Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2013 Nr. 7 vom 15.3.2013 Seite 129 bis 136

Verordnung zum Mittelstandsförderungsgesetz (MFGVO)
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Verordnung zum Mittelstandsförderungsgesetz (MFGVO)

7102

Verordnung zum Mittelstandsförderungsgesetz
(MFGVO)

 

Vom 5. März 2013

 

Auf Grund des § 6 Absatz 6 des Mittelstandsförderungsgesetzes vom 18. Dezember 2012 (GV. NRW. S. 673) wird verordnet:

 

§ 1
Ziele des Clearingverfahrens

(1) Gegenstand des Clearingverfahrens nach § 6 des Mittelstandsförderungsgesetzes ist die Überprüfung und Klärung der Mittelstandsverträglichkeit aller wesentlichen mittelstandsrelevanten Gesetzes- und Verordnungsvorhaben (Vorhaben) der Landesregierung.

 

(2) Ein Clearingverfahren ist unter Berücksichtigung von § 6 Absatz 3 des Mittelstandsförderungsgesetzes auch dann durchzuführen, wenn bei bereits in Kraft befindlichen, befristeten mittelstandsrelevanten Gesetzen und Verordnungen die Entscheidung über das Außerkrafttreten bzw. über den Fortbestand der jeweiligen Regelung zu treffen ist.

 

(3) Zur Erfüllung dieser Aufgabe wird eine Clearingstelle Mittelstand außerhalb der Landesverwaltung eingerichtet. Sie erarbeitet zu den jeweiligen Vorhaben Stellungnahmen für die Landesregierung.

 

(4) Die Stellungnahmen dienen der Beratung der Landesregierung. Ziel ist es, die Interessen der mittelständischen Wirtschaft und der dort Beschäftigten rechtzeitig kennen zu lernen, so weit wie möglich und geboten zu berücksichtigen und so Konflikte zu vermeiden.

 

(5) Zu mittelstandsrelevanten Gesetzes- und Verordnungsvorhaben der Europäischen Union und des Bundes kann die Landesregierung Stellungnahmen der Clearingstelle Mittelstand einholen. In diesen Fällen dienen die Stellungnahmen der Beratung der Landesregierung in Bundesratsverfahren.

 

§ 2
Beteiligte

(1) Die Landesregierung trifft mit den Dachorganisationen der mittelstandsrelevanten Kammern und Verbände nach § 6 Absatz 1 des Mittelstandsförderungsgesetzes unmittelbar nach Inkrafttreten des Mittelstandsförderungsgesetzes eine Vereinbarung über deren Beteiligung an zukünftigen Clearingverfahren und die Unterstützung der Clearingstelle Mittelstand.

 

(2) Die Unterzeichnung der Vereinbarung nach Absatz 1 verpflichtet zu einer ziel- und ergebnisorientierten Unterstützung der Arbeit der Clearingstelle.

 

(3) Die Erfüllung der Aufgaben der Clearingstelle Mittelstand nach § 1 ist für den Träger unabhängig von der eigenen Interessenvertretung. Die Clearingstelle nimmt die Interessen aller Beteiligten neutral war.

 

(4) Zur Einrichtung der Clearingstelle Mittelstand schließt das für Wirtschaft zuständige Ministerium eine Vereinbarung mit einem der nach § 6 Absatz 1 Satz 4 des Mittelstandsförderungsgesetzes vorgesehenen Träger. Diese Vereinbarung ist erstmals drei Jahre nach Abschluss kündbar. Näheres hierzu ist in der Vereinbarung zu regeln.

 

(5) Für die Arbeit der Beteiligten des Clearingverfahrens gilt der Grundsatz der Vertraulichkeit.

 

§ 3
Beratungsanspruch und Einleitung des förmlichen Clearingverfahrens

(1) Sofern das jeweils zuständige Ressort von dem Beratungsanspruch nach § 6 Absatz 2 des Mittelstandsförderungsgesetzes für ein Gesetzes- oder Verordnungsvorhaben der Landesregierung hinsichtlich der Mittelstandsrelevanz des Vorhabens gemäß § 4 Absatz 2 des Mittelstandsförderungsgesetzes Gebrauch macht, soll dies frühzeitig erfolgen.

 

(2) Der Beratungsanspruch kann sich auch auf den weiteren Erarbeitungsprozess erstrecken mit dem Ziel, das jeweilige Vorhaben schon in dieser frühen Phase mittelstandsverträglich auszugestalten. Geschieht dies, kann das spätere förmliche Clearingverfahren nach § 6 Absatz 3 des Mittelstandsförderungsgesetzes durch die Clearingstelle Mittelstand verkürzt werden.

