Historische SMBl. NRW.

Aufgehoben durch RdErl v. 8.9.2005 (MBl. NRW. 2006 S. 564).



 

Historisch:

Richtlinien über die Abwicklung von Erbschaften des Landes RdErl. d. Finanzministers v. 13.11.1961 -V S 2600 - 2168/61 - III B 2

Richtlinien über die Abwicklung von Erbschaften des Landes
RdErl. d. Finanzministers
v. 13.11.1961 -V S 2600 - 2168/61 - III B 2

1
Allgemeines

Das gesetzliche Erbrecht des Fiskus wird in den §§ 1936, 1964 ff. BGB geregelt. Zur einheitlichen Abwicklung der dem Lande zufließenden Erbschaften ergehen folgende Richtlinien:

2
Zuständige Behörden

Die Übernahme und Abwicklung des Nachlasses obliegt der Bezirksregierung, in deren Bereich der Erblasser zur Zeit des Todes seinen Wohnsitz hatte.

3
Übernahme des Nachlasses

3.1
Zwischen dem Tode der Erblasserin oder des Erblassers und der Feststellung, dass ein anderer Erbe als der Fiskus des Landes nicht vorhanden ist (§ 1964 BGB), liegt in der Regel ein längerer Zeitraum. Er wird von den Nachlassgerichten vorwiegend benötigt, um etwaige andere Erben zu ermitteln und, wenn dies erfolglos geblieben ist, noch die Fristen des § 1965 BGB zu wahren. Da das Gericht selbst die unmittelbare Obhut über den Nachlass nicht auszuüben vermag, wird im allgemeinen für diesen Zeitraum zur Sicherung des Nachlasses eine Nachlasspflegerin oder ein Nachlasspfleger bestellt.

3.2
Nachlasspflegerinnen und Nachlasspfleger

Die Nachlasspflegerinnen und Nachlasspfleger haben u. a. ein Vermögensverzeichnis aufzustellen, das von dem Nachlassgericht geprüft wird. Außerdem müssen sie dem Gericht Rechnung legen (§§ 1915, 1802, 1837, 1840 BGB). Sie ist dem Lande als Erben Rechenschaft schuldig (§§ 1915, 1890 BGB); dieses kann daher, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht sind, von ihr die Leistung des Offenbarungseides fordern (§ 259 BGB). Ferner unterliegen die Nachlasspflegerinnen und Nachlasspfleger der besonderen Strafvorschrift des § 266 StGB.

3.3
Vermögensverzeichnis

Das vom Gericht geprüfte Vermögensverzeichnis ist von der Bezirksregierung bei der Nachlasspflegerin oder dem Nachlasspfleger anzufordern. Das weitere Vorgehen hängt von dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses ab. Der Nachlass soll möglichst beschleunigt und endgültig abgewickelt werden.

4
Abwicklung des Nachlasses

4.1
Nachlasskonkurs, Nachlassverwaltung

Ist der Nachlass bei der Übernahme durch das Land überschuldet, muss unverzüglich die Eröffnung des Nachlasskonkurses beantragt werden (§ 1980 BGB). In allen anderen Fällen ist die Anordnung der Nachlassverwaltung zu beantragen (§ 1981 BGB), um früh genug eine Haftungsbeschränkung zu erreichen. Nachstehender Abschnitt 4.3 ist zu beachten.

4.2
Verwertung von nichtüberschuldeten Nachlässen

Bei nichtüberschuldeten Nachlässen kann es vorteilhaft sein, diese selbst abzuwickeln und dabei das restliche Nachlassvermögen unter Abdeckung der Nachlassverbindlichkeiten zu verwerten.

Die noch nicht abgedeckten Nachlassschulden sind nach Prüfung (bei der die Angaben der Nachlasspflegschaft im Allgemeinen als zuverlässig angesehen werden können) zu befriedigen. Je nach Lage des Falles ist nichts dagegen einzuwenden, wenn sich die Bezirksregierungen bei der Verwertung des Restvermögens der zuständigen Gerichtsvollzieherin oder des zuständigen Gerichtsvollziehers, eines anderen Versteigerers oder der bisherigen Nachlasspflegerin oder dem Nachlasspfleger bedienen. Dabei müssen jedoch die entstehenden Kosten zu dem zu erwartenden Verwertungserlös in einem angemessenen Verhältnis stehen.

