Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2017 Nr. 19 vom 5.5.2017 Seite 483 bis 554

Gesetz zur Regelung des Jugendstrafvollzuges und zur Änderung der Vollzugsgesetze in Nordrhein-Westfalen
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Gesetz zur Regelung des Jugendstrafvollzuges und zur Änderung der Vollzugsgesetze in Nordrhein-Westfalen

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Gesetz
zur Regelung des Jugendstrafvollzuges und zur Änderung der Vollzugsgesetze
in Nordrhein-Westfalen

Vom 7. April 2017

Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

Gesetz
zur Regelung des Jugendstrafvollzuges und zur Änderung der Vollzugsgesetze
in Nordrhein-Westfalen

46

Artikel 1
Gesetz zur Regelung des Jugendstrafvollzuges in Nordrhein-Westfalen

(Jugendstrafvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen - JStVollzG NRW)

Inhaltsübersicht

Abschnitt 1
Anwendungsbereich, Grundsätze des Vollzuges

§ 1 Anwendungsbereich

§ 2 Vollzugsziel

§ 3 Grundsätze der Vollzugsgestaltung

§ 4 Förderung und Erziehung, Mitwirkung und Motivierung

§ 5 Soziale Hilfe

§ 6 Einbeziehung Dritter

§ 7 Sicherheit

§ 8 Opferbezogene Gestaltung

Abschnitt 2
Aufnahme und Vollzugsplanung

§ 9 Erstgespräch

§ 10 Aufnahme

§ 11 Feststellung des Förder- und Erziehungsbedarfs

§ 12 Vollzugsplan

§ 13 Verlegung, Überstellung, Ausantwortung

Abschnitt 3
Unterbringung

§ 14 Offener und geschlossener Vollzug, Vollzug in freien Formen

§ 15 Sozialtherapie

§ 16 Besondere Vorschriften für Gefangene mit vorbehaltener Sicherungsverwahrung

§ 17 Unterbringung, Aufenthalt, Wohngruppenvollzug

§ 18 Unterbringung von Gefangenen mit Kindern

§ 19 Persönlicher Bereich, Auslesen von Datenspeichern

§ 20 Verpflegung

§ 21 Einkauf

Abschnitt 4
Außenkontakte

§ 22 Grundsatz

§ 23 Besuche

§ 24 Schriftwechsel

§ 25 Telekommunikation

§ 26 Pakete

§ 27 Kontaktverbote

§ 28 Kontakt mit Verteidigerinnen oder Verteidigern, Beiständen nach § 69 des Jugendgerichtsgesetzes und bestimmten Personen und Institutionen

Abschnitt 5
Beschäftigung, Vergütung, Gelder der Gefangenen

§ 29 Schulische und berufliche Aus- und Weiterbildung, Arbeit

§ 30 Vergütung

§ 31 Freistellung

§ 32 Anerkennung von Arbeit und Bildung, Ausgleichsentschädigung

§ 33 Gelder der Gefangenen, Haftkostenbeitrag

Abschnitt 6
Religionsausübung

§ 34 Seelsorge, religiöse Veranstaltungen, Weltanschauungsgemeinschaften

Abschnitt 7
Gesundheitsfürsorge

§ 35 Gesundheitsfürsorge, Aufenthalt im Freien

§ 36 Medizinische Leistungen, Kostenbeteiligung, Aufwendungsersatz

§ 37 Rechte der Personensorgeberechtigten, Benachrichtigung bei Erkrankung und Todesfall

Abschnitt 8
Sport, Freizeit

§ 38 Sport

§ 39 Freizeit, Förderung der Kreativität

§ 40 Hörfunk, Fernsehen

§ 41 Gegenstände zur Freizeitbeschäftigung, Zeitungen, Zeitschriften

Abschnitt 9
Vollzugsöffnende Maßnahmen

§ 42 Vollzugsöffnende Maßnahmen

§ 43 Vollzugsöffnende Maßnahmen aus wichtigem Anlass

§ 44 Weisungen

Abschnitt 10
Entlassung und soziale Eingliederung

§ 45 Vorbereitung der Entlassung, soziale Eingliederung

§ 46 Vollzugsöffnende Maßnahmen zur Entlassungsvorbereitung

§ 47 Entlassung, Schlussbericht

§ 48 Teilnahme an Ausbildungsmaßnahmen, Aufnahme auf freiwilliger Grundlage

Abschnitt 11
Sicherheit und Ordnung, unmittelbarer Zwang

§ 49 Grundsatz, Verhaltensvorschriften

§ 50 Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit

§ 51 Besondere Sicherungsmaßnahmen

§ 52 Unmittelbarer Zwang, Handeln auf Anordnung, Festnahmerecht

Abschnitt 12
Erzieherisches Gespräch, Konfliktregelung, Disziplinarmaßnahmen

§ 53 Pflichtverstöße, erzieherisches Gespräch, Konfliktregelung

§ 54 Disziplinarmaßnahmen

§ 55 Verfahren

§ 56 Vollzug der Disziplinarmaßnahmen

Abschnitt 13
Aufhebung von Maßnahmen, Beschwerderecht

§ 57 Widerruf, Rücknahme

§ 58 Beschwerderecht

Abschnitt 14
Organisation

§ 59 Anstalten und Einrichtungen

§ 60 Arbeitsbetriebe, Einrichtungen zur schulischen und beruflichen Bildung

§ 61 Festsetzung der Belegungsfähigkeit, Verbot der Überbelegung

Abschnitt 15
Innerer Aufbau, Personal, Aufsicht

§ 62 Bedienstete

§ 63 Anstaltsleitung

§ 64 Seelsorge

§ 65 Medizinische Versorgung

§ 66 Konferenzen

§ 67 Gefangenenmitverantwortung

§ 68 Hausordnung

§ 69 Aufsichtsbehörde

§ 70 Vollstreckungsplan

Abschnitt 16
Beiräte

§ 71 Aufgaben und Befugnisse der Beiräte

Abschnitt 17
Datenschutz

§ 72 Anwendung datenschutzrechtlicher Regelungen, Datenverarbeitungsverfahren

Abschnitt 18
Kriminologischer Dienst, Schlussbestimmungen

§ 73 Kriminologischer Dienst

§ 74 Einschränkung von Grundrechten

§ 75 Verhältnis zum Bundesrecht

§ 76 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Abschnitt 1
Anwendungsbereich, Grundsätze des Vollzuges

§ 1
Anwendungsbereich

Dieses Gesetz regelt den Vollzug der Jugendstrafe sowie der Freiheitsstrafe, soweit diese in Anstalten des Jugendstrafvollzuges nach § 59 vollzogen wird. Wird die Jugendstrafe in einer Einrichtung des Vollzuges in freien Formen außerhalb der Landesjustizverwaltung vollzogen, finden die nachfolgenden Vorschriften nur Anwendung, soweit Zweck und Eigenart des Vollzuges der Jugendstrafe in freien Formen und die Organisation der Einrichtung nicht entgegenstehen.

§ 2
Vollzugsziel

Der Vollzug der Jugendstrafe dient dem Ziel, die Gefangenen zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Er trägt durch eine an den Entwicklungspotentialen der Gefangenen orientierte Förderung dazu bei, individuelle Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen.

§ 3
Grundsätze der Vollzugsgestaltung

(1) Der Vollzug der Jugendstrafe ist erzieherisch nach anerkannten Grundsätzen der Jugendpädagogik zu gestalten. Zur Erreichung des Vollzugsziels ist die Bereitschaft der Gefangenen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Lebensführung in Achtung der Rechte anderer zu wecken und zu fördern. Sinnvolle Beschäftigungsmöglichkeiten sollen ihre Gesundheit, ihre Selbstachtung sowie Fähigkeiten und Fertigkeiten erhalten und stärken und ihnen helfen, sich als sozial verantwortungsvolle Mitglieder der Gesellschaft zu entwickeln.

(2) Das Leben im Vollzug ist den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich anzugleichen. Der Vollzug ist von Beginn an darauf auszurichten, dass er den Gefangenen hilft, sich in das Leben in Freiheit einzugliedern. Schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges ist entgegenzuwirken.

(3) Die Persönlichkeit und die Würde der Gefangenen sind zu achten. Bei der Ausgestaltung des Vollzuges werden die unterschiedlichen Lebenslagen und Bedürfnisse der Gefangenen, insbesondere im Hinblick auf Geschlecht, Entwicklungsstand, Zuwanderungshintergrund, Religion, Behinderung und sexuelle Identität in angemessenem Umfang berücksichtigt.

(4) Alle im Vollzug Tätigen arbeiten zusammen und wirken mit, das Vollzugsziel zu erreichen.

(5) Personelle Ausstattung, sachliche Mittel und Organisation der Einrichtungen des Jugendstrafvollzuges werden an dessen Zielsetzung und Aufgaben sowie den altersspezifischen besonderen Bedürfnissen der Gefangenen ausgerichtet.

(6) Gefangene unterliegen den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen ihrer Freiheit. Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, können ihnen Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt erforderlich sind.

(7) Von mehreren gleich geeigneten Maßnahmen ist diejenige zu wählen, die die Gefangenen voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem angestrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. Sie ist nur so lange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder nicht mehr erreicht werden kann.

§ 4
Förderung und Erziehung, Mitwirkung und Motivierung

(1) Grundlage der Förderung und Erziehung im Vollzug der Jugendstrafe sind alle Maßnahmen und Programme, welche die Fähigkeiten und Fertigkeiten der Gefangenen im Hinblick auf die Erreichung des Vollzugsziels entwickeln und stärken.

(2) Durch differenzierte Angebote wird auf den jeweiligen Entwicklungsstand und den unterschiedlichen Förder- und Erziehungsbedarf der Gefangenen eingegangen.

(3) Förderung und Erziehung sind zukunftsorientiert auszugestalten und sind insbesondere auf die Auseinandersetzung mit den Straftaten der Gefangenen und ihren Folgen, schulische Bildung, berufliche Qualifizierung und arbeitstherapeutische Angebote, soziale Rehabilitation und die verantwortliche Gestaltung des alltäglichen Zusammenlebens, der freien Zeit sowie der Außenkontakte ausgerichtet.

(4) Die Gefangenen sollen an Maßnahmen zur Erreichung des Vollzugsziels und der Gestaltung des Vollzuges mitwirken. Die Bereitschaft der Gefangenen ist fortwährend durch eine auf Ermutigung zur aktiven Mitwirkung abstellende individuelle Förderplanung, motivierende Lerngelegenheiten und sonstige Angebote und Maßnahmen, die dem jeweiligen Entwicklungsstand der Gefangenen entsprechen, zu wecken und zu fördern.

§ 5
Soziale Hilfe

(1) Die Gefangenen sollen befähigt werden, ihre Angelegenheiten eigenständig zu ordnen und zu regeln. Sie werden bei der Bewältigung ihrer persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten angeleitet und motiviert, angebotene Hilfe anzunehmen.

(2) Die Maßnahmen des Vollzuges sind den Gefangenen zu erläutern. Die Vorschriften und die innere Organisation der Anstalt, die Ziele und Methoden der angewandten Förder- und Erziehungsmaßnahmen, die Bedeutung freiwilliger Mitwirkung sowie die vorgeschriebenen Wege, Auskunft zu erhalten und Beschwerden vorzubringen, sind ihnen zu erklären, damit sie ihre Rechte und Pflichten während des Vollzuges in vollem Umfang wahrnehmen können.

(3) Die Gefangenen sind über die Auswirkungen der Inhaftierung auf die Sozialversicherung und die insoweit bestehenden Mitwirkungspflichten zu beraten. Die Beratung soll sich auch auf die Benennung der für Sozialleistungen zuständigen Stellen erstrecken.

§ 6
Einbeziehung Dritter

(1) Die Anstalten arbeiten eng mit öffentlichen Stellen, freien Trägern sowie anderen Organisationen und Personen zusammen, die der Eingliederung der Gefangenen förderlich sein können. Die Anstalten wirken rechtzeitig auf einen Austausch der erforderlichen Informationen hin.

(2) Die Arbeit ehrenamtlicher Betreuerinnen und Betreuer wird unterstützt. Sie sind verpflichtet, außerhalb ihrer Tätigkeit über alle Angelegenheiten, die vertraulich sind, insbesondere über Namen und Persönlichkeit der Gefangenen Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit.

(3) Die Personensorgeberechtigten sind, soweit möglich, in die Planung und Gestaltung des Vollzuges einzubeziehen.

(4) Zur Förderung der Eingliederung der Gefangenen wird die Bereitstellung von Angeboten und Leistungen Dritter in den Anstalten angestrebt. Die hierfür erforderlichen Netzwerke und Strukturen sind einzurichten und fortzuentwickeln.

§ 7
Sicherheit

(1) Der Vollzug der Jugendstrafe dient auch dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten.

(2) Die Sicherheit der Bevölkerung, der Bediensteten und der übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Gefangenen wird erreicht durch

1. baulich-technische Vorkehrungen,

2. organisatorische Regelungen und deren Umsetzung und

3. soziale und behandlungsfördernde Strukturen.

(3) Die Sicherheitsstandards haben sich an den jeweiligen Aufgaben der Anstalten und den zu bewältigenden Gefahren zu orientieren. Der innere Aufbau der Anstalten soll eine Binnendifferenzierung ermöglichen. Bei der Festlegung der Sicherheitsstandards sind insbesondere altersspezifische Belange, besondere Belange weiblicher Gefangener und Gefangener mit Behinderungen sowie die besonderen Anforderungen des Wohngruppenvollzuges einzubeziehen.

(4) Anstalten des offenen Vollzuges sehen keine oder nur verminderte Vorkehrungen gegen Entweichungen vor.

(5) Die Sicherheit in den Anstalten soll ein gewaltfreies Klima fördern und die Gefangenen vor Übergriffen Mitgefangener schützen. Den Gefangenen sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, Einstellungen und Fertigkeiten für sozial angemessene Verhaltensweisen zu entwickeln. Ihre Fähigkeit zu gewaltfreier Konfliktlösung und einvernehmlicher Streitbeilegung sowie ihr Bewusstsein für Gefährdungen, die durch Fehlverhalten im Gewalt- oder Drogenbereich entstehen, sind zu entwickeln und zu stärken.

§ 8
Opferbezogene Gestaltung

(1) Die berechtigten Belange der Opfer sind bei der Gestaltung des Vollzuges, insbesondere bei vollzugsöffnenden Maßnahmen und bei der Erteilung von Weisungen sowie bei der Eingliederung und Entlassung der Gefangenen, zu berücksichtigen. Dem Schutzinteresse gefährdeter Dritter ist Rechnung zu tragen.

(2) Die Einsicht der Gefangenen in das Unrecht der Tat und deren Folgen für die Opfer soll geweckt oder vertieft werden. Dabei sollen das Einfühlungsvermögen der Gefangenen in die Situation der Opfer von Straftaten und ihre Selbstachtung in einer dem Entwicklungsstand der Gefangenen entsprechenden Weise gefördert werden. Durch geeignete Förder- und Erziehungsmaßnahmen sollen die Gefangenen auch dazu angehalten werden, Verantwortung für ihre Tat zu übernehmen. Sie sind dabei zu unterstützen, den verursachten materiellen und immateriellen Schaden auszugleichen.

(3) Maßnahmen des Opferschutzes und des Tatausgleichs sind mit dem Ziel der Eingliederung der Gefangenen in Einklang zu bringen.

(4) Für Fragen des Opferschutzes und des Tatausgleichs sollen Ansprechpartnerinnen oder Ansprechpartner in den Anstalten zur Verfügung stehen.

(5) Opfer, die sich an die Anstalten wenden, sind in geeigneter Form, auch durch die Ansprechpartnerin oder den Ansprechpartner auf ihre Rechte nach diesem Gesetz, insbesondere ihre Auskunftsansprüche nach § 116 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2015 (GV. NRW. S. 76) in der jeweils geltenden Fassung hinzuweisen.

Abschnitt 2
Aufnahme und Vollzugsplanung

§ 9
Erstgespräch

(1) Unmittelbar nach dem Eintritt der Gefangenen in die Anstalt werden die Gefangenen vorläufig aufgenommen und es ist mit ihnen ein Erstgespräch zu führen, das insbesondere dazu dient, ihnen erste Informationen zu erteilen, einen Eindruck von ihrer aktuellen persönlichen Verfassung zu gewinnen sowie Selbstgefährdung und Selbsttötung abzuwenden.

(2) Bei dem Erstgespräch dürfen andere Gefangene nicht zugegen sein. Ausnahmen bedürfen der Einwilligung der betroffenen Gefangenen.

(3) Die Gefangenen sollen dabei unterstützt werden, etwa notwendige Maßnahmen für hilfsbedürftige Angehörige sowie sonstige dringend erforderliche Maßnahmen zu veranlassen.

§ 10
Aufnahme

(1) Mit neu aufgenommenen Gefangenen ist möglichst am Tag der Aufnahme ein Zugangsgespräch zu führen, in dem in einer ihnen verständlichen Sprache ihre aktuelle Lebenssituation erörtert wird und sie über ihre Rechte und Pflichten informiert werden. Ihnen ist die Hausordnung auszuhändigen und ein Exemplar dieses Gesetzes zugänglich zu machen. Gefangene werden alsbald ärztlich untersucht.

(2) Für die weitere Aufnahme, die ärztliche Untersuchung und das Zugangsgespräch gilt § 9 Absatz 2 entsprechend.

(3) Die Personensorgeberechtigten und das Jugendamt, das nach § 87b des Achten Buches Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe - in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (BGBl. I S. 2022) in der jeweils geltenden Fassung für die Mitwirkung in dem Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3427) in der jeweils geltenden Fassung örtlich zuständig war, werden von der Aufnahme unverzüglich unterrichtet.

§ 11
Feststellung des Förder- und Erziehungsbedarfs

(1) An das Aufnahmeverfahren schließt sich zur Vorbereitung der Vollzugsplanung die Feststellung des Förder- und Erziehungsbedarfs an. Sie dient insbesondere der Feststellung der Entwicklungsmöglichkeiten der Gefangenen, die für eine planvolle und wirksame Förderung der Gefangenen im Vollzug und für ihre Eingliederung nach der Entlassung notwendig ist. Zur Förderung ihrer Mitwirkungsbereitschaft werden den Gefangenen das Vollzugsziel, die Bedeutung des Vollzugsplans, die vorhandenen schulischen und beruflichen Aus- und Weiterbildungsangebote, Beschäftigungsmöglichkeiten sowie die weiteren Förder- und Erziehungsangebote erläutert. Der Förder- und Erziehungsbedarf der Gefangenen wird, soweit dies nicht bereits in der Untersuchungshaft im Rahmen des Auswahlverfahrens geschehen ist, regelmäßig innerhalb der ersten vier Wochen nach der Aufnahme ermittelt. Soweit erforderlich, sind die Fachdienste frühzeitig zu beteiligen.

(2) Die Feststellungen zum Förder- und Erziehungsbedarf erstrecken sich insbesondere auf die Persönlichkeit und die Lebensverhältnisse der Gefangenen, die Ursachen und Umstände der zu der Inhaftierung führenden Straftaten, die Lebenssituation bei der Entlassung und die Eignung für sozialtherapeutische Maßnahmen. Die Fähigkeiten und Entwicklungsmöglichkeiten der Gefangenen sowie weitere Umstände, deren Stärkung zu einer Lebensführung ohne Straftaten beitragen kann, sollen ermittelt werden. Erkenntnisse aus dem Vollzug vorangegangener Freiheitsentziehungen sowie Erkenntnisse Dritter, insbesondere des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz, der Jugendgerichtshilfe und der Jugendämter, sind nach Möglichkeit einzubeziehen.

(3) Die Ergebnisse der Feststellungen zum Förder- und Erziehungsbedarf werden mit den Gefangenen erörtert. Sinnvolle Anregungen und Vorschläge der Gefangenen werden aufgegriffen und bei der Vollzugsplanung angemessen berücksichtigt.

§ 12
Vollzugsplan

(1) Auf der Grundlage des festgestellten Förder- und Erziehungsbedarfs wird unverzüglich ein Vollzugsplan erstellt. Die zur Erreichung des Vollzugsziels geeigneten und erforderlichen Maßnahmen sind zu benennen und Perspektiven für die künftige Entwicklung der Gefangenen aufzuzeigen. Die für die Eingliederung und Entlassung zu treffenden Vorbereitungen sind frühzeitig in die Planung einzubeziehen.

(2) Der Vollzugsplan enthält je nach Stand des Vollzuges Angaben insbesondere zu folgenden Bereichen:

1. festgestellter Förder- und Erziehungsbedarf,

2. Vollzugsform,

3. Art der Unterbringung im Vollzug, insbesondere in Wohn- oder Behandlungsgruppen oder in einer sozialtherapeutischen Einrichtung,

4. Teilnahme an schulischer oder beruflicher Bildung, Zuweisung von Arbeit sowie arbeitstherapeutische Förderung,

5. Art und Umfang der Teilnahme an therapeutischer Behandlung oder anderen Förder- und Erziehungsmaßnahmen,

6. Art und Umfang der Teilnahme an Sport- und Freizeitangeboten,

7. vollzugsöffnende Maßnahmen,

8. Maßnahmen zur Pflege der familiären Kontakte und zur Gestaltung der Außenkontakte, insbesondere bei heimatferner Unterbringung,

9. ehrenamtliche Betreuung,

10. Opferbezogene Förder- und Erziehungsmaßnahmen sowie Maßnahmen und Angebote zum Ausgleich von Tatfolgen,

11. Maßnahmen zur Sicherung berechtigter Schutzinteressen von Opfern oder gefährdeten Dritten,

12. Schuldnerberatung und Schuldenregulierung,

13. Maßnahmen zur Haftverkürzung,

14. Suchtberatung und Maßnahmen der Gesundheitsförderung,

15. voraussichtlicher Entlassungszeitpunkt,

16. Maßnahmen zur arbeitsmarktorientierten Vorbereitung der Entlassung, insbesondere die Fortsetzung oder Aufnahme einer beruflichen oder schulischen Ausbildung oder einer beruflichen Tätigkeit nach der Entlassung, sowie weitere Maßnahmen zur Stabilisierung der Lebensführung und frühzeitige Vorlagefristen,

17. Empfehlungen zur Wahrnehmung von Angeboten und Leistungen Dritter zur Sicherung der Eingliederung nach der Entlassung,

18. Bestimmung der für die Koordination der Entlassungsplanung zuständigen Person und

19. Fristen zur Fortschreibung des Vollzugsplans.

(3) Der Vollzugsplan und seine Umsetzung sind regelmäßig zu überprüfen und der Entwicklung der Gefangenen anzupassen sowie mit weiteren für die Förderung und Erziehung bedeutsamen Erkenntnissen in Einklang zu halten. Zur Fortschreibung des Vollzugsplans sind angemessene Fristen vorzusehen. Diese dürfen einen Zeitraum von sechs Monaten nicht überschreiten.

(4) Zur Vorbereitung der Aufstellung und Fortschreibung des Vollzugsplans werden Konferenzen mit den an der Vollzugsgestaltung maßgeblich Beteiligten durchgeführt. Personen und Stellen außerhalb des Vollzuges, die an der Förderung und Erziehung, der Entlassungsvorbereitung sowie der Eingliederung der Gefangenen mitwirken, sollen in die Planung einbezogen werden. Mit Einwilligung der Gefangenen können sie auch an den Konferenzen beteiligt werden.

(5) Die Personensorgeberechtigten erhalten Gelegenheit, Anregungen und Vorschläge einzubringen. Diese sollen, soweit sie mit dem Vollzugsziel und der Gestaltung des Vollzuges vereinbar sind, berücksichtigt werden.

(6) Die Vollzugsplanung wird mit den Gefangenen erörtert. Sind verschiedene Maßnahmen der Förderung gleichermaßen geeignet, soll die Wahl im Einvernehmen mit den Gefangenen getroffen werden. Deren Anliegen und Vorschläge werden auch im Übrigen angemessen berücksichtigt. Betroffenen Gefangenen kann die Teilnahme an der Vollzugsplankonferenz ermöglicht werden. Eine Ausfertigung des Vollzugsplans und seiner Fortschreibungen ist ihnen auszuhändigen. Er ist den Vollstreckungsleitungen zu übermitteln und auf Verlangen der Personensorgeberechtigten diesen schriftlich bekannt zu geben.

§ 13
Verlegung, Überstellung, Ausantwortung

(1) Gefangene können abweichend vom Vollstreckungsplan in eine andere für den Vollzug der Jugendstrafe zuständige Anstalt verlegt werden, wenn

1. ihre Behandlung während des Vollzuges oder die Eingliederung nach der Entlassung hierdurch gefördert wird,

2. in erhöhtem Maße Fluchtgefahr gegeben ist oder sonst das Verhalten der Gefangenen oder ihr Zustand eine Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt darstellt und die aufnehmende Anstalt zur sicheren Unterbringung der Gefangenen besser geeignet ist
oder

3. Gründe der Vollzugsorganisation oder andere wichtige Gründe eine Verlegung erforderlich machen.

(2) Die Personensorgeberechtigten, das Jugendamt und die Vollstreckungsleitung werden von der Verlegung der Gefangenen unverzüglich unterrichtet.

(3) Im Einvernehmen mit der aufnehmenden Anstalt dürfen Gefangene aus wichtigem Grund, insbesondere zur Durchführung medizinischer Maßnahmen, zur Begutachtung oder Besuchszusammenführung, in eine andere Anstalt überstellt werden.

(4) Gefangene dürfen befristet dem Gewahrsam einer anderen Behörde überlassen werden, wenn diese Behörde ihrerseits befugt ist, die Gefangenen in amtlichem Gewahrsam zu halten (Ausantwortung).