 

(3) Ist eine wesentliche Mittelstandsrelevanz, gegebenenfalls nach Beratung durch die Clearingstelle Mittelstand, gemäß Absatz 1 anzunehmen, schlägt das jeweils zuständige Ressort der Landesregierung der Konferenz der Staatssekretärinnen und Staatssekretäre die Einleitung des förmlichen Clearingverfahrens nach § 6 Absatz 3 des Mittelstandsförderungsgesetzes vor. Der Vorschlag soll mit dem Chef der Staatskanzlei und dem für Wirtschaft zuständigen Ministerium abgestimmt werden.

 

(4) Die Einleitung des förmlichen Clearingverfahrens erfolgt durch Beschluss der Konferenz der Staatssekretärinnen und Staatsekretäre.

 

§ 4
Durchführung des förmlichen Clearingverfahrens

(1) Die Clearingstelle Mittelstand hat Anspruch auf Beratung durch das für Wirtschaft zuständige Ministerium hinsichtlich der Verfahrensabläufe.

 

(2) Im Rahmen des Verfahrens holt die Clearingstelle Mittelstand Stellungnahmen bei den Beteiligten ein, wertet sie aus und bündelt sie.

 

(3) Abweichende Stellungnahmen einzelner Verfahrensbeteiligter sind darzustellen.

 

(4) Die Clearingstelle Mittelstand kann im Laufe des Verfahrens jederzeit das jeweils zuständige Ressort der Landesregierung um ergänzende Erläuterungen bitten.

 

§ 5
Anforderungen an die Stellungnahme der Clearingstelle

(1) Die Stellungnahme der Clearingstelle Mittelstand soll mögliche Auswirkungen der Maßnahme auf Kosten, Verwaltungsaufwand oder Arbeitsplätze in den Unternehmen der mittelständischen Wirtschaft darlegen und bewerten.

 

(2) Dabei sollen auch die Auswirkungen der Maßnahme auf die Nachhaltigkeit und die Ressourceneffizienz im Mittelstand im Rahmen einer volkswirtschaftlichen Gesamtfolgenabschätzung berücksichtigt werden.

 

(3) Die Stellungnahme soll in der Regel auch Regelungsvorschläge beinhalten, durch die mögliche nachteilige Auswirkungen auf kleine und mittlere Unternehmen verringert oder vermieden werden, ohne dass die grundsätzlichen Regelungsziele des jeweiligen Gesetzes- oder Verordnungsvorhabens in Frage gestellt werden.

 

§ 6
Dauer des förmlichen Clearingverfahrens

(1) Die Clearingstelle Mittelstand soll ihre gutachterliche Stellungnahme zu einem Vorhaben innerhalb einer Frist von mindestens drei bis längstens sechs Wochen vorlegen.

 

(2) Die Clearingstelle Mittelstand kann, auch auf Wunsch eines der Beteiligten nach § 2, bei besonders komplexen Vorhaben um eine Fristverlängerung bitten.

 

(3) Bei Angelegenheiten von besonderer Dringlichkeit kann das förmliche Clearingverfahren parallel zur Ressortabstimmung stattfinden. Die Dringlichkeit ist durch das jeweils zuständige Ressort zu begründen.

 

§ 7
Ergebnisse des Clearingverfahrens

(1) Die Clearingstelle Mittelstand übermittelt nach Abschluss des Verfahrens die Stellungnahme an das jeweils zuständige Fachressort, an den Chef der Staatskanzlei, an das für Wirtschaft zuständige Ministerium und an die mittelstandsrelevanten Kammern und Verbände nach § 6 Absatz 1 des Mittelstandsförderungsgesetzes.

 

(2) Bei Einleitung der Ressortabstimmung nach der Gemeinsamen Geschäftsordnung für die Ministerien des Landes Nordrhein-Westfalen ist die Stellungnahme der Clearingstelle Mittelstand einschließlich etwaiger abweichender Voten unverändert dem Entwurf der Kabinettvorlage beizufügen.

 

(3) Im Entwurf der Kabinettvorlage sind die Inanspruchnahme der Beratung gemäß § 6 Absatz 2 des Mittelstandsförderungsgesetzes sowie die Einleitung und der Abschluss des Clearingverfahrens zu vermerken.

 

(4) Die bei der Abstimmung der Kabinettvorlage zu beteiligenden Ressorts können zum Votum der Clearingstelle Mittelstand Stellung nehmen.