4.3
Dürftigkeit des Nachlasses

Ist der Antrag auf Eröffnung des Nachlasskonkurses oder Anordnung der Nachlassverwaltung mangels einer den Kosten entsprechenden Masse vom Gericht abgelehnt worden (§ 1990 BGB), so ist der Nachlass von der Bezirksregierung abzuwickeln. Liegt eine Überschuldung des Nachlasses nicht vor, ist dabei entsprechend dem vorherigen Abschnitt 4.2 zu verfahren.

4.4
Nachlassgläubigerinnen und Nachlassgläubiger

Den Nachlassgläubigerinnen und Nachlassgläubigern gegenüber ist das Land als Erbe zwar nicht verpflichtet, den Erlös an sie anteilig auszuschütten; es darf ihr Vorgehen vielmehr abwarten und muss nur denjenigen, die einen vollstreckbaren Titel erlangt haben, den Nachlass zum Zwecke der Befriedigung im Wege der Zwangsvollstreckung herausgeben (§ 1990 BGB). Ein solches abwartendes Verhalten führt aber dazu, dass die Gläubigerinnen und Gläubiger unstreitiger Forderungen unnötige Kosten aufwenden müssen, um einen vollstreckbaren Titel zu erlangen, die dem ohnehin geringfügigen Nachlass zusätzlich zur Last fallen würden. Andererseits ist der Erbe nicht verpflichtet, ein Vorgehen der Gläubigerinnen und Gläubiger im Rechtswege abzuwarten; er darf nur nicht, sobald er von der Überschuldung Kenntnis hat, der oder die eine vor den anderen bevorzugen, sondern haftet der Gesamtheit der Gläubigerinnen und Gläubiger wie ein Beauftragter (§§ 1991 Abs. l, 1978, 1979 BGB). Es ist deshalb zweckmäßig und entspricht der Billigkeit, dass die Bezirksregierungen den Nachlass an die ihnen aus dem Nachlassverzeichnis bekannten Gläubigerinnen und Gläubiger nach den Grundsätzen der Konkursordnung verteilen und hierzu zunächst einen Plan aufstellen. Um Ersatzansprüche aus § 1978 BGB zu vermeiden, ist zunächst ein Gläubigeraufgebot (§ 1970 BGB) zu beantragen und nach Ablauf der Aufgebotsfrist der Plan den Gläubigerinnen und Gläubigern mit der Aufforderung mitzuteilen, ihr Einverständnis zu erklären. Zugleich ist ihnen zu eröffnen, dass die Verteilung nicht stattfinden kann, wenn eine oder einer widerspricht. In diesem Falle ist der Nachlass gemäß § 1990 BGB denjenigen auszuhändigen, die zuerst ein rechtskräftiges Urteil erlangt haben. Je nach dem Erfolge muss entweder die Verteilung vorgenommen oder das Vorgehen der Gläubigerinnen und Gläubiger abgewartet werden. Später etwa auftretenden Gläubigerinnen oder Gläubigern ist die Einrede aus § 1990 BGB entgegenzuhalten.

5
Haushaltsmäßige Behandlung des Nachlasses

5.1
Allgemeines

Der Nachlass ist bis zur endgültigen Abwicklung grundsätzlich als einheitliches Ganzes (Haftungsmasse für etwaige Nachlassschulden) zu behandeln. Eine vorherige Aufteilung des Nachlasses oder eine Abgabe von einzelnen Vermögensteilen an andere Verwaltungszweige hat bis dahin zu unterbleiben.

5.2
Buchungsstelle im Haushalt

Die Einnahmen aus Erbschaften des Landes sind bei der im Landeshaushalt vorgesehenen Verbuchungsstelle - Kap. 1461 Titel 11 - zu buchen. Die entsprechenden Ausgaben zur Erfüllung von Nachlassverbindlichkeiten sind bei Kap. 1461 Titel 305 auszuweisen.

5.3
Abschlussnachweisung

Mit Beendigung der Nachlassabwicklung ist entsprechend der haushaltsmäßigen Behandlung nach 5.2 eine Abschlussnachweisung aufzustellen. Diese soll alle Einnahmen und Ausgaben sowie gegebenenfalls eine Übersicht über die noch vorhandenen Nachlassgegenstände enthalten.

5.4
Nachlassgläubigerinnen und Nachlassgläubiger, die nach Aufstellung der Abschlussnachweisung auftreten

Treten noch Nachlassgläubigerinnen oder Nachlassgläubiger nach Aufstellung der Abschlussnachweisung auf, so sind deren Forderungsbeträge bis zur Höhe des vereinnahmten Nachlassüberschusses im Landeshaushalt bei Kap. 1461 Titel 305 zu verausgaben. Reicht der Überschuss nicht aus, ist gemäß § 1990 ff. BGB zu verfahren.

