Anlage
zum RdErl. v. 21.12.1992
Hinweise für die
Wiederverwendung teerhaltiger Straßenbaustoffe
1
Allgemeines
Mit der Einführung der DIN 55946
im Jahre 1983 wurde der bis dahin geltende Begriff „Teer" durch den
Begriff „Pech" ersetzt. Teer ist jedoch auch Heute noch ein geläufiger
Begriff; daher wird er in diesen Hinweisen benutzt
Die Verwendung von Teer im
Straßenbau ist inzwischen weitgehend bedeutungslos geworden, so dass Teer in
der Regel überwiegend in älteren Schichten als Bindemittel enthalten sein kann.
Der Anteil des Teers beträgt bis etwa 4 Gew.-% der jeweiligen Straßenschicht;
der Anteil des Teers im Bindemittel kann unterschiedlich hoch sein.
Baustoffgemische mit
teerhaltigem Bindemittel konnten entsprechend den früher jeweils geltenden
Regelwerken in allen Schichten des Straßenoberbaues verwendet werden. Teer oder
teerhaltige Bindemittel wurden z.B. verwendet in:
- Bodenverfestigungen
- Tragschichten
- Makadamdecken als Tränk- oder Streumakadam
- Deck- und Binderschichten
- Oberflächenbehandlungen
Teer besteht überwiegend aus
polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffverbindungen (PAK), von denen
einige als krebserregend gelten. Daneben kommen u.a. auch Phenole vor.
Eine Gefährdung von Mensch und
Umwelt ist durch Verdampfungs- und Auslaugungsvorgänge möglich.
Bei der Herstellung und beim
Einbau von heißem teerhaltigen Mischgut können schädigende Dämpfe entstehen,
wobei die kritische obere Temperaturgrenze in der Literatur mit ca. 120 "C
angegeben wird.
Zutretendes Niederschlagswasser
kann Teerbestandteile auslaugen und in Boden bzw. Grundwasser transportieren.
Da aus teerhaltigen Schichten alter Straßenbefestigungen bisher kein
nachteiliger Einfluss auf den Boden oder das Grundwasser festgestellt worden ist,
kann daraus auch weiterhin keine Gefährdung abgeleitet werden. Hierfür sind
offensichtlich die geringe Wasserdurchlässigkeit der Teerschichten, die
wasserabweisenden Eigenschaften des Teers sowie die feste Bindung der PAK und
Phenole im Teer verantwortlich.
Künftige Bau- und
Erhaltungsmaßnahmen sollen deshalb möglichst so vorgesehen werden, dass die
teerhaltigen Schichten in der Straße verbleiben.
Wenn ein Ausbau teerhaltiger
Schichten unumgänglich ist, ist eine Wiederverwendung anzustreben (Abschnitt 3).
,
Eine Entsorgung kommt nur in
besonderen Fällen in Betracht und ist dann mit der zuständigen
Abfallwirtschaftsbehörde abzustimmen (Abschnitt 4).
2.
Voruntersuchungen
Bei der Bauvorbereitung sind die
vorhandenen Befestigungen nach Art, Aufbau, Eigenschaften und Umfang zu
erkunden, soweit sie nicht bereits hinreichend bekannt sind. In der Regel sind
dazu Bohrkerne oder Ausbaustücke zu entnehmen, an denen schichtweise mit Hilfe
des TSE-Gerätes und/oder am Geruch - ggf. mit Föhn leicht erwärmt - erkannt
werden kann, ob in einer Schicht Straßenteer enthalten ist. Zur weitgehenden
Trennung von Ausbauasphalten und teerhaltigen Ausbaumassen kann bei wechselnden
Einbaudicken ein Bohrkernraster notwendig werden.
Bei Nachweis von Teer ist zu
prüfen, ob der Teeranteil im Bindemittel so gering ist, dass eine
Weiterverarbeitung wie Ausbauasphalt möglich und vorzusehen ist. Dies kommt
nach heutigem Wissen bei einem Teeranteil in Bindemittel von bis zu ca. 5
Gew.-°/o in Betracht. Bei höherem Teeranteil ist die Wiederverwendung nach
Abschnitt 3 geboten.
3
Möglichkeiten der Wiederverwendung
3.1
Örtliche Voraussetzungen
Einbaubereiche und ggf.
