Verordnung
über die Ausbildung und Prüfung für die
Laufbahn des gehobenen Archivdienstes
im Landes Nordrhein-Westfalen
(Ausbildungsverordnung gehobener Archivdienst – VAPgA)

Vom 1. Juni 2010 (Fn 1)

Auf Grund § 6 Landesbeamtengesetz vom 21. April 2009 (GV. NRW. S. 224) (Fn 2), geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 10. November 2009 (GV. NRW. S. 570), wird im Einvernehmen mit dem Innenministerium und dem Finanzministerium verordnet:

Inhaltsübersicht

Teil 1
Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Ziel der Ausbildung

§ 2 Geltungsbereich und Einstellungsvoraussetzungen

§ 3 Bewerbung

§ 4 Auswahl und Einstellung

Teil 2
Vorbereitungsdienst

Kapitel 1
Allgemeines

§ 5 Dienstverhältnis und Dienstbezeichnung

§ 6 Dauer des Vorbereitungsdienstes

§ 7 Urlaub und Krankheitszeiten

§ 8 Vorzeitige Entlassung

Kapitel 2
Ausbildung

§ 9 Ausbildungsarchiv und Ausbildungsstellen

§ 10 Ausbildungsleitung und Ausbildende

§ 11 Gliederung

§ 12 Fachwissenschaftliche Studienzeiten

§ 13 Leistungsnachweise und Studiennoten

§ 14 Fachpraktische Studienzeiten

§ 15 Beurteilungen

Kapitel 3
Archivarische Staatsprüfung

§ 16 Zweck der Prüfung

§ 17 Prüfungsausschuss

§ 18 Zulassung zur Prüfung

§ 19 Durchführung der Prüfung

§ 20 Noten

§ 21 Schriftliche Prüfung

§ 22 Aufsicht

§ 23 Bewertung

§ 24 Mündliche Prüfung

§ 25 Gesamtergebnis

§ 26 Niederschrift und Einsichtnahme

§ 27 Prüfungszeugnis

§ 28 Wiederholung der Prüfung

§ 29 Beendigung des Beamtenverhältnisses

Teil 3
Übergangs- und Schlussbestimmungen

§ 30 Übergangsvorschriften

§ 31 Inkrafttreten und Außerkrafttreten

Teil 1
Allgemeine Bestimmungen

§ 1
Ziel der Ausbildung

(1) Ziel der Ausbildung ist es, die Staatsarchivinspektoranwärterinnen und Staatsarchivinspektoranwärter mit den Aufgaben des gehobenen Archivdienstes vertraut zu machen und ihnen die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in Theorie und Praxis zu vermitteln. Sie sollen darauf vorbereitet werden, die künftigen Aufgaben sozial und fachlich kompetent zu erfüllen.

(2) Soweit personenbezogene Bezeichnungen im Maskulinum stehen, wird diese Form verallgemeinernd verwendet und bezieht sich auf beide Geschlechter.

§ 2
Geltungsbereich und Einstellungsvoraussetzungen

(1) Diese Verordnung regelt die Einstellung, Ausbildung und Prüfung für die Laufbahn des gehobenen Archivdienstes im Lande Nordrhein-Westfalen.

(2) In den Vorbereitungsdienst kann eingestellt werden, wer

1. die gesetzlichen Voraussetzungen für die Berufung in das Beamtenverhältnis erfüllt,

2. über die Allgemeine Hochschulreife verfügt oder einen im allgemeinen Bildungsbereich als gleichwertig anerkannten Bildungsstand besitzt,

3. gute Geschichtskenntnisse,

4. angemessene Kenntnisse zweier Fremdsprachen, darunter Französisch oder Latein, und

5. Grundkenntnisse im Bereich Informationstechnik nachweist.

§ 3
Bewerbung

(1) Die Bewerbung um Einstellung in den Vorbereitungsdienst ist mit den Bewerbungsunterlagen an das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen zu richten. Mindestens einzureichen sind:

1. Lebenslauf,

2. Einverständniserklärung der gesetzlichen Vertreter, wenn der Bewerber noch nicht volljährig ist und

3. Kopie des Zeugnisses über den Nachweis der Allgemeinen Hochschulreife oder Nach-weis eines gleichwertigen Bildungsstands; sofern ein Zwischenzeugnis vorgelegt wird, ist das Abschlusszeugnis, das die nach § 2 Absatz 2 Nummer 2 zu fordernde Vorbildung nachweist, unverzüglich nachzureichen.