6
Vermögensmäßige Behandlung von Nachlassgegenständen

6.1
Übernahme von Gegenständen durch Dienststellen des Landes

Vor der Abwicklung eines Nachlasses bitte ich stets zu prüfen, ob das Land an der endgültigen Übernahme bestimmter Gegenstände interessiert ist. Besteht kein Landesbedarf, kann die Abwicklung ohne weiteres vorgenommen werden. Andernfalls ist im Hinblick auf etwaige Nachlassverbindlichkeiten zu prüfen, in welcher Weise die in Frage kommenden Gegenstände aus der Nachlassmasse herauszulösen sind.

6.2
Wertausgleich
Bei überschuldeten Nachlässen ist der volle Wert des zu übernehmenden Gegenstandes aus Haushaltsmitteln an den Nachlass zu erstatten. Bei nichtüberschuldeten Nachlässen ist lediglich der Teil des Verkehrswertes zu erstatten, der zur Erfüllung der ungedeckten Nachlassverbindlichkeiten erforderlich ist.

6.3
Grundstücke, die zu einem überschuldeten Nachlass gehören

Ist der Nachlass (einschl. des angefallenen Grundvermögens) überschuldet oder kann die Möglichkeit einer Überschuldung nicht ausgeschlossen werden, muss das Grundstück zunächst in der Nachlassmasse verbleiben. Erträge und Kosten sind Einnahmen und Ausgaben für den Nachlass.

6.4
Übernahme von Grundsstücken

Nach Übernahme eines Grundstückes durch die Liegenschaftsverwaltung sind die mit der Verwaltung verbundenen Einnahmen und Ausgaben über den Einzelplan 14 Kapitel 1463 abzuwickeln.

Eine vorschußweise Zahlung von Haushaltsmitteln ist vor Übernahme des Grundstückes in die Liegenschaftsverwaltung nicht zulässig.

6.5
Landesgrundbesitzverzeichnis

Grundstücke, Grundstücksanteile und grundstücksgleiche Rechte sind nach Übernahme durch die Liegenschaftsverwaltung als Vermögen der Allgemeinen Finanzverwaltung im Landesgrundbesitzverzeichnis nachzuweisen.

6.6
Wertpapiere

Wertpapiere, Schuldbuchforderungen und dergleichen sind im Rahmen der Nachlassabwicklung bis zur Höhe der daraus zu befriedigenden Nachlassverbindlichkeiten zu verwerten. Dabei ist im Falle eines teilweisen Verkaufs den Wertpapieren mit dem jeweils höchsten Kurs der Vorzug zu geben. Wertpapiere, die für die Befriedigung von Nachlassverbindlichkeiten nicht benötigt werden, sind an das Depot 9021 der Bezirksregierung in Düsseldorf bei der Rheinischen Girozentrale und Provinzialbank in Düsseldorf zu übertragen. Der Bezirksregierung in Düsseldorf hat eine baldige Veräußerung auch dieser Wertpapiere anzustreben und den Erlös bei Kapitel 1461 Titel 84 in den Landeshaushalt zu vereinnahmen.

7
Nachlässe auf Grund letztwilliger Verfügung

Diese Richtlinien finden sinngemäß Anwendung auf die Abwicklung von Nachlässen, die dem Lande auf Grund letztwilliger Verfügung zufallen.

8
Aufhebung von Runderlassen

Folgende nicht veröffentlichte Runderlasse werden hiermit aufgehoben:

1. FinMin NW—130 —lOb —355 III —v. 13.11.1947,

2. FinMin NW — VS 1725 — 7138 — III B — v. 3. 10. 1950,

3. FinMin NW — VS 2001 — 2355/56 — III B l — v. 25.7.1956.

9
Schlussbemerkung

Im Hinblick auf die Vielzahl unterschiedlicher Nachlassfälle ist eine Regelung, die alle Möglichkeiten berücksichtigt, nicht möglich. Sollten sich auch bei sinngemäßer Anwendung dieser Richtlinien in der Abwicklung der Nachlässe und der Behandlung des Nachlassvermögens Unzuträglichkeiten oder Zweifel herausstellen, bitte ich, in eigener Verantwortung zu entscheiden. In Fällen von erheblicher Bedeutung ist mir zu berichten und meine Entscheidung einzuholen.

MBl. NRW. 1961 S. 1802.