Zwischenlager müssen außerhalb folgender Bereiche liegen:
a) Festgesetzte oder geplante
Zonen I bis III von Trinkwasserschutzgebieten bzw. Zonen I bis IV zum Schütz
vor qualitativen Beeinträchtigungen von Heilquellen.
b) Im Gebietsentwicklungsplan ausgewiesene Bereiche zum Schutz der Gewässer.
c) Bereiche mit Karstgrundwasserleitern ohne schwerdurchlässige Deckschichten
(z.B. Geschiebelehm oder Tallehm mit mehr als 2 m Mächtigkeit) und Randgebiete,
die in den Karst entwässern.
d) Bereiche, in denen sich die Oberfläche des freien Grundwassers (bzw. die
Grundwasserdruckfläche) bei höchstem zu erwartenden Grundwasserstand weniger
als l m unterhalb der Sohlfläche der teerhaltigen Schicht befindet.
e) 20 m breite Randstreifen an kleineren Gewässern (oberirdisches Einzugsgebiet
<5 km2).
Sofern bei den örtlichen
Gegebenheiten Unsicherheit besteht, ist sie mit der unteren Wasserbehörde bzw.
dem StAWA abzuklären.
Darüber hinaus soll dort kein
Einbau erfolgen, wo bei Innerortstraßen häufig mit Straßenaufbrüchen zu •
rechnen ist.
3.2
Bautechnische Bedingungen
Eine Wiederverwertung im Heißverfahren ist aus arbeitsmedizinischen Gründen
bedenklich, da bei Erhitzung teerhaltigen Materials über ca. 120°C eine
unmittelbare Gefährdung über die Atemwege oder über Hautkontakte auftreten
kann, falls keine besonderen Schutzvorkehrungen getroffen werden. Heißverfahren
kommen daher erst in Betracht, wenn ausreichende Schutzmaßnahmen entwickelt und
erprobt sind. Zusätzlich sind noch die Anforderungen der TA Luft zu beachten.
Für eine Wiederverwendung in
Kaltverfahren gilt folgendes: .
3.2.1
Ausbau teerhaltiger Straßenbaustoffe
Ist ein Ausbau unumgänglich, so
sind die teerhaltigen Schichten getrennt von den anderen auszubauenden Stoffen
aufzunehmen (z.B. durch Fräsen), sofern dies technisch möglich und
wirtschaftlich vertretbar ist (Prinzip der Separierung).
3.2.2
Zwischenlagerung von teerhaltigem Straßenaufbruch
Fallen bei einer Baumaßnahme größere Mengen teerhaltigen Straßenaufbruchs (z.B.
Fahrbahnerneuerung) an und ist es möglich, diese nach Maßgabe dieser Hinweise
im Zuge der gleichen oder einer gleichzeitigen Maßnahme wiederzuverwenden, so ist
dies nach Abschnitt 3.4 auszuschreiben.
Bei unmittelbarer
Wiederverwendung in hydraulisch oder emulsionsgebundenen Schichten ist eine
kurzzeitige Zwischenlagerung nicht zu vermeiden. Diese Lagerung ist
entsprechend §§ 19g ff. WHG in Verbindung mit § 20 der VÖ über Anlagen zum
Lagern, Abfüllen und Umschlagen wassergefährdender Stoffe (VAwS) vom 31.7.1981
herzurichten. Einer möglichen Eignungsfeststellung bedarf es dabei dann nicht,
wenn die Anlage zum Lagern fester Stoffe einfacher oder herkömmlicher Art ist.
Eine solche Anlage muss eine gegen die gelagerten Stoffe unter allen
Betriebsund Witterungsbedingungen beständige und undurchlässige Bodenfläche
haben; die Stoffe müssen in geschlossenen Lagerräumen gelagert werden.
Überdachte Lagerplätze', die gegen Witterungseinflüsse durch Überdachung und
seitlichen Abschluss so geschützt, sind, dass das Lagergut nicht austreten
kann, stehen geschlossenen Lagerräumen gleich; eine gegen Abheben gesicherte
Abdeckung (z.B. Folie) kommt im vorliegenden Fall einer Überdachung gleich.
Fallen bei einer Baumaßnahme nur
geringe Mengen teerhaltigen Straßenaufbruchs (z.B. bei Kanalbaumaßnahmen) an
oder ist eine unmittelbare Wiederverwendung nicht möglich, so ist das
Aufbruchgut einem genehmigten Zwischenlagerplatz zuzuführen. der im Regelfall
von der Bauindustrie in Verbindung mit Mischwerken betrieben wird. Das ist
i.d.R. mit der Rücknahme einer entsprechenden Menge verbunden.