Gegebenenfalls sind Kopien weiterer Unterlagen (z.B. Zeugnisse über bisherige Tätigkeiten, besondere Sprachkenntnisse und sonstige Kenntnisse und Fertigkeiten, Nachweise über sonstige Ausbildungs- und Studienzeiten, Wehr- oder Zivildienst) einzureichen.

(2) Bei Bewerbern, die im öffentlichen Dienst stehen, kann auf die Vorlage der Unterlagen, die bereits in der Personalakte enthalten sind, verzichtet werden.

§ 4
Auswahl und Einstellung

(1) Einstellungsbehörde ist das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen. Der Einstellung gehen ein Auswahlverfahren und eine persönliche Vorstellung voraus.

(2) Einstellungstermin ist der 1. September eines Jahres. Das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen kann in Abstimmung mit der für das Archivwesen zuständigen obersten Dienstbehörde abweichende Regelungen treffen.

(3) Vor der Einstellung sind auf Anforderung vorzulegen:

1. beglaubigte Abschriften der Personenstandsurkunden (Geburtsurkunde, gegebenenfalls die Heiratsurkunde, die Lebenspartnerschaftsurkunde sowie Geburtsurkunden der Kinder),

2. ein Führungszeugnis des Bundeszentralregisters zur Vorlage bei Behörden,

3. ein amtsärztliches Gesundheitszeugnis, das zum Zeitpunkt der Einstellung nicht älter als drei Monate ist,

4. eine schriftliche Erklärung des Bewerbers, ob Vorstrafen vorliegen oder ein Strafverfahren oder ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft anhängig ist und

5. eine schriftliche Erklärung des Bewerbers, dass er in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt.

Teil 2
Vorbereitungsdienst

Kapitel 1
Allgemeines

§ 5
Dienstverhältnis und Dienstbezeichnung

Die Einstellung erfolgt unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Staatsarchivinspektoranwärter.

§ 6
Dauer des Vorbereitungsdienstes

(1) Der Vorbereitungsdienst dauert drei Jahre. Er umfasst die theoretische und die praktische Ausbildung sowie die archivarische Staatsprüfung. Wird die archivarische Staatsprüfung nicht bis zum Ende des Vorbereitungsdienstes abgelegt, verlängert sich dieser automatisch bis zur Aushändigung des Prüfungszeugnisses.

(2) Der Vorbereitungsdienst kann bei erstmaligem Nichtbestehen der Zwischenprüfung (§ 12 Absatz 3 und 4) und bei erstmaligem Nichtbestehen der Laufbahnprüfung (§ 28 Absatz 1) verlängert werden. Die Ausbildung ist um die Zeit eines Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz, der Elternzeit nach der Elternzeitverordnung bzw. um die Dauer des Grundwehrdienstes oder des Ersatzdienstes zu verlängern. Bei Sonderurlaub, Dienstunfähigkeit oder sonstigen Zeiten einer Nichtbeschäftigung von mehr als einem Monat jährlich – mit Ausnahme des Erholungsurlaubs – kann die Ausbildung angemessen verlängert werden. Die Gesamtdauer des Vorbereitungsdienstes soll fünf Jahre nicht überschreiten.

(3) Zeiten einer Tätigkeit innerhalb oder außerhalb des öffentlichen Dienstes, die geeignet sind, die für die Laufbahn des gehobenen Archivdienstes erforderlichen Fähigkeiten zu vermitteln, können bis zu acht Monaten auf die fachpraktischen Studienzeiten angerechnet werden.

(4) Über die Anrechnung von Zeiten auf den Vorbereitungsdienst und über die Verlängerung des Vorbereitungsdienstes entscheidet das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen.

§ 7
Urlaub und Krankheitszeiten

(1) Während des Vorbereitungsdienstes ist der Erholungsurlaub so zu bewilligen, dass der geordnete Ablauf der Ausbildung gewährleistet ist. Während der Ausbildung an der Archivschule Marburg – Fachhochschule für Archivwesen (§ 9 Absatz 2 Nummer 1) ist er in den von der Archivschule festgesetzten Zeiten zu nehmen.

(2) Krankheitszeiten und Urlaub aus besonderem Anlass werden bis zu insgesamt sechs Wochen auf den Vorbereitungsdienst angerechnet. Über Ausnahmen entscheidet das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen.

§ 8
Vorzeitige Entlassung

Ein Staatsarchivinspektoranwärter ist aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf zu entlassen, wenn er die fachwissenschaftliche Zwischenprüfung an der Archivschule Marburg - Fachhochschule für Archivwesen auch bei Wiederholung (§ 12 Absatz 4) nicht besteht.

