Anlage
Empfehlungen
an die Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen zu Vorsorgeplanungen
bei Großschadensereignissen
l
Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung
1.1
Allgemein
Die
staatliche Verpflichtung zur Daseinsvorsorge umfasst auch die Sicherstellung
einer ausreichenden gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung bei
Großschadensereignissen und Massenanfällen von Verletzten. Die Stellen und
Einrichtungen des Gesundheitswesens treffen mit Unterstützung der zuständigen
Behörden die für diese Gefahrenlagen notwendigen Maßnahmen zur gesundheitlichen
Versorgung.
1.2
Aufgabe der Behörden
Die
Gefahr einer ernsthaften Störung der gesundheitlichen Versorgung durch einen
Massenanfall an Verletzten oder Erkrankten haben die Ordnungs- und Gesundheitsbehörden
auf der Grundlage des
-
Rettungsgesetzes
NRW (RettG NRW)) vom 24. November 1992 (GV. NRW. S. 458/SGV. NRW. 2129) und des
-
Ordnungsbehördengesetzes
(OBG) vom 13. Mai 1980 (GV. NRW. S. 528/SGV. NRW. 2060 ) sowie
-
bei
Schadenfeuern, Unglücksfällen und bei solchen öffentlichen Notständen, die
durch Naturereignisse, Explosion oder ähnliche Vorkommnisse verursacht werden,
nach dem Gesetz über den Feuerschutz und die Hilfeleistung (FSHG) vom 10.
Februar 1998 (GV. NRW. S. 122/SGV. NRW. 213)
in
der jeweils geltenden Fassung
abzuwehren
und zu beseitigen.
1.2.1
Aufgabe der Leitung der unteren Gesundheitsbehörde
Die
Leitung der unteren Gesundheitsbehörde sorgt für die Funktionserhaltung der verschiedenen
Teilbereiche des Gesundheitswesens. Soweit sie die Einsatzplanung und
-koordination der beteiligten Behörden und Einrichtungen für einen Massenanfall
an Verletzten bzw. Erkrankten (MANV) nicht mit der eigenen Behörde wahrnimmt,
unterstützt sie die Fachbehörden und Stellen, denen die dazugehörigen Aufgaben
obliegen. Insbesondere koordiniert sie die Zusammenarbeit mit den
Krankenhäusern und anderen Stellen und Einrichtungen des Gesundheitswesens, die
in die Planung einbezogen werden müssen.
1.2.2
Aufgabe der Leitstelle für den Feuerschutz und Rettungsdienst (gemeinsame
Leitstelle)
Nach
§ 8 des RettG NRW lenkt und koordiniert die Leitstelle die Einsätze des
Rettungsdienstes; sie führt den Nachweis über die in den Krankenhäusern
vorhandenen Kapazitäten und zur Akutversorgung notwendigen Ressourcen
(Zentraler Krankenbettennachweis).
Im
Feuerschutz und bei Hilfeleistungen nach dem FSHG ist die Leitstelle zugleich
Führungsmittel der zuständigen Behörde. Sie ist Alarmierungs-, Informations-
und Nachrichtenübermittlungsstelle. Bei einem Massenanfall an
Verletzten/Erkrankten ist sie Verbindungsstelle zwischen den Krankenhäusern und
der Einsatzleitung der jeweils zuständigen Behörde.
Die
Leitstelle unterrichtet die Krankenhäuser unverzüglich über ein Schadensereignis,
bei dem mit dem Anfall einer größeren Zahl von Notfallpatientinnen und
-patienten zu rechnen ist. Sie teilt zugleich Zeitpunkt, Ort, Art und Umfang
des Schadensereignisses und die Zahl der voraussichtlich betroffenen Personen
mit.
1.3
Aufgabe der Krankenhäuser
Die
Krankenhäuser sind nach § 2 Abs. l des Krankenhausgesetzes des Landes
Nordrhein-Westfalen - KHG NRW - vom 16. Dezember 1998 (GV. NRW. S. 696/ SGV.