(5) Vor Verlegungen und Überstellungen sind die Gefangenen anzuhören. Bei einer Gefährdung der Sicherheit kann dies auch nachgeholt werden.

Abschnitt 3
Unterbringung

§ 14
Offener und geschlossener Vollzug, Vollzug in freien Formen

(1) Gefangene werden im offenen oder geschlossenen Vollzug untergebracht. Sie werden in einer Anstalt oder einer Abteilung des offenen Vollzuges untergebracht, wenn dies verantwortet werden kann, sie namentlich den besonderen Anforderungen des offenen Vollzuges genügen und nicht zu befürchten ist, dass sie sich dem Vollzug der Jugendstrafe entziehen oder die besonderen Verhältnisse des offenen Vollzuges zur Begehung von Straftaten missbrauchen werden.

(2) Zur Vorbereitung der Entlassung sollen Gefangene frühzeitig in den offenen Vollzug verlegt werden. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Die Missbrauchsgefahren sind insbesondere bei einer unmittelbar bevorstehenden Entlassung mit den Risiken einer unerprobten Entlassung abzuwägen.

(3) Kann eine Unterbringung im offenen Vollzug noch nicht verantwortet werden, sind die tragenden Gründe zu dokumentieren und den Gefangenen die noch zu erfüllenden Voraussetzungen in verständlicher Form zu vermitteln. Die Bereitschaft der Gefangenen zur Verlegung in den offenen Vollzug ist zu wecken und fortlaufend zu fördern.

(4) Gefangene, die sich für den offenen Vollzug nicht eignen, werden im geschlossenen Vollzug untergebracht. Für den offenen Vollzug geeignete Gefangene dürfen ausnahmsweise im geschlossenen Vollzug verbleiben, dorthin verlegt oder zurückverlegt werden, wenn dies für ihre Förderung oder Erziehung notwendig ist. Sie sind zu verlegen, wenn sie den Anforderungen nach Absatz 1 Satz 2 nicht entsprechen. § 13 Absatz 5 gilt entsprechend.

(5) Gefangene können mit ihrer Zustimmung im Vollzug in freien Formen untergebracht werden, wenn sie dessen besonderen erzieherischen Anforderungen genügen.

(6) Die Gründe für eine Verlegung in den offenen Vollzug oder in den Vollzug in freien Formen sowie die Gründe für eine Rückverlegung in den geschlossenen Vollzug sind ebenfalls zu dokumentieren.

§ 15
Sozialtherapie

(1) Gefangene, die wegen erheblicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung verurteilt worden sind, werden in eine sozialtherapeutische Einrichtung des Jugendstrafvollzuges verlegt, wenn eine sozialtherapeutische Behandlung zur Eingliederung und Förderung der Gefangenen angezeigt und erfolgversprechend ist.

(2) Andere Gefangene sollen mit ihrer Zustimmung in eine sozialtherapeutische Einrichtung des Jugendstrafvollzuges verlegt werden, wenn deren Teilnahme an den dortigen Behandlungsprogrammen zu ihrer Eingliederung und zur Verringerung erheblicher Gefahren, die von den Gefangenen für die Allgemeinheit ausgehen, angezeigt und erfolgversprechend ist. Erhebliche Gefahren für die Allgemeinheit bestehen insbesondere dann, wenn auf Grund einer Störung der sozialen und persönlichen Entwicklung der oder des Gefangenen weitere erhebliche Straftaten zu erwarten sind.

(3) Die Bereitschaft der Gefangenen zur Teilnahme an einer sozialtherapeutischen Behandlung und zur Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Einrichtung ist zu wecken und durch vorbereitende Maßnahmen zu fördern.

(4) Die Unterbringung soll zu einem Zeitpunkt erfolgen, der entweder den Abschluss der Behandlung zum voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt erwarten lässt oder die Fortsetzung der Behandlung nach der Entlassung ermöglicht.

(5) Die Unterbringung der Gefangenen in der sozialtherapeutischen Einrichtung endet, wenn der Zweck der Behandlung aus Gründen, die in ihrer Person liegen, nicht erreicht werden kann.

(6) Sozialtherapeutische Behandlung wird in besonderen Abteilungen der Jugendstrafvollzugsanstalten (sozialtherapeutische Einrichtungen) vollzogen. Der Vollzug erfolgt in überschaubaren Wohngruppen, deren Ausgestaltung an den Grundsätzen sozialtherapeutischer Behandlung auszurichten ist. Die Wohngruppen werden jeweils durch eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter des Sozialen Dienstes, eine Psychologin oder einen Psychologen und fest zugeordnete Bedienstete des allgemeinen Vollzugsdienstes betreut. Die Diagnostik soll durch Personen erfolgen, die nicht an der therapeutischen Betreuung der Gefangenen beteiligt sind.

(7) Gefangenen kann zur Vorbereitung der Entlassung aus einer sozialtherapeutischen Einrichtung Langzeitausgang bis zu sechs Monaten gewährt werden, insbesondere wenn ihre Unterkunft gesichert, ein Arbeits- oder Weiterbildungsplatz vorhanden und das soziale Umfeld für ihre Eingliederung förderlich ist. § 42 Absatz 1 und 6 bis 9 dieses Gesetzes und § 56 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gelten entsprechend. Gefangenen sollen für den Langzeitausgang Weisungen (§ 44) erteilt werden. Sie sollen insbesondere angewiesen werden, sich einer von der Einrichtung bestimmten Betreuungsperson zu unterstellen und für eine bestimmte Zeit in die sozialtherapeutische Einrichtung zurückzukehren. Der Langzeitausgang wird widerrufen, wenn dies aus Gründen der Behandlung der Gefangenen erforderlich ist. § 83 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über den Widerruf von Maßnahmen bleibt unberührt.

(8) Die sozialtherapeutischen Einrichtungen sollen nach Entlassung der Gefangenen die in der Einrichtung begonnene Betreuung und Behandlung auf Antrag der Gefangenen vorübergehend fortführen, wenn das Ziel der früheren Behandlung gefährdet ist und die Betreuung nicht anderweitig sichergestellt werden kann. Die nachgehende Betreuung kann in sozialtherapeutischen Nachsorgeambulanzen in den sozialtherapeutischen Einrichtungen durchgeführt werden.

(9) Eine vorübergehende Aufnahme auf freiwilliger Grundlage nach der Entlassung der Gefangenen ist zulässig, wenn das Ziel der vorangegangenen Behandlung ansonsten gefährdet ist. § 48 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 3 bis 6 gilt entsprechend.

§ 16
Besondere Vorschriften für Gefangene mit vorbehaltener Sicherungsverwahrung

(1) Ist bei Gefangenen im Vollzug der Jugendstrafe die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, gelten §§ 91 und 92 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen entsprechend.

(2) § 7 Absatz 3 und § 106 Absatz 5 des Jugendgerichtsgesetzes bleiben unberührt.

§ 17
Unterbringung, Aufenthalt, Wohngruppenvollzug

(1) Gefangene werden in Einrichtungen des geschlossenen Vollzuges während der Ruhezeit in ihren Hafträumen allein untergebracht. Eine gemeinsame Unterbringung ist zulässig, wenn

1. eine Gefahr für Leben oder Gesundheit der Gefangenen besteht,

2. Gefangene hilfsbedürftig sind,

3. dies aus Gründen der Förderung oder Erziehung erforderlich ist,

4. dies im Einzelfall aus zwingenden Gründen der Anstaltsorganisation vorübergehend erforderlich ist oder

5. sich die Gefangenen im Justizvollzugskrankenhaus oder in Kranken- oder Pflegeabteilungen von Justizvollzugseinrichtungen befinden,

und eine schädliche Beeinflussung der Gefangenen nicht zu befürchten ist. Die Gefangenen müssen für die gemeinschaftliche Unterbringung geeignet sein, insbesondere dürfen weder körperliche Übergriffe noch die Ausübung psychischen Zwangs zu erwarten sein.

(2) Für den Aufenthalt während der Arbeit und Freizeit in Gemeinschaft gilt § 14 Absatz 2 und 3 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen entsprechend.

(3) Weibliche Gefangene werden getrennt von männlichen Gefangenen untergebracht. Gemeinsame Förderangebote, insbesondere eine gemeinsame Schul- und Berufsausbildung, sowie gemeinsame kulturelle oder religiöse Veranstaltungen sind zulässig. § 86 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.

(4) Geeignete Gefangene werden in überschaubaren Wohngruppen untergebracht, die das Alter, die voraussichtliche Dauer der Inhaftierung und die Straftat der Gefangenen berücksichtigen. Der Wohngruppenvollzug dient insbesondere der Einübung sozialverträglichen Zusammenlebens sowie der Übernahme von Verantwortung für sich und andere und ermöglicht den dort untergebrachten Gefangenen, ihren Vollzugsalltag weitgehend selbstständig zu regeln. Zu einer Wohngruppe gehören neben Hafträumen weitere Räume und Einrichtungen zur gemeinsamen Nutzung. Sie soll durch fest zugeordnete Bedienstete betreut werden.

§ 18
Unterbringung von Gefangenen mit Kindern

(1) Ist das Kind einer Gefangenen oder eines Gefangenen noch nicht schulpflichtig, kann es mit Zustimmung der aufenthaltsbestimmungsberechtigten Person in der Anstalt untergebracht werden, in der sich seine Mutter oder sein Vater befindet, wenn dies dem Wohl des Kindes entspricht. Vor der Aufnahme ist das Jugendamt zu hören.

(2) Die Kosten der Unterbringung des Kindes einschließlich der Gesundheitsfürsorge trägt die oder der zum Unterhalt des Kindes Verpflichtete. Von der Erhebung der Kosten kann abgesehen werden, wenn hierdurch die gemeinsame Unterbringung der oder des Gefangenen mit dem Kind gefährdet würde.

(3) Ist das Kind in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzuges zu bringen, kann gestattet werden, dass die oder der Gefangene das Kind begleitet, wenn dies erforderlich ist.

§ 19
Persönlicher Bereich, Auslesen von Datenspeichern

(1) Gefangene tragen Anstaltskleidung. Das Tragen eigener Kleidung innerhalb der Anstalt kann gestattet werden, soweit die Gefangenen für Reinigung und Instandhaltung auf eigene Kosten sorgen. Bei Ausführungen und Vorführungen ist ihnen zu gestatten, eigene Kleidung zu tragen, wenn zu erwarten ist, dass sie nicht entweichen.

(2) Gefangene dürfen ihren Haftraum in angemessenem Umfang mit eigenen Sachen ausstatten. Sie dürfen nur in Gewahrsam haben, was ihnen von der Anstalt oder mit deren Erlaubnis überlassen worden ist. Gegenstände, die die Übersichtlichkeit des Haftraums behindern, eine unverhältnismäßig aufwändige Überprüfung erfordern, sonst die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder die Erreichung des Vollzugsziels gefährden können, dürfen sie nicht in Gewahrsam haben.

(3) Elektronische Datenspeicher sowie elektronische Geräte mit Datenspeichern, die Gefangene ohne Erlaubnis der Anstalt in Gewahrsam haben, dürfen auf einzelfallbezogene schriftliche Anordnung der Anstaltsleitung ausgelesen werden, soweit tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dies zu vollzuglichen Zwecken oder zu den in § 111 Absatz 2 Nummer 2, 4 oder 5 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen genannten Zwecken erforderlich ist. Die so erhobenen Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit dies zu den in Satz 1 genannten Zwecken erforderlich ist.

(4) Die nach Absatz 3 erhobenen Daten dürfen nicht weiter verarbeitet werden, soweit sie

1. zum Kernbereich der privaten Lebensgestaltung Dritter gehören oder

2. zum Kernbereich der privaten Lebensgestaltung Gefangener gehören und die weitere Verarbeitung auch unter Berücksichtigung der in Absatz 3 genannten vollzuglichen Interessen an der Verarbeitung sowie der Unzulässigkeit des Besitzes und der Nutzung des Datenspeichers für diese unzumutbar ist.

Insoweit sind die Daten unverzüglich zu löschen. Die Tatsachen der Erfassung und der Löschung der Daten sind zu dokumentieren. Die Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie ist zu löschen, wenn sie für diese Zwecke nicht mehr erforderlich ist, spätestens jedoch am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Dokumentation folgt.

(5) Die Gefangenen sind bei der Aufnahme über die Möglichkeit des Auslesens von Datenspeichern zu belehren.

(6) Eingebrachte Sachen, die Gefangene nicht in Gewahrsam haben dürfen, sind für sie aufzubewahren. Lassen die Verhältnisse der Anstalt eine Aufbewahrung nicht zu und weigern sich Gefangene, die Sachen zu versenden, werden diese auf Kosten der Gefangenen vernichtet, verwertet oder aus der Anstalt entfernt.

(7) Aufzeichnungen und andere Gegenstände, die Kenntnisse über Sicherungsvorkehrungen einer Anstalt vermitteln, dürfen vernichtet oder unbrauchbar gemacht werden.

§ 20
Verpflegung

(1) Gefangene erhalten Anstaltsverpflegung. Zusammensetzung und Nährwert der Anstaltsverpflegung werden ärztlich überwacht. Ernährungsberatung ist Bestandteil der allgemeinen Angebote für Gefangene. Auf ärztliche Anordnung wird besondere Verpflegung gewährt. Den Gefangenen ist zu ermöglichen, Speisevorschriften ihrer Religionsgemeinschaft zu befolgen oder sich vegetarisch zu ernähren.

(2) Im offenen Vollzug untergebrachten Gefangenen kann gestattet werden, sich auf eigene Kosten selbst zu verpflegen, soweit dies der Förderung und Erziehung dient und Gründe der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt nicht entgegenstehen.

§ 21
Einkauf

(1) Gefangene dürfen von ihrem Hausgeld oder von ihrem Taschengeld aus einem von der Anstalt vermittelten Angebot Nahrungs- und Genussmittel sowie Mittel zur Körperpflege kaufen. Für ein Einkaufsangebot, das die Wünsche und Bedürfnisse der Gefangenen angemessen berücksichtigt, ist zu sorgen. Im offenen Vollzug untergebrachten Gefangenen kann der Einkauf auch ohne Vermittlung der Anstalt gestattet werden.

(2) Verfügen Gefangene ohne eigenes Verschulden nicht über Haus- oder Taschengeld, wird ihnen gestattet, in angemessenem Umfang vom Eigengeld einzukaufen.

(3) Im Einzelfall kann Gefangenen auf Antrag gestattet werden, andere als in Absatz 1 genannte Gegenstände über sichere Bezugsquellen zu erwerben.

(4) Gegenstände, welche die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden, sind vom Einkauf ausgeschlossen.

Abschnitt 4
Außenkontakte

§ 22
Grundsatz

(1) Gefangene dürfen nach Maßgabe der Vorschriften dieses Abschnitts

1. regelmäßig Besuch empfangen,

2. Schreiben absenden und empfangen,

3. Einrichtungen der Telekommunikation nutzen und

4. Pakete versenden und empfangen.

(2) Der Kontakt zu Angehörigen und Personen, von denen ein günstiger Einfluss auf die Gefangenen zu erwarten ist, wird besonders gefördert.

(3) Die Kosten des Schrift- und Paketverkehrs sowie der Telekommunikation tragen die Gefangenen. Bei bedürftigen Gefangenen sollen die Kosten in angemessenem Umfang übernommen werden.

§ 23
Besuche

(1) Die Gesamtdauer der Besuche beträgt mindestens vier Stunden im Monat. Besuchsmöglichkeiten sind auch an mindestens zwei Wochenenden im Monat vorzusehen. Das Nähere regelt die Anstalt.

(2) Besuchskontakte zwischen Gefangenen und ihren Kindern werden besonders gefördert. Diese Besuche werden nicht auf die Regelbesuchszeiten angerechnet. Ein familiengerechter Umgang zum Wohl der minderjährigen Kinder ist zu gestatten. Bei der Ausgestaltung der Besuchsmöglichkeiten, namentlich der Besuchszeiten und der Rahmenbedingungen der Besuche, sind die Bedürfnisse der minderjährigen Kinder der Gefangenen zu berücksichtigen.

(3) Besuche sollen darüber hinaus zugelassen werden, wenn sie die Erziehung oder Eingliederung der Gefangenen fördern oder persönlichen, rechtlichen oder geschäftlichen Angelegenheiten dienen, die von den Gefangenen nicht schriftlich erledigt, durch Dritte wahrgenommen oder bis zur Entlassung der Gefangenen aufgeschoben werden können.

(4) Den Gefangenen können zudem mehrstündige, unbeaufsichtigte Besuche (Langzeitbesuche) ermöglicht werden, wenn dies zur Förderung familiärer, partnerschaftlicher oder anderer gleichwertiger Kontakte der Gefangenen geboten erscheint und verantwortet werden kann.

(5) Aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt kann die Zulassung einer Person zum Besuch von ihrer Durchsuchung oder einer Sicherheitsanfrage nach § 109 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen abhängig gemacht werden.

(6) Die Anstalt kann die Anzahl der gleichzeitig zum Besuch zugelassenen Personen beschränken.

(7) Für die Überwachung von Besuchen gilt § 20 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen entsprechend.

§ 24
Schriftwechsel

Die Regelungen des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über den Schriftwechsel (§ 21), die Überwachung des Schriftwechsels (§ 22) und das Anhalten von Schreiben (§ 23) gelten entsprechend.

§ 25
Telekommunikation

Die Regelungen des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über die Telefongespräche (§ 24) und andere Formen der Telekommunikation (§ 27) gelten entsprechend.

§ 26
Pakete

§ 28 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.

§ 27
Kontaktverbote

Kontakte können untersagt oder beschränkt werden, wenn im Einzelfall

1. die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde,

2. zu befürchten ist, dass der Kontakt mit Personen, die nicht Angehörige der Gefangenen gemäß § 11 Absatz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuchs sind, einen schädlichen Einfluss auf die Gefangenen hat oder ihre Eingliederung behindert,

3. die Gefangenen mit Opfern von Straftaten der Gefangenen in Verbindung treten wollen und durch den Kontakt nachteilige Auswirkungen auf die Opfer oder gefährdete Dritte zu befürchten sind oder diese einer Kontaktaufnahme widersprochen haben,

4. bei minderjährigen Gefangenen Personensorgeberechtigte aus nachvollziehbaren Gründen nicht mit dem Kontakt einverstanden sind oder

5. zu befürchten ist, dass der Kontakt Bestrebungen im Sinne des § 3 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 5 des Verfassungsschutzgesetzes Nordrhein Westfalen vom 20. Dezember 1994 (GV. NRW. 1995, S. 28) in der jeweils geltenden Fassung oder entsprechende Verhaltensweisen fördert.

§ 28
Kontakt mit Verteidigerinnen oder Verteidigern, Beiständen nach § 69 des
Jugendgerichtsgesetzes und bestimmten Personen und Institutionen

(1) Für die Kontakte der Gefangenen mit ihren Verteidigerinnen und Verteidigern, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, Notarinnen und Notaren sowie mit bestimmten Personen und Institutionen gilt § 26 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen entsprechend.

(2) Betreuungspersonen, Erziehungsbeiständen, Beiständen nach § 69 des Jugendgerichtsgesetzes und Personen, die Aufgaben der Jugendgerichtshilfe wahrnehmen, ist der Kontakt mit Gefangenen in demselben Umfang zu gestatten, wie er einer Verteidigerin oder einem Verteidiger zu gestatten ist.

Abschnitt 5
Beschäftigung, Vergütung, Gelder der Gefangenen

§ 29
Schulische und berufliche Aus- und Weiterbildung, Arbeit

(1) Der Förder- und Erziehungsauftrag des Jugendstrafvollzuges wird insbesondere durch schulische und berufliche Bildung und eine zielgerichtet qualifizierende Beschäftigung der Gefangenen verwirklicht. Analphabeten sollen das Lesen und Schreiben erlernen können. Gefangenen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, sollen Deutschkurse angeboten werden. Die Gefangenen sind in dem Bemühen zu unterstützen, einen anerkannten Abschluss oder eine anschlussfähige, für den weiteren Bildungsweg oder den Arbeitsmarkt relevante Teilqualifikation zu erlangen.

(2) Die Gefangenen sind während der Arbeitszeit vorrangig zur Teilnahme an schulischen und beruflichen Orientierungs-, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen oder speziellen Maßnahmen zur Förderung ihrer schulischen, beruflichen oder persönlichen Entwicklung verpflichtet, im Übrigen zur Arbeit oder arbeitstherapeutischen Beschäftigung, soweit sie dazu in der Lage sind. Die Gefangenen können im Vollstreckungsjahr bis zu drei Monaten zu Hilfstätigkeiten in der Anstalt verpflichtet werden, mit ihrer Zustimmung auch darüber hinaus. Bei der Zuweisung einer Beschäftigung sind die jeweiligen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Interessen der Gefangenen zu berücksichtigen. Die gesetzlichen Beschäftigungsverbote zum Schutz erwerbstätiger Mütter sowie die Regelungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes vom 12. April 1976 (BGBl. I S. 965) in der jeweils geltenden Fassung finden Anwendung.

(3) Zeugnisse und Nachweise über schulische und berufliche Bildung enthalten keine Hinweise auf eine Inhaftierung.

(4) Gefangenen soll gestattet werden, einer Arbeit oder beruflichen Aus- oder Weiterbildungsmaßnahme auf der Grundlage eines freien Beschäftigungsverhältnisses außerhalb der Anstalt nachzugehen oder sich selbst zu beschäftigen, wenn sie hierfür geeignet sind. § 42 Absatz 1 und Absatz 2 Nummer 4 gilt entsprechend. Die Anstalt kann verlangen, dass ihr das Entgelt zur Gutschrift für die Gefangenen überwiesen wird.

(5) § 29 Absatz 5 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.

§ 30
Vergütung

(1) Gefangene, die eine zugewiesene Arbeit oder eine Hilfstätigkeit ausüben, erhalten ein Arbeitsentgelt, welches auf Grundlage von neun Prozent der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I S. 3710, 3973; 2011 I S. 363) in der jeweils geltenden Fassung bemessen wird (Eckvergütung). Ein Tagessatz ist der zweihundertfünfzigste Teil der Eckvergütung.

(2) Gefangenen, die während der Arbeitszeit ganz oder teilweise an einer schulischen oder beruflichen Orientierungs-, Aus- und Weiterbildungsmaßnahme oder einer sonstigen Maßnahme zur Förderung ihrer schulischen, beruflichen oder persönlichen Entwicklung teilnehmen, wird Ausbildungsbeihilfe gewährt, soweit ihnen keine Leistungen zum Lebensunterhalt zustehen, die nicht inhaftierten Personen aus solchem Anlass gewährt werden. Für die Bemessung der Ausbildungsbeihilfe gilt Absatz 1 entsprechend.

(3) Gefangene, die an einer arbeitstherapeutischen Maßnahme teilnehmen, erhalten ein Arbeitsentgelt, soweit dies der Art ihrer Tätigkeit und ihrer Arbeitsleistung entspricht.

(4) § 32 Absatz 4 Satz 1 und 2 sowie Absatz 5 und 6 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend. Das Justizministerium wird ermächtigt, zur Umsetzung der Vorschriften über die Vergütung eine Rechtsverordnung über die Bemessung des Arbeitsentgeltes, die Ausbildungsbeihilfe, die anrechenbaren Arbeitszeiten, die Zeiteinheiten in Stunden oder Minuten, die Entgeltart als Zeit- oder Leistungsentgelt, die Vergütungsstufen und die Gewährung von Zulagen zu erlassen.

§ 31
Freistellung

(1) Gefangene, die ein Jahr lang an einer schulischen oder beruflichen Orientierungs-, Aus- und Weiterbildungsmaßnahme teilgenommen oder eine zugewiesene Arbeit, arbeitstherapeutische Beschäftigung oder eine Hilfstätigkeit ausgeübt haben, sind innerhalb des darauffolgenden Jahres auf Antrag 20 Arbeitstage von der Arbeit freizustellen. Bei der Festsetzung des Zeitpunktes der Freistellung sind der Stand der Bildungsmaßnahmen sowie die betrieblichen Belange zu berücksichtigen.

(2) § 33 Absatz 2 bis 4 und 6 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.

§ 32
Anerkennung von Bildung und Arbeit, Ausgleichsentschädigung

(1) Als zusätzliche Anerkennung neben der Vergütung nach § 30 und der Freistellung nach § 31 erhalten Gefangene auf Antrag für drei Monate zusammenhängender Teilnahme an einer schulischen oder beruflichen Orientierungs-, Aus- und Weiterbildungsmaßnahme oder Ausübung einer zugewiesenen Arbeit, arbeitstherapeutischen Beschäftigung oder einer Hilfstätigkeit unter Fortzahlung der Vergütung zwei Tage

1. Freistellung von der Arbeitspflicht oder

2. Langzeitausgang, soweit dessen Voraussetzungen vorliegen.

Stellen Gefangene keinen Antrag oder kann Langzeitausgang nicht gewährt werden, wird der Entlassungszeitpunkt vorverlegt. Durch Zeiten, in denen Gefangene ohne ihr Verschulden an der Ausübung ihrer Beschäftigung nach § 29 gehindert sind, wird die Frist nach Satz 1 gehemmt. Beschäftigungszeiträume von unter drei Monaten bleiben unberücksichtigt. Langzeitausgang nach Satz 1 Nummer 2 wird nicht auf die Höchstdauer des Langzeitausgangs nach § 42 Absatz 3 angerechnet.