Kapitel 2
Ausbildung

§ 9
Ausbildungsarchiv und Ausbildungsstellen

(1) Ausbildungsarchiv ist das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, das unbeschadet besonderer Vorschriften alle dienstrechtlichen Entscheidungen trifft. Ihm obliegt die Dienstaufsicht über den Staatsarchivinspektoranwärter. Einzelne Befugnisse können auf die in Absatz 2 genannten Ausbildungsstellen und die Ausbildungsleitung (§ 10) übertragen werden.

(2) Ausbildungsstellen sind:

1. die Archivschule Marburg – Fachhochschule für Archivwesen und

2. andere vom Landesarchiv Nordrhein-Westfalen bestimmte archivische Einrichtungen.

(3) Das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen weist den Staatsarchivinspektoranwärter den in Absatz 2 genannten Ausbildungsstellen zu.

(4) Der Staatsarchivinspektoranwärter untersteht den dienstlichen Weisungen der jeweiligen Ausbildungsstelle.

(5) Der Staatsarchivinspektoranwärter ist verpflichtet, an den festgelegten Lehrveranstaltungen und Praktika teilzunehmen.

§ 10
Ausbildungsleitung und Ausbildende

(1) Das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen bestellt in den Fachabteilungen jeweils einen Beamten des höheren Archivdienstes zur Ausbildungsleitung.

(2) Die Ausbildungsleitung hat die Aufgabe, die fachpraktischen Studienzeiten zu lenken und zu überwachen. Sie bestellt für die einzelnen Fachgebiete für die Dauer der fachpraktischen Studienzeiten geeignete Archivare als Ausbildende. Bedienstete anderer Ausbildungsstellen sind im Einvernehmen mit dem jeweiligen Dienstvorgesetzten zu beauftragen.

(3) Die Ausbildenden unterweisen und leiten die Staatsarchivinspektoranwärter am Arbeitsplatz an und unterrichten sie im Rahmen der die fachpraktischen Studienzeiten begleitenden fachwissenschaftlichen Lehrveranstaltungen. Zum Abschluss einer jeden Studienzeit nehmen sie für ihr jeweiliges Fachgebiet zu der Befähigung der Staatsarchivinspektoranwärter Stellung; die Stellungnahmen sind bei der Beurteilung nach § 15 zu berücksichtigen.

§ 11
Gliederung

(1) Der Vorbereitungsdienst umfasst fachwissenschaftliche Studienzeiten von 22 Monaten und fachpraktische Studienzeiten von 14 Monaten Dauer.

(2) Aufteilung und Ausbildungsbereiche der fachwissenschaftlichen und fachpraktischen Studienzeiten ergeben sich aus dem Studienverlaufsplan (Anlage 1). Die Abfolge der einzelnen Studienzeiten kann aus zwingenden dienstlichen Gründen geändert werden.

§ 12
Fachwissenschaftliche Studienzeiten

(1) Die fachwissenschaftlichen Studienzeiten gliedern sich in

das Grundstudium I:     Verwaltungswissenschaften (4 Monate),

das Grundstudium II:    Geschichtswissenschaften (4 Monate) und

das Hauptstudium:        Archivwissenschaften (14 Monate).

(2) Das Grundstudium I wird an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen abgeleistet und vermittelt Grundkenntnisse in verwaltungswissenschaftlichen Fächern, insbesondere im allgemeinen Verwaltungsrecht, Staatsrecht, Öffentliche Finanzen und Betriebswirtschaftslehre sowie Arbeitsmethodik. Die Ausbildung richtet sich nach den Studienvorschriften der Fachhochschule.

(3) Das Grundstudium II und das Hauptstudium werden an der Archivschule Marburg – Fachhochschule für Archivwesen abgeleistet und vermitteln Kenntnisse auf den Gebieten Archivwissenschaften, Geschichtswissenschaften, Verwaltungswissenschaften und Historische Hilfswissenschaften. Die Ausbildung richtet sich nach der Studienordnung der Archivschule Marburg – Fachhochschule für Archivwesen. Die Ausbildung endet mit einer fachwissenschaftlichen Zwischenprüfung. Das Prüfungsverfahren richtet sich nach den Bestimmungen der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den gehobenen Archivdienst im Lande Hessen.