NRW. 2128) in der jeweils geltenden Fassung verpflichtet, Notfallpatientinnen
und -patienten vorrangig zu versorgen. Sie müssen für Personen, die durch
Unglücksfälle, öffentliche Notstände oder Großschadensereignisse erkrankt oder
verletzt sind, jederzeit aufnahmebereit sein. Im Rahmen ihrer Verpflichtung zur
Zusammenarbeit mit den Gesundheitsbehörden und den Gefahrenabwehrbehörden nach
§§ 10 und 11 KHG NRW haben die Krankenhäuser ferner an Maßnahmen dieser
Behörden zur Abwehr von Gefahren für die gesundheitliche Versorgung der
Bevölkerung mitzuwirken. Sie sind verpflichtet, Einsatz- und Alarmpläne
aufzustellen und mit den zuständigen Gefahrenabwehrbehörden (Rettungsdienst,
untere Gesundheitsbehörde) abzustimmen.
1.4
Sonstige Regelungen
Die
von den Krankenhäusern nach dem FSHG und der Krankenhausbauverordnung (KhBauVO)
vom 21. Februar 1978 (GV. NRW. S. 154/SGV. NRW. 232) in der jeweils geltenden
Fassung für den Brandschutz vorzubereitenden Maßnahmen werden von diesen
Empfehlungen nicht berührt.
Maßnahmen für den Zivilschutz im Gesundheitswesen werden von den Empfehlungen
nicht erfasst.
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Maßnahmen zur Versorgung einer größeren Zahl von Notfallpatientinnen und
-patienten
2.1
Allgemein
Bei
einer größeren Zahl von Notfallpatientinnen und -patienten durch
Großschadensereignisse und Massenanfälle von Verletzten sorgen der
Rettungsdienst und der Sanitätsdienst über die gemeinsame Leitstelle dafür,
dass die Patientinnen und Patienten vom Schadensort der ambulanten ärztlichen
Versorgung oder einem nach Art und Schwere der Verletzung/Erkrankung geeigneten
Krankenhaus möglichst unmittelbar zugeleitet werden. Hierbei ist unter Nutzung
aller verfügbaren Rettungsmittel eine Verteilung auf möglichst viele nach
Leistungsangebot und Behandlungskapazität in Betracht kommende Krankenhäuser
anzustreben.
2.2
Maßnahmen in Krankenhäusern
Die
Aufnahme einer größeren Zahl von Notfallpatientinnen und -patienten setzt in
den Krankenhäusern – ausgenommen psychiatrische Fachkrankenhäuser – Maßnahmen
zur Erweiterung der Behandlungsmöglichkeiten durch einen entsprechenden
Einsatz- und Alarmplan voraus.
3
Einsatz- und Alarmpläne für Krankenhäuser
3.1
Zweck des Plans
Der
Einsatz- und Alarmplan regelt die Aufnahme und die Versorgung einer größeren
Zahl von Notfallpatientinnen und -patienten. Der Plan muss mit den Planungen
der für den Rettungsdienst, die Feuerwehr und die Abwehr von
Großschadensereignissen zuständigen Behörden abgestimmt sein. Die Zahl der zu
den einzelnen Einsatzstufen aufzunehmenden Notfallpatientinnen und -patienten
ist unter Berücksichtigung der Aufgabenstellung des Krankenhauses und der Behandlungskapazität
im Benehmen mit der zuständigen Behörde festzulegen, und zwar unterteilt für
die Aufnahme von
-
chirurgisch
zu versorgenden Patientinnen und Patienten
-
internistisch
zu behandelnden Patientinnen und Patienten sowie zusätzlich nach
Behandlungsmöglichkeiten für Brandverletzte und Strahlengeschädigte.