(2) Eine Vorverlegung des Entlassungszeitpunktes ist ausgeschlossen, wenn

1. bei einer Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer Strafe zur Bewährung wegen des von der Entscheidung des Gerichts bis zur Entlassung verbleibenden Zeitraums eine Anrechnung nicht mehr möglich ist,

2. dies vom Gericht angeordnet wird, weil bei einer Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer Strafe zur Bewährung die Lebensverhältnisse der Gefangenen oder die Wirkungen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind, die Vollstreckung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erfordern,

3. nach § 2 des Jugendgerichtsgesetzes in Verbindung mit § 456a Absatz 1 der Strafprozessordnung von der Vollstreckung abgesehen wird oder

4. Gefangene im Gnadenwege aus der Haft entlassen werden.

(3) Soweit eine Vorverlegung des Entlassungszeitpunktes nach Absatz 2 ausgeschlossen ist, erhalten Gefangene bei ihrer Entlassung zusätzlich eine Ausgleichsentschädigung von 15 Prozent der Bezüge, die sie für die geleistete Tätigkeit, die Grundlage für die Gewährung der Freistellungstage nach Absatz 1 gewesen ist, erhalten haben. Der Anspruch entsteht erst mit der Entlassung. Vor der Entlassung ist der Anspruch nicht verzinslich. § 57 Absatz 4 des Strafgesetzbuchs gilt entsprechend.

§ 33
Gelder der Gefangenen,
Haftkostenbeitrag

Die Regelungen des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen zum Taschengeld (§ 35), Hausgeld (§ 36), Überbrückungsgeld (§ 37) sowie zum Eigengeld (§ 38) gelten entsprechend. Ein Haftkostenbeitrag wird nur erhoben, soweit dies mit der Förderung und Erziehung der Gefangenen zu vereinbaren ist. Im Übrigen gilt § 39 Absatz 1, 2, 4 und 5 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen entsprechend.

Abschnitt 6
Religionsausübung

§ 34
Seelsorge, religiöse Veranstaltungen, Weltanschauungsgemeinschaften

Die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über die Seelsorge (§ 40), religiöse Veranstaltungen (§ 41) und Weltanschauungsgemeinschaften (§ 42) gelten entsprechend.

Abschnitt 7
Gesundheitsfürsorge

§ 35
Gesundheitsfürsorge, Aufenthalt im Freien

(1) Für das körperliche, seelische, geistige und soziale Wohlergehen der Gefangenen ist zu sorgen. Gefangene haben die notwendigen Maßnahmen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene zu unterstützen.

(2) Die Bedeutung einer gesunden Lebensführung ist den Gefangenen in geeigneter Form zu vermitteln. Dabei wird die besondere Gefährdung durch Infektionen sowie legale und illegale Drogen berücksichtigt. Es werden speziell auf die Bedürfnisse der Altersgruppe zugeschnittene Beratungs-, Behandlungs- und Betreuungsangebote unterbreitet.

(3) Den Gefangenen wird täglich mindestens eine Stunde Aufenthalt im Freien ermöglicht, wenn die Witterung dem nicht zwingend entgegensteht.

§ 36
Medizinische Leistungen, Kostenbeteiligung, Aufwendungsersatz

(1) Die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über die suchtmedizinische Behandlung (§ 44), die medizinischen Leistungen und die Kostenbeteiligung (§ 45), die Überstellung und Verlegung aus medizinischen Gründen (§ 46), die Krankenbehandlung während vollzugsöffnender Maßnahmen (§ 47) und die medizinische Behandlung zur sozialen Eingliederung (§ 48) gelten entsprechend. Von einer Kostenbeteiligung minderjähriger Gefangener für medizinische Leistungen ist abzusehen.

(2) Gefangene sind verpflichtet, der Anstalt Aufwendungen zu ersetzen, die sie durch eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Selbstverletzung oder Verletzung anderer Gefangener verursacht haben. Bei der Geltendmachung dieser Forderung kann auch ein den dreifachen Tagessatz der Eckvergütung nach § 30 Absatz 1 dieses Gesetzes übersteigender Teil des Hausgeldes in Anspruch genommen werden. Ansprüche aus sonstigen Rechtsvorschriften bleiben unberührt. Von der Geltendmachung und Vollstreckung der in Satz 1 und 3 genannten Forderungen ist abzusehen, soweit hierdurch die Förderung und Erziehung der Gefangenen behindert wird.

§ 37
Rechte der Personensorgeberechtigten, Benachrichtigung
bei Erkrankung und Todesfall

(1) Vor ärztlichen Eingriffen bei minderjährigen Gefangenen sind die Rechte der Personensorgeberechtigten zu beachten. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf deren Aufklärung und Einwilligung.

(2) Erkranken Gefangene schwer oder versterben sie, sind die Personensorgeberechtigten oder Angehörige unverzüglich zu unterrichten. Im Fall schwerer Erkrankung nicht unter Personensorge stehender Gefangener kann von der Benachrichtigung abgesehen werden, wenn dies ihrem ausdrücklich erklärten Willen entspricht.

(3) Dem Wunsch der Gefangenen, auch andere Personen zu benachrichtigen, soll entsprochen werden, soweit nicht die Personensorgeberechtigten aus nachvollziehbaren Gründen der Benachrichtigung widersprechen.

Abschnitt 8
Sport, Freizeit

§ 38
Sport

Es sind ausreichende und freizeitpädagogisch sinnvolle Sportangebote vorzuhalten. Den Gefangenen ist mindestens drei Stunden wöchentlich eine Teilnahme, auch an Wochenenden und Feiertagen, zu ermöglichen. Die Gefangenen sollen insbesondere durch Mannschaftssport lernen, Gemeinschaftssinn zu entwickeln, Regeln einzuhalten und Rücksicht auf andere zu nehmen. Ihre Bereitschaft zur Teilnahme am Sport ist zu fördern.

§ 39
Freizeit, Förderung der Kreativität

(1) Gefangene erhalten Gelegenheit, ihre Freizeit sinnvoll zu gestalten. Es sind ausreichende Freizeitangebote vorzuhalten, auch an den Wochenenden und Feiertagen sowie in den frühen Abendstunden.

(2) Angebote zur Förderung der Kreativität im Rahmen kultureller Formen sind zu entwickeln. Hierfür können Freizeitgruppen in ästhetischen Bereichen, namentlich in denen der Literatur, des Theaters, der Musik und des Malens, eingerichtet werden.

(3) Die Gefangenen sind zur Teilnahme und Mitwirkung an Angeboten der Freizeitgestaltung, insbesondere auch an Gruppenveranstaltungen, anzuregen. Sie sollen auch Gelegenheit erhalten, den verantwortungsvollen Umgang mit neuen Medien zu erlernen und auszuüben. Die Benutzung einer bedarfsgerecht ausgestatteten Bibliothek ist zu ermöglichen.

§ 40
Hörfunk, Fernsehen

(1) Der Zugang zum Hörfunk- und Fernsehempfang ist zu ermöglichen. Die Anstalt entscheidet über die Einspeisung einzelner Hörfunk- und Fernsehprogramme, soweit eine Empfangsanlage vorhanden ist. Die Wünsche und Bedürfnisse der Gefangenen sind angemessen zu berücksichtigen.

(2) Eigene Hörfunk- und Fernsehgeräte der Gefangenen können unter den Voraussetzungen des § 19 Absatz 2 zugelassen werden. Gefangene können auf ein Haftraummediensystem verwiesen werden. Der Betrieb von Empfangsanlagen und Haftraummediensystemen sowie die Ausgabe von Hörfunk- und Fernsehgeräten können auf Dritte übertragen werden. In diesen Fällen ist Gefangenen der Besitz eigener Geräte in der Regel nicht gestattet.

(3) Gefangene können an den Kosten für die Überlassung, die Überprüfung und den Betrieb von Hörfunkgeräten, Fernsehgeräten und Haftraummediensystemen sowie die Bereitstellung des Hörfunk- und Fernsehempfangs beteiligt werden.

§ 41
Gegenstände zur Freizeitbeschäftigung, Zeitungen, Zeitschriften

(1) Gefangene dürfen nach Maßgabe der Anstalt in angemessenem Umfang sonstige Geräte der Informations- und Unterhaltungselektronik, Bücher sowie andere Gegenstände zur Aus- und Fortbildung oder Freizeitgestaltung besitzen. § 19 Absatz 2 und 6 gilt entsprechend.

(2) Gefangene dürfen Zeitungen und Zeitschriften durch Vermittlung der Anstalt in angemessenem Umfang auf eigene Kosten beziehen.

(3) Ausgeschlossen sind Zeitungen und Zeitschriften, deren Verbreitung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist. Einzelne Ausgaben oder Teile von Zeitungen oder Zeitschriften können Gefangenen vorenthalten werden, wenn sie die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder das Vollzugsziel erheblich gefährden würden.

(4) Für Geräte der Informations- und Unterhaltungselektronik gilt § 40 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und Absatz 3 entsprechend.

Abschnitt 9
Vollzugsöffnende Maßnahmen

§ 42
Vollzugsöffnende Maßnahmen

(1) Mit Zustimmung der Gefangenen können vollzugsöffnende Maßnahmen gewährt werden, wenn verantwortet werden kann zu erproben, dass die Gefangenen sich dem Vollzug der Strafe nicht entziehen oder die vollzugsöffnenden Maßnahmen nicht zur Begehung von Straftaten missbrauchen werden. Bei der Entscheidung über die Gewährung der Maßnahmen sind die Belange der Gefangenen mit den Schutzinteressen der Allgemeinheit abzuwägen, insbesondere sind die Persönlichkeit der Gefangenen, der individuelle und soziale Entwicklungsstand, ihre Mitwirkungsbereitschaft, ihr sonstiges Vollzugsverhalten, die Vollzugsdauer, die Art der Maßnahme sowie Aspekte der Förderung der Gefangenen zu berücksichtigen.

(2) Als vollzugsöffnende Maßnahmen kommen namentlich in Betracht:

1. das Verlassen der Anstalt für eine bestimmte Tageszeit unter der ständigen und unmittelbaren Aufsicht von Bediensteten (Ausführung),

2. das Verlassen der Anstalt für eine bestimmte Tageszeit in Begleitung einer von der Anstalt zugelassenen Person (Begleitausgang) oder ohne Begleitung (Ausgang),

3. das Verlassen der Anstalt für mehr als einen Tag (Langzeitausgang),

4. die regelmäßige Beschäftigung außerhalb der Anstalt unter Aufsicht Bediensteter (Außenbeschäftigung) oder ohne Aufsicht (Freigang) und

5. der Aufenthalt außerhalb der Anstalt ohne Aufsicht von Bediensteten zur Durchführung von Förder- und Erziehungsmaßnahmen (Bildungs- und Förderausgang).

(3) Langzeitausgang kann an bis zu 24 Kalendertagen in einem Vollstreckungsjahr gewährt werden. Tage, an denen die Gefangenen den Langzeitausgang antreten, werden nicht mitgerechnet. Bildungs- und Förderausgang wird nicht auf die Höchstdauer nach Satz 1 angerechnet. Durch Langzeitausgang wird die Strafvollstreckung nicht unterbrochen.

(4) Können vollzugsöffnende Maßnahmen nach Absatz 2 Nummer 2 bis 5 noch nicht verantwortet werden, sind insbesondere langjährig im Vollzug befindlichen Gefangenen Ausführungen zu gewähren, um schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzuges frühzeitig entgegenzuwirken und ihre Lebenstüchtigkeit zu erhalten und zu festigen. Die Ausführungen unterbleiben, wenn die zur Sicherung erforderlichen Maßnahmen den Zweck der Ausführung gefährden.

(5) Bei Ausführungen zur Erhaltung der Lebenstüchtigkeit kann den Gefangenen, um Entweichungen entgegenzuwirken, nach Maßgabe des § 124 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen aufgegeben werden, die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.

(6) Kommen vollzugsöffnende Maßnahmen nicht in Betracht, sind die tragenden Gründe zu dokumentieren und den Gefangenen die noch zu erfüllenden Voraussetzungen in verständlicher Form zu vermitteln.

(7) Bei der Ausgestaltung vollzugsöffnender Maßnahmen ist den berechtigten Schutzinteressen der Opfer und gefährdeter Dritter Rechnung zu tragen.

(8) Gefangene tragen die Reisekosten, die Kosten für ihren Lebensunterhalt und andere Aufwendungen während ihres Aufenthalts außerhalb der Anstalt. Die Kosten von Ausführungen können den Gefangenen in angemessenem Umfang auferlegt werden, soweit dies die Förderung und Erziehung oder die Eingliederung nicht behindert. Bedürftigen Gefangenen kann die Anstalt zu ihren Aufwendungen eine Beihilfe in angemessenem Umfang gewähren.

(9) Vollzugsöffnende Maßnahmen werden nur zum Aufenthalt im Inland gewährt.

(10) § 56 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.

§ 43
Vollzugsöffnende Maßnahmen aus wichtigem Anlass

(1) Vollzugsöffnende Maßnahmen nach § 42 Absatz 2 Nummer 1 bis 3 können auch aus wichtigem Anlass gewährt werden. Wichtige Anlässe sind insbesondere die Teilnahme an gerichtlichen Terminen, die medizinische Behandlung der Gefangenen sowie der Tod oder die lebensgefährliche Erkrankung naher Angehöriger der Gefangenen. § 42 Absatz 1 und 3 Satz 4 gilt entsprechend.

(2) Bei Ausführungen aus wichtigem Anlass gilt § 42 Absatz 5 (elektronische Aufenthaltsüberwachung) entsprechend.

(3) Ausführungen aus wichtigem Anlass sind auch ohne Zustimmung der Gefangenen zulässig, wenn dies aus besonderen Gründen notwendig ist.

(4) Langzeitausgang aus wichtigem Anlass, der nicht zur Teilnahme an gerichtlichen Terminen oder anlässlich des Todes oder der lebensgefährlichen Erkrankung naher Angehöriger gewährt wird, darf sieben Tage im Vollstreckungsjahr nicht übersteigen. Er wird nicht auf die Höchstdauer nach § 42 Absatz 3 Satz 1 angerechnet.

§ 44
Weisungen

Für vollzugsöffnende Maßnahmen können Weisungen erteilt werden. Soweit Freigang, Begleitausgang oder Bildungs- und Förderausgang von Dritten beaufsichtigt wird, kann die Weisung auch darin bestehen, dass von ihnen erteilte Anordnungen zu befolgen sind.

Abschnitt 10
Entlassung und soziale Eingliederung

§ 45
Vorbereitung der Entlassung, soziale Eingliederung

(1) Die Anstalten bereiten gemeinsam mit den Gefangenen deren Entlassung vor. Den Gefangenen sollen Kontakte zu außervollzuglichen Organisationen und Bildungsstätten sowie Stellen und Personen ermöglicht werden, die ihnen nach der Entlassung persönliche und soziale Hilfestellung leisten können. Die Personensorgeberechtigten und, soweit erforderlich, das Jugendamt sowie der ambulante Soziale Dienst der Justiz sind von der bevorstehenden Entlassung zu unterrichten und nach Möglichkeit in die Planungen einzubeziehen. § 5 Absatz 1 gilt entsprechend.

(2) Frühzeitig vor dem voraussichtlichen Entlassungstermin arbeiten die Anstalten mit öffentlichen Stellen, freien Trägern sowie anderen Organisationen und Personen zusammen, um insbesondere zu erreichen, dass die Gefangenen über eine geeignete Ausbildungsstätte oder Arbeit, eine angemessene Unterkunft und ein stabilisierendes soziales Umfeld verfügen. Zur Integration in den Arbeitsmarkt sollen durch vollzugsübergreifende Zusammenarbeit die Ausbildungs- und Beschäftigungsperspektiven der Gefangenen verbessert werden.

(3) Die für die Vermittlung in Hilfs- und Bildungsangebote Dritter nach der Entlassung erforderlichen Strukturen und Netzwerke sind einzurichten und fortzuentwickeln (§ 6 Absatz 4 Satz 2). Für die Koordination der Entlassungsplanung stehen Ansprechpartnerinnen oder Ansprechpartner in den Anstalten zur Verfügung. Die Vermittlung in nachsorgende Maßnahmen umfasst Möglichkeiten einer nachgehenden Betreuung unter Mitwirkung von Bediensteten.

§ 46
Vollzugsöffnende Maßnahmen zur Entlassungsvorbereitung

(1) Um die Entlassung vorzubereiten, sollen vollzugsöffnende Maßnahmen (§ 42) gewährt werden.

(2) Zur Vorbereitung der Entlassung können die Gefangenen für die Teilnahme an Eingliederungsmaßnahmen über § 42 Absatz 3 hinaus bis zu zwei Wochen Langzeitausgang erhalten. Gefangenen, welche die Voraussetzungen des Freigangs erfüllen, kann innerhalb von neun Monaten vor der voraussichtlichen Entlassung Langzeitausgang bis zu sechs Tagen im Monat gewährt werden. Vollzugsöffnende Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 können nicht nebeneinander gewährt werden.

(3) Die Missbrauchsgefahren sind insbesondere bei einer unmittelbar bevorstehenden Entlassung mit den Risiken einer unerprobten Entlassung abzuwägen. § 42 Absatz 1, 6 bis 9 sowie § 44 dieses Gesetzes und § 56 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gelten entsprechend.

§ 47
Entlassung, Schlussbericht

(1) Die Gefangenen sollen am Tag ihrer Entlassung möglichst frühzeitig, jedenfalls noch am Vormittag, entlassen werden.

(2) Fällt das Strafende auf einen Samstag oder Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag, den ersten Werktag nach Ostern oder Pfingsten oder in die Zeit vom 22. Dezember bis zum 6. Januar, können Gefangene an dem diesen Tagen oder Zeiträumen vorhergehenden Werktag entlassen werden, wenn dies nach der Länge der Strafzeit vertretbar ist und fürsorgerische Gründe nicht entgegenstehen.

(3) Der Entlassungszeitpunkt kann bis zu zwei Tage vorverlegt werden, wenn dringende Gründe dafür vorliegen, dass Gefangene zu ihrer Eingliederung hierauf angewiesen sind.

(4) Die Anstalt erstellt zum Ende des Vollzuges einen an den Fähigkeiten und Entwicklungsmöglichkeiten der Gefangenen ausgerichteten Schlussbericht. Dieser enthält in standardisierter Form Angaben über den fortbestehenden Förderbedarf, namentlich eine Darstellung der Art und der Ergebnisse der angebotenen und durchgeführten Maßnahmen sowie der Angebote und Leistungen Dritter (§ 12 Absatz 2 Nummer 17), soweit sie für die Förderung und Erziehung sowie Eingliederung der Gefangenen von Bedeutung sind.

(5) Eine Ausfertigung des Berichts ist den Gefangenen auszuhändigen und erforderlichenfalls dem Jugendamt sowie den Personensorgeberechtigten zu übersenden. Bei angeordneter Bewährungs- oder Führungsaufsicht ist eine Ausfertigung der zuständigen Leiterin oder dem zuständigen Leiter des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz zuzuleiten. Mit Einwilligung der Gefangenen oder der Personensorgeberechtigten soll eine Ausfertigung des Berichts auch anderen Beteiligten zugeleitet werden, die an der Eingliederung und Erziehung der Gefangenen mitwirken.

(6) Gefangene erhalten, soweit ihre eigenen Mittel nicht ausreichen, von der Anstalt bei ihrer Entlassung einen Reisekostenzuschuss, für die Entlassung ausreichende Kleidung oder eine sonstige notwendige Unterstützung.

§ 48
Teilnahme an Ausbildungsmaßnahmen, Aufnahme auf freiwilliger Grundlage

(1) Nach der Entlassung aus der Anstalt kann ehemaligen Gefangenen auf ihren Antrag vorübergehend bis zu drei Monaten gestattet werden, eine in der Anstalt begonnene schulische und berufliche Orientierungs-, Aus- und Weiterbildungsmaßnahme oder sonstige Förder- und Erziehungsmaßnahme abzuschließen. Der Antrag und die Gestattung sind jederzeit widerruflich.

(2) Frühere Gefangene können innerhalb von sechs Monaten nach ihrer Entlassung zur Bewältigung einer Krisensituation auf ihren Antrag vorübergehend bis zu drei Monate wieder in die Anstalt aufgenommen werden, um die bislang erreichten Erfolge vollzuglicher Förder- und Erziehungsmaßnahmen nicht zu gefährden. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) Gegen aufgenommene Personen dürfen Maßnahmen des Vollzuges nicht mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden.

(4) Auf ihren Antrag sind die aufgenommenen Personen unverzüglich zu entlassen.

(5) An den Kosten ihrer Unterbringung können die Aufgenommenen beteiligt werden, soweit dies mit ihrer Förderung und Erziehung zu vereinbaren ist. § 39 Absatz 4 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.

(6) Bei minderjährigen Gefangenen erfolgt die Unterbringung mit Einwilligung der Personensorgeberechtigten.

Abschnitt 11
Sicherheit und Ordnung, unmittelbarer Zwang

§ 49
Grundsatz, Verhaltensvorschriften

(1) Sicherheit und Ordnung bilden die Grundlage eines gewalt- und konfliktfreien Zusammenlebens in der Anstalt. Die Anstalt trifft die erforderlichen Maßnahmen, um ein Entweichen der Gefangenen zu verhindern und die Sicherheit (§ 7) zu gewährleisten. Die Anstalt ist befugt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Identität aller Personen, die Zugang begehren, festzustellen.

(2) Die Gefangenen haben sich nach der Tageseinteilung der Anstalt zu richten. Sie sollen durch die Tageseinteilung auch an eine eigenverantwortliche Lebensgestaltung herangeführt werden. Sie dürfen durch ihr Verhalten gegenüber Bediensteten, anderen Gefangenen und Dritten das geordnete Miteinander in der Anstalt nicht stören. Das Verantwortungsbewusstsein der Gefangenen für ein entsprechendes Verhalten ist zu wecken und zu fördern.

(3) Die Gefangenen haben die Anordnungen der Bediensteten zu befolgen, auch wenn sie sich beschwert fühlen. Einen ihnen zugewiesenen Bereich dürfen sie nicht ohne Erlaubnis verlassen.

(4) Gefangene sind verpflichtet, ihren Haftraum und die ihnen von der Anstalt überlassenen Gegenstände in Ordnung zu halten und schonend zu behandeln.

(5) Die Gefangenen haben Umstände, die eine Gefahr für das Leben oder eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit einer Person bedeuten, unverzüglich zu melden.

§ 50
Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit

Die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über die Durchsuchung (§ 64), die Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelkonsum (§ 65), den Einsatz von Videotechnik (§ 66), die Maßnahmen zur Verhinderung unerlaubter Telekommunikation (§ 67) sowie die erkennungsdienstlichen Maßnahmen und das Identitätsfeststellungsverfahren (§ 68) gelten entsprechend.

§ 51
Besondere Sicherungsmaßnahmen

Die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über die besonderen Sicherungsmaßnahmen (§ 69), die Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen und das Verfahren (§ 70) sowie die medizinische und psychologische Überwachung (§ 71) gelten entsprechend.

§ 52
Unmittelbarer Zwang, Handeln auf Anordnung, Festnahmerecht

(1) Die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über die Begriffsbestimmungen (§ 72), die allgemeinen Voraussetzungen (§ 73), den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 74) und die Androhung (§ 75) von unmittelbarem Zwang gelten entsprechend.

(2) Zur Vereitelung einer Flucht oder zur Wiederergreifung von Gefangengen dürfen Schusswaffen nicht gebraucht werden. Im Übrigen gelten die allgemeinen Vorschriften für den Schusswaffengebrauch (§ 76) und die besonderen Vorschriften für den Schusswaffengebrauch (§ 77) des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen entsprechend.

(3) Wird unmittelbarer Zwang von einer oder einem Vorgesetzten oder einer sonst befugten Person angeordnet, sind Bedienstete verpflichtet, ihn anzuwenden, es sei denn, die Anordnung verletzt die Menschenwürde oder ist nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden. Die Anordnung darf nicht befolgt werden, wenn dadurch eine Straftat begangen würde. Befolgen Bedienstete die Anordnung trotzdem, trifft die Bediensteten eine Schuld nur, wenn sie erkennen oder wenn es nach den ihnen bekannten Umständen offensichtlich ist, dass dadurch eine Straftat begangen wird.

(4) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung haben Bedienstete der oder dem Anordnenden gegenüber vorzubringen, soweit das nach den Umständen möglich ist. Abweichende Vorschriften des allgemeinen Beamtenrechts über die Mitteilung solcher Bedenken an Vorgesetzte sind nicht anzuwenden.

(5) Gefangene, die entwichen sind oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Anstalt aufhalten, können durch die Anstalt oder auf ihre Veranlassung hin festgenommen und zurückgebracht werden.

(6) Für Zwangsmaßnahmen zur Gefahrenabwehr auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge gilt § 78 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen entsprechend. Vor der Durchführung von Zwangsmaßnahmen nach § 78 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen muss bei minderjährigen Gefangenen erfolglos versucht worden sein, die Einwilligung der Personensorgeberechtigten einzuholen. Kann diese nicht rechtzeitig eingeholt werden, sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches anzuwenden.

Abschnitt 12
Erzieherisches Gespräch, Konfliktregelung, Disziplinarmaßnahmen

§ 53
Pflichtverstöße, erzieherisches Gespräch, Konfliktregelung

(1) Verstoßen Gefangene schuldhaft gegen Pflichten, die ihnen durch oder aufgrund dieses Gesetzes auferlegt sind, wird versucht, diese Pflichtverstöße zeitnah im erzieherischen Gespräch aufzuarbeiten. Verbleibende, schwerwiegende oder wiederholte Konflikte sollen im Wege der Konfliktregelung geschlichtet werden. Dabei können ausgleichende Maßnahmen, insbesondere eine Entschuldigung, Mediation, Schadensbeseitigung oder -wiedergutmachung, vereinbart werden. Zudem können erzieherische Maßnahmen angeordnet werden, die den Gefangenen das Fehlverhalten durch lernende Vorgaben unter Berücksichtigung des individuellen Förderbedarfs vor Augen führen.