(4) Nach Abschluss der Ausbildung an der Archivschule Marburg – Fachhochschule für Archivwesen setzt der Staatsarchivinspektoranwärter den Vorbereitungsdienst auch dann fort, wenn die Zwischenprüfung erstmalig nicht bestanden wurde. In diesem Falle wird ihm während der nachfolgenden fachpraktischen Studienzeiten Gelegenheit gegeben, die Zwischenprüfung zu wiederholen.

§ 13
Leistungsnachweise und Studiennoten

(1) Der Staatsarchivinspektoranwärter hat über die Ausbildung im Grundstudium I zwei Leistungsnachweise zu erbringen. Die Leistungen müssen mit einer der in § 20 festgelegten Noten bewertet werden. Die Bescheinigungen nach Anlage 2 sind zur Ausbildungsakte zu nehmen.

(2) Für das Grundstudium II und das Hauptstudium gilt, soweit die Studienordnung der Archivschule Marburg - Fachhochschule für Archivwesen nichts anderes bestimmt, das Ergebnis der Zwischenprüfung gemäß § 12 Absatz 3 als Leistungsnachweis.

§ 14
Fachpraktische Studienzeiten

(1) Die fachpraktischen Studienzeiten gliedern sich in das Praktikum I (6 Monate), das Praktikum II (3 Monate) und das Praktikum III (5 Monate).

(2) Die Praktika I und III werden im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen abgeleistet. Während des Praktikums II (Informatorium) weist das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen den Staatsarchivinspektoranwärter anderen nach § 9 Absatz 2 Nummer 2 bestimmten archivischen Einrichtungen zur Ausbildung zu.

(3) Der Staatsarchivinspektoranwärter erhält zu Beginn des Vorbereitungsdienstes einen Aus-bildungsplan über die fachpraktischen Studienzeiten.

(4) Inhalt der Ausbildung ist die Heranführung an die Arbeitsweise im Archiv und die Aufgaben des gehobenen Archivdienstes. Der Staatsarchivinspektoranwärter ist anhand praktischer Fälle in archivische Arbeitsmethoden und -techniken einzuführen. Er soll über die zu beachtenden Bestimmungen und fachlichen Regeln unterrichtet, zu Dienstbesprechungen zugezogen und in die Verhandlungsführung eingewiesen werden.

(5) In den der Zuweisung an die Archivschule Marburg - Fachhochschule für Archivwesen vorangehenden fachpraktischen Studienzeiten sollen dem Staatsarchivinspektoranwärter die für die fachwissenschaftliche Ausbildung an der Archivschule notwendigen praktischen und fachwissenschaftlichen Grundkenntnisse vermittelt werden. Die fachpraktischen Studienzeiten nach dem Besuch der Archivschule sollen der Vertiefung der Kenntnisse und der Einarbeitung in die besonderen Gegebenheiten des Archivwesens im Lande Nordrhein-Westfalen dienen.

§ 15
Beurteilungen

Über die Ausbildung in jeder der in § 14 Absatz 1 genannten fachpraktischen Studienzeiten ist von der Ausbildungsleitung unter Berücksichtigung der Stellungnahmen nach § 10 Absatz 3 eine Beurteilung (Anlage 3) zu fertigen und nach Bekanntgabe dem Staatsarchivinspektoranwärter auszuhändigen. Die Beurteilung muss mit einer der in § 20 genannten Noten abschließen.

Kapitel 3
Archivarische Staatsprüfung

§ 16
Zweck der Prüfung

Die Prüfung dient der Feststellung, ob der Kandidat für die Laufbahn des gehobenen Archivdienstes befähigt ist. Der Kandidat soll nachweisen, dass er gründliche Fachkenntnisse erworben hat und in der Lage ist, auf der Grundlage wissenschaftlicher Methoden selbständig zu arbeiten.

§ 17
Prüfungsausschuss

(1) Zur Abnahme der archivarischen Staatsprüfung, die gleichzeitig Laufbahnprüfung ist, setzt auf Vorschlag des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen die für das Archivwesen zuständige oberste Dienstbehörde einen Prüfungsausschuss ein. Der Prüfungsausschuss führt die Bezeichnung „Prüfungsausschuss für die Laufbahnprüfung für den gehobenen Archivdienst im Lande Nordrhein-Westfalen“.

(2) Der Prüfungsausschuss besteht aus:

1. dem Präsidenten des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen
als Vorsitzenden,

2. zwei Beamten des höheren Archivdienstes im Lande Nordrhein-Westfalen und

3. zwei Beamten des gehobenen Dienstes an Archiven im Lande Nordrhein-Westfalen, von denen einer besondere Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet des allgemeinen Verwaltungs- und Haushaltsrechts besitzen soll,
als Beisitzer.

