7831

Verordnung
zur Bekämpfung des Milz- und Rauschbrandes

Vom 20. Oktober 1988 (Fn 1)

Auf Grund des § 79 Abs. 2 des Tierseuchengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. März 1980 (BGBl. I S. 386) in Verbindung mit § 2 der Verordnung über Ermächtigungen zum Erlaß von Tierseuchenverordnungen vom 11. März 1986 (GV. NW. S. 185) (Fn 2) wird verordnet:

I. Begriffsbestimmungen

§ 1
Milzbrand

(1) Milzbrand liegt vor, wenn dieser durch bakteriologische oder serologische Untersuchung festgestellt ist.

(2) Verdacht auf Milzbrand liegt vor, wenn das Ergebnis der klinischen oder pathologisch-anatomischen Untersuchung oder der Untersuchung nach Absatz 1 den Ausbruch des Milzbrandes befürchten läßt.

§ 2
Rauschbrand

(1) Rauschbrand liegt vor, wenn dieser durch bakteriologische und immunofluoreszenzserologische Untersuchung festgestellt ist.

(2) Verdacht auf Rauschbrand liegt vor, wenn das Ergebnis der klinischen oder pathologisch-anatomischen Untersuchung oder der Untersuchung nach Absatz 1 den Ausbruch des Rauschbrandes befürchten läßt.

II. Bekämpfung des Milzbrandes

§ 3
Tötung und Heilversuch

(1) Seuchenkranke oder seuchenverdächtige Tiere dürfen nicht unter Blutentzug getötet werden.

(2) Heilversuche an seuchenkranken oder seuchenverdächtigen Tieren dürfen nur von einem Tierarzt vorgenommen werden.

§ 4
Schutzmaßregeln

(1) Ist bei Pferden, Rindern, Schafen oder Ziegen Milzbrand amtlich festgestellt, so unterliegt das Gehöft oder der sonstige Standort dieser Tiere nach Maßgabe folgender Vorschriften der Sperre:

1. Der Besitzer hat an den Eingängen des Gehöftes und des Stalles oder des sonstigen Standortes Schilder mit der deutlichen und haltbaren Aufschrift ,,Milzbrand - Unbefugter Zutritt verboten" gut sichtbar anzubringen.

2. Die Pferde, Rinder, Schafe und Ziegen des Bestandes dürfen nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde aus dem Gehöft oder von dem sonstigen Standort entfernt werden.

3. Seuchenkranke oder seuchenverdächtige Tiere sind von den übrigen Tieren des Bestandes sowie von anderen für die Seuche empfänglichen Tieren abzusondern.

4. Pferde, Rinder, Schafe und Ziegen dürfen nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde in den Bestand verbracht werden.

5. Die Milch von seuchenkranken und seuchenverdächtigen Kühen, Schafen und Ziegen des Bestandes ist unschädlich zu beseitigen.

6. Tierkörper und Tierkörperteile gefallener oder getöteter seuchenkranker oder seuchenverdächtiger Tiere sind nach näherer Anweisung des beamteten Tierarztes in einer Tierkörperbeseitigungsanstalt zu beseitigen; das Abhäuten der Tierkörper ist verboten.

7. Behälter, Gerätschaften, Fahrzeuge und sonstige Gegenstände, die in oder an Ställen oder sonstigen Standorten des Bestandes benutzt worden sind, sind nach näherer Anweisung des beamteten Tierarztes zu reinigen und zu desinfizieren.

8. Ställe, Weideflächen und sonstige Standorte, in oder an denen sich seuchenkranke oder seuchenverdächtige Tiere befinden, dürfen nur vom Besitzer der Tiere, seinem Vertreter, den mit der Beaufsichtigung, Wartung und Pflege der Tiere betrauten Personen, von Tierärzten und von Personen im amtlichen Auftrag betreten werden; nach Verlassen des Stalles, der Weidefläche oder des sonstigen Standortes haben sich diese Personen nach näherer Anweisung des beamteten Tierarztes zu reinigen und zu desinfizieren.

(2) Bei Verdacht auf Milzbrand können die Schutzmaßregeln nach Absatz 1 angeordnet werden.

§ 5
Milzbrand bei Wild

Auf seuchenkrankes oder seuchenverdächtiges Wild ist § 5 Abs. 1 Nr. 6 entsprechend anzuwenden.

§ 6
Impfung

(1) Impfungen gegen Milzbrand sind verboten.

(2) Die Kreisordnungsbehörde kann Impfungen gegen den Milzbrand anordnen, wenn dies aus Gründen der Seuchenbekämpfung erforderlich ist. Sofern Belange der Seuchenbekämpfung nicht entgegenstehen, kann die Kreisordnungsbehörde darüber hinaus Ausnahmen zulassen für Impfungen in Beständen, die einer besonderen Ansteckungsgefahr durch den Erreger des Milzbrandes ausgesetzt sind; dabei ist der zu verwendende Impfstoff zu benennen.