3.2
Inhalt des Plans
Der
Einsatz- und Alarmplan soll Regelungen enthalten für
-
das
Alarmierungsverfahren
-
eine
Einsatzzentrale
-
eine
ausreichende Kommunikation nach außen und innerhalb des Krankenhauses
-
den Verkehr
von Rettungs- und Versorgungsfahrzeugen auf dem Krankenhausgelände
-
die
Aufnahme und Sichtung von Notfallpatientinnen und -patienten
-
die
Dokumentation
-
die
Weiterleitung der Patientinnen und Patienten innerhalb des Krankenhauses und in
ambulante ärztliche Versorgung
-
Maßnahmen
zu den einzelnen Einsatzstufen
-
die Deckung
des Bedarfs an Arzneimitteln und zur Nachlieferung des sonstigen für die
Krankenbehandlung erforderlichen Materials
-
die
Verpflegung
-
die
Aufnahme von Strahlengeschädigten.
3.3
Aufgabe der Betriebsleitung
Die
Betriebsleitung (§ 35 KHG NRW) veranlasst die Aufstellung des Einsatz- und
Alarmplanes, genehmigt ihn und überwacht seine Fortschreibung. Sie bestimmt
ferner die Krankenhauseinsatzleitung. Für Hochschulkliniken gilt
Entsprechendes.
3.4
Krankenhausalarm
In
einem Krankenhaus ist Krankenhausalarm anzuordnen, wenn infolge eines
Schadensereignisses mehr Notfallpatientinnen und -patienten aufzunehmen sind,
als im Normalbetrieb ohne die nach dem Einsatz – und Alarmplan vorgesehenen
Maßnahmen fachgerecht versorgt werden können.
3.4.1
Auslösung des Krankenhausalarms
Die
Anordnung zur Auslösung des Krankenhausalarms trifft die Leitende Ärztin/der
Leitende Arzt oder die Vertretung. Sind diese bei einem Schadensereignis nicht
anwesend, trifft die diensthabende Ärztin/der diensthabende Arzt der
betroffenen Abteilung bis zum Eintreffen der Mitglieder der Krankenhauseinsatzleitung
die nach dem Einsatz- und Alarmplan notwendigen Anordnungen.
4
Krankenhauseinsatzleitung
4.1
Aufgaben
Die
Krankenhauseinsatzleitung tritt nach Auslösung des Krankenhausalarms zusammen.
Sie entscheidet in Abstimmung mit den Gefahrenabwehrbehörden, welche Maßnahmen
nach dem Einsatz- und Alarmplan auszuführen sind. Für die Dauer des Einsatzes
ist die Krankenhauseinsatzleitung gegenüber dem Krankenhauspersonal und den im
Krankenhaus tätigen Helferinnen und Helfern der Hilfsorganisationen
weisungsbefugt.
4.2
Zusammensetzung
Zur
Krankenhauseinsatzleitung gehören
-
die
Leitende Ärztin/der Leitende Arzt oder die Vertretung
-
die
Leiterin/der Leiter des Wirtschafts- und Verwaltungsdienstes oder die
Vertretung und
-
die
Leitende Pflegekraft oder deren Vertretung.
Sie
wird von der Leitenden Ärztin/dem Leitenden Arzt oder der Vertretung geleitet.
5
Einsatzstufen
Die
im Rahmen des Krankenhausalarms zu ergreifenden Maßnahmen sind in Abstimmung
mit den Gefahrenabwehrbehörden nach der Zahl der aufzunehmenden
Notfallpatientinnen und -patienten in drei Einsatzstufen zu gliedern.
5.1
Einsatzstufe 1
Mit
den Maßnahmen zu dieser Einsatzstufe ist die volle Arbeitsbereitschaft der für
die Versorgung der Notfallpatientinnen und -patienten nach Schadensart
zuständigen Abteilung mit entsprechender Personalstärke herzustellen.
5.2
Einsatzstufe 2
Mit
den Maßnahmen zu dieser Einsatzstufe ist die volle Betriebsbereitschaft des
gesamten Krankenhauses herzustellen.