(2) Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter legt fest, welche Bediensteten befugt sind, erzieherische Maßnahmen anzuordnen.

§ 54
Disziplinarmaßnahmen

(1) Disziplinarmaßnahmen dürfen nur angeordnet werden, wenn Maßnahmen nach § 53 nicht ausreichen, um den Gefangenen das Unrecht ihrer Handlung zu verdeutlichen.

(2) Eine Disziplinarmaßnahme ist auch zulässig, wenn wegen derselben Verfehlung ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet wird.

(3) Zulässige Disziplinarmaßnahmen sind

1. die Beschränkung der Verfügung über das Hausgeld bis zu 75 Prozent des monatlich zur Verfügung stehenden Betrags bis zu einem Monat,

2. die Beschränkung oder der Entzug der Teilnahme an gemeinsamen Veranstaltungen bis zu sechs Wochen,

3. die getrennte Unterbringung während der Freizeit bis zu vier Wochen,

4. die Beschränkung oder der Entzug der Gegenstände für eine Beschäftigung in der Freizeit mit Ausnahme des Lesestoffs bis zu vier Wochen,

5. die Beschränkung oder der Entzug des Hörfunk- oder Fernsehempfangs bis zu sechs Wochen und

6. Arrest bis zu zwei Wochen.

(4) Arrest darf nur wegen schwerer oder mehrfach wiederholter Verfehlungen verhängt werden.

(5) Mehrere Disziplinarmaßnahmen können miteinander verbunden werden.

§ 55
Verfahren

(1) Der Sachverhalt ist zu klären. Hierbei sind sowohl belastende als auch entlastende Umstände zu ermitteln. Die Gefangenen werden gehört. Sie werden darüber unterrichtet, welche Verfehlungen ihnen zur Last gelegt werden. Sie sind darauf hinzuweisen, dass es ihnen freisteht sich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Die Äußerungen der Gefangenen und die Ergebnisse der Ermittlungen sind zu dokumentieren.

(2) Disziplinarmaßnahmen ordnet die Anstaltsleitung an. Die Aufsichtsbehörde entscheidet, wenn sich die Verfehlung Gefangener gegen die Anstaltsleiterin oder den Anstaltsleiter richtet. Bei einer Verfehlung der Gefangenen auf dem Weg in eine andere Anstalt ist die Anstaltsleitung der Bestimmungsanstalt zuständig.

(3) Die Anstaltsleitung soll sich bei schweren Verstößen vor der Entscheidung in einer Konferenz mit Personen besprechen, die maßgeblich an der Förderung und Erziehung der Gefangenen mitwirken.

(4) Vor der Anordnung einer Disziplinarmaßnahme gegen Gefangene, die sich in medizinischer Behandlung befinden, oder gegen eine Schwangere oder eine Gefangene, die unlängst entbunden hat, ist der ärztliche Dienst zu hören.

(5) Disziplinarmaßnahmen sollen in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Pflichtverletzung angeordnet werden. Mehrere Verfehlungen, die gleichzeitig zu beurteilen sind, sollen durch eine Entscheidung geahndet werden.

(6) Die tragenden Gründe der Entscheidung werden schriftlich abgefasst und den Gefangenen mündlich eröffnet. Auf Verlangen ist den Gefangenen die schriftliche Begründung auszuhändigen.

§ 56
Vollzug der Disziplinarmaßnahmen

(1) Disziplinarmaßnahmen werden in der Regel sofort vollstreckt. Die Vollstreckung ist auszusetzen, soweit es zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes erforderlich ist.

(2) Disziplinarmaßnahmen können ganz oder teilweise bis zu sechs Monaten zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Aussetzung zur Bewährung kann ganz oder teilweise widerrufen werden, wenn die Gefangenen erneut gegen Pflichten verstoßen.

(3) Wird die Verfügung über das Hausgeld beschränkt, ist das in dieser Zeit anfallende Hausgeld dem Überbrückungsgeld hinzuzurechnen.

(4) Bevor Arrest (§ 54 Absatz 3 Nummer 6) vollzogen wird, ist der ärztliche Dienst der Anstalt zu hören. Während des Arrestes stehen die Gefangenen unter ärztlicher Aufsicht. Der Arrest unterbleibt oder wird unterbrochen, wenn ansonsten die Gesundheit der Gefangenen gefährdet würde.

(5) Für die Dauer des Arrestes werden die Gefangenen abgesondert. Die Gefangenen werden für die Dauer des Arrestes pädagogisch betreut. Die Gefangenen können in einem besonderen Arrestraum untergebracht werden, der den Anforderungen entsprechen muss, die an einen zum Aufenthalt bei Tag und Nacht bestimmten Haftraum gestellt werden. Soweit nichts anderes angeordnet wird, ruhen die Befugnisse der Gefangenen zur Beschäftigung, zur Teilnahme an Gemeinschaftsveranstaltungen, zum Einkauf, zum Fernsehempfang, zur Ausstattung des Haftraums mit persönlichen Gegenständen und zum Besitz persönlicher Gegenstände. Der Zugang zu Büchern, Zeitungen und Zeitschriften ist zu ermöglichen. Die Rechte zur Teilnahme an unaufschiebbaren Förder- und Erziehungsmaßnahmen, zur Teilnahme am Gottesdienst und zum Aufenthalt im Freien nach § 35 Absatz 3 bleiben unberührt.

(6) Disziplinarmaßnahmen, die gegen Gefangene in einer anderen Anstalt oder während des Vollzuges von Untersuchungshaft angeordnet worden sind, werden auf Ersuchen der abgebenden Anstalt vollstreckt. Absatz 2 bleibt unberührt.

Abschnitt 13
Aufhebung von Maßnahmen, Beschwerderecht

§ 57
Widerruf, Rücknahme

§ 83 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.

§ 58
Beschwerderecht

Die Gefangenen erhalten Gelegenheit, sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an die Anstaltsleitung oder die von ihr beauftragten Personen zu wenden. Die Möglichkeit, sich an die Justizvollzugsbeauftragte oder den Justizvollzugsbeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen zu wenden, bleibt unberührt.

Abschnitt 14
Organisation

§ 59
Anstalten und Einrichtungen

(1) Die Jugendstrafe wird in hierfür bestimmten, selbstständigen Anstalten der Landesjustizverwaltung vollzogen, die entsprechend ihrem Zweck und den Erfordernissen des Jugendstrafvollzuges auszugestalten sind und eine auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Gefangenen abgestimmte Behandlung gewährleisten. Sie kann auch in anderen geeigneten Einrichtungen außerhalb der Landesjustizverwaltung in freien Formen vollzogen werden.

(2) Weibliche Gefangene können in getrennten Abteilungen des Strafvollzuges für erwachsene Frauen untergebracht werden; einer Unterbringung in getrennten Abteilungen bedarf es nicht, wenn es sich um eine Einrichtung des offenen Frauenvollzuges handelt. In den Fällen des Satzes 1 erfolgt der Vollzug nach den Vorschriften dieses Gesetzes. Wird Jugendstrafe in Einrichtungen des Erwachsenenstrafvollzuges vollzogen, bleiben die Vorschriften dieses Gesetzes anwendbar.

(3) Es ist eine bedarfsgerechte Anzahl und Ausstattung von Plätzen, insbesondere für therapeutische Maßnahmen, für Maßnahmen der Beschäftigung, Freizeit, Sport, Seelsorge und Besuche, vorzusehen. Räume für den Aufenthalt während der Ruhe- und Freizeit sowie Gemeinschafts- und Besuchsräume sind wohnlich und zweckentsprechend auszustatten.

(4) Die bauliche Gestaltung und das Außengelände der Vollzugseinrichtung müssen in Einklang mit dem Ziel der anstaltsinternen Förderung und Erziehung stehen. Hierzu sollen die Abteilungen in Wohngruppen gegliedert sein.

(5) Im Jugendstrafvollzug werden, soweit hierfür Bedarf besteht, sozialtherapeutische Einrichtungen vorgehalten. Die organisatorischen, personellen und baulichen Mindeststandards sind auf die jugendspezifischen Besonderheiten zugeschnitten.

§ 60
Arbeitsbetriebe, Einrichtungen zur schulischen und beruflichen Bildung

(1) Ein bedarfsgerechtes Angebot an Arbeitsplätzen für zugewiesene Tätigkeiten, an Plätzen für Schul- und Berufsschulunterricht und an Plätzen für berufliche Ausbildung sowie für arbeitstherapeutische Maßnahmen wird vorgehalten.

(2) Die Betriebe und Einrichtungen zur schulischen und beruflichen Bildung sind den Verhältnissen außerhalb der Anstalten anzugleichen. Die Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften sind zu beachten.

(3) Bildung und Beschäftigung können auch in geeigneten Einrichtungen privater Unternehmen erfolgen. In den von privaten Unternehmen unterhaltenen Betrieben und sonstigen Einrichtungen kann die technische und fachliche Leitung Angehörigen dieser Unternehmen übertragen werden.

(4) Bei der schulischen und beruflichen Bildung sollen die Anstalten in Zusammenarbeit mit Einrichtungen der Jugendhilfe und der Jugendberufshilfe, Schulen, Sonderschulen, Volkshochschulen, Einrichtungen der Jugendkulturarbeit und des Sports sowie mit Fachhochschulen und Universitäten ein differenziertes Lern- und Betätigungsangebot bereitstellen. Sie sollen ferner mit den örtlichen Arbeitgebern und Einrichtungen, die Gefangene beschäftigen, Beschäftigung vermitteln oder berufliche Eingliederung fördern können, eng zusammenarbeiten.

§ 61

Festsetzung der Belegungsfähigkeit, Verbot der Überbelegung

(1) Die Aufsichtsbehörde setzt die Belegungsfähigkeit unter Berücksichtigung von § 17 Absatz 1 und § 59 Absatz 3 für jede Anstalt fest.

(2) Hafträume dürfen nicht mit mehr Personen als zugelassen belegt werden. Ausnahmen hiervon sind nur vorübergehend aus zwingenden Gründen zulässig, wenn dies wegen eines unvorhersehbaren Ereignisses erforderlich ist. Die Ausnahmen sind zu dokumentieren.

Abschnitt 15
Innerer Aufbau, Personal, Aufsicht

§ 62
Bedienstete

(1) Die Aufgaben der Anstalten werden von Vollzugsbeamtinnen und Vollzugsbeamten wahrgenommen. Aus besonderen Gründen können sie auch anderen Anstaltsbediensteten sowie nebenamtlich oder vertraglich verpflichteten Personen übertragen werden.

(2) Den Anstalten werden für die Erfüllung ihrer Aufgaben in dem erforderlichen Umfang geeignete Bedienstete zur Verfügung gestellt. Die Bediensteten sollen mit der Behandlung von jungen Gefangenen nur betraut werden, wenn sie für den Umgang mit jungen Menschen besonders geeignet sind und über pädagogische Kenntnisse für die Arbeit im Jugendstrafvollzug verfügen. Die Bediensteten werden fortgebildet und erhalten Praxisberatung und -begleitung sowie Gelegenheit zur Supervision. Die Zahl der Fachkräfte ist so zu bemessen, dass eine nachgehende Betreuung früherer Gefangener der sozialtherapeutischen Einrichtungen (§ 15) und früherer Gefangener mit vorbehaltener Sicherungsverwahrung (§ 16) ermöglicht werden kann.

(3) Die Bediensteten sollen den einzelnen Abteilungen und den Arbeits- und Ausbildungsstätten fest zugeordnet werden. Sie sollen dort alle dem jeweiligen Aufgabenbereich obliegenden Vollzugsaufgaben eigenverantwortlich wahrnehmen und ihre Diensteinteilung möglichst selbstständig regeln.

(4) Bei der Diensteinteilung im Übrigen hat die Anstalt auch darauf zu achten, dass eine Beeinträchtigung der Beschäftigung nach § 29 Absatz 1 und 2 durch zeitliche Überschneidungen mit anderen Maßnahmen nach Möglichkeit vermieden wird.

§ 63
Anstaltsleitung

(1) Für jede Anstalt ist eine Beamtin oder ein Beamter zur hauptamtlichen Leiterin oder zum hauptamtlichen Leiter zu bestellen, die oder der die Voraussetzungen der Laufbahngruppe 2, zweites Einstiegsamt, erfüllt. Aus besonderen Gründen kann eine Anstalt auch von einer Beamtin oder einem Beamten der Laufbahngruppe 2, erstes Einstiegsamt, geleitet werden.

(2) Die Anstaltsleitung vertritt die Anstalt nach außen und trägt die Verantwortung für den gesamten Vollzug. Im Innenverhältnis kann sie die Verantwortung für bestimmte Aufgabenbereiche auf andere Bedienstete übertragen.

(3) Die Befugnis, die Durchsuchung nach § 50 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 64 Absatz 2 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen, die besonderen Sicherungsmaßnahmen nach § 51 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 69 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen und die Disziplinarmaßnahmen nach § 54 anzuordnen, darf nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde übertragen werden.

§ 64
Seelsorge

(1) Seelsorgerinnen und Seelsorger werden im Einvernehmen mit der jeweiligen Religionsgemeinschaft im Hauptamt bestellt oder vertraglich verpflichtet.

(2) Wenn die geringe Zahl der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft eine Seelsorge nach Absatz 1 nicht rechtfertigt, ist die seelsorgerische Betreuung auf andere Weise zuzulassen.

(3) Mit Zustimmung der Anstaltsleitung dürfen sich die Seelsorgerinnen und Seelsorger freier Seelsorgehelferinnen und Seelsorgehelfer bedienen und für Gottesdienste sowie für andere religiöse Veranstaltungen Seelsorgerinnen oder Seelsorger von außen hinzuziehen.

§ 65
Medizinische Versorgung

(1) Die ärztliche Versorgung ist durch hauptamtliche Ärztinnen oder Ärzte sicherzustellen. Sie kann aus besonderen Gründen nebenamtlichen oder vertraglich verpflichteten Ärztinnen oder Ärzten übertragen werden.

(2) Die Pflege erkrankter Gefangener soll von Krankenpflegekräften im Sinne des Krankenpflegegesetzes vom 16. Juli 2003 (BGBl. I S. 1442) in der jeweils geltenden Fassung ausgeübt werden. Stehen solche Kräfte nicht zur Verfügung, können Bedienstete des Vollzuges oder sonstige Kräfte eingesetzt werden, soweit sie eine entsprechende Qualifikation besitzen.

§ 66
Konferenzen

Zur Aufstellung und Überprüfung des Vollzugsplans sowie zur Vorbereitung anderer wichtiger Entscheidungen im Vollzug, insbesondere bei erstmaliger Gewährung von vollzugsöffnenden Maßnahmen, Verlegung in den offenen Vollzug oder bei Maßnahmen zur Entlassungsvorbereitung, führt die Anstaltsleitung Konferenzen mit an der Förderung und Erziehung maßgeblich Beteiligten durch. § 6 gilt entsprechend. Das Konferenzergebnis und die tragenden Gründe der jeweiligen Entscheidung sind zu dokumentieren.

§ 67
Gefangenenmitverantwortung

(1) Gefangenen wird ermöglicht, eine Vertretung zu wählen. Diese kann in Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse, die sich ihrer Eigenart und der Aufgabe der Anstalt nach für eine Mitwirkung eignen, der Anstaltsleitung Vorschläge und Anregungen unterbreiten. Diese sollen mit der Vertretung erörtert werden.

(2) Die Gefangenen werden zur aktiven Mitwirkung angeregt. Die Anstalt fördert die Übernahme der Mitverantwortung in differenzierten und gestuften Formen der Mitwirkung, insbesondere bei der Gestaltung alltäglicher Abläufe.

§ 68
Hausordnung

Die Anstaltsleitung erlässt eine Hausordnung. Diese informiert in verständlicher Form namentlich über die Rechte und Pflichten der Gefangenen und enthält Erläuterungen zur Organisation des Besuchs, zur Arbeitszeit, Freizeit und Ruhezeit sowie Hinweise zu den Möglichkeiten, Anträge und Beschwerden anzubringen.

§ 69
Aufsichtsbehörde

(1) Das Justizministerium führt die Aufsicht über die Anstalten und sichert gemeinsam mit ihnen die Qualität des Vollzuges.

(2) An der Aufsicht über die Fachdienste sind eigene Fachkräfte zu beteiligen. Soweit die Aufsichtsbehörde nicht über eigene Fachkräfte verfügt, ist fachliche Beratung sicherzustellen.

(3) Die Aufsicht über die Einrichtungen im Vollzug in freien Formen außerhalb der Landesjustizverwaltung wird im Einvernehmen mit der für die Jugendhilfe zuständigen obersten Aufsichtsbehörde geregelt.

§ 70
Vollstreckungsplan

(1) Die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Anstalten wird durch die Aufsichtsbehörde in einem Vollstreckungsplan nach allgemeinen Merkmalen geregelt.

(2) Der Vollstreckungsplan bestimmt insbesondere, welche Anstalten und Abteilungen sozialtherapeutische Einrichtungen oder solche des offenen Vollzuges sind. Ferner legt er fest, inwieweit Gefangene, die sich freiwillig zum Strafantritt stellen, zunächst bis zum Abschluss der Diagnostik in eine Anstalt oder Abteilung des offenen Vollzuges aufzunehmen sind.

(3) Die für den Vollzug sachlich und örtlich zuständige Anstalt kann auch im Rahmen eines Auswahlverfahrens in der Untersuchungshaft bestimmt werden.

Abschnitt 16
Beiräte

§ 71
Aufgaben und Befugnisse der Beiräte

Die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über die Aufgaben der Beiräte (§ 105), die Befugnisse (§ 106) und die Pflicht zur Verschwiegenheit (§ 107) gelten entsprechend.

Abschnitt 17
Datenschutz

§ 72
Anwendung datenschutzrechtlicher Regelungen, Datenverarbeitungsverfahren

(1) Die entsprechend §§ 68, 108 und 109 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen erhobenen und nach Maßgabe dieses Abschnittes zu verarbeitenden Daten können im Geltungsbereich dieses Gesetzes für die Vollzugsbehörden in einer zentralen Datei gespeichert werden. Die speichernde Stelle hat zu gewährleisten, dass die Übermittlung und der Abruf zumindest durch geeignete Stichprobenverfahren festgestellt und überprüft werden können.

(2) Die Landesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung die Einzelheiten der Einrichtung automatisierter Übermittlungs- und Abrufverfahren im Geltungsbereich dieses Gesetzes. Die Rechtsverordnung hat die Datenempfängerinnen und Datenempfänger, die Datenart und den Zweck des Abrufs festzulegen. Die oder der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit ist vorher zu unterrichten. Die Ermächtigung zum Erlass der Rechtsverordnungen kann auf das Justizministerium übertragen werden. Die Vorschriften über die Zulässigkeit des einzelnen Abrufs bleiben unberührt.

(3) Im Übrigen gelten die Vorschriften des Abschnitts 22 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über den Datenschutz entsprechend.

Abschnitt 18
Kriminologischer Dienst, Schlussbestimmungen

§ 73
Kriminologischer Dienst

(1) Im Interesse einer Erfolgskontrolle und wissenschaftlichen Fortentwicklung lassen die Vollzugsbehörden den Jugendstrafvollzug, insbesondere seine Aufgabenerfüllung und Gestaltung, seine Behandlungsmethoden, die Umsetzung seiner Leitlinien und die Förder- und Erziehungsmaßnahmen für die Gefangenen sowie deren Wirkungen auf das Vollzugsziel regelmäßig unter Berücksichtigung empirisch messbarer Leistungsstandards und Ergebnisindikatoren durch den kriminologischen Dienst, durch Hochschulen oder durch andere Stellen wissenschaftlich begleiten, erforschen und bewerten.

(2) § 120 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.

§ 74
Einschränkung von Grundrechten

Durch dieses Gesetz werden die Grundrechte aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 und 2 (körperliche Unversehrtheit und Freiheit der Person), Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 (Informationsfreiheit) und Artikel 10 Absatz 1 (Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis) des Grundgesetzes eingeschränkt.

§ 75
Verhältnis zum Bundesrecht

Dieses Gesetz ersetzt nach Artikel 125a Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes in seinem Geltungsbereich zugleich das Strafvollzugsgesetz vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 581, 2088), das zuletzt durch Artikel 152 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, mit Ausnahme der Vorschriften über

1. den Pfändungsschutz (§ 43 Absatz 11 Satz 2, § 50 Absatz 2 Satz 5, § 51 Absatz 4 und 5),

2. das gerichtliche Verfahren (§§ 92, 110 Absatz 1 des Jugendgerichtsgesetzes in Verbindung mit §§ 109 bis 121 des Strafvollzugsgesetzes) und

3. den Vollzug des Strafarrestes sowie von Ordnungs-, Sicherungs-, Zwangs- und Erzwingungshaft (§§ 171 bis 175, 178 Absatz 2),

auch soweit sie über §§ 176 und 178 Absatz 1 des Strafvollzugsgesetzes Anwendung finden.

§ 76
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am ersten Tag des vierten auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft. Gleichzeitig tritt das Jugendstrafvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen vom 20. November 2007 (GV. NRW. S. 539), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 310) geändert worden ist, außer Kraft.

46

Artikel 2
Änderung des Untersuchungshaftvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen

Das Untersuchungshaftvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen vom 27. Oktober 2009 (GV. NRW. S. 540), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 310) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt gefasst:

„Inhaltsübersicht

Abschnitt 1
Grundsätze

§ 1 Stellung der Untersuchungsgefangenen, Zweck der Untersuchungshaft

§ 2 Gestaltung des Vollzuges

§ 3 Trennung des Vollzuges

§ 4 Zuständigkeit, Mitwirkung der Anstalt, Täter-Opfer-Ausgleich

§ 5 Soziale Hilfe

Abschnitt 2
Vollzugsverlauf

§ 6 Aufnahme in die Anstalt

§ 7 Verlegung, Überstellung, Ausantwortung, Ausführung

§ 8 Unterbrechung und Beendigung der Untersuchungshaft

§ 9 Entlassung

Abschnitt 3
Gestaltung des Vollzugsalltags

§ 10 Unterbringung

§ 11 Persönlicher Bereich, Auslese von Datenspeichern, Einkauf

§ 12 Verpflegung

§ 13 Beschäftigung, Bildungsmaßnahmen, Gelder

§ 14 Freizeit

Abschnitt 4
Religionsausübung

§ 15 Seelsorge, religiöse Veranstaltungen, Weltanschauungsgemeinschaften

Abschnitt 5
Außenkontakte

§ 16 Grundsatz

§ 17 Besuche

§ 18 Schriftwechsel

§ 19 Telekommunikation

§ 20 Pakete

§ 21 Kontaktverbote

§ 22 Kontakt mit Verteidigerinnen und Verteidigern sowie bestimmten Personen und Institutionen

Abschnitt 6
Gesundheitsfürsorge

§ 23 Gesundheitsfürsorge, Aufenthalt im Freien

§ 24 Medizinische Leistungen, Kostenbeteiligung, Aufwendungsersatz

§ 25 Benachrichtigung im Krankheits- oder Todesfall

Abschnitt 7
Sicherheit und Ordnung, unmittelbarer Zwang

§ 26 Grundsatz, Verhaltensvorschriften

§ 27 Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit

§ 28 Besondere Sicherungsmaßnahmen

§ 29 Unmittelbarer Zwang, Handeln auf Anordnung, Festnahmerecht

§ 30 Zwangsmaßnahmen zur Gefahrenabwehr auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge

Abschnitt 8
Disziplinarmaßnahmen

§ 31 Voraussetzungen, Konfliktregelung

§ 32 Disziplinarmaßnahmen

§ 33 Verfahren, Vollzug

Abschnitt 9
Vorschriften für junge
Untersuchungsgefangene

§ 34 Anwendungsbereich

§ 35 Gestaltung des Vollzuges

§ 36 Trennung des Vollzuges

§ 37 Betreuung, Auswahlverfahren

§ 38 Außenkontakte

§ 39 Ergänzende Anwendung des Jugendstrafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen

Abschnitt 10
Aufhebung von Maßnahmen,
Beschwerderecht

§ 40 Widerruf, Rücknahme

§ 41 Beschwerderecht

Abschnitt 11
Anstalten, innerer Aufbau, Aufsicht

§ 42 Anstaltsleitung

§ 43 Bedienstete

§ 44 Seelsorge

§ 45 Medizinische Versorgung

§ 46 Konferenzen

§ 47 Gefangenenmitverantwortung

§ 48 Hausordnung

§ 49 Aufsichtsbehörde

§ 50 Vollstreckungsplan

§ 51 Festsetzung der Belegungsfähigkeit, Verbot der Überbelegung

Abschnitt 12
Beiräte

§ 52 Aufgaben und Befugnisse der Beiräte

Abschnitt 13
Datenschutz

§ 53 Anwendung datenschutzrechtlicher Regelungen, Datenverarbeitungsverfahren

Abschnitt 14
Kriminologischer Dienst,
Schlussbestimmungen

§ 54 Kriminologischer Dienst

§ 55 Entsprechende Anwendung

§ 56 Einschränkung von Grundrechten

§ 57 Bundesrecht

§ 58 Inkrafttreten“

2. § 1 wird wie folgt geändert:

a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:

§ 1
Stellung der Untersuchungsgefangenen, Zweck der Untersuchungshaft

b) Die Absätze 1 und 2 werden wie folgt gefasst:
„(1) Untersuchungsgefangene gelten als unschuldig und sind entsprechend zu behandeln, so dass nicht der Anschein entsteht, sie würden zur Verbüßung einer Strafe festgehalten. Der Vollzug der Untersuchungshaft dient allein dem Zweck, durch eine sichere Unterbringung der Untersuchungsgefangenen die Durchführung eines geordneten Strafverfahrens zu gewährleisten und den in den gesetzlichen Haftgründen zum Ausdruck kommenden Gefahren zu begegnen.

