-koordiniert werden. Jede Untersuchung bedarf der Genehmigung des Ministeriums.
Für jede Naturwaldzelle hat das Forstamt ein Vollzugskonto nach dem Vordruck
BePla 14 zu führen. Im Vollzugsteil dieses Vordruckes sind auch Beobachtungen
über bemerkenswerte Naturereignisse, z.B. Massenauftreten von Schadorganismen,
Ablauf von Waldkrankheiten, Schäden durch Sturm, Schnee und Dürre
stichwortartig festzuhalten.
Dieser Runderlass tritt mit Wirkung vom 1.12.1970 in Kraft.