Jedes Mitglied des Prüfungsausschusses hat eine Stellvertretung.

(3) Die Mitglieder des Prüfungsausschusses werden für die Dauer von drei Jahren berufen. Sie sind in ihrer Prüfungstätigkeit unabhängig. Die Wiederberufung ist zulässig.

(4) Scheidet ein Mitglied oder eine Stellvertretung aus dem Prüfungsausschuss aus, so beruft die für das Archivwesen zuständige oberste Dienstbehörde für den Rest der Amtszeit eine Nachfolge.

(5) Die Sitzungen des Prüfungsausschusses und die Prüfung sind nicht öffentlich. Beauftragte der für das Archivwesen zuständigen obersten Dienstbehörde sind berechtigt, bei der mündlichen Prüfung anwesend zu sein. Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses kann ferner Personen, bei denen ein besonderes dienstliches Interesse vorliegt, gestatten, bei der mündlichen Prüfung anwesend zu sein; Staatsarchivinspektoranwärtern, die vor der Prüfung stehen, nur dann, wenn der Kandidat zustimmt.

§ 18
Zulassung zur Prüfung

Zur Prüfung ist zugelassen, wer den letzten Ausbildungsabschnitt angetreten, sämtliche vorangegangenen Ausbildungsabschnitte durchlaufen und die Zwischenprüfung bestanden hat.

§ 19
Durchführung der Prüfung

(1) Die Prüfung besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil. Der schriftliche Teil geht dem mündlichen Teil voraus. Der Prüfungsausschuss bestimmt die Prüfungsaufgaben. Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses setzt Ort und Zeitpunkt der schriftlichen und mündlichen Prüfung fest und teilt sie rechtzeitig, spätestens eine Woche vorher, dem Kandidaten mit.

(2) Ist der Kandidat durch Krankheit oder sonstige von ihm nicht zu vertretende Umstände an der Ablegung der Prüfung oder einzelner Prüfungsabschnitte verhindert, so hat er dies in geeigneter Form nachzuweisen.

(3) Ein Kandidat kann in besonderen Fällen mit Genehmigung des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses von der Prüfung zurücktreten.

(4) In den Fällen des Absatzes 2 und 3 bestimmt der Vorsitzende einen neuen Prüfungstermin. Bricht ein Kandidat aus den in Absatz 2 und 3 genannten Gründen die Prüfung ab, so wird die Prüfung an einem von dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses zu bestimmenden Termin fortgesetzt. Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses entscheidet, ob und in welchem Umfang die bereits abgelieferten Arbeiten als Prüfungsarbeiten anzurechnen sind.

(5) Gibt ein Kandidat ohne ausreichende Entschuldigung die archivarische Arbeit (§ 21 Absatz 2 bis 4) nicht rechtzeitig ab, erscheint er ohne ausreichende Entschuldigung nicht zur mündlichen Prüfung oder tritt ohne Genehmigung des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses zurück, so gilt die Prüfung als nicht bestanden.

(6) Schriftliche Aufsichtsarbeiten (§ 21 Absatz 5 bis 7), zu denen ein Kandidat ohne ausreichende Entschuldigung nicht erscheint oder deren Lösung er ohne ausreichende Entschuldigung nicht abgibt, werden mit „ungenügend“ bewertet.

(7) Einen Kandidaten, der bei der Anfertigung einer schriftlichen Arbeit eine Täuschung versucht oder erheblich gegen die Ordnung verstößt, kann der Aufsichtführende von der Fortsetzung dieser Arbeit ausschließen.

(8) Über die Folgen eines Täuschungsversuches oder eines erheblichen Verstoßes gegen die Ordnung entscheidet der Vorsitzende des Prüfungsausschusses. Er kann je nach Schwere der Verfehlung die Wiederholung einzelner oder mehrerer Prüfungsleistungen anordnen oder die Prüfung für nicht bestanden erklären.

(9) Hat der Kandidat bei der Prüfung getäuscht und wird diese Tatsache erst nach Aushändigung des Zeugnisses bekannt, so kann der Prüfungsausschuss nachträglich die Prüfung für nicht bestanden erklären, jedoch nur innerhalb einer Frist von drei Jahren nach dem Tage der mündlichen Prüfung.