 

(5) Die abschließende Bewertung und weitere Behandlung der Ergebnisse des Clearingverfahrens obliegen der Konferenz der Staatsekretärinnen und Staatssekretäre, welche die Kabinettbefassung vorbereitet.

 

§ 8
Bericht der Clearingstelle Mittelstand

(1) Die Clearingstelle berichtet einmal jährlich dem Mittelstandsbeirat über ihre Arbeit und über deren Ergebnisse.

 

(2) Der Mittelstandsbeirat bewertet auf der Grundlage dieses Berichts der Clearingstelle (§ 9Absatz 1 des Mittelstandsförderungsgesetzes) die Wirksamkeit der Verfahren und unterrichtet den zuständigen Landtagsausschuss im Einvernehmen mit dem für Wirtschaft zuständigen Ministerium über das Ergebnis seiner Beratungen.

 

§ 9
Zusammensetzung des Mittelstandsbeirats

(1) Die Zusammensetzung des Mittelstandsbeirates soll nach § 9 Absatz 3 des Mittelstandsförderungsgesetzes die Kammern/Verbände nach § 6 Absatz 1 des Mittelstandsförderungsgesetzes angemessen berücksichtigen. Danach schlagen vor:

1. der Nordrhein-Westfälische Handwerkstag eine Person;

2. der Westdeutsche Handwerkskammertag eine Person;

3. IHK NRW zwei Personen;

4. der Deutsche Gewerkschaftsbund, Bezirk Nordrhein-Westfalen, eine Person;

5. unternehmer nrw zwei Personen;

6. die Kommunalen Spitzenverbände Nordrhein-Westfalen drei Personen;

7. der Verband der Freien Berufe Nordrhein-Westfalen zwei Personen.

 

(2) Beratende Mitglieder des Mittelstandsbeirates sind:

1. eine leitende Vertreterin beziehungsweise ein leitender Vertreter der Energieagentur NRW oder der Effizienzagentur NRW;

2. die Präsidentin beziehungsweise der Präsident des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn.

 

(3) Im Mittelstandsbeirat sollen Angehörige beider Geschlechter zu je 50 Prozent vertreten sein.

 

(4) Der Mittelstandsbeirat tagt auf Einladung und in Anwesenheit der für Wirtschaft zuständigen Ministerin beziehungsweise des für Wirtschaft zuständigen Ministers. Die Ministerin beziehungsweise der Minister können nur durch die für Wirtschaft zuständige Staatssekretärin beziehungsweise durch den für Wirtschaft zuständigen Staatssekretär vertreten werden.

 

(5) Die Mitglieder des Mittelstandsbeirates werden auf Vorschlag der jeweils vertretenen Verbände und Kammern nach § 6 Absatz 1 des Mittelstandsförderungsgesetzes durch die Ministerpräsidentin beziehungsweise den Ministerpräsidenten für die Dauer einer Legislaturperiode berufen.

 

(6) Die beratenden Mitglieder des Mittelstandsbeirats werden durch die jeweils zuständige Ressortministerin beziehungsweise den jeweils zuständigen Ressortminister für die Dauer einer Legislaturperiode berufen.

 

§ 10
Inkrafttreten/Außerkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Sie tritt mit Ablauf des 29. Dezember 2017 außer Kraft.

 

Düsseldorf, den 5. März 2013

 

 

Die Landesregierung
Nordrhein-Westfalen

 

Die Ministerpräsidentin

Hannelore  K r a f t

 

Die Ministerin
für Schule und Weiterbildung

Sylvia  L ö h r m a n n

 

Der Finanzminister
zugleich für den
Minister für Wirtschaft, Energie,
Industrie, Mittelstand und Handwerk

Dr. Norbert  W a l t e r-B o r j a n s

 

Der Minister
für Inneres und Kommunales

Ralf  J ä g e r

 

Der Minister
für Arbeit, Integration und Soziales

Guntram  S c h n e i d e r

 

Der Justizminister

Thomas  K u t s c h a t y

 

Der Minister
für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft,
Natur- und Verbraucherschutz

Johannes  R e m m e l

 

Der Minister
für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr

Michael  G r o s c h e k

 

Die Ministerin
für Innovation, Wissenschaft und Forschung

Svenja  S c h u l z e

 

Die Ministerin
für Familie, Kinder, Jugend,
Kultur und Sport

Ute  S c h ä f e r

 

Die Ministerin
für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter

Barbara  S t e f f e n s

 

Die Ministerin
für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien

Dr. Angelica  S c h w a l l-D ü r e n

 

GV. NRW. 2013 S. 131