Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2006 Nr. 5 vom 15.3.2006 Seite 93 bis 110

Verwaltungszustellungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeszustellungsgesetz - LZG NRW)
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Norm
Normfuß
 

Verwaltungszustellungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeszustellungsgesetz - LZG NRW)

2010

Verwaltungszustellungsgesetz
für das Land Nordrhein-Westfalen
(Landeszustellungsgesetz - LZG NRW)

 

Vom 7. März 2006

 

Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

 

Verwaltungszustellungsgesetz
für das Land Nordrhein-Westfalen
(Landeszustellungsgesetz - LZG NRW)

 

§ 1
Anwendungsbereich und Erfordernis der Zustellung

(1) Dieses Gesetz gilt für das Zustellungsverfahren der Behörden des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Ausgenommen sind die Landesfinanzbehörden.

 

(2) Zugestellt wird, soweit dies durch Rechtsvorschrift oder behördliche Anordnung bestimmt ist.

 

§ 2
Allgemeines

(1) Zustellung ist die Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Dokuments in der in diesem Gesetz bestimmten Form.

 

(2) Die Zustellung wird durch einen Erbringer von Postdienstleistungen (Post) oder durch die Behörde ausgeführt. Daneben gelten die in den §§ 9 bis 11 geregelten Sonderarten der Zustellung.

 

(3) Die Behörde hat die Wahl zwischen den einzelnen Zustellungsarten.

 

§ 3
Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde

(1) Soll durch die Post mit Zustellungsurkunde zugestellt werden, übergibt die Behörde der Post den Zustellungsauftrag, das zuzustellende Dokument in einem verschlossenen Umschlag und einen vorbereiteten Vordruck einer Zustellungsurkunde.

 

(2) Für die Ausführung der Zustellung gelten die §§ 177 bis 182 der Zivilprozessordnung entsprechend. Im Fall des § 181 Abs. 1 der Zivilprozessordnung kann das zuzustellende Dokument bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, niedergelegt werden oder bei der Behörde, die den Zustellungsauftrag erteilt hat, wenn sie ihren Sitz an einem der vorbezeichneten Orte hat. Für die Zustellungsurkunde, den Zustellungsauftrag, den verschlossenen Umschlag nach Absatz 1 und die schriftliche Mitteilung nach § 181 Abs. 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung sind die Vordrucke nach der Zustellungsvordruckverordnung zu verwenden.

 

§ 4
Zustellung durch die Post mittels Einschreiben

(1) Ein Dokument kann durch die Post mittels Einschreiben durch Übergabe oder mittels Einschreiben mit Rückschein zugestellt werden.

(2) Zum Nachweis der Zustellung genügt der Rückschein. Im Übrigen gilt das Dokument am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, dass es nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang und dessen Zeitpunkt nachzuweisen. Der Tag der Aufgabe zur Post ist in den Akten zu vermerken.

§ 5
Zustellung durch die Behörde gegen Empfangsbekenntnis,
einschließlich elektronischer Dokumente

(1) Bei der Zustellung durch die Behörde händigt der zustellende Bedienstete das Dokument dem Empfänger in einem verschlossenen Umschlag aus. Das Dokument kann auch offen ausgehändigt werden, wenn keine schutzwürdigen Interessen des Empfängers entgegenstehen. Der Empfänger hat ein mit dem Datum der Aushändigung versehenes Empfangsbekenntnis zu unterschreiben. Der Bedienstete vermerkt das Datum der Zustellung auf dem Umschlag des auszuhändigenden Dokumentes oder bei offener Aushändigung auf dem Dokument selbst.

 

(2) Die §§ 177 bis 181 der Zivilprozessordnung sind anzuwenden. Zum Nachweis der Zustellung ist in den Akten zu vermerken:

1.
im Fall der Ersatzzustellung in der Wohnung, in Geschäftsräumen und Einrichtungen nach § 178 der Zivilprozessordnung der Grund, der diese Art der Zustellung rechtfertigt,

2.
im Fall der Zustellung bei verweigerter Annahme nach § 179 der Zivilprozessordnung, wer die Annahme verweigert hat und dass das Dokument am Ort der Zustellung zurückgelassen oder an den Absender zurückgesandt wurde sowie der Zeitpunkt und der Ort der verweigerten Annahme,

3.
in den Fällen der Ersatzzustellung nach §§ 180 und 181 der Zivilprozessordnung der Grund der Ersatzzustellung sowie, wann und wo das Dokument in einen Briefkasten eingelegt oder sonst niedergelegt und in welcher Weise die Niederlegung schriftlich mitgeteilt wurde.

Im Fall des § 181 Abs. 1 der Zivilprozessordnung kann das zuzustellende Dokument bei der Behörde, die den Zustellungsauftrag erteilt hat, niedergelegt werden, wenn diese Behörde ihren Sitz am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts hat, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt.