(2) Annehmlichkeiten und Beschäftigungen dürfen sie sich auf ihre Kosten verschaffen, soweit sie mit dem Zweck der Haft vereinbar sind und nicht die Sicherheit oder Ordnung der Anstalten beeinträchtigen.“

c) Folgender Absatz 4 wird angefügt:
„(4) Von mehreren gleich geeigneten Maßnahmen ist diejenige zu wählen, die die Untersuchungsgefangenen voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem angestrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. Sie ist nur so lange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder nicht mehr erreicht werden kann.“

3. § 2 wird wie folgt gefasst:

§ 2
Gestaltung des Vollzuges

(1) Das Leben im Vollzug ist den allgemeinen Lebensverhältnissen anzugleichen, soweit der Zweck der Untersuchungshaft und die Erfordernisse eines geordneten Zusammenlebens in der Anstalt dies zulassen. Schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges ist entgegenzuwirken.

(2) Die unterschiedlichen Lebenslagen und Bedürfnisse der weiblichen und männlichen Untersuchungsgefangenen, der Untersuchungsgefangenen, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (junge Untersuchungsgefangene), sowie besondere Umstände, namentlich der Zuwanderungshintergrund, die Religion, die Behinderung und die sexuelle Identität, werden bei der Gestaltung des Vollzuges in angemessenem Umfang berücksichtigt.“

4. § 4 wird wie folgt gefasst:

§ 4
Zuständigkeit, Mitwirkung der Anstalt, Täter-Opfer-Ausgleich

(1) Die nach diesem Gesetz notwendigen Entscheidungen trifft die Anstalt. Sie hat Anordnungen nach § 119 der Strafprozessordnung (verfahrenssichernde Anordnungen) zu beachten und umzusetzen.

(2) Die Anstalt wirkt dabei mit, dass die Untersuchungshaft ihrem Zweck entsprechend vollzogen und Möglichkeiten der Haftverkürzung ergriffen werden. Während des Vollzuges gewonnene Erkenntnisse, die aus Sicht der Anstalt für das Strafverfahren von Bedeutung sein können, werden unverzüglich an das Gericht oder die Staatsanwaltschaft weitergeleitet.

(3) Auf Antrag der die Tatvorwürfe einräumenden Untersuchungsgefangenen fördert die Anstalt die Durchführung eines Täter-Opfer-Ausgleichs. Hierzu benennt sie insbesondere Stellen und Einrichtungen, die die Untersuchungsgefangenen in ihren Bemühungen begleiten.“

5. § 5 wird wie folgt gefasst:

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Soziale Hilfe

(1) Untersuchungsgefangene werden in ihrem Bestreben nach der Bewältigung ihrer persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten unterstützt. Die Hilfe ist darauf gerichtet, sie in die Lage zu versetzen, ihre Angelegenheiten selbst zu ordnen und zu regeln. Zu diesem Zweck werden ihnen auch Stellen und Einrichtungen außerhalb der Anstalt benannt, die sich um eine Vermeidung der weiteren Untersuchungshaft bemühen oder Hilfen in besonderen sozialen oder gesundheitlichen Problemlagen anbieten. Ihnen werden auch in der Anstalt Hilfen zur Verbesserung ihrer sozialen Situation angeboten, soweit es die besonderen Bedingungen der Untersuchungshaft zulassen.

(2) Die Anstalten arbeiten eng mit außervollzuglichen Einrichtungen und Organisationen sowie mit Personen und Vereinen, die soziale Hilfestellung leisten können, zusammen.

(3) Untersuchungsgefangene werden in dem Bemühen unterstützt, ihre Rechte wahrzunehmen und ihre Pflichten zu erfüllen, insbesondere ihr Wahlrecht auszuüben und für Unterhaltsberechtigte zu sorgen.“

6. Die §§ 6 bis 8 werden wie folgt gefasst:

§ 6
Aufnahme in die Anstalt

(1) Untersuchungsgefangene werden auf Grund eines schriftlichen Aufnahmeersuchens des Gerichts in die nach dem Vollstreckungsplan zuständige Anstalt aufgenommen, soweit das Gericht nicht im Einzelfall eine andere Anstalt bestimmt hat.

(2) Mit neu aufgenommenen Untersuchungsgefangenen ist möglichst am Tag der Aufnahme ein Aufnahmegespräch zu führen, in dem sie über ihre Rechte und Pflichten unterrichtet werden. Diese Unterrichtung kann auch mittels eines Merkblatts erfolgen, das in einer den Untersuchungsgefangenen verständlichen Sprache abgefasst ist. Ihnen sind die Hausordnung sowie ein Exemplar dieses Gesetzes zugänglich zu machen. Die Untersuchungsgefangenen sind dabei zu unterstützen, etwa notwendige Maßnahmen für hilfsbedürftige Angehörige sowie sonstige dringend erforderliche Maßnahmen zu veranlassen.

(3) Untersuchungsgefangene werden alsbald ärztlich untersucht.

(4) Bei der Aufnahme, der ärztlichen Untersuchung und dem Aufnahmegespräch dürfen andere Gefangene nicht anwesend sein. Ausnahmen bedürfen der Einwilligung der betroffenen Untersuchungsgefangenen.

(5) Den Untersuchungsgefangenen ist Gelegenheit zu geben, eine Angehörige oder einen Angehörigen oder eine Vertrauensperson von der Aufnahme in die Anstalt zu benachrichtigen.

§ 7
Verlegung, Überstellung, Ausantwortung, Ausführung

(1) Untersuchungsgefangene können in eine andere für den Vollzug der Untersuchungshaft zuständige Anstalt verlegt oder überstellt werden, wenn dies

1. zur Umsetzung einer verfahrenssichernden Anordnung,

2. aus Gründen der Sicherheit oder schwerwiegenden Gründen der Ordnung,

3. aus Gründen der Vollzugsorganisation oder

4. aus anderen wichtigen Gründen

erforderlich ist. Vor einer Verlegung oder Überstellung ist dem Gericht und der Staatsanwaltschaft Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Ist dies auf Grund von Gefahr im Verzug nicht möglich, ist die Stellungnahme unverzüglich nachzuholen. Die Vorschrift des § 11 Absatz 3 (Ausantwortung) und 4 (Anhörung) des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2015 (GV. NRW. S. 76) in der jeweils geltenden Fassung gilt entsprechend.

(2) Untersuchungsgefangenen, die in eine andere Anstalt verlegt oder überstellt werden, ist Gelegenheit zu geben, Angehörige oder eine Vertrauensperson zu benachrichtigen.

(3) Untersuchungsgefangenen können Ausführungen aus wichtigem Anlass gewährt werden; sie sind auch ohne Zustimmung der Untersuchungsgefangenen zulässig, wenn dies aus besonderen Gründen notwendig ist.

(4) Bei Ausführungen aus wichtigem Anlass kann den Untersuchungsgefangenen, um Entweichungen entgegenzuwirken, aufgegeben werden, nach Maßgabe des § 124 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.

§ 8
Unterbrechung und Beendigung der Untersuchungshaft

(1) Wird die Untersuchungshaft zur Vollstreckung einer Freiheits-, Ersatzfreiheits- oder Jugendstrafe unterbrochen, werden die Untersuchungsgefangenen für die Dauer des Vollzuges der Strafe als Strafgefangene behandelt. § 119 Absatz 6 der Strafprozessordnung bleibt unberührt.

(2) Beginn und Ende der Strafhaft sind der Vollstreckungsbehörde und dem für die Untersuchungshaft zuständigen Gericht mitzuteilen.

(3) Bei Verurteilung zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt wird und die nicht durch Anrechnung der Untersuchungshaft bereits erledigt ist, sind die Untersuchungsgefangenen mit Rechtskraft des Urteils nach den Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen oder des Jugendstrafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 484) in der jeweils geltenden Fassung zu behandeln. Dies gilt nicht, wenn aufgrund eines anderen Haftbefehls weiterhin Untersuchungshaft zu vollziehen ist.

(4) Sobald die Anstalt über den Eintritt der Rechtskraft unterrichtet worden ist, veranlasst sie im Zusammenwirken mit der Vollstreckungsbehörde die Verlegung der Gefangenen in die für die Strafvollstreckung zuständige Anstalt.“

7. § 9 wird wie folgt geändert:

a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:

§ 9
Entlassung

b) Absatz 2 wird wie folgt geändert:

aa) Satz 2 wird aufgehoben.

bb) Im neuen Satz 3 wird die Angabe „3“ durch die Angabe „4“ ersetzt.

cc) Der neue Satz 4 wird wie folgt gefasst:
„§ 39 Absatz 4 Satz 2 bis 4 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.“

c) Absatz 3 wird wie folgt gefasst:
„(3) Bedürftige Untersuchungsgefangene erhalten bei ihrer Entlassung einen Reisekostenzuschuss sowie eine Überbrückungsbeihilfe und bei Bedarf für die Entlassung ausreichende Kleidung. Bei der Bemessung der Überbrückungsbeihilfe ist der Zeitraum zu berücksichtigen, den Untersuchungsgefangene benötigen, um vorrangige Hilfe in Anspruch zu nehmen.“

d) Absatz 4 wird aufgehoben.

8. Abschnitt 3 wird wie folgt gefasst:

Abschnitt 3
Gestaltung des Vollzugsalltags

§ 10
Unterbringung

(1) Untersuchungsgefangene werden in ihren Hafträumen allein untergebracht.

(2) Eine gemeinsame Unterbringung ist insbesondere zulässig, wenn

1. eine Gefahr für Leben oder Gesundheit der Untersuchungsgefangenen besteht,

2. Untersuchungsgefangene hilfsbedürftig sind,

3. dies im Einzelfall aus zwingenden Gründen der Anstaltsorganisation erforderlich ist,

4. sich die Untersuchungsgefangenen im Justizvollzugskrankenhaus oder in Kranken- oder Pflegeabteilungen von Justizvollzugseinrichtungen befinden,

5. die Untersuchungsgefangenen die gemeinsame Unterbringung beantragen oder

6. die gemeinsame Unterbringung geeignet erscheint, schädlichen Folgen der Inhaftierung entgegenzuwirken,

und in den Fällen der Nummern 1 bis 5 eine schädliche Beeinflussung der Untersuchungsgefangenen nicht zu befürchten ist.

(3) Untersuchungsgefangene dürfen sich außerhalb ihrer Hafträume in Gemeinschaft aufhalten, soweit es die räumlichen, personellen und organisatorischen Verhält-nisse der Anstalt gestatten und Gründe der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt nicht entgegenstehen.

§ 11
Persönlicher Bereich, Auslesen von Datenspeichern, Einkauf

(1) Untersuchungsgefangene dürfen eigene Kleidung tragen und eigene Bettwäsche benutzen, soweit sie für die Reinigung, die Instandhaltung und den regelmäßigen Wechsel auf eigene Kosten sorgen und die Sicherheit oder schwerwiegende Gründe der Ordnung der Anstalt nicht entgegenstehen. Im Einzelfall kann gestattet werden, für die Untersuchungsgefangenen Kleidungsstücke und Bettwäsche in der Anstalt abzugeben und dort abzuholen.

(2) Untersuchungsgefangene dürfen ihren Haftraum in angemessenem Umfang mit eigenen Sachen ausstatten. Sie dürfen nur in Gewahrsam haben, was ihnen von der Anstalt oder mit deren Erlaubnis überlassen worden ist. Gegenstände, die die Übersichtlichkeit des Haftraums behindern, eine unverhältnismäßig aufwändige Überprüfung erfordern, sonst die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder den Zweck der Untersuchungshaft gefährden können, dürfen sie nicht in Gewahrsam haben.

(3) Elektronische Datenspeicher sowie elektronische Geräte mit Datenspeichern, die Untersuchungsgefangene ohne Erlaubnis der Anstalt in Gewahrsam haben, dürfen auf einzelfallbezogene schriftliche Anordnung der Anstaltsleitung ausgelesen werden, soweit tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dies zu vollzuglichen Zwecken oder zu den in § 111 Absatz 2 Nummer 2, 4 oder 5 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen genannten Zwecken erforderlich ist. Die so erhobenen Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit dies zu den in Satz 1 genannten Zwecken erforderlich ist.

(4) Die nach Absatz 3 erhobenen Daten dürfen nicht weiter verarbeitet werden, soweit sie

1. zum Kernbereich der privaten Lebensgestaltung Dritter gehören oder

2. zum Kernbereich der privaten Lebensgestaltung Untersuchungsgefangener gehören und die weitere Verarbeitung auch unter Berücksichtigung der in Absatz 3 genannten vollzuglichen Interessen an der Verarbeitung sowie der Unzulässigkeit des Besitzes und der Nutzung des Datenspeichers für diese unzumutbar ist.

Insoweit sind die Daten unverzüglich zu löschen. Die Tatsachen der Erfassung und der Löschung der Daten sind zu dokumentieren. Die Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie ist zu löschen, wenn sie für diese Zwecke nicht mehr erforderlich ist, spätestens jedoch am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Dokumentation folgt.

(5) Die Untersuchungsgefangenen sind bei der Aufnahme über die Möglichkeit des Auslesens von Datenspeichern zu belehren.

(6) Eingebrachte Sachen, die Untersuchungsgefangene nicht in Gewahrsam haben dürfen, sind für sie aufzubewahren. Lassen die Verhältnisse der Anstalt eine Aufbewahrung nicht zu und weigern sich Untersuchungsgefangene, die Sachen zu versenden, werden diese auf Kosten der Untersuchungsgefangenen vernichtet, verwertet oder aus der Anstalt entfernt.

(7) Aufzeichnungen und andere Gegenstände, die Kenntnisse über Sicherungsvorkehrungen einer Anstalt vermitteln, dürfen vernichtet oder unbrauchbar gemacht werden.

(8) Untersuchungsgefangene dürfen in angemessenem Umfang aus einem von der Anstalt vermittelten Angebot Nahrungs- und Genussmittel sowie andere Gegenstände des persönlichen Bedarfs einkaufen. Für ein Einkaufsangebot, das die Wünsche und Bedürfnisse der Untersuchungsgefangenen angemessen berücksichtigt, ist zu sorgen. § 17 Absatz 3 und 4 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.

§ 12
Verpflegung

Untersuchungsgefangene erhalten Anstaltsverpflegung. Zusammensetzung und Nährwert der Anstaltsverpflegung werden ärztlich überwacht. Auf ärztliche Anordnung wird besondere Verpflegung gewährt. Untersuchungsgefangenen ist zu ermöglichen, Speisevorschriften ihrer Religionsgemeinschaften zu befolgen oder sich vegetarisch zu ernähren.

§ 13
Beschäftigung, Bildungsmaßnahmen, Gelder

(1) Untersuchungsgefangene sind zur Arbeit nicht verpflichtet.

(2) Ihnen soll auf Nachfrage eine Arbeit, sonstige Beschäftigung oder eine Hilfstätigkeit angeboten werden, die ihre körperlichen und geistigen Fähigkeiten sowie ihre Interessen berücksichtigt. Untersuchungsgefangenen kann auch eine arbeitstherapeutische Beschäftigung angeboten werden, soweit dies angezeigt ist. § 29 Absatz 5 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.

(3) Bei der Ausübung einer angebotenen Arbeit, sonstigen Beschäftigung oder einer Hilfstätigkeit erhalten die Untersuchungsgefangenen ein Arbeitsentgelt, das mit fünf Prozent der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I S. 3710, 3973; 2011 I S. 363) in der jeweils geltenden Fassung zu bemessen ist (Eckvergütung). Ein Tagessatz ist der zweihundertfünfzigste Teil der Eckvergütung. § 32 Absatz 3, Absatz 4 Satz 1 und 2, Absatz 5 und 6 sowie § 33 Absatz 1 und 2 sowie 4 und 5 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gelten entsprechend. Das Justizministerium wird ermächtigt, zur Umsetzung der Vorschriften über die Vergütung eine Rechtsverordnung über die Bemessung des Arbeitsentgeltes, die Ausbildungsbeihilfe, die anrechenbaren Arbeitszeiten, die Zeiteinheiten in Stunden oder Minuten, die Entgeltart als Zeit- oder Leistungsentgelt, die Vergütungsstufen und die Gewährung von Zulagen zu erlassen. Zeiten, die zur Begründung von Freistellungsansprüchen nach diesem Gesetz beitragen, werden anteilig auf Freistellungsansprüche nach dem Strafvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen angerechnet.

(4) Geeigneten Untersuchungsgefangenen soll Gelegenheit zur Teilnahme an schulischen und beruflichen Orientierungs-, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen gegeben werden, soweit es die Möglichkeiten der Anstalt und die besonderen Bedingungen der Untersuchungshaft zulassen. Untersuchungsgefangenen, die während der Arbeitszeit ganz oder teilweise an solchen Maßnahmen teilnehmen, wird Ausbildungsbeihilfe gewährt, soweit ihnen keine Leistungen zum Lebensunterhalt zustehen, die nicht inhaftierten Personen aus solchem Anlass gewährt werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) In Ausnahmefällen, namentlich zur Überbrückung einer unverschuldeten Bedürftigkeit zu Beginn der Inhaftierung, kann die Anstalt Untersuchungsgefangenen auf Antrag bis zu drei Monaten Taschengeld gewähren. Die Höhe des Taschengeldes beträgt 14 Prozent des Tagessatzes der Eckvergütung nach Absatz 3 Satz 2.

(6) Vergütungen nach den Absätzen 3 und 4 sowie Gelder, die Untersuchungsgefangene in die Anstalt einbringen oder die für sie von Dritten eingebracht oder überwiesen werden, sind als Eigengeld gutzuschreiben. Die Untersuchungsgefangenen können über ihr Eigengeld verfügen.

§ 14
Freizeit

(1) Untersuchungsgefangene erhalten Gelegenheit, ihre Freizeit sinnvoll zu gestalten. Es sollen insbesondere Angebote zur kulturellen Betätigung, zur Bildung, zum Sport sowie Angebote zur kreativen Entfaltung vorgehalten werden. Die Benutzung einer bedarfsgerecht ausgestatteten Bibliothek ist zu ermöglichen.

(2) Der Zugang zum Hörfunk- und Fernsehempfang ist zu ermöglichen. Eigene Geräte können unter den Voraussetzungen des § 11 Absatz 2 zugelassen werden.

(3) Untersuchungsgefangene dürfen unter den Voraussetzungen des § 11 Absatz 2 nach Maßgabe der Anstalt in angemessenem Umfang sonstige Geräte der Informations- und Unterhaltungselektronik, Bücher sowie andere Gegenstände zur Aus- und Fortbildung oder Freizeitgestaltung besitzen. Zeitungen und Zeitschriften dürfen sie durch Vermittlung der Anstalt in angemessenem Umfang auf eigene Kosten beziehen. § 52 Absatz 3 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.

(4) Untersuchungsgefangene können auf ein Haftraummediensystem verwiesen werden. Der Betrieb von Empfangsanlagen und Haftraummediensystemen sowie die Ausgabe von Hörfunk- und Fernsehgeräten und sonstigen Geräten der Informations- und Unterhaltungselektronik können auf Dritte übertragen werden. In diesen Fällen ist Untersuchungsgefangenen der Besitz eigener Geräte in der Regel nicht gestattet.

(5) Die Untersuchungsgefangenen können an den Kosten für die Überlassung, die Überprüfung und den Betrieb von Hörfunk- und Fernsehgeräten, sonstigen Geräten der Informations- und Unterhaltungselektronik sowie Haftraummediensystemen und die Bereitstellung des Hörfunk- und Fernsehempfangs angemessen beteiligt werden.“

9. § 15 wird wie folgt gefasst:

§ 15
Seelsorge, religiöse Veranstaltungen, Weltanschauungsgemeinschaften

Die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über die Seelsorge (§ 40), religiöse Veranstaltungen (§ 41) und Weltanschauungsgemeinschaften (§ 42) gelten entsprechend.“

10. Die §§ 16 und 17 werden aufgehoben.

11. Abschnitt 5 wird wie folgt gefasst:

Abschnitt 5
Außenkontakte

§ 16
Grundsatz

(1) Untersuchungsgefangene dürfen nach Maßgabe der Vorschriften dieses Abschnitts

1. regelmäßig Besuch empfangen,

2. Schreiben absenden und empfangen,

3. Einrichtungen der Telekommunikation nutzen und

4. Pakete versenden und empfangen,

soweit eine verfahrenssichernde Anordnung nicht entgegensteht.

(2) Soweit die Vorschriften dieses Abschnittes für die Überwachung, das Verbot oder andere Beschränkungen von Außenkontakten auf die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen verweisen, finden diese mit der Maßgabe Anwendung, dass Anordnungen nur aus Gründen der Sicherheit und Ordnung oder zum Schutz der in dem der Vollstreckung zugrunde liegenden Haftbefehl als Opfer bezeichneten Personen zulässig sind.

(3) Der Kontakt zu Angehörigen, insbesondere zu minderjährigen Kindern der Untersuchungsgefangenen, und anderen nahestehenden Personen wird besonders gefördert.

(4) Die Kosten des Schrift- und des Paketverkehrs sowie der Telekommunikation tragen die Untersuchungsgefangenen. Bei bedürftigen Untersuchungsgefangenen können die Kosten in angemessenem Umfang übernommen werden.

§ 17
Besuche

(1) Untersuchungsgefangene dürfen regelmäßig Besuch empfangen. Die Gesamtdauer beträgt mindestens zwei Stunden im Monat. Das Nähere regelt die Anstalt.

(2) Zur besonderen Förderung der Besuche von minderjährigen Kindern der Untersuchungsgefangenen sollen zwei weitere Stunden zugelassen werden. Ein familiengerechter Umgang zum Wohl der minderjährigen Kinder ist zu gestatten. Bei der Ausgestaltung der Besuchsmöglichkeiten, namentlich der Besuchszeiten und der Rahmenbedingungen der Besuche, sind die Bedürfnisse der minderjährigen Kinder der Untersuchungsgefangenen zu berücksichtigen.

(3) Besuche sollen darüber hinaus zugelassen werden, wenn sie den persönlichen, rechtlichen oder geschäftlichen Angelegenheiten dienen, die von den Untersuchungsgefangenen nicht schriftlich oder durch Dritte wahrgenommen werden können.

(4) Den Untersuchungsgefangenen können zudem nach einer angemessenen Zeit der Bewährung in der Anstalt mehrstündige, unbeaufsichtigte Besuche (Langzeitbesuche) ermöglicht werden, wenn dies zur Förderung oder zum Erhalt familiärer, partnerschaftlicher oder anderer gleichwertiger Kontakte der Untersuchungsgefangenen geboten erscheint und verantwortet werden kann.

(5) Soweit eine verfahrenssichernde Anordnung den Empfang von Besuch beschränkt, wird hierzu nur zugelassen, wer über eine schriftliche Besuchserlaubnis des Gerichts oder der Staatsanwaltschaft verfügt.

(6) Aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt kann die Zulassung einer Person zum Besuch von ihrer Durchsuchung oder einer Sicherheitsanfrage nach § 109 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen abhängig gemacht werden.

(7) Die Anstalt kann die Anzahl der gleichzeitig zum Besuch zugelassenen Personen beschränken.

(8) Gegenstände dürfen beim Besuch nur mit Erlaubnis der Anstalt übergeben werden. § 11 Absatz 2 gilt entsprechend.

(9) Für die Überwachung von Besuchen gilt § 20 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen entsprechend. Besuche dürfen auch dann abgebrochen werden, wenn die Besucherinnen und Besucher oder Untersuchungsgefangene gegen verfahrenssichernde Anordnungen verstoßen.

§ 18
Schriftwechsel

(1) Für den Schriftwechsel gelten die Regelungen des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über den Schriftwechsel (§ 21), die Überwachung des Schriftwechsels (§ 22) und das Anhalten von Schreiben (§ 23) entsprechend.

(2) Ist die Überwachung des Schriftwechsels nach § 119 Absatz 1 der Strafprozessordnung angeordnet, vermittelt die Anstalt die Absendung und den Empfang aller Schreiben der Untersuchungsgefangenen über die zur Überwachung zuständige Stelle. Ist der Schriftwechsel auch aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder zum Schutz einer im Haftbefehl als Opfer bezeichneten Person überwacht worden, vermerkt die Anstalt Art und Umfang der Kontrolle in geeigneter Weise auf dem Begleitumschlag.

(3) Bei der Überwachung des Schriftwechsels ist dafür zu sorgen, dass von dem gedanklichen Inhalt der Schreiben allein die im Rahmen der Textkontrolle befugten Personen Kenntnis nehmen können.

§ 19
Telekommunikation

Die Regelungen des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über die Telefongespräche (§ 24) und andere Formen der Telekommunikation (§ 27) gelten entsprechend. Telefongespräche dürfen auch dann abgebrochen werden, wenn die Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner oder Untersuchungsgefangene gegen verfahrenssichernde Anordnungen verstoßen.

§ 20
Pakete

§ 28 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.