(3) Der Besitzer hat Tiere, die gegen Milzbrand geimpft worden sind, unverzüglich und deutlich sichtbar als geimpft zu kennzeichnen. Die Kreisordnungsbehörde kann Ausnahmen zulassen, wenn Belange der Seuchenbekämpfung nicht entgegenstehen.

§ 7
Reinigung und Desinfektion

(1) Nach Entfernung der seuchenkranken oder seuchenverdächtigen Tiere sind Ställe, in oder an denen solche Tiere gehalten worden sind, sowie Gegenstände jeder Art, die Träger des Seuchenerregers sein können, unverzüglich nach näherer Anweisung des beamteten Tierarztes zu reinigen und zu desinfizieren.

(2) Futter, Einstreu und Dung, die Träger des Seuchenerregers sein können, sind an einem für Rinder und Schafe unzugänglichen Platz zu packen, mit dünner Chlorkalkmilch zu übergießen und mindestens drei Wochen zu lagern; das Übergießen mit dünner Chlorkalkmilch kann unterbleiben, wenn der Dung mit einer Schicht nicht infizierten Dunges oder Erde bedeckt wird. Flüssige Abgänge aus den Ställen oder sonstigen Standorten der Tiere sind unverzüglich nach näherer Anweisung des beamteten Tierarztes zu desinfizieren.

§ 8
Aufhebung der Schutzmaßregeln

(1) Angeordnete Schutzmaßregeln sind aufzuheben, wenn der Milzbrand erloschen ist oder der Verdacht auf Milzbrand sich als unbegründet erwiesen hat.

(2) Der Milzbrand gilt als erloschen, wenn

1.

a) alle für Milzbrand empfänglichen Tiere des Bestandes verendet, getötet oder entfernt worden sind oder

b) binnen zwei Wochen nach Beseitigung der Tierkörper verendeter oder getöteter Tiere und nach Genesung der seuchenkranken oder seuchenverdächtigen Tiere kein neuer Milzbrand- oder Milzbrandverdachtsfall in dem Bestand festgestellt worden ist

und

2. die Desinfektion nach näherer Anweisung des beamteten Tierarztes durchgeführt und vom beamteteten Tierarzt abgenommen worden ist.

III. Bekämpfung des Rauschbrandes

§ 9

Für den Rauschbrand gelten die für den Milzbrand erlassenen Bestimmungen dieser Verordnung entsprechend. § 34 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 des Tierseuchengesetzes bleibt unberührt.

IV. Gemeinsame Bestimmungen

§ 10

Auf Viehhöfe, Schlachthöfe und Großschlachtstätten im Sinne der §§ 4 und 5 der Viehverkehrsverordnung vom 23. April 1982 (BGBl. I S. 503) in der jeweils geltenden Fassung sowie auf das dort aufgestellte Vieh finden die Bestimmungen dieser Verordnung Anwendung, soweit sich aus den §§ 63 bis 65 des Tierseuchengesetzes nichts anderes ergibt.

V. Ordnungswidrigkeiten

§ 11

Ordnungswidrig im Sinne des § 76 Abs. 2 Nr. 2 des Tierseuchengesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1. entgegen § 3 Abs. 1 seuchenkranke oder seuchenverdächtige Tiere unter Blutentzug tötet,

2. entgegen § 3 Abs. 2 Heilversuche an einem seuchenkranken oder seuchenverdächtigen Tier vornimmt,

3. entgegen § 4 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 oder Nr. 4 ohne Genehmigung der Kreisordnungsbehörde Tiere verbringt oder entfernt,

4. entgegen § 4 Abs. 1 Nr. 3 Tiere nicht absondert,

5. entgegen § 4 Abs. 1 Nr. 5 Milch nicht unschädlich beseitigt,

6. entgegen § 4 Abs. 1 Nr. 6 oder § 5 Tierkörper oder Tierkörperteile nicht entsprechend der vollziehbaren Anweisung des beamteten Tierarztes beseitigt oder Tierkörper abhäutet,

7. entgegen § 4 Abs. 1 Nr. 7 oder Nr. 8 Halbsatz 2, § 7 Abs. 1 und 2 einer vollziehbaren Anweisung des beamteten Tierarztes in bezug auf die Reinigung oder Desinfektion nicht, nicht richtig oder nicht vollständig nachkommt,

8. entgegen § 6 Abs. 1 Tiere impft oder entgegen § 6 Abs. 4 geimpfte Tiere nicht kennzeichnet.

VI. Schlußbestimmungen

§ 12 (Fn 3)
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft (Fn 4).

Der Minister
für Umwelt, Raumordnung und
Landwirtschaft
des Landes Nordrhein-Westfalen

Fn1

GV. NW. 1988 S. 453.

Fn2

SGV. NW. 7831.

Fn3

§ 12 Satz 2 gegenstandslos; Aufhebungsvorschrift.

Fn4

GV. NW. ausgegeben am 2. Dezember 1988.