 

(3) Zur Nachtzeit, an Sonntagen und allgemeinen Feiertagen darf nach Absatz 1 und 2 im Inland nur mit Erlaubnis des Behördenleiters zugestellt werden. Die Nachtzeit umfasst die Stunden von einundzwanzig bis sechs Uhr. Eine Zustellung, bei der diese Vorschriften nicht beachtet sind, ist wirksam, wenn die Annahme nicht verweigert ist.

 

(4) Das Dokument kann an Behörden, Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, an Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare, Gerichtsvollzieher, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberatungsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie an weitere, durch Rechtsverordnung des Innenministeriums bestimmte Berufsgruppen auch auf andere Weise gegen Empfangsbekenntnis zugestellt werden. Die Zustellung kann elektronisch erfolgen, soweit der Zustellungsadressat einen Zugang eröffnet. Zum Nachweis der Zustellung genügt das mit Datum und Unterschrift versehene Empfangsbekenntnis, das an die Behörde zurückzusenden ist.

 

(5) Ein elektronisches Dokument kann im Übrigen unbeschadet des Absatzes 4 jedem Zustellungsadressaten elektronisch zugestellt werden, soweit dieser einen Zugang eröffnet und das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen wird. Zum Nachweis der Zustellung genügt das mit Datum und Unterschrift versehene Empfangsbekenntnis, das an die Behörde zurückzusenden ist.

 

§ 6
Zustellung an gesetzliche Vertreter

(1) Bei Geschäftsunfähigen oder beschränkt Geschäftsfähigen ist an ihre gesetzlichen Vertreter zuzustellen. Gleiches gilt bei Personen, für die ein Betreuer bestellt ist, soweit der Aufgabenkreis des Betreuers reicht.

 

(2) Bei Behörden wird an den Behördenleiter, bei juristischen Personen, nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Zweckvermögen an ihre gesetzlichen Vertreter zugestellt. § 34 Abs. 2 der Abgabenordnung bleibt unberührt.

 

(3) Bei mehreren gesetzlichen Vertretern oder Behördenleitern genügt die Zustellung an einen von ihnen.

 

(4) Der zustellende Bedienstete braucht nicht zu prüfen, ob die Anschrift den Vorschriften der Absätze 1 bis 3 entspricht.

 

§ 7
Zustellung an Bevollmächtigte

(1) Zustellungen können an den allgemein oder für bestimmte Angelegenheiten bestellten Bevollmächtigten gerichtet werden. Sie sind an ihn zu richten, wenn er eine schriftliche Vollmacht vorgelegt hat. Ist ein Bevollmächtigter für mehrere Beteiligte bestellt, so genügt die Zustellung eines Dokuments an ihn für alle Beteiligten.

 

(2) Einem Zustellungsbevollmächtigten mehrerer Beteiligter sind so viele Ausfertigungen oder Abschriften zuzustellen, als Beteiligte vorhanden sind. Dies gilt nicht bei elektronischer Übermittlung.

 

§ 8
Heilung von Zustellungsmängeln

Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, gilt es als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten nachweislich zugegangen ist; im Fall des § 5 Abs. 5 in dem Zeitpunkt, in dem der Empfänger das Empfangsbekenntnis zurückgesendet hat.

 

§ 9
Zustellung im Ausland

(1) Eine Zustellung im Ausland erfolgt

1.
durch Einschreiben mit Rückschein, soweit die Zustellung von Dokumenten unmittelbar durch die Post völkerrechtlich zulässig ist,

2.
auf Ersuchen der Behörde durch die Behörden des fremden Staates oder durch die zuständige diplomatische oder konsularische Vertretung der Bundesrepublik Deutschland,

3.
auf Ersuchen der Behörde durch das Auswärtige Amt an eine Person, die das Recht der Immunität genießt und zu einer Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gehört sowie an Familienangehörige einer solchen Person, wenn diese das Recht der Immunität genießen oder

4.
durch Übermittlung elektronischer Dokumente nach § 5 Abs. 5, soweit dies völkerrechtlich zulässig ist.

 

(2) Zum Nachweis der Zustellung nach Absatz 1 Nr. 1 genügt der Rückschein. Die Zustellung nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 wird durch das Zeugnis der ersuchten Behörde nachgewiesen. Zum Nachweis der Zustellung gemäß Absatz 1 Nr. 4 genügt das Empfangsbekenntnis nach § 5 Abs. 5 Satz 2.

 

(3) Die Behörde kann bei der Zustellung nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 anordnen, dass die Person, an die zugestellt werden soll, innerhalb einer angemessenen Frist einen Zustellungsbevollmächtigten benennt, der im Inland wohnt oder dort einen Geschäftsraum hat. Wird kein Zustellungsbevollmächtigter benannt, können spätere Zustellungen bis zur nachträglichen Benennung dadurch bewirkt werden, dass das Dokument unter der Anschrift der Person, an die zugestellt werden soll, zur Post gegeben wird. Das Dokument gilt am siebenten Tage nach Aufgabe zur Post als zugestellt, wenn nicht feststeht, dass es den Empfänger nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt erreicht hat. Die Behörde kann eine längere Frist bestimmen. In der Anordnung nach Satz 1 ist auf diese Rechtsfolgen hinzuweisen. Zum Nachweis der Zustellung ist in den Akten zu vermerken, zu welcher Zeit und unter welcher Anschrift das Dokument zur Post gegeben wurde.