3.3
Rücknahme
Für die Rücknahme oder ggf. vorzeitige Übernahme und Verwertung der
aufbereiteten teerhaltigen Baustoffe sind geeignete Einbaustellen mit
ausreichenden Einbaumengen auszuschreiben, erforderlichenfalls nach Abstimmung
mit einem benachbarten Bauamt.
3.4
Wiederverwendung in gebundenen Schichten im Kaltverfahren
Der Einbau des teerhaltigen Straßenaufbruchs
in einer gebundenen Schicht (Tragschicht) hat i.d.R. über einer
Frostschutzschicht zu erfolgen, so dass kein Bodenwasser aufsteigen kann.
Beim Einbau ist eine hohe
Verdichtung und ein geringer Hohlraumgehalt in der Schicht anzustreben. Dazu
muss das Material gebrochen sein und eine abgestufte Stückgrößenverteilung
aufweisen. Zusätzlich müssen geringe Mengen Wasser und spezielle
Bitumenemulsionen und/oder hydraulische Bindemittel und ggf. weitere Zusätze
zugegeben werden. Durch Einmischen wird eine gewisse Umhüllung der Körner, eine
zusätzliche Dichtung der Schicht sowie eine bessere Verdichtbarkeit erreicht.
Bei Verwendung von Emulsionen ist anschließend eine Wartezeit für Ausscheiden
und Abtrocknen des Emulsionswassers erforderlich, um ausreichende
Standfestigkeit der Schicht zu erreichen; ein oberflächlicher Abfluss des
Emulsionswassers ist zu vermeiden.
Bei Verwendung hydraulischer
Bindemittel wird das Zugabewasser weitgehend durch chemisch-physikalische
Reaktion mit dem Bindemittel gebunden.
Die Ober- und Seitenflächen der
Tragschicht mit dem teerhaltigen Material sind, sobald es der
Abtrocknungsvorgang erlaubt, mit Bitumenemulsion satt anzuspritzen und
erforderlichenfalls abzusplitten. Danach erfolgt der Einbau der folgenden
Asphaltschichten.
3.5
Wiederverwendung im Heißmischverfahren
Heißmischverfahren unter Mitverwendung höher teerhaltigen Straßenaufbruchs, die
den umweltrelevanten und arbeitsmedizinischen Anforderungen gerecht werden,
sind bisher noch nicht ausreichend entwickelt und erprobt.
4
Sonstige Entsorgung von teerhaltigem Straßenaufbruch
Eine sonstige Entsorgung
des teerhaltigen Straßenaufbruchs kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, wenn
die zuvor aufgezeigten Möglichkeiten der Wiederverwendung nicht gegeben sind.
Für die Entsorgung teerhaltiger
Straßenaufbruchmaterialien wäre eine thermische Behandlung (Ausglühen) des
Materials der geeignetste Entsorgungsweg, da hierdurch die organischen
Schadstoffe endgültig zerstört und damit beseitigt werden. Aufgrund der fehlenden
Anlagenkapazität ist dieser Entsorgungsweg i.d.R. nicht praktikabel.
Eine evtl. Ablagerung von
teerhaltigem Straßenaufbruch kann auf einem anorganischen, nicht alkalischen
Teilbereich einer Deponie für Gewerbe- und Industrieabfälle erfolgen.
Eine Ablagerung auf Deponien für
Siedlungsabfälle ist unter Einhaltung der nachfolgenden Voraussetzungen
ebenfalls möglich:
- Die Ablagerung muss in einem
separaten anorganischen Teilbereich erfolgen.
- Das Material ist so einzubauen, dass ein Kontakt mit organisch belastetem
Sickerwasser aus anderen Deponiebereichen vermieden wird.
Auf einer Deponie für
Siedlungsabfälle kann der erforderlich anorganische Bereich auch dadurch
geschaffen werden, dass das Material als letzte Schicht ohne weitere
Überlagerung mit organischen oder organisch belasteten Abfällen eingebaut wird.
Diese obige Anforderung an den anorganischen Teilbereich gilt auch für
Fahrstraßen auf der Deponie als eingehalten, sofern sichergestellt ist, dass
Sickerwasser aus Organik-Bereichen ferngehalten wird.
5
Dokumentation
Um die Information, dass teerhaltiges Material eingebaut wurde, zu erhalten,
sind die Einbaustrecken z. B. im Straßenkataster, in der Straßendatenbank oder
einem anderen fortzuschreibenden Straßeninformationssystem zu dokumentieren.
6
Sonstiges
Über bautechnische Einzelheiten gibt der Landesbetrieb Straßenbau NRW Auskunft.