§ 21
Kontaktverbote

Kontakte können untersagt oder beschränkt werden, wenn im Einzelfall

1. die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde,

2. die Untersuchungsgefangenen mit Opfern von Straftaten der Untersuchungsgefangenen oder Personen, die im Haftbefehl als Opfer genannt werden, in Verbindung treten wollen und durch den Kontakt nachteilige Auswirkungen auf die Opfer oder gefährdete Dritte zu befürchten sind oder diese einer Kontaktaufnahme widersprochen haben,

3. bei minderjährigen Untersuchungsgefangenen Personensorgeberechtigte aus nachvollziehbaren Gründen nicht mit dem Kontakt einverstanden sind oder

4. zu befürchten ist, dass der Kontakt Bestrebungen im Sinne des § 3 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 5 des Verfassungsschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 20. Dezember 1994 (GV. NRW. 1995, S. 28) in der jeweils geltenden Fassung oder entsprechende Verhaltensweisen fördert.

§ 22
Kontakt mit Verteidigerinnen und Verteidigern sowie bestimmten
Personen und Institutionen

Für die Kontakte der Untersuchungsgefangenen mit ihren Verteidigerinnen und Verteidigern, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, Notarinnen und Notaren sowie mit bestimmten Personen und Institutionen gilt § 26 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen entsprechend. Soweit Untersuchungsgefangene unter Bewährungs- oder Führungsaufsicht stehen oder über sie Berichte der Gerichtshilfe angefordert sind, stehen die Fachkräfte des ambulanten Sozialen Dienstes den Verteidigerinnen und Verteidigern gleich.“

12. Die Überschrift zu Abschnitt 6 wird wie folgt gefasst:

Abschnitt 6
Gesundheitsfürsorge

13. § 24 wird § 23 und wie folgt geändert:

a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:

§ 23
Gesundheitsfürsorge, Aufenthalt im Freien

b) Absatz 1 Satz 1 wird wie folgt gefasst:
„Für das körperliche, seelische, geistige und soziale Wohlergehen der Untersuchungsgefangenen ist zu sorgen.“

c) In Absatz 2 werden die Wörter „dies zu der festgesetzten Zeit zulässt; es sei denn, sie arbeiten im Freien“ durch die Wörter „dem nicht zwingend entgegensteht“ ersetzt.

d) Absatz 4 wird aufgehoben.

14. § 25 wird § 24 und wie folgt gefasst:

§ 24
Medizinische Leistungen, Kostenbeteiligung,
Aufwendungsersatz

(1) Die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über die suchtmedizinische Behandlung (§ 44), die medizinischen Leistungen und die Kostenbeteiligung (§ 45), die Überstellung und Verlegung aus medizinischen Gründen (§ 46) und über Schwangerschaft, Mutterschaft und Geburtsanzeige (§ 86) gelten entsprechend.

(2) Bei Überstellungen und Verlegungen aus medizinischen Gründen sind das Gericht und die Staatsanwaltschaft unverzüglich zu unterrichten.

(3) Die Untersuchungsgefangenen sind verpflichtet, der Anstalt Aufwendungen zu ersetzen, die sie durch eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Selbstverletzung oder Verletzung anderer Gefangener verursacht haben. Ansprüche aus sonstigen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.“

15. § 26 wird aufgehoben.

16. § 27 wird § 25 und wie folgt gefasst:

§ 25
Benachrichtigung im Krankheits- oder Todesfall

§ 49 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.“

17. Die §§ 28 bis 30 werden aufgehoben.

18. Die Abschnitte 7 bis 12 werden wie folgt gefasst:

Abschnitt 7
Sicherheit und Ordnung, unmittelbarer Zwang

§ 26
Grundsatz, Verhaltensvorschriften

(1) Sicherheit und Ordnung bilden die Grundlage eines gewalt- und konfliktfreien Zusammenlebens in der Anstalt. Die Anstalt trifft die erforderlichen Maßnahmen, um ein Entweichen der Untersuchungsgefangenen zu verhindern und die Sicherheit zu gewährleisten. Die Anstalt ist befugt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Identität der Personen, die Zugang begehren, festzustellen.

(2) Untersuchungsgefangene haben sich nach der Tageseinteilung der Anstalt zu richten. Sie dürfen durch ihr Verhalten gegenüber Bediensteten, Mitgefangenen und anderen Personen das geordnete Zusammenleben nicht stören.

(3) Untersuchungsgefangene haben die Anordnungen der Bediensteten zu befolgen, auch wenn sie sich durch sie beschwert fühlen. Einen ihnen zugewiesenen Bereich dürfen sie nicht ohne Erlaubnis verlassen.

(4) Ihre Hafträume und die ihnen von der Anstalt überlassenen Sachen haben sie in Ordnung zu halten und schonend zu behandeln.

(5) Untersuchungsgefangene haben Umstände, die eine Gefahr für das Leben oder eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit einer Person bedeuten, unverzüglich zu melden.

§ 27
Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit

Die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über die Durchsuchung (§ 64), die Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelkonsum (§ 65), den Einsatz von Videotechnik (§ 66), die Maßnahmen zur Verhinderung unerlaubter Telekommunikation (§ 67) sowie die erkennungsdienstlichen Maßnahmen und das Identitätsfeststellungsverfahren (§ 68) gelten entsprechend. § 68 Absatz 5 Satz 1 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt mit der Maßgabe, dass der Anspruch auf Löschung mit der Aufhebung des Haftbefehls und der Entlassung aus der Haft entsteht.

§ 28
Besondere Sicherungsmaßnahmen

Die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über die besonderen Sicherungsmaßnahmen (§ 69), die Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen und das Verfahren (§ 70) sowie die medizinische und psychologische Überwachung (§ 71) gelten entsprechend.

§ 29
Unmittelbarer Zwang, Handeln auf Anordnung, Festnahmerecht

(1) Die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über die Begriffsbestimmungen (§ 72), die allgemeinen Voraussetzungen (§ 73), den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 74) und die Androhung (§ 75) von unmittelbarem Zwang sowie die allgemeinen Vorschriften für den Schusswaffengebrauch (§ 76) und die besonderen Vorschriften für den Schusswaffengebrauch (§ 77) gelten entsprechend.

(2) Wird unmittelbarer Zwang von einer oder einem Vorgesetzten oder einer sonst befugten Person angeordnet, sind Bedienstete verpflichtet, ihn anzuwenden, es sei denn, die Anordnung verletzt die Menschenwürde oder ist nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden. Die Anordnung darf nicht befolgt werden, wenn dadurch eine Straftat begangen würde. Befolgen Bedienstete die Anordnung trotzdem, trifft die Bediensteten eine Schuld nur, wenn sie erkennen oder wenn es nach den ihnen bekannten Umständen offensichtlich ist, dass dadurch eine Straftat begangen wird.

(3) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung haben Bedienstete der oder dem Anordnenden gegenüber vorzubringen, soweit das nach den Umständen möglich ist. Abweichende Vorschriften des allgemeinen Beamtenrechts über die Mitteilung solcher Bedenken an Vorgesetzte sind nicht anzuwenden.

(4) Untersuchungsgefangene, die entwichen sind oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Anstalt aufhalten, können durch die Anstalt oder auf ihre Veranlassung hin festgenommen und zurückgebracht werden.

§ 30
Zwangsmaßnahmen zur Gefahrenabwehr auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge

(1) Medizinische Untersuchung und Behandlung sowie Ernährung sind gegen den natürlichen Willen der Untersuchungsgefangenen nur bei gegenwärtiger Lebensgefahr sowie gegenwärtiger schwerwiegender Gefahr für die Gesundheit der Untersuchungsgefangenen oder anderer Personen zulässig, wenn die oder der Untersuchungsgefangene zur Einsicht in die Notwendigkeit der Maßnahme oder zum Handeln nach dieser Einsicht krankheitsbedingt nicht in der Lage ist. Maßnahmen nach Satz 1 dürfen nur angeordnet werden, wenn

1. erfolglos versucht worden ist, die Zustimmung der Untersuchungsgefangenen zu der Maßnahme zu erwirken,

2. die Anordnung der Maßnahme den Untersuchungsgefangenen angekündigt wurde und sie über Art, Umfang und Dauer der Maßnahme informiert wurden,

3. die Maßnahme zur Abwendung der Gefahr geeignet, in Art, Umfang und Dauer erforderlich und für die Beteiligten zumutbar ist,

4. der von der Maßnahme zu erwartende Nutzen die mit der Maßnahme verbundenen Belastungen deutlich überwiegt und

5. die Maßnahme nicht mit einer erheblichen Gefahr für das Leben der Untersuchungsgefangenen verbunden ist.

(2) Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 werden ärztlich angeordnet, geleitet und überwacht. Die Anordnung erfolgt im Einvernehmen mit der Anstaltsleitung und bedarf der Einwilligung des nach § 126 der Strafprozessordnung zuständigen Gerichts, es sei denn, diese kann nicht mehr rechtzeitig eingeholt werden. In diesem Fall ist die gerichtliche Zustimmung unverzüglich nachzuholen. Das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 sowie die ergriffenen Maßnahmen, einschließlich ihres Zwangscharakters, der Durchsetzungsweise und der Wirkungsüberwachung, sowie der Untersuchungs- und Behandlungsverlauf sind zu dokumentieren.

(3) Erfordert die Beurteilung der Gefahrenlage und die Abschätzung der Notwendigkeit einer Behandlung psychischer Erkrankungen eine angemessene Zeit der Beobachtung der Untersuchungsgefangenen oder droht der oder dem Untersuchungsgefangenen aufgrund einer anderen Erkrankung eine schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigung, darf die Behandlung zwangsweise unter den weiteren Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 nur begonnen werden, wenn

1. die Maßnahme der oder dem Untersuchungsgefangenen mindestens eine Woche vor ihrer Umsetzung schriftlich und mündlich unter Angabe der Gründe sowie Art, Umfang und Dauer in einer dem Gesundheitszustand entsprechenden Weise angekündigt worden ist,

2. vor dem Eingriff durch ein von der behandelnden Einrichtung unabhängiges fachpsychiatrisches oder fachärztliches Votum bestätigt wird, dass

a) die oder der zu behandelnde Untersuchungsgefangene einsichtsunfähig ist,

b) die Vorteile des medizinischen Eingriffs gegenüber den damit verbundenen Nachteilen und Risiken deutlich überwiegen,

c) die Maßnahme nicht mit einer erheblichen Gefahr für das Leben der oder des Untersuchungsgefangenen verbunden ist,

d) eine schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit der oder des Untersuchungsgefangenen droht, und

3. die Fachaufsichtsbehörde oder eine von ihr beauftragte Anstaltsärztin oder ein von ihr beauftragter Anstaltsarzt, die oder der an der Anordnung und Durchführung der Maßnahme nicht beteiligt ist, in die Maßnahme einwilligt.

Die Anordnung gilt höchstens für die Dauer von drei Monaten. Nach Ablauf dieser Zeit ist eine neue Anordnung zu treffen.

(4) Über Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 3 sind Personensorgeberechtigte der Untersuchungsgefangenen unverzüglich zu unterrichten. Bei minderjährigen Untersuchungsgefangenen muss vor der Durchführung von Zwangsmaßnahmen erfolglos versucht worden sein, die Einwilligung der Personensorgeberechtigten einzuholen. Kann diese nicht rechtzeitig eingeholt werden, sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches anzuwenden.

(5) Zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes und der Hygiene ist die zwangsweise körperliche Untersuchung der Untersuchungsgefangenen über Absatz 1 hinaus zulässig, wenn sie nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist. Duldungspflichten der Untersuchungsgefangenen nach Vorschriften anderer Gesetze bleiben unberührt.

Abschnitt 8
Disziplinarmaßnahmen

§ 31
Voraussetzungen, Konfliktregelung

(1) Verstoßen Untersuchungsgefangene schuldhaft gegen Pflichten, die ihnen durch oder auf Grund dieses Gesetzes auferlegt sind, können gegen sie Disziplinarmaßnahmen angeordnet werden. Disziplinarmaßnahmen sind auch zulässig, wenn wegen derselben Verfehlung ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet wird.

(2) Von einer Disziplinarmaßnahme wird abgesehen, wenn es genügt, die Untersuchungsgefangenen zu verwarnen.

(3) Zur Abwendung oder Milderung von Disziplinarmaßnahmen können im Wege einvernehmlicher Streitbeilegung Vereinbarungen getroffen werden, die insbesondere die Wiedergutmachung des Schadens, die Entschuldigung bei Geschädigten oder die Erbringung von Leistungen für die Gemeinschaft zum Inhalt haben können.

§ 32
Disziplinarmaßnahmen

(1) Als Disziplinarmaßnahmen sind zulässig:

1. Verweis,

2. Beschränkung oder Entzug des Rechts auf Einkauf (§ 11 Absatz 8 Satz 1) bis zu einem Monat,

3. Beschränkung oder Entzug der Teilnahme an gemeinsamen Veranstaltungen bis zu sechs Wochen,

4. getrennte Unterbringung während der Freizeit bis zu vier Wochen,

5. Beschränkung oder Entzug des Besitzes von Gegenständen mit Ausnahme des Lesestoffs bis zu vier Wochen,

6. Beschränkung oder Entzug des Hörfunk- oder Fernsehempfangs bis zu sechs Wochen,

7. Arrest bis zu drei Wochen.

(2) Arrest darf nur wegen schwerer oder mehrfach wiederholter Verfehlungen verhängt werden.

(3) Mehrere Disziplinarmaßnahmen können miteinander verbunden werden.

(4) Disziplinarmaßnahmen sollen in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Pflichtverletzung angeordnet werden. Mehrere Verfehlungen, die gleichzeitig zu beurteilen sind, sollen durch eine Entscheidung geahndet werden.

§ 33
Verfahren, Vollzug

Für das Verfahren und den Vollzug der Disziplinarmaßnahmen gelten § 81 Absatz 1 bis 4 und 6 und § 82 Absatz 1, 2 und 4 bis 6 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen entsprechend.

Abschnitt 9
Vorschriften für junge
Untersuchungsgefangene

§ 34
Anwendungsbereich

(1) Die Vorschriften dieses Abschnitts finden ergänzend Anwendung auf junge Untersuchungsgefangene (§ 2 Absatz 2).

(2) Bei Erwachsenen, die zur Tatzeit das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, kann die Untersuchungshaft bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nach den Vorschriften dieses Abschnitts für junge Untersuchungsgefangene vollzogen werden.

§ 35
Gestaltung des Vollzuges

(1) Der Vollzug der Untersuchungshaft an jungen Untersuchungsgefangenen soll erzieherisch gestaltet werden.

(2) Den jungen Untersuchungsgefangenen sollen neben altersgemäßen Beschäftigungs-, Bildungs- und Freizeitmöglichkeiten auch sonstige entwicklungsfördernde Hilfestellungen angeboten werden. Die Bereitschaft zur Annahme der Angebote ist zu wecken und zu fördern.

(3) Schulpflichtige Untersuchungsgefangene nehmen in der Anstalt am allgemein- oder berufsbildenden Unterricht teil.

(4) Die Personensorgeberechtigten sind über die Inhaftierung und den jeweiligen Aufenthaltsort der minderjährigen Untersuchungsgefangenen zu unterrichten, soweit sie noch keine Kenntnis hierüber haben. Sie sollen in die Gestaltung des Vollzuges in angemessener Weise einbezogen werden.

(5) Die in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen können minderjährigen Untersuchungsgefangenen auch auferlegt werden, soweit es dringend geboten ist, einer Gefährdung ihrer Entwicklung entgegenzuwirken.

§ 36
Trennung des Vollzuges

(1) Bei jungen Untersuchungsgefangenen erfolgt der Vollzug der Untersuchungshaft in besonderen Abteilungen der Anstalten oder sonstiger Einrichtungen des Jugendstrafvollzuges. Lässt die geringe Anzahl Gefangener derselben Altersgruppe und desselben Geschlechts die Einrichtung einer besonderen Abteilung oder Einrichtung im Jugendstrafvollzug als nicht angemessen erscheinen, können junge Untersuchungsgefangene in getrennten Abteilungen des Strafvollzuges für Erwachsene desselben Geschlechts untergebracht werden, wenn dies ihrem Wohl nicht widerspricht. Wenn dies ihrem Wohl nicht widerspricht, können sie in den Fällen des Satzes 1 und 2 in den Anstalten und Einrichtungen auch an gemeinsamen Förderangeboten, insbesondere einer gemeinsamen Schul- und Berufsausbildung sowie gemeinsamen kulturellen oder religiösen Veranstaltungen und Freizeitangeboten, teilnehmen.

(2) Von einer getrennten Unterbringung volljähriger junger Untersuchungsgefangener nach Absatz 1 Satz 2 darf in Einrichtungen des Erwachsenenvollzuges nur zur Erreichung des Zwecks der Untersuchungshaft oder aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung abgewichen werden, wenn die erzieherische Gestaltung des Vollzuges nach § 35 gewährleistet und nicht zu befürchten ist, dass die volljährigen jungen Untersuchungsgefangenen schädlichen Einflüssen ausgesetzt sind.

(3) Von der Trennung minderjähriger Untersuchungsgefangener in Einrichtungen des Erwachsenenvollzuges nach Absatz 1 Satz 2 darf nur abgesehen werden, wenn

1. die Aufhebung der Trennung im Einzelfall

a) den Zwecken des § 10 Absatz 2 Nummer 1, 2 oder 4 oder

b) der Aufnahme oder der Fortführung schulischer oder beruflicher Orientierungs-, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen oder

c) der Förderung familiärer oder gleichwertiger sozialer Kontakte

dient, oder

2. zwingende Gründe eine Trennung vorübergehend nicht zulassen,

und die erzieherische Gestaltung des Vollzuges nach § 35 gewährleistet ist sowie schädliche Auswirkungen auf die minderjährigen Untersuchungsgefangenen nicht zu befürchten sind.

(4) Wird die Untersuchungshaft gegen junge Untersuchungsgefangene in Einrichtungen des Jugendstrafvollzuges vollzogen, dürfen minderjährige Untersuchungsgefangene mit Untersuchungsgefangenen, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, gemeinsam untergebracht werden. Das Wohl minderjähriger Untersuchungsgefangener ist bei der Gestaltung der Unterbringung während der Ruhezeit besonders zu beachten. Mit Untersuchungsgefangenen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, dürfen minderjährige Untersuchungsgefangene nur aus besonderen Gründen gemeinsam untergebracht werden. Die Unterbringung darf dem Wohl der minderjährigen Untersuchungsgefangenen nicht widersprechen. Eine Unterbringung im Jugendstrafvollzug ist einer Unterbringung im Erwachsenenstrafvollzug in der Regel vorzuziehen.

§ 37
Betreuung, Auswahlverfahren

(1) Den jungen Untersuchungsgefangenen sind bei der Aufnahme in den Vollzug ständige Ansprechpartnerinnen oder Ansprechpartner aus dem Kreis der Bediensteten zu benennen.

(2) Während der Untersuchungshaft wird unter Beteiligung der Fachdienste in einem Verfahren zur Feststellung des Förder- und Erziehungsbedarfs (Auswahlverfahren) die Grundlage für eine erzieherische Ausgestaltung der Untersuchungshaft geschaffen und für den Fall der rechtskräftigen Verurteilung zu einer Jugendstrafe die Erstellung des späteren Vollzugsplans vorbereitet, um frühzeitig gemeinsam mit den jungen Untersuchungsgefangenen Zukunftsperspektiven zu entwickeln.

§ 38
Außenkontakte

(1) Die Gesamtdauer der Besuche beträgt mindestens vier Stunden im Monat.

(2) Betreuungspersonen, Erziehungsbeiständen, Beiständen nach § 69 des Jugendgerichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3427) in der jeweils geltenden Fassung und Personen, die Aufgaben der Jugendgerichtshilfe wahrnehmen, ist der Kontakt mit jungen Untersuchungsgefangenen in demselben Umfang zu gestatten, wie er einer Verteidigerin oder einem Verteidiger gestattet wird.

§ 39
Ergänzende Anwendung des Jugendstrafvollzugsgesetzes
Nordrhein-Westfalen

Die Vorschriften des Jugendstrafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über die Grundsätze der Vollzugsgestaltung (§ 3 Absatz 5), die Feststellung des Förder- und Erziehungsbedarfs (§ 11), die Verlegung (§ 13 Absatz 2), die Unterbringung (§ 17 Absatz 1 Nummer 3), die Gesundheitsfürsorge (§ 35 Absatz 2), die Rechte der Personensorgeberechtigten (§ 37), den Sport (§ 38), die Freizeit und die Förderung der Kreativität (§ 39), die Pflichtverstöße, das erzieherische Gespräch und die Konfliktregelung (§ 53), die Disziplinarmaßnahmen (§ 54 Absatz 1 und 3), den Vollzug der Disziplinarmaßnahmen (§ 56 Absatz 5 Satz 2 und 6) und die Bediensteten (§ 62 Absatz 2 Satz 2) sind ergänzend anzuwenden.

Abschnitt 10
Aufhebung von Maßnahmen,
Beschwerderecht

§ 40
Widerruf, Rücknahme

§ 83 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.

§ 41
Beschwerderecht

Die Untersuchungsgefangenen erhalten Gelegenheit, sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an die Anstaltsleitung zu wenden. Die Möglichkeit, sich an die Justizvollzugsbeauftragte oder den Justizvollzugsbeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen zu wenden, bleibt unberührt.

Abschnitt 11
Anstalten, innerer Aufbau, Aufsicht

§ 42
Anstaltsleitung

(1) Für jede Untersuchungshaftvollzugsanstalt ist eine Beamtin oder ein Beamter zur hauptamtlichen Leiterin oder zum hauptamtlichen Leiter zu bestellen, die oder der die Voraussetzungen der Laufbahngruppe 2, zweites Einstiegsamt, erfüllt. Aus besonderen Gründen kann eine Anstalt auch von einer Beamtin oder einem Beamten der Laufbahngruppe 2, erstes Einstiegsamt, geleitet werden.

(2) Die Anstaltsleitung vertritt die Anstalt nach außen und trägt die Verantwortung für den gesamten Vollzug. Im Innenverhältnis kann sie die Verantwortung für bestimmte Aufgabenbereiche auf andere Bedienstete übertragen.

(3) Die Befugnis, die Durchsuchung nach § 27 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 64 Absatz 2 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen, die besonderen Sicherungsmaßnahmen nach § 28 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 69 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen und die Disziplinarmaßnahmen nach § 32 dieses Gesetzes anzuordnen, darf nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde übertragen werden.

§ 43
Bedienstete

(1) Die Aufgaben der Anstalten werden von Vollzugsbeamtinnen und Vollzugsbeamten wahrgenommen. Aus besonderen Gründen können sie auch anderen Bediensteten der Anstalten sowie nebenamtlichen oder vertraglich verpflichteten Personen übertragen werden.

(2) Für jede Anstalt ist die erforderliche Anzahl von geeigneten und fachlich qualifizierten Bediensteten, insbesondere des medizinischen, pädagogischen, psychologischen und sozialen Dienstes, des allgemeinen Vollzugsdienstes, des Verwaltungsdienstes, des Werkdienstes sowie der Seelsorge vorzuhalten.

(3) Die Bediensteten werden fortgebildet und erhalten Praxisberatung und Praxisbegleitung sowie Gelegenheit zur Supervision.

§ 44
Seelsorge

(1) Seelsorgerinnen und Seelsorger werden im Einvernehmen mit der jeweiligen Religionsgemeinschaft im Hauptamt bestellt oder vertraglich verpflichtet.

(2) Wenn die geringe Zahl der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft eine Seelsorge nach Absatz 1 nicht rechtfertigt, ist die seelsorgliche Betreuung auf andere Weise zuzulassen.

(3) Mit Zustimmung der Anstaltsleitung darf die Anstaltsseelsorge sich freier Seelsorgehelferinnen oder Seelsorgehelfer bedienen und für Gottesdienste sowie für andere religiöse Veranstaltungen Seelsorgerinnen oder Seelsorger von außen hinzuziehen.

§ 45
Medizinische Versorgung

(1) Die ärztliche Versorgung ist durch hauptamtliche Ärztinnen oder Ärzte sicherzustellen. Sie kann aus besonderen Gründen nebenamtlichen oder vertraglich verpflichteten Ärztinnen oder Ärzten übertragen werden.

(2) Die Pflege erkrankter Untersuchungsgefangener soll von Krankenpflegekräften im Sinne des Krankenpflegegesetzes vom 16. Juli 2003 (BGBl. I S. 1442) in der jeweils geltenden Fassung ausgeübt werden. Stehen solche Kräfte nicht zur Verfügung, können Bedienstete des Vollzuges oder sonstige Kräfte eingesetzt werden, soweit sie eine entsprechende Qualifikation besitzen.

§ 46
Konferenzen

Zur Vorbereitung wichtiger Entscheidungen im Vollzug führt die Anstaltsleitung Konferenzen durch. Das Konferenzergebnis und die tragenden Gründe der jeweiligen Entscheidung sind zu dokumentieren.

§ 47
Gefangenenmitverantwortung

(1) Den Untersuchungsgefangenen ist zu ermöglichen, eine Vertretung zu wählen. Diese kann in Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse, die sich ihrer Eigenart und der Aufgabe der Anstalt nach für eine Mitwirkung eignen, der Anstaltsleitung Vorschläge und Anregungen unterbreiten. Diese sollen mit der Vertretung erörtert werden.

(2) Wird die Untersuchungshaft in Gebäuden oder Abteilungen auf dem Gelände einer Justizvollzugsanstalt vollzogen, die auch Strafhaft oder Jugendstrafe vollstreckt, können die Interessen der Untersuchungsgefangenen in der dort bestehenden Gefangenenmitverantwortung wahrgenommen werden, wenn eine angemessene Vertretung der Interessen sichergestellt wird.