 

§ 10
Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung

(1) Die Zustellung kann durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, wenn

1.
der Aufenthaltsort des Empfängers unbekannt ist und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist oder

2.
sie im Fall des § 9 nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht.

Die Anordnung zu dieser Form der Zustellung trifft ein zeichnungsberechtigter Bediensteter.

 

(2) Die Zustellung erfolgt für Behörden des Landes durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung an der Stelle, die von der jeweiligen Behörde hierfür allgemein bestimmt ist, oder durch Veröffentlichung einer Benachrichtigung im Amtsblatt der Bezirksregierung oder Teil III des Ministerialblatts für das Land Nordrhein-Westfalen in der gedruckten oder in der Internet-Version. Für Gemeinden und Gemeindeverbände gilt § 4 der Verordnung über die öffentliche Bekanntmachung von kommunalem Ortsrecht vom 26. August 1999 in der jeweils geltenden Fassung.

Die Benachrichtigung muss

1.
die Behörde, für die zugestellt wird,

2.
den Namen und die letzte bekannte Anschrift des Zustellungsadressaten,

3.
das Datum und das Aktenzeichen des Dokuments sowie

4.
die Stelle, wo das Dokument eingesehen werden kann,

erkennen lassen.

Die Benachrichtigung muss den Hinweis enthalten, dass das Dokument durch öffentliche Bekanntmachung zugestellt wird und Fristen in Gang gesetzt werden können, nach deren Ablauf Rechtsverluste drohen können. Bei der Zustellung einer Ladung muss die Benachrichtigung den Hinweis enthalten, dass das Dokument eine Ladung zu einem Termin enthält, dessen Versäumung Rechtsnachteile zur Folge haben kann. In den Akten ist zu vermerken, wann und wie die Benachrichtigung bekannt gemacht wurde und wie lange ein Aushang oder die Bereitstellung im Internet angedauert hat. Das Dokument gilt als zugestellt, wenn seit dem Tag der Bekanntmachung beziehungsweise seit der Veröffentlichung der Benachrichtigung zwei Wochen vergangen sind.

 

§ 11
Zustellung an Beamte, Ruhestandsbeamte und sonstige Versorgungsberechtigte

(1) Ein Beamter muss Zustellungen unter der Anschrift, die er seinem Dienstvorgesetzten angezeigt hat, gegen sich gelten lassen. Hat der Beamte unter der angezeigten Anschrift keine Wohnung, so steht der Versuch einer Zustellung der Zustellung gleich.

 

(2) Verfügungen und Entscheidungen, die einem Beamten, Ruhestandsbeamten oder sonstigen Versorgungsberechtigten nach den Vorschriften des Landesbeamtenrechts und des Landesdisziplinargesetzes zuzustellen sind, können dem Beamten oder Versorgungsberechtigten auch in der Weise zugestellt werden, dass sie ihm mündlich oder durch Gewährung von Einsicht bekannt gegeben werden. Hierüber ist eine Niederschrift anzufertigen. Der Beamte oder Versorgungsberechtigte erhält von ihr auf Antrag eine Abschrift.

 

(3) Einem Beamten oder Versorgungsberechtigten, der sich im Ausland aufhält, kann auch dadurch zugestellt werden, dass ihm der wesentliche Inhalt des zuzustellenden Schriftstückes in anderer Form dienstlich mitgeteilt wird. Die Zustellung soll in der sonst vorgeschriebenen Form nachgeholt werden, sobald die Umstände es gestatten.

 

§ 12
In-Kraft-Treten und Außer-Kraft-Treten

Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. Februar 2006 in Kraft. Es tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2010 außer Kraft (Fn. 1). Zugleich mit dem In-Kraft-Treten dieses Gesetzes tritt das Landeszustellungsgesetz vom 23. Juli 1957 (GV. NRW. S. 213) außer Kraft.

_______________

Fn. 1

Redaktionelle Anmerkung gemäß Artikel 123 des Fünften Befristungsgesetzes:

 

„Dies ist eine gesetzlich angeordnete Evaluierungsverpflichtung. Sie verpflichtet die Landesregierung, dem Landtag rechtzeitig vor dem genannten Datum das Ergebnis der Evaluierung vorzulegen.“

 

Düsseldorf, den 7. März 2006

 

 

Die Landesregierung
Nordrhein-Westfalen

 

Der Ministerpräsident

Dr. Jürgen  R ü t t g e r s

(L. S.)

Der Innenminister

Dr. Ingo  W o l f

GV. NRW. 2006 S. 94