§ 20
Noten

Die Leistungen in den einzelnen Studienzeiten und in der Prüfung dürfen nur wie folgt bewertet werden:

sehr gut
= eine den Anforderungen in besonderem Maße entsprechende Leistung
= 1 Punkt;

gut
= eine den Anforderungen voll entsprechende Leistung
= 2 Punkte;

befriedigend
= eine im Allgemeinen den Anforderungen entsprechende Leistung
= 3 Punkte;

ausreichend
= eine Leistung, die zwar Mängel aufweist, aber im Ganzen den Anforderungen noch entspricht
= 4 Punkte;

mangelhaft
= eine den Anforderungen nicht entsprechende Leistung, die jedoch erkennen lässt, dass die notwendigen Grundkenntnisse vorhanden sind und die Mängel in absehbarer Zeit behoben werden könnten
= 5 Punkte;

ungenügend
= eine den Anforderungen nicht entsprechende Leistung, bei der selbst die Grundkenntnisse so lückenhaft sind, dass die Mängel in absehbarer Zeit nicht behoben werden könnten
= 6 Punkte.

§ 21
Schriftliche Prüfung

(1) Die schriftliche Prüfung besteht aus einer archivarischen Arbeit und vier Aufsichtsarbeiten.

(2) Die archivarische Arbeit besteht aus der Ordnung und Verzeichnung eines geeigneten Archivbestandes. Sie ist zu Beginn der zweiten Hälfte der letzten fachpraktischen Studienzeit zu fertigen. Mit ihr sollen auch die Kenntnisse auf den Gebieten der archivarischen Bewertung und Klassifikation des bearbeiteten Schriftgutes nachgewiesen werden.

(3) Das Thema der archivarischen Arbeit wird auf Vorschlag der Ausbildungsleitung durch den Prüfungsausschuss ausgewählt. Die Arbeit soll unter Benutzung der üblichen Hilfsmittel innerhalb eines Monats ausgeführt und fertig gestellt werden. Aus wichtigen, von dem Kandidaten nicht zu vertretenden Gründen kann auf Antrag von dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses Fristverlängerung gewährt werden; diese darf insgesamt zwei Wochen nicht überschreiten.

(4) Auf begründeten Antrag kann dem Kandidaten ein neues Thema gestellt werden. Der Antrag ist innerhalb von zwei Wochen nach Aushändigung des ersten Themas über die Ausbildungsleitung beim Prüfungsausschuss einzureichen. Absatz 3 Satz 1 findet Anwendung.

(5) Die Aufgaben für die Aufsichtsarbeiten bestimmt der Prüfungsausschuss auf Vorschlag der Ausbildungsleitung.

Die Aufgaben bestehen aus:

1. einer Arbeit über ein landes- oder verwaltungsgeschichtliches Thema,

2. einem Bericht oder einer Auskunft aus vorgelegten Akten,

3. einer Arbeit aus dem Staats- und Verfassungsrecht und

4. einer Arbeit aus dem allgemeinen Verwaltungsrecht, öffentlichen Dienstrecht und Haushaltsrecht.

(6) Die Aufgaben sind getrennt in verschlossenen Umschlägen aufzubewahren und erst an den Prüfungstagen in Gegenwart der Kandidaten zu öffnen. Bei jeder Aufgabe sind die Zeit, in der sie zu lösen ist, und die Hilfsmittel, die benutzt werden dürfen, anzugeben.

(7) Die Aufsichtsarbeiten sollen in der zweiten Hälfte der letzten fachpraktischen Studienzeit, spätestens aber vier Wochen vor Ablauf des Vorbereitungsdienstes geschrieben werden. Für ihre Durchführung ist eine Zeit von jeweils fünf vollen Stunden anzusetzen.

§ 22
Aufsicht

(1) Im Einvernehmen mit dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses bestimmt die Leitung der ausbildenden Abteilung des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen, wer die Aufsicht führt.

(2) Der Aufsichtführende fertigt eine Niederschrift nach dem Muster der Anlage 4 und vermerkt in ihr jede Unregelmäßigkeit und den Zeitpunkt der Abgabe der Arbeiten. Die Arbeiten und die Niederschrift sind in einem Umschlag zu verschließen und dem Vorsitzenden oder dem bestimmten Mitglied des Prüfungsausschusses unmittelbar zu übersenden.