§ 48
Hausordnung

Die Anstaltsleitung erlässt eine Hausordnung. Diese informiert in verständlicher Form namentlich über die Rechte und Pflichten der Untersuchungsgefangenen und enthält Erläuterungen zur Organisation des Besuchs, zur Arbeitszeit, Freizeit und Ruhezeit sowie Hinweise zu den Möglichkeiten, Anträge und Beschwerden anzubringen.

§ 49
Aufsichtsbehörde

(1) Das Justizministerium führt die Aufsicht über die Anstalten und sichert gemeinsam mit ihnen die Qualität des Vollzuges.

(2) An der Aufsicht über die Fachdienste sind eigene Fachkräfte zu beteiligen. Soweit die Aufsichtsbehörde nicht über eigene Fachkräfte verfügt, ist fachliche Beratung sicherzustellen.

§ 50
Vollstreckungsplan

Die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Anstalten wird durch die Aufsichtsbehörde in einem Vollstreckungsplan nach allgemeinen Merkmalen geregelt.

§ 51
Festsetzung der Belegungsfähigkeit, Verbot der Überbelegung

(1) Die Aufsichtsbehörde setzt die Belegungsfähigkeit unter Berücksichtigung von § 10 für jede Anstalt fest. Es ist eine bedarfsgerechte Anzahl und Ausstattung von Plätzen, insbesondere für Maßnahmen der Beschäftigung, Freizeit, Sport, Seelsorge und Besuche, vorzuhalten. Gemeinschafts- und Besuchsräume sind wohnlich und zweckentsprechend auszustatten.

(2) Hafträume dürfen nicht mit mehr Personen als zugelassen belegt werden. Ausnahmen hiervon sind nur vorübergehend zulässig und sind zu dokumentieren.

Abschnitt 12
Beiräte

§ 52
Aufgaben und Befugnisse der Beiräte

Die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über die Aufgaben der Beiräte (§ 105), die Befugnisse (§ 106) und die Pflicht zur Verschwiegenheit (§ 107) gelten entsprechend.“

19. § 65 wird aufgehoben.

20. § 66 wird § 53 und wie folgt gefasst:

§ 53
Anwendung datenschutzrechtlicher Regelungen, Datenverarbeitungsverfahren

(1) Die Vorschriften des Abschnittes 22 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über den Datenschutz (§§ 108 bis 115 sowie 117 bis 125) gelten nach Maßgabe der nachfolgenden Absätze entsprechend.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 35 dürfen personenbezogene Daten ohne Mitwirkung der Betroffenen nur bei Stellen, die Aufgaben der Jugendhilfe wahrnehmen, bei der Jugendgerichtshilfe und bei Personen und Stellen, die bereits Kenntnis von der Inhaftierung der Betroffenen haben, erhoben werden.

(3) § 111 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt mit der Maßgabe, dass

1. die zulässigen Übermittlungen unterbleiben, wenn für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, dass unter Berücksichtigung der Art der Information und der Rechtsstellung der Untersuchungsgefangenen die Betroffenen ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss der Übermittlung haben, oder

2. bei einer nicht nur vorläufigen Einstellung des Verfahrens, einer unanfechtbaren Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens oder einem rechtskräftigen Freispruch auf Antrag der betroffenen Untersuchungsgefangenen die Stellen, denen personenbezogene Daten übermittelt wurden, über den Verfahrensausgang in Kenntnis zu setzen sind.

Die Untersuchungsgefangenen sind auf ihr Antragsrecht nach Nummer 2 bei ihrer Anhörung oder nachträglichen Unterrichtung hinzuweisen.

(4) § 406d der Strafprozessordnung bleibt unberührt. Die Vollzugsbehörde darf Auskünfte nach § 406d der Strafprozessordnung im Einvernehmen mit der Staatsanwaltschaft oder dem nach § 126 der Strafprozessordnung zuständigen Gericht unmittelbar erteilen.

(5) Die entsprechend §§ 68, 108 und 109 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen erhobenen und nach Maßgabe dieses Abschnitts zu verarbeitenden Daten können im Geltungsbereich dieses Gesetzes für die Vollzugsbehörden in einer zentralen Datei gespeichert werden. Die speichernde Stelle hat zu gewährleisten, dass die Übermittlung und der Abruf zumindest durch geeignete Stichprobenverfahren festgestellt und überprüft werden können.

(6) Die Landesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung die Einzelheiten der Einrichtung automatisierter Übermittlungs- und Abrufverfahren im Geltungsbereich dieses Gesetzes. Die Rechtsverordnung hat die Datenempfängerinnen und Datenempfänger, die Datenart und den Zweck des Abrufs festzulegen. Die oder der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit ist vorher zu unterrichten. Die Ermächtigung zum Erlass der Rechtsverordnungen kann auf das Justizministerium übertragen werden. Die Vorschriften über die Zulässigkeit des einzelnen Abrufs bleiben unberührt.“

21. Die §§ 67 bis 73 werden aufgehoben.

22. Die Überschrift zu Abschnitt 14 wird wie folgt gefasst.

Abschnitt 14
Kriminologischer Dienst,
Schlussbestimmungen

23. § 74 wird § 54 und wie folgt geändert:

a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:

§ 54
Kriminologischer Dienst

b) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:
„(2) § 120 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.“

24. § 75 wird aufgehoben.

25. § 76 wird § 55 und wie folgt geändert:

a) Der Wortlaut wird Absatz 1 und wie folgt geändert:
aa) In Nummer 1 wird die Angabe „4 Satz 1“ durch die Angabe „3“ ersetzt.

bb) In Nummer 2 wird die Angabe „5“ durch die Angabe „6“ sowie das Wort „und“ durch ein Komma ersetzt.

cc) In Nummer 3 wird der Punkt durch das Wort „und“ ersetzt.

dd) Folgende Nummer 4 wird angefügt:
„4. der Auslieferungshaft und Durchlieferungshaft gemäß § 27 Absatz 6 und § 45 Absatz 6 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen in der Fassung und Bekanntmachung vom 27. Juni 1994 (BGBl. I S. 1537) in der jeweils geltenden Fassung.“

b) Folgender Absatz 2 wird angefügt:
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 sind die Betroffenen in einer Anstalt oder sonstigen Einrichtung des Justizvollzuges unterzubringen, die den Vorgaben der §§ 91 und 92 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen entspricht.“

26. § 77 wird § 56.

27. § 78 wird § 57 und wie folgt gefasst:

§ 57
Bundesrecht

§ 119a der Strafprozessordnung über das gerichtliche Verfahren bleibt unberührt.“

28. § 79 wird § 58 und wie folgt gefasst:

§ 58
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am ersten Tag des vierten auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft.“

46

Artikel 3
Änderung des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen

Das Strafvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2015 (GV. NRW. S. 76), das durch Artikel 4 des Gesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 310) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:

a) Die Angabe zu § 15 wird wie folgt gefasst:
„§ 15 Persönlicher Bereich, Auslesen von Datenspeichern“

b)Die Angabe zu § 68 wird wie folgt gefasst:
„§ 68 Erkennungsdienstliche Maßnahmen, Identitätsfeststellungsverfahren“

c) Die Angaben zu den Abschnitten 22 und 23 werden wie folgt gefasst:

„Abschnitt 22
Datenschutz

§ 108 Begriffsbestimmung, Datenerhebung

§ 109 Sicherheitsanfrage

§ 110 Schutz der Daten in Akten und Dateien

§ 111 Verarbeitung

§ 112 Datenaustausch zwischen Vollzugsbehörden

§ 113 Zweckbindung, Datenverantwortung

§ 114 Übermittlung an öffentliche Stellen

§ 115 Schutz besonderer Daten

§ 116 Auskünfte an Opfer

§ 117 Haftmitteilungen an öffentliche und nicht öffentliche Stellen

§ 118 Überlassung von Akten

§ 119 Auskünfte an Betroffene, Akteneinsicht

§ 120 Übermittlung personenbezogener Informationen für wissenschaftliche Zwecke

§ 121 Einschränkungen

§ 122 Berichtigung, Löschung, Sperrung

§ 123 Datenverarbeitungsverfahren

§ 124 Daten bei elektronischer Aufenthaltsüberwachung

§ 125 Anwendung des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen

Abschnitt 23
Kriminologischer Dienst, Schlussbestimmungen

§ 126 Kriminologischer Dienst

§ 127 Einschränkung von Grundrechten

§ 128 Ersetzung und Fortgeltung von Bundesrecht

§ 129 Übergangsvorschrift

§ 130 Inkrafttreten, Berichtspflicht“

2. § 15 wird wie folgt geändert:

a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:

§ 15
Persönlicher Bereich, Auslesen von Datenspeichern

b) Nach Absatz 2 werden folgende Absätze 3 bis 5 eingefügt:
„(3) Elektronische Datenspeicher sowie elektronische Geräte mit Datenspeichern, die Gefangene ohne Erlaubnis der Anstalt in Gewahrsam haben, dürfen auf einzelfallbezogene schriftliche Anordnung der Anstaltsleitung ausgelesen werden, soweit tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dies zu vollzuglichen oder zu den in § 111 Absatz 2 Nummer 2, 4 oder 5 genannten Zwecken erforderlich ist. Die so erhobenen Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit dies zu den in Satz 1 genannten Zwecken erforderlich ist.

(4) Die nach Absatz 3 erhobenen Daten dürfen nicht weiter verarbeitet werden, soweit sie

1. zum Kernbereich der privaten Lebensgestaltung Dritter gehören oder

2. zum Kernbereich der privaten Lebensgestaltung Gefangener gehören und die weitere Verarbeitung auch unter Berücksichtigung der in Absatz

3. genannten vollzuglichen Interessen an der Verarbeitung sowie der Unzulässigkeit des Besitzes und der Nutzung des Datenspeichers für diese unzumutbar ist.

Insoweit sind die Daten unverzüglich zu löschen. Die Tatsachen der Erfassung und der Löschung der Daten sind zu dokumentieren. Die Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie ist zu löschen, wenn sie für diese Zwecke nicht mehr erforderlich ist, spätestens jedoch am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Dokumentation folgt.

(5) Die Gefangenen sind bei der Aufnahme über die Möglichkeit des Auslesens von Datenspeichern zu belehren.“

c) Die bisherigen Absätze 3 und 4 werden die Absätze 6 und 7.

3. § 19 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 5 wird wie folgt gefasst:
„(5) Aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt kann die Zulassung einer Person zum Besuch von ihrer Durchsuchung oder einer Sicherheitsanfrage nach § 109 abhängig gemacht werden.“

b) Folgender Absatz 6 wird angefügt:
„(6) Die Anstalt kann die Anzahl der gleichzeitig zum Besuch zugelassenen Personen beschränken.“

4. § 25 wird wie folgt geändert:

a) In Nummer 2 wird das Wort „oder“ gestrichen.

b) In Nummer 3 wird der Punkt am Ende durch das Wort „oder“ ersetzt.

c) Folgende Nummer 4 wird angefügt:
„4. zu befürchten ist, dass der Kontakt Bestrebungen im Sinne des § 3 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 5 des Verfassungsschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 20. Dezember 1994 (GV. NRW. 1995, S. 28) in der jeweils geltenden Fassung oder entsprechende Verhaltensweisen fördert.“

5. § 32 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 3 wird Absatz 4 und Satz 3 wird wie folgt gefasst:
„Das Justizministerium wird ermächtigt, zur Umsetzung der Vorschriften über die Vergütung eine Rechtsverordnung über die Bemessung des Arbeitsentgeltes, die Ausbildungsbeihilfe, die anrechenbaren Arbeitszeiten, die Zeiteinheiten in Stunden oder Minuten, die Entgeltart als Zeit- oder Leistungsentgelt, die Vergütungsstufen und die Gewährung von Zulagen zu erlassen.“

b) Der bisherige Absatz 4 wird Absatz 3.

6. § 34 Absatz 3 wird wie folgt geändert:

a) Satz 1 wird wie folgt gefasst:
„Soweit eine Vorverlegung des Entlassungszeitpunktes nach Absatz 2 ausgeschlossen ist, erhalten Gefangene bei ihrer Entlassung zusätzlich eine Ausgleichsentschädigung in Höhe von 15 Prozent der Bezüge, die sie für die geleistete Tätigkeit, die Grundlage für die Gewährung der Freistellungstage nach Absatz 1 gewesen ist, erhalten haben.“

b) Satz 2 wird aufgehoben.

7. § 37 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 Satz 2 wird wie folgt gefasst:
„Die Höhe richtet sich nach den in § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022, 3023) in der jeweils geltenden Fassung festgeschriebenen Regelsätzen und soll für die Gefangenen den vierfachen und für ihre Unterhaltsberechtigten den zweifachen monatlichen Mindestbetrag nicht unterschreiten.“

b) Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 2 eingefügt:
„(2) Das Überbrückungsgeld ist in angemessenen, auf den voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt abgestimmten Teilbeträgen anzusparen, die die Anstalt festsetzt. Die Höhe der Teilbeträge ist regelmäßig zu überprüfen und bei grundlegenden Veränderungen anzupassen.“

c) Die bisherigen Absätze 2 und 3 werden die Absätze 3 und 4.

d) In dem neuen Absatz 3 wird in Satz 2 und in Satz 3 das Wort „Zustimmung“ durch das Wort „Einwilligung“ ersetzt.

e) Folgender Absatz 5 wird angefügt:
„(5) Bei Verlegungen von Gefangenen aus Bundesländern, die die Bildung eines Überbrückungsgeldes nicht vorsehen, werden Gelder, die die Gefangenen vor der Verlegung für die Sicherung des Lebensunterhaltes nach der Entlassung angespart haben, mit der Gutschrift in der Aufnahmeanstalt Überbrückungsgeld nach diesem Gesetz.“

8. In § 38 Satz 3 wird die Angabe „3“ durch die Angabe „4“ ersetzt.

9. § 39 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 Satz 2 wird aufgehoben.

b) Nach Absatz 2 Satz 2 werden folgende Sätze eingefügt:
„Haben Gefangene, die ohne ihr Verschulden während eines zusammenhängenden Zeitraumes von mehr als einem Monat nicht arbeiten konnten oder nicht gearbeitet haben, weil sie nicht zur Arbeit verpflichtet waren, auf diese Zeit entfallende Einkünfte, so haben sie den Haftkostenbeitrag für diese Zeit bis zur Höhe der auf sie entfallenden Einkünfte zu entrichten. Ihnen ist arbeitstäglich ein Betrag in Höhe eines Tagessatzes der Eckvergütung nach § 32 Absatz 1 zu belassen.“

10. § 53 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 2 Nummer 1 werden nach dem Wort „unter“ die Wörter „der ständigen und unmittelbaren“ eingefügt.

b) Nach Absatz 3 wird folgender Absatz 4 eingefügt:
„(4) Bei Ausführungen zur Erhaltung der Lebenstüchtigkeit kann den Gefangenen, um Entweichungen entgegenzuwirken, nach Maßgabe des § 124 aufgegeben werden, die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.“

c) Die bisherigen Absätze 4 bis 7 werden die Absätze 5 bis 8.

11. § 55 wird wie folgt geändert:

a) Nach § 55 Absatz 1 wird folgender Absatz 2 eingefügt:
„(2) Bei Ausführungen aus wichtigem Anlass gilt § 53 Absatz 4 (elektronische Aufenthaltsüberwachung) entsprechend.“

b) Die bisherigen Absätze 2 und 3 werden die Absätze 3 und 4.

12. § 59 Absatz 3 wird wie folgt gefasst:
„(3) Die Missbrauchsgefahren sind insbesondere bei einer unmittelbar bevorstehenden Entlassung mit den Risiken einer unerprobten Entlassung abzuwägen. § 53 Absatz 1, 5 bis 8 sowie §§ 56 und 57 gelten entsprechend.“

13. § 65 Absatz 1 Satz 2 wird wie folgt gefasst:
„Diese Maßnahmen dürfen mit einem geringfügigen körperlichen Eingriff, namentlich einer Punktion der Fingerbeere zur Abnahme einer geringen Menge von Kapillarblut, verbunden sein, wenn die Gefangenen einwilligen.“

14. § 68 wird wie folgt geändert:

a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:

§ 68
Erkennungsdienstliche Maßnahmen, Identitätsfeststellungsverfahren

b) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:
„(2) Die gewonnenen erkennungsdienstlichen Unterlagen oder Daten werden zu den Gefangenenpersonalakten genommen oder in personenbezogenen Dateien gespeichert. Fingerabdruckdaten sind elektronisch zu speichern.“

c) Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 3 eingefügt:
„(3) Fingerabdruckdaten nach Absatz 1 Nummer 4 sind von allen Gefangenen zu erheben, wenn nicht

1. die Identität einer oder eines Gefangenen bereits anderweitig gesichert ist,

2. ein Abgleich der Fingerabdruckdaten mit den dem Justizvollzug vorliegenden Daten möglich ist oder

3. eine Gefährdung der Sicherheit der Anstalt ausgeschlossen werden kann.

Es können Fingerabdruckdaten von allen zehn Fingern genommen und elektronisch gespeichert werden. Die Anstalt übermittelt die von ihr erhobenen Fingerabdruckdaten unverzüglich dem Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen, das den Abgleich der Fingerabdruckdaten zum Zwecke der Identifizierung der Gefangenen veranlasst. Weichen die personenbezogenen Daten von den der Anstalt bekannten Daten ab, teilt das Landeskriminalamt der Anstalt die abweichenden Daten mit. Die Daten dürfen auch im Wege eines automatisierten Abrufverfahrens oder einer regelmäßigen Datenübermittlung abgefragt und übermittelt werden. Die Landesregierung kann durch Rechtsverordnung weitere Einzelheiten zur Datenerhebung und -übermittlung sowie zum Verfahren der Ersuchen regeln. Die Ermächtigung kann auf das Justizministerium übertragen werden. Die Anstalt darf das Bundeskriminalamt auch unmittelbar um einen Abgleich der Fingerabdruckdaten ersuchen. Auch kann als Dienst das bestehende Abgleichverfahren mit dem Bundeskriminalamt über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge genutzt werden. Die angefragten Behörden löschen die ihnen übermittelten personenbezogenen Daten, soweit diese nicht zur Dokumentation des Ersuchens erforderlich sind, sobald das Identitätsfeststellungsverfahren abgeschlossen ist. Davon ausgenommen sind solche personenbezogenen Daten, die die angefragten Behörden aufgrund der für sie geltenden gesetzlichen Grundlagen auch selbst hätten erheben dürfen.“

d) Die bisherigen Absätze 3 und 4 werden die Absätze 4 und 5 und wie folgt gefasst:
„(4) Die nach Absatz 1 und 3 gewonnenen erkennungsdienstlichen Unterlagen und Daten dürfen von der Vollzugsbehörde im Übrigen nur für die in Absatz 1 und § 111 Absatz 2 Nummer 4 genannten Zwecke verarbeitet und übermittelt werden. Sie dürfen außerdem den Vollstreckungs- und Strafverfolgungsbehörden sowie den für die Fahndung und Festnahme zuständigen Polizeidienststellen übermittelt werden, soweit dies für Zwecke der Fahndung und Festnahme entwichener oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Anstalt aufhaltender Gefangener erforderlich ist. Die Übermittlung der Unterlagen oder Daten an Polizeibehörden des Bundes oder der Länder ist auch zulässig, soweit dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für erhebliche Rechtsgüter innerhalb der Anstalt erforderlich ist.

(5) Gefangene, die nach Absatz 1 erkennungsdienstlich behandelt worden sind, können nach der Entlassung aus dem Vollzug verlangen, dass die gewonnenen erkennungsdienstlichen Unterlagen und Daten mit Ausnahme der zu den Gefangenenpersonalakten genommenen oder elektronisch gespeicherten Lichtbilder, der Fingerabdruckdaten und der Beschreibung von körperlichen Merkmalen vernichtet oder gelöscht werden, sobald die Vollstreckung der richterlichen Entscheidung, die dem Vollzug zugrunde gelegen hat, abgeschlossen ist. Sie sind über dieses Recht bei der erkennungsdienstlichen Behandlung und bei der Entlassung aufzuklären. Im Übrigen gilt für die Berichtigung, Löschung und Sperrung § 122 dieses Gesetzes.“

15. § 69 wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 1 werden nach den Wörtern „Sachen oder“ die Wörter „die Gefahr“ und nach dem Wort „Selbstverletzung“ die Wörter „oder Selbsttötung“ eingefügt.

b) Die Absätze 2 bis 4 werden wie folgt gefasst:
„(2) Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind zulässig:

1. der Entzug oder die Vorenthaltung von Gegenständen,

2. die Trennung von anderen Gefangenen (Absonderung),

3. der Entzug oder die Beschränkung des Aufenthalts im Freien,

4. die unregelmäßige oder ununterbrochene Beobachtung von Gefangenen, auch mit technischen Hilfsmitteln,

5. die Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum ohne gefährdende Gegenstände und

6. die Fesselung oder Fixierung.

(3) Maßnahmen nach Absatz 2 Nummer 1 bis 3 und 5 sind auch zulässig, wenn die Gefahr einer Befreiung oder eine erhebliche Störung der Ordnung der Anstalt anders nicht abgewendet werden kann.

(4) Bei der Beobachtung nach Absatz 2 Nummer 4 ist das Schamgefühl der Gefangenen zu schonen. Nur im Ausnahmefall darf zusätzlich eine akustische Überwachung angeordnet werden.“

c) In Absatz 8 wird die Angabe „Nummer 2“ durch die Angabe „Nummer 4“ ersetzt.

16. § 70 Absatz 5 Satz 1 wird wie folgt gefasst:
„Eine ununterbrochene Beobachtung von Gefangenen mit technischen Hilfsmitteln in Hafträumen, die dem Aufenthalt bei Tag und bei Nacht dienen, nach § 69 Absatz 2 Nummer 4 sowie besondere Sicherungsmaßnahmen nach § 69 Absatz 2 Nummer 5 und 6 sind der Aufsichtsbehörde unverzüglich mitzuteilen, wenn sie länger als drei Tage aufrechterhalten werden.“

17. § 78 wird wie folgt geändert:

a) Nach Absatz 2 werden folgende Absätze 3 und 4 eingefügt:
„(3) Erfordert die Beurteilung der Gefahrenlage und die Abschätzung der Notwendigkeit einer Behandlung psychischer Erkrankungen eine angemessene Zeit der Beobachtung der Gefangenen oder droht der oder dem Gefangenen aufgrund einer anderen Erkrankung eine schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigung, darf die Behandlung zwangsweise unter den weiteren Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 nur begonnen werden, wenn

1. die Maßnahme der oder dem Gefangenen mindestens eine Woche vor ihrer Umsetzung schriftlich und mündlich unter Angabe der Gründe sowie Art, Umfang und Dauer in einer dem Gesundheitszustand entsprechenden Weise angekündigt worden ist,

2. die oder der Gefangene über die Möglichkeit belehrt worden ist, eine gerichtliche Entscheidung nach § 109 des Strafvollzugsgesetzes herbeizuführen,

3. vor dem Eingriff durch ein von der behandelnden Einrichtung unabhängiges fachpsychiatrisches oder fachärztliches Votum bestätigt wird, dass

a) die oder der zu behandelnde Gefangene einsichtsunfähig ist,

b) die Vorteile des medizinischen Eingriffs gegenüber den damit verbundenen Nachteilen und Risiken deutlich überwiegen,

c) die Maßnahme nicht mit einer erheblichen Gefahr für das Leben der oder des Gefangenen verbunden ist,

d) eine schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit der oder des Gefangenen droht, und

4. die Fachaufsichtsbehörde oder eine von ihr beauftragte Anstaltsärztin oder ein von ihr beauftragter Anstaltsarzt, die oder der an der Anordnung und Durchführung der Maßnahme nicht beteiligt ist, in die Maßnahme einwilligt.

Die Anordnung gilt höchstens für die Dauer von drei Monaten. Nach Ablauf dieser Zeit ist eine neue Anordnung zu treffen.

(4) Über Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 3 sind Personensorgeberechtigte der Gefangenen unverzüglich zu unterrichten.“

b) Der bisherige Absatz 3 wird Absatz 5.

18. In § 87 Absatz 3 wird nach dem Wort „dies“ das Wort „medizinisch“ gestrichen.

19. In § 89 Absatz 1 Satz 2 wird die Angabe „4 bis 7“ durch die Angabe „5 bis 8“ ersetzt.

20. Die Abschnitte 22 und 23 werden wie folgt gefasst:

Abschnitt 22
Datenschutz

§ 108
Begriffsbestimmung,
Datenerhebung

(1) Vollzugsbehörde im Sinne dieses Abschnitts ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch die Aufsichtsbehörde. Die Vollzugsbehörde darf personenbezogene Daten erheben, soweit deren Kenntnis für die ihr nach diesem Gesetz obliegenden Aufgaben erforderlich ist.

(2) Personenbezogene Daten sind bei den Betroffenen zu erheben. Für die Erhebung ohne Kenntnis der Betroffenen, die Erhebung bei anderen Personen oder Stellen und für die Hinweis- und Aufklärungspflichten gilt § 12 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Juni 2000 (GV. NRW. S. 452), das zuletzt durch Gesetz vom 2. Juni 2015 (GV. NRW. S. 482) geändert worden ist.

(3) Daten über Personen, die nicht Gefangene sind, dürfen ohne ihre Mitwirkung bei Personen oder Stellen außerhalb der Vollzugsbehörde nur erhoben werden, wenn sie für die Behandlung der Gefangenen, die Sicherheit der Anstalt oder die Sicherung des Vollzuges einer Freiheitsstrafe unerlässlich sind und die Art der Erhebung schutzwürdige Interessen der Betroffenen nicht beeinträchtigt.