5.3
Einsatzstufe 3
Mit
den Maßnahmen zu dieser Einsatzstufe wird ergänzend zur Einsatzstufe 2 die
Behandlungs- und Bettenkapazität des Krankenhauses durch materielle und
personelle Hilfe der Gefahrenabwehrbehörden erweitert.
Die Zahl der zur Kapazitätserweiterung aufzustellenden Notbetten und
Behandlungseinrichtungen wird im Benehmen mit der Gefahrenabwehrbehörde festgelegt.
Diese
Einsatzstufe wird erst nach der Aufnahme von Patientinnen und Patienten
aktiviert, da vorher ggf. nicht absehbar ist, ob die vorhandenen Kapazitäten
ausreichen.
6
Materielle und personelle Hilfe durch die Gefahrenabwehrbehörden
(Rettungsdienst, untere Gesundheitsbehörde)
6.1
Hilfe für das Krankenhaus
Die
Gefahrenabwehrbehörden leisten im Rahmen ihrer Möglichkeiten dem Krankenhaus
bei einem Massenanfall an Notfallpatientinnen und -patienten materielle und
personelle Hilfe. Art und Umfang der Hilfe sind vorher mit dem Krankenhaus
festzulegen.
Vorzusehen sind u.a.
-
Hilfe bei
der Beschaffung von Arzneimitteln und Medizinprodukten, falls die
Materialreserven des Krankenhauses nicht oder nicht rechtzeitig ergänzt werden
können (§ 2 Abs. 2 der Arzneimittelbevorratungsverordnung vom 30. August 2000),
-
personelle
Hilfe durch Einsatz von Ärztinnen und Ärzten, Pflegekräften und Hilfskräften
aus nicht betroffenen Krankenhäusern, anderen Einrichtungen des
Gesundheitswesens (z.B. niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und
-ärzte) oder aus den Hilfsorganisationen.
Art
und Umfang der personellen Hilfe sind im Rahmen der Gefahrenabwehrplanung mit
den Stellen und Einrichtungen des Gesundheitswesens (Ärztekammer,
Kassenärztliche Vereinigungen und andere) abzustimmen. Die Befugnis zur
Inanspruchnahme von Personen für die Hilfestellung ergibt sich aus § 27 Abs. 1
FSHG in Verbindung mit § 19 des Ordnungsbehördengesetzes.
7
Fortbildung des Personals
Ärztinnen
und Ärzte sowie Pflegekräfte sollen an Fortbildungsveranstaltungen über Unfall-
und Notfallmedizin bei einem Massenanfall von Verletzten und Erkrankten
teilnehmen. Die Ärztekammern führen hierzu Veranstaltungen in ihren
Fortbildungsakademien durch und informieren darüber die Gefahrenabwehrbehörden.
Verwaltungskräfte und sonstiges Personal der Krankenhäuser sollen an
Informationsveranstaltungen der Gefahrenabwehrbehörde teilnehmen. Unbeschadet
der Teilnahme an Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen ist es in erster
Linie Aufgabe der Krankenhäuser, das Personal hinreichend in die bei Unglücks-
und Katastrophenfällen wahrzunehmenden Aufgaben einzuweisen. Hierzu gehört
insbesondere auch die Einweisung in die nach dem Einsatz- und Alarmplan
vorgesehenen speziellen Aufgaben.
8
Übungen
Die
Funktionsfähigkeit des Einsatz- und Alarmplanes ist in angemessenen
Zeitabständen durch krankenhausinterne Übungen zu überprüfen und zu erproben.
Den Gefahrenabwehrbehörden ist die Gelegenheit zu geben, an den Übungen der
Krankenhäuser informatorisch teilzunehmen. In die Übungen der Gefahrenabwehrbehörden
sollen die Krankenhäuser einbezogen werden.
Die
Krankenhäuser sollten bei der Planung, Vorbereitung und Durchführung von
Übungen von kompetenten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gefahrenabwehrbehörden
unterstützt werden, da bei diesen Einsatzübungen einsatztaktischer und
operativer Sachverstand erforderlich ist.