§ 23
Bewertung

(1) Die Arbeiten der schriftlichen Prüfung sind von zwei Mitgliedern des Prüfungsausschusses nacheinander in der von dem Vorsitzenden bestimmten Reihenfolge zu beurteilen und nach § 20 zu bewerten. Der Durchschnitt der Aufsichtsarbeiten bildet die Gesamtnote der Aufsichtsarbeiten. Der Prüfungsausschuss kann auf Vorschlag des Vorsitzenden den für das jeweilige Fachgebiet zuständigen Ausbildenden (§ 10 Absatz 2), der nicht Mitglied des Prüfungsausschusses ist, zur gutachtlichen Vorbeurteilung hinzuziehen. Bei abweichender Bewertung entscheidet der Prüfungsausschuss im Rahmen der vorgegebenen Beurteilungen der Ausschussmitglieder mit Stimmenmehrheit. Stimmenthaltung ist unzulässig.

(2) Von dem Ergebnis der schriftlichen Prüfung hängt die Zulassung zur mündlichen Prüfung ab. Der Kandidat wird zur mündlichen Prüfung nicht zugelassen, wenn

1. die archivarische Arbeit oder zwei Aufsichtsarbeiten mit „ungenügend“,

2. mehr als zwei der schriftlichen Arbeiten gemäß § 21 Absatz 1 geringer als mit „ausreichend“ bewertet sind.

In diesem Fall ist die Prüfung nicht bestanden. Dies ist dem Kandidaten unverzüglich, jedenfalls vor der mündlichen Prüfung, schriftlich mitzuteilen.

§ 24
Mündliche Prüfung

(1) Die mündliche Prüfung soll vor Ablauf der in § 6 Absatz 1 vorgesehenen Dauer des Vorbereitungsdienstes stattfinden. Sie erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1. rheinische und westfälische Landesgeschichte sowie Geschichte des Landes Nordrhein-Westfalen,

2. Archivkunde,

3. Staats- und Verfassungsrecht, Behördenaufbau,

4. allgemeines Verwaltungsrecht, öffentliches Dienstrecht, Haushaltsrecht.

(2) Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses leitet die mündliche Prüfung und hat darauf hinzuwirken, dass die Kandidaten in geeigneter Weise befragt werden. Er ist berechtigt, jederzeit in die Prüfung einzugreifen.

(3) Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses kann Ausbildende, die in den unter Absatz 1 genannten Fachgebieten unterrichtet haben und nicht Mitglieder des Prüfungsausschusses sind, beauftragen, Prüfungsaufgaben vorzuschlagen.

(4) Die mündliche Prüfung soll grundsätzlich als Einzelprüfung durchgeführt werden. In Ausnahmefällen ist eine Gemeinschaftsprüfung zulässig. In der Gemeinschaftsprüfung sollen nicht mehr als drei Kandidaten gleichzeitig geprüft werden.

(5) Die Prüfungszeit beträgt für jeden Kandidaten in der Regel 60 Minuten.

(6) Die Leistungen in den einzelnen Gebieten sind nach § 20 zu bewerten; die Entscheidung wird vom Prüfungsausschuss mit Stimmenmehrheit getroffen. Stimmenthaltung ist unzulässig. Aus dem Durchschnitt ergibt sich die Gesamtnote der mündlichen Prüfung. Die Prüfung ist nicht bestanden, wenn die Gesamtnote der mündlichen Prüfung einen Punktwert von mehr als 4,5 erhält.

§ 25
Gesamtergebnis

(1) Nach der mündlichen Prüfung stellt der Prüfungsausschuss das Gesamtergebnis (Abschlussnote) aller Ausbildungsabschnitte und der archivarischen Staatsprüfung fest und gibt es dem Kandidaten bekannt.

(2) Grundlagen für die Festsetzung des Gesamtergebnisses sind der Punktwert

1. für die Leistungsbewertungen in dem Grundstudium I
mit 5 Prozent,

2. für die Leistungen in der fachwissenschaftlichen Zwischenprüfung an der Archivschule Marburg - Fachhochschule für Archivwesen
mit 30 Prozent,

3. für die Beurteilungen in den fachpraktischen Studienzeiten
mit 20 Prozent,

4. für die Leistungen in der schriftlichen Prüfung
mit 25 Prozent,

wobei auf die archivarische Arbeit 10 Prozent und auf die Gesamtnote der Aufsichtsarbeiten 15 Prozent entfallen,

5. für die Gesamtnote der mündlichen Prüfung
mit 20 Prozent.

(3) Der Punktwert wird ermittelt, indem die jeweiligen Punktzahlen der Einzelleistungen zusammengezählt werden und die Summe durch die Anzahl der Einzelleistungen geteilt wird. Bruchwerte sind bis zur zweiten Dezimalstelle zu errechnen.

(4) Die Punktwerte nach Absatz 2 werden entsprechend ihrem jeweiligen Anteilverhältnis zu einem Punktwert für die Abschlussnote zusammengefasst. Dem ermittelten Punktwert entsprechen folgende Noten:

1.00 bis 1.74 Punkte    sehr gut

1.75 bis 2.49 Punkte    gut

2.50 bis 3.24 Punkte    befriedigend

3.25 bis 4.00 Punkte    ausreichend

4.01 bis 5.00 Punkte    mangelhaft

5.01 bis 6.00 Punkte    ungenügend.

(5) Wird das Gesamtergebnis der Prüfung mit „mangelhaft“ oder „ungenügend“ bewertet, so ist die Prüfung nicht bestanden.

(6) Der Prüfungsausschuss kann Entscheidungen, die eine Beurteilung der Prüfungsleistungen enthalten, nicht abändern.

§ 26
Niederschrift und Einsichtnahme

(1) Über jeden Prüfungshergang ist eine Niederschrift nach dem Muster der Anlage 5 zu fertigen. Die Niederschrift ist zusammen mit den Prüfungsarbeiten und den sonstigen Prüfungsunterlagen der für die Aus- und Fortbildung zuständigen Abteilung Zentrale Dienste des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen zu übersenden und von ihr zehn Jahre aufzubewahren. Eine Zweitausfertigung der Niederschrift ist zu den Personalakten zu nehmen.

(2) Der Kandidat kann nach Abschluss des Prüfungsverfahrens innerhalb eines Jahres Einsicht in die von ihm gefertigten Prüfungsarbeiten einschließlich ihrer Bewertung nehmen. Eine im Rahmen der archivarischen Arbeit erstellte Datei ist hiervon ausgenommen.

§ 27
Prüfungszeugnis

Über das Ergebnis der bestandenen Prüfung händigt der Prüfungsausschuss ein Prüfungszeugnis nach dem Muster der Anlage 6 aus. Wer die Prüfung nicht bestanden hat, erhält darüber durch den Prüfungsausschuss eine schriftliche Mitteilung nach Anlage 7. Eine Zweitausfertigung des Zeugnisses oder der Mitteilung ist in die Personalakten aufzunehmen.

§ 28
Wiederholung der Prüfung

(1) Wer die Prüfung nicht bestanden hat, kann sie auf Antrag einmal wiederholen. Die Frist, innerhalb derer die Prüfung wiederholt werden kann, schlägt der Prüfungsausschuss vor; sie soll mindestens sechs Monate betragen und darf ein Jahr nicht übersteigen.

(2) Die Prüfung ist im Allgemeinen vollständig zu wiederholen. Der Prüfungsausschuss kann auf Antrag die Wiederholung einzelner Teile der Prüfung erlassen, sofern sie mindestens mit der Note „ausreichend“ bewertet worden sind.

§ 29
Beendigung des Beamtenverhältnisses

Das Beamtenverhältnis des Staatsarchivinspektoranwärters endet

1. bei Bestehen der archivarischen Staatsprüfung mit Ablauf des Tages, an dem ihm das Prüfungszeugnis ausgehändigt wird, frühestens jedoch mit dem Ablauf des Vorbereitungsdienstes oder

2. bei endgültigem Nichtbestehen der archivarischen Staatsprüfung mit Ablauf des Tages, an dem ihm das Prüfungsergebnis bekannt gegeben wird (§ 27).

Teil 3
Übergangs- und Schlussbestimmungen

§ 30
Übergangsvorschriften

Für Staatsarchivinspektoranwärter, die sich im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung im Vorbereitungsdienst befinden, gelten weiterhin die Vorschriften der Verordnung über die Ausbildung und Prüfung für die Laufbahn des gehobenen Archivdienstes im Lande Nordrhein-Westfalen vom 28. Juli 1981(GV. NRW. S.466), zuletzt geändert durch Artikel 12 (Zweiter Teil) des Gesetzes vom 3. Mai 2005(GV. NRW. S.498).

§ 31
Inkrafttreten und Außerkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Sie tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2013 außer Kraft.

Mit Inkrafttreten dieser Verordnung tritt die Verordnung über die Ausbildung und Prüfung für die Laufbahn des gehobenen Archivdienstes im Lande Nordrhein-Westfalen vom 28. Juli 1981(GV. NRW. S.466) außer Kraft.

 

Der Ministerpräsident
des Landes Nordrhein-Westfalen

 

 

 

 

Fn 1

GV. NRW. S. 302, in Kraft getreten am 19. Juni 2010.

Fn 2

SGV. NRW. 2030