(4) Über eine ohne ihre Kenntnis vorgenommene Erhebung personenbezogener Daten werden die Betroffenen unter Angabe dieser Daten unterrichtet, soweit der in Absatz 1 genannte Zweck dadurch nicht gefährdet wird. Unterbleibt die Unterrichtung nach Satz 1, ist sie nachzuholen, sobald der in Absatz 1 genannte Zweck nicht mehr gefährdet ist. Sind die Daten bei anderen Personen oder Stellen erhoben worden, kann die Unterrichtung unterbleiben, wenn

1. die Daten nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, namentlich wegen des überwiegenden berechtigten Interesses Dritter, geheim gehalten werden müssen oder

2. der Aufwand der Unterrichtung außer Verhältnis zum Schutzzweck steht und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der Betroffenen beeinträchtigt werden.

§ 109
Sicherheitsanfrage

(1) Zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Sicherheit prüft die Anstalt, ob sicherheitsrelevante Erkenntnisse über Gefangene und Personen, die zu der Anstalt nicht in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis stehen und nicht im Auftrag einer anderen Behörde Zugang begehren (anstaltsfremde Personen), vorliegen. Die Landesregierung kann durch Rechtsverordnung nach allgemeinen Merkmalen bestimmen, für welche Gefangenen- und Personengruppen regelmäßig von einer Sicherheitsanfrage abzusehen ist. Die Ermächtigung kann auf das Justizministerium übertragen werden.

(2) Sicherheitsrelevant sind Erkenntnisse über extremistische, insbesondere gewaltorientierte Einstellungen oder Kontakte zu derartigen Organisationen, Gruppierungen oder Personen. Namentlich wenn anstaltsfremde Personen an der Behandlung von Gefangenen mitwirken, können auch Erkenntnisse über erhebliche strafrechtliche Verurteilungen, eine bestehende Suchtproblematik oder andere für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Personen erhebliche Umstände sicherheitsrelevant sein.

(3) Eine anstaltsfremde Person ist über den Anlass der Sicherheitsanfrage, ihren Umfang sowie die Rechtsfolgen nach Absatz 10 vor der Einholung von Auskünften zu belehren.

(4) Die Anstalt darf Behörden mit Sicherheitsaufgaben um Auskunft ersuchen. Insbesondere darf sie

1. eine Auskunft nach § 41 Absatz 1 Nummer 1 des Bundeszentralregistergesetzes einholen,

2. Erkenntnisse der Polizeibehörden und

3. Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörde des Landes Nordrhein-Westfalen

anfragen (Sicherheitsanfrage).

Bestehen auf Grund der durch die beteiligten Stellen übermittelten Informationen Anhaltspunkte für sicherheitsrelevante Erkenntnisse über die betroffene Person, kann die Anstalt im Einzelfall zur weiteren Sachaufklärung weitere Auskünfte oder Unterlagen bei Behörden oder der betroffenen anstaltsfremden Person einholen. Die Vorschriften des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 7. März 1995 (GV. NRW. S. 210) in der jeweils geltenden Fassung bleiben unberührt.

(5) Die Anfrage nach Absatz 4 Satz 2 Nummer 2 erstreckt sich nur auf die personengebundenen Hinweise und die Erkenntnisse des polizeilichen Staatsschutzes. Bei der Anfrage nach Nummer 3 erfolgt die Abfrage des nachrichtendienstlichen Informationssystems durch die Verfassungsschutzbehörde Nordrhein-Westfalen.

(6) Von einer Sicherheitsanfrage über Gefangene soll nur abgesehen werden, wenn im Einzelfall aufgrund einer Gesamtwürdigung eine Gefährdung der Sicherheit der Anstalt ausgeschlossen wird. Bei anstaltsfremden Personen soll die Anstalt darüber hinaus ganz oder teilweise von einer Sicherheitsanfrage absehen, wenn aufgrund des Anlasses, der Art, des Umfangs oder der Dauer des Aufenthalts oder der Tätigkeit in der Anstalt oder einer anderen Einrichtung des Justizvollzuges Nordrhein-Westfalen eine Gefährdung der Sicherheit der Anstalt fernliegt.

(7) Die Anstalt übermittelt den angefragten Behörden die Identitätsdaten, namentlich den Namen, die Vornamen, das Geburtsdatum, den Geburtsort und die Staatsangehörigkeit der betroffenen Personen. Betrifft die Sicherheitsanfrage Gefangene, sollen darüber hinaus bekannt gewordene Aliaspersonalien, die voraussichtliche Vollstreckungsdauer sowie das Aktenzeichen der der Vollstreckung zugrunde liegenden Entscheidung mitgeteilt werden.

(8) Die gemäß Absatz 4 Satz 2 Nummer 2 und 3 angefragten Behörden teilen der Anstalt die sicherheitsrelevanten Erkenntnisse über die betroffene Person mit. Erkenntnismitteilungen der Verfassungsschutzbehörde Nordrhein-Westfalen unterliegen den Übermittlungsvorschriften des Verfassungsschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen. Die genannten Behörden dürfen die in Absatz 7 aufgeführten Daten für die Durchführung der Sicherheitsanfrage verarbeiten. Sie löschen die übermittelten personenbezogenen Daten, sobald die Sicherheitsanfrage abgeschlossen ist. Davon ausgenommen sind solche personenbezogenen Daten, die die Verfassungsschutzbehörde Nordrhein-Westfalen aufgrund der für sie geltenden gesetzlichen Grundlagen erheben darf.

(9) Die für die Sicherheitsanfrage erforderlichen personenbezogenen Daten dürfen im Wege einer regelmäßigen Datenübermittlung abgefragt und übermittelt werden. Die Landesregierung kann durch Rechtsverordnung weitere Einzelheiten zur Datenerhebung und -übermittlung sowie zum Verfahren der Bearbeitung der Anfragen regeln. Die Ermächtigung kann auf das Justizministerium übertragen werden.

(10) Die Anstalt bewertet die ihr mitgeteilten Erkenntnisse über eine Person auf Grund einer Gesamtwürdigung des Einzelfalls. Die Anstaltsleitung entscheidet, ob sie einer anstaltsfremden Person nicht oder nur unter Beschränkungen Zutritt zur Anstalt gewährt oder sie nicht oder nur unter Beschränkungen zu der angestrebten Tätigkeit in der Anstalt zulässt. Dies gilt entsprechend, wenn die anstaltsfremde Person eine Sicherheitsanfrage verweigert. Kann eine für geboten erachtete Sicherheitsanfrage nicht rechtzeitig abgeschlossen werden, kann eine Tätigkeit in der Anstalt vorübergehend unter Beaufsichtigung aufgenommen oder ein Zutritt zu der Anstalt vorläufig unter Beaufsichtigung bewilligt werden, wenn dies erforderlich ist.

(11) Im Rahmen der Sicherheitsanfrage gewonnene personenbezogene Daten sind in gesonderten Akten oder personenbezogenen Dateien zu führen oder zu verarbeiten.

(12) Die Verarbeitungs- und Übermittlungsbefugnis für personenbezogene Daten über Gefangene zur Aufrechterhaltung der Sicherheit in der Anstalt schließt die Verarbeitungsbefugnis für personenbezogene Daten zum Zwecke der Behandlung der Gefangenen ein. Eine Übermittlung der gewonnenen personenbezogenen Daten an öffentliche Stellen ist nur für Maßnahmen des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz und der Jugendgerichtshilfe zulässig. Eine Übermittlung zu anderen Zwecken erfolgt nur nach Maßgabe des § 111 Absatz 2 Nummer 1 bis 3 und zur Verhinderung oder Verfolgung erheblicher Straftaten. Unterlagen und personenbezogene Daten über Gefangene unterliegen den Bestimmungen des § 122 dieses Gesetzes.

(13) Für die Verarbeitung und Übermittlung personenbezogener Daten über anstaltsfremde Personen gilt § 111 Absatz 4 entsprechend. Die Unterlagen oder elektronisch gespeicherten personenbezogenen Daten über anstaltsfremde Personen sind innerhalb eines Jahres nach Abschluss der Sicherheitsanfrage zu vernichten oder zu löschen, wenn die betroffene Person keine Tätigkeit im Justizvollzug aufnimmt, es sei denn, die betroffene Person willigt in die weitere Aufbewahrung ein. Im Übrigen sind die Unterlagen oder elektronischen Daten fünf Jahre nach dem Ausscheiden aus der Tätigkeit zu vernichten oder zu löschen, es sei denn, die betroffene Person willigt in die weitere Aufbewahrung ein oder es ist beabsichtigt, die betroffene Person in absehbarer Zeit erneut mit einer Tätigkeit im Justizvollzug zu betrauen.

(14) Eine erneute Sicherheitsanfrage kann erfolgen, wenn neue sicherheitsrelevante Erkenntnisse vorliegen. Die Überprüfung anstaltsfremder Personen soll darüber hinaus spätestens nach Ablauf einer Frist von 18 Monaten wiederholt werden.

(15) Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1, Absatz 3 bis 5, 7 bis 11 sowie Absatz 13 und 14 gelten entsprechend für Besucherinnen und Besucher. Eine Sicherheitsanfrage ist nur veranlasst, wenn tatsächliche Anhaltspunkte Sicherheitsbedenken nahelegen. Bei einer Sicherheitsanfrage teilt die Anstalt den in Absatz 4 genannten Behörden mit, für welche Gefangenen die Zulassung zum Besuch begehrt wird.

§ 110
Schutz der Daten in Akten und Dateien

(1) Einzelne Bedienstete dürfen sich von personenbezogenen Daten nur Kenntnis verschaffen, soweit dies zur Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben oder für die Zusammenarbeit nach § 2 Absatz 3 und § 5 Absatz 1 erforderlich ist.

(2) Akten und Dateien mit personenbezogenen Daten sind durch die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen gegen unbefugten Zugang und unbefugten Gebrauch zu schützen. Gesundheitsakten, Krankenblätter sowie von den Behörden mit Sicherheitsaufgaben nach § 109 dieses Gesetzes erhobene und verarbeitete Daten sind getrennt von anderen Unterlagen über die Gefangenen zu führen und besonders zu sichern. Satz 2 gilt entsprechend für die im Rahmen der Behandlungsuntersuchung und Vollzugsplanung erhobenen opferbezogenen Daten, insbesondere zur Person und zu den Schutzinteressen der Opfer und gefährdeter Dritter.

(3) Im Übrigen gilt für die Art und den Umfang der Schutzvorkehrungen § 10 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen.

§ 111
Verarbeitung

(1) Die Vollzugsbehörde darf personenbezogene Daten verarbeiten und übermitteln, soweit dies für die ihr nach diesem Gesetz obliegenden Aufgaben erforderlich ist, eine andere Rechtsvorschrift dies für den Geltungsbereich des Justizvollzuges ausdrücklich erlaubt oder die Betroffenen eingewilligt haben.

(2) Die Verarbeitung und Übermittlung personenbezogener Daten für andere Zwecke ist zulässig, soweit dies

1. zur Abwehr von sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten für eine fremde Macht oder von Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen

a) gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind,

b) eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben oder

c) auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,

2. zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit,

3. zur Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte einer anderen Person,

4. zur Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten sowie zur Verhinderung oder Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten, durch welche die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet wird,

5. für Maßnahmen der Strafvollstreckung oder strafvollstreckungsrechtliche Entscheidungen oder

6. zur Wahrnehmung von Kontrollbefugnissen des Europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafen

erforderlich ist.

(3) Bei der Überwachung der Besuche oder des Schriftwechsels sowie bei der Überwachung des Inhalts von Paketen bekannt gewordene personenbezogene Daten dürfen nur für die in Absatz 2 aufgeführten Zwecke, für den gerichtlichen Rechtsschutz im Zusammenhang mit diesem Gesetz, zur Wahrung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder nach Anhörung der Gefangenen zum Zwecke der Behandlung verarbeitet werden.

(4) Personenbezogene Daten, die gemäß § 108 Absatz 3 dieses Gesetzes über Personen, die nicht Gefangene sind, erhoben worden sind, dürfen nur zur Erfüllung des Erhebungszwecks, für die in Absatz 2 Nummer 1 bis 3 geregelten Zwecke oder zur Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung verarbeitet werden.

(5) Eine Verarbeitung für andere Zwecke liegt nicht vor, soweit sie dem gerichtlichen Rechtsschutz im Zusammenhang mit diesem Gesetz oder den in § 13 Absatz 3 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen genannten Zwecken dient. § 112 Absatz 1, 2 und 4 gilt entsprechend.

(6) Gefangenenpersonalakten, Gesundheitsakten oder sonstige Akten können auch elektronisch geführt werden.

(7) Die Vollzugsbehörde kann Gefangene aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt verpflichten, einen Ausweis mit sich zu führen, der mit einem Lichtbild zu versehen oder elektronisch lesbar ist.

§ 112
Datenaustausch zwischen Vollzugsbehörden

(1) Bei Verlegungen und Überstellungen von Gefangenen oder in Verwaltungsvorgängen, an denen mehrere Vollzugsbehörden beteiligt sind, dürfen die Vollzugsbehörden von Amts wegen anderen Vollzugsbehörden Daten übermitteln, soweit diese Daten aus Sicht der übermittelnden Stelle für die Erfüllung der Aufgaben der die Daten empfangenden Vollzugsbehörde erforderlich sind. In diesem Fall ist die übermittelnde Vollzugsbehörde verantwortliche Stelle im Sinne des § 3 Absatz 3 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen. Die Daten dürfen von der empfangenden Vollzugsbehörde weiterverarbeitet werden, soweit eine Speicherung oder Weiterverarbeitung zur Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Bei der Einrichtung und der Nutzung von Verbunddateien bestimmt die Landesregierung die Einzelheiten der Datenverarbeitung, insbesondere die Datenverantwortung, die jeweiligen Zugriffsrechte und den Umfang der Schutzvorkehrungen, durch Rechtsverordnung. Die Ermächtigung kann auf das Justizministerium übertragen werden.

(2) Bei Verlegungen übermittelt die Vollzugsbehörde der aufnehmenden Vollzugsbehörde in der Regel sämtliche über die oder den Gefangenen vorliegenden personenbezogenen Daten und die Gefangenenpersonalakte. Die übermittelnde Vollzugsbehörde muss die Daten nach Erreichung des Übermittlungszweckes unverzüglich löschen, es sei denn, die weitere Speicherung und Verarbeitung der Daten ist ihr nach Maßgabe der Vorschriften dieses Abschnittes oder aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften gestattet.

(3) Bei Überstellungen soll von der Übersendung der Gefangenenpersonalakte abgesehen werden, es sei denn, die Übersendung ist aufgrund der zu erwartenden Dauer der Überstellung oder aus anderen Gründen im Einzelfall erforderlich. Wird die Gefangenenpersonalakte nicht übersandt, übermittelt die überstellende Vollzugsbehörde der aufnehmenden Vollzugsbehörde in der Regel nur die für die Sicherheit und Ordnung der Anstalt, für die medizinische Versorgung und für die Behandlung der Gefangenen erforderlichen personenbezogenen Dateien und Unterlagen. Für Rücküberstellungen gilt Satz 2 entsprechend.

(4) Werden in Akten oder Dateien gespeicherte personenbezogene Daten aus früher vollzogenen Freiheitsstrafen von anderen Einrichtungen des Justizvollzuges zur rechtmäßigen Aufgabenerfüllung benötigt, dürfen die Daten nach Maßgabe des Absatzes 1 sowie den übrigen Vorschriften dieses Abschnittes über die Ersterhebung erhoben und von der die Daten empfangenden Vollzugsbehörde verarbeitet und weiter übermittelt werden. Für die Sperrung und Löschung von Daten gilt § 122 entsprechend.

§ 113
Zweckbindung, Datenverantwortung

(1) Von der Vollzugsbehörde übermittelte personenbezogene Daten dürfen nur zu dem Zweck weiterverarbeitet werden, zu dessen Erfüllung sie auch übermittelt worden sind. Die Vollzugsbehörde hat nicht öffentliche Empfängerinnen oder Empfänger auf die Zweckbindung nach Satz 1 hinzuweisen.

(2) Die Verantwortung für die Zulässigkeit der Übermittlung von Daten trägt die Vollzugsbehörde. Erfolgt die Übermittlung auf Ersuchen einer öffentlichen Stelle, trägt diese die Verantwortung. In diesem Fall prüft die Vollzugsbehörde nur, ob das Übermittlungsersuchen im Rahmen der Aufgaben der Empfängerin oder des Empfängers liegt und §§ 121 sowie 111 Absatz 3 und 4 der Übermittlung entgegenstehen, es sei denn, dass im Einzelfall Anlass zur Prüfung der Zulässigkeit der Übermittlung besteht. Die Empfängerin oder der Empfänger hat der übermittelnden Stelle die für diese Prüfung erforderlichen Auskünfte zu erteilen.

§ 114
Übermittlung an öffentliche Stellen

(1) Die Übermittlung personenbezogener Daten an öffentliche Stellen ist zulässig, soweit sie zur rechtmäßigen Erfüllung der Aufgaben der Vollzugsbehörde oder der Empfängerinnen und Empfänger erforderlich ist.

(2) Über die in § 111 Absatz 1 und 2 geregelten Zwecke hinaus dürfen zuständigen öffentlichen Stellen personenbezogene Daten übermittelt werden, soweit dies für

1. Maßnahmen des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz und der Jugendgerichtshilfe,

2. die Überprüfung von Angaben von Gefangenen, weil tatsächliche Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestehen,

3. Entscheidungen in Gnadensachen,

4. durch oder aufgrund Gesetz angeordnete Statistiken der Rechtspflege,

5. die Einleitung von Hilfsmaßnahmen für Angehörige (§ 11 Absatz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches) der Gefangenen,

6. sozialrechtliche Maßnahmen,

7. dienstliche Maßnahmen der Bundeswehr im Zusammenhang mit der Aufnahme und Entlassung von Soldatinnen und Soldaten,

8. ausländerrechtliche Maßnahmen oder

9. die Durchführung der Besteuerung

erforderlich ist. Eine Übermittlung für andere Zwecke ist auch zulässig, soweit eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf personenbezogene Daten von Gefangenen bezieht.

(3) Erhält die Vollzugsbehörde davon Kenntnis, dass Gefangene von öffentlichen Stellen Leistungen beziehen oder bei öffentlichen Stellen Leistungen beantragt haben, die für die Dauer des Vollzuges entfallen oder sich mindern, hat sie die Leistungsträger unverzüglich darüber zu unterrichten, dass und seit wann sich die betroffenen Gefangenen im Vollzug befinden, sofern sie die Unterrichtung trotz einer Aufforderung der Vollzugsbehörde nicht unverzüglich selbst vornehmen. Den betroffenen Gefangenen ist eine Abschrift der Mitteilung auszuhändigen.

(4) Eigengeld und sonstiges Vermögen der Gefangenen, das der Anstalt bekannt ist, sind der mit der Geltendmachung der im Strafverfahren entstandenen Kosten befassten Vollstreckungsbehörde und der Gerichtskasse anzuzeigen, sobald Gefangene über pfändbares Vermögen verfügen. Den betroffenen Gefangenen ist eine Abschrift der Mitteilung auszuhändigen.

(5) Öffentliche Stellen dürfen personenbezogene Daten nur weiterverarbeiten, soweit dies für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Eine Weiterverarbeitung darf auch dann erfolgen, wenn in einem Verwaltungsvorgang mehrere öffentliche Stellen beteiligt sind und es der Weiterverarbeitung der übermittelten Daten bedarf, die Weiterverarbeitung der Wahrnehmung von Aufgaben nach § 13 Absatz 3 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen dient oder die Daten auch für diese anderen Zwecke hätten übermittelt werden dürfen und die Vollzugsbehörde der Weiterverarbeitung zugestimmt hat.

§ 115
Schutz besonderer Daten

(1) Das religiöse oder weltanschauliche Bekenntnis Gefangener und personenbezogene Daten, die anlässlich medizinischer Untersuchungen erhoben worden sind, dürfen in der Anstalt nicht allgemein kenntlich gemacht werden. Andere personenbezogene Daten über Gefangene dürfen innerhalb der Anstalt allgemein kenntlich gemacht werden, soweit dies für ein geordnetes Zusammenleben in der Anstalt erforderlich ist; § 111 Absatz 3 und 4 sowie § 121 bleiben unberührt.

(2) Personenbezogene Daten, die den in § 203 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 5 des Strafgesetzbuches genannten Personen von Gefangenen als Geheimnis anvertraut oder über Gefangene sonst bekannt geworden sind, unterliegen auch gegenüber der Vollzugsbehörde der Schweigepflicht. Die in § 203 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 5 des Strafgesetzbuches genannten Personen haben sich gegenüber der Anstaltsleitung zu offenbaren, soweit dies auch unter Berücksichtigung der Interessen der Gefangenen an der Geheimhaltung der personenbezogenen Daten zur Verhinderung von Selbstverletzungen, zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leib oder Leben anderer Gefangener oder Dritter oder zur Abwehr der Gefahr erheblicher Straftaten im Einzelfall erforderlich ist. Die Ärztin oder der Arzt ist zur Offenbarung ihr oder ihm im Rahmen der allgemeinen Gesundheitsfürsorge bekannt gewordener Geheimnisse befugt, soweit dies für die Aufgabenerfüllung der Vollzugsbehörde unerlässlich oder zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leib oder Leben Gefangener oder Dritter erforderlich ist. Sonstige Offenbarungsbefugnisse bleiben unberührt. Gefangene sind vor der Erhebung über die nach den Sätzen 2 und 3 bestehenden Offenbarungsbefugnisse zu unterrichten.

(3) Die nach Absatz 2 offenbarten Daten dürfen nur für den Zweck, für den sie offenbart wurden oder für den eine Offenbarung zulässig gewesen wäre, und nur unter denselben Voraussetzungen verarbeitet werden, unter denen eine in § 203 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 5 des Strafgesetzbuches genannte Person selbst hierzu befugt wäre. Die Anstaltsleitung kann unter diesen Voraussetzungen die unmittelbare Offenbarung gegenüber bestimmten Bediensteten allgemein zulassen.

(4) Sofern Ärztinnen oder Ärzte oder Psychologinnen oder Psychologen außerhalb des Vollzuges mit der Untersuchung oder Behandlung Gefangener beauftragt werden, gilt Absatz 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass die beauftragte Person auch zur Unterrichtung des ärztlichen Dienstes der Anstalt oder der in der Anstalt mit der Behandlung der betroffenen Gefangenen betrauten Person des psychologischen Dienstes befugt ist.

(5) Behandeln die in § 203 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 5 des Strafgesetzbuches genannten Personen gleichzeitig oder nacheinander dieselben Gefangenen, so unterliegen sie im Verhältnis zueinander nicht der Schweigepflicht und sind zur umfassenden gegenseitigen Information und Auskunft verpflichtet, soweit dies zum Zwecke einer zielgerichteten gemeinsamen Behandlung erforderlich ist und

1. eine wirksame Einwilligung der Gefangenen vorliegt oder

2. sie in Bezug auf die betreffenden Gefangenen nicht mit anderen Aufgaben im Vollzug betraut sind.

§ 116
Auskünfte an Opfer

(1) Opfern wird auf schriftlichen Antrag Auskunft über die Inhaftierung und deren Beendigung, die Gewährung vollzugsöffnender Maßnahmen, opferbezogene Weisungen und die Unterbringung im offenen Vollzug erteilt, wenn die Opfer ein berechtigtes Interesse darlegen und kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse der Gefangenen am Ausschluss der Mitteilung vorliegt. Der Nachweis der Zulassung zur Nebenklage ersetzt in der Regel die Darlegung des berechtigten Interesses. Dies gilt nicht, wenn den Gefangenen erneut vollzugsöffnende Maßnahmen gewährt werden. § 117 Absatz 1 bleibt unberührt.

(2) Besteht auf Grund einer Flucht einer oder eines Gefangenen eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben, ergeht eine Mitteilung nach Absatz 1 auch ohne Antrag.

(3) Opfern und anderen aus der Straftat Anspruchsberechtigten können auf schriftlichen Antrag Auskünfte über die Entlassungsadresse oder die Vermögensverhältnisse der Gefangenen erteilt werden, wenn die Erteilung zur Feststellung oder Durchsetzung von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit der Straftat erforderlich ist. § 117 Absatz 2 gilt entsprechend.

(4) Besteht Anlass zu der Besorgnis, dass die Offenlegung von Lebensumständen der Antragstellerinnen und Antragsteller deren Leib oder Leben gefährdet, kann die Offenlegung gegenüber den Gefangenen unterbleiben. Die Mitteilung der Anschrift der Antragstellerinnen und Antragsteller an die Gefangenen bedarf der Einwilligung.

§ 117
Haftmitteilungen an öffentliche und nicht öffentliche Stellen

(1) Öffentlichen und nicht öffentlichen Stellen darf die Vollzugsbehörde auf schriftlichen Antrag mitteilen, ob sich eine Person in Haft befindet sowie ob und wann ihre Entlassung voraussichtlich innerhalb eines Jahres bevorsteht, soweit

1. die Mitteilung zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der öffentlichen Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist oder

2. von nicht öffentlichen Stellen ein berechtigtes Interesse an dieser Mitteilung glaubhaft dargelegt wird und die Gefangenen kein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung haben.

(2) Die Gefangenen werden vor der Mitteilung gehört, soweit dadurch nicht die Verfolgung des Interesses der Antragstellerinnen und Antragsteller vereitelt oder wesentlich erschwert wird und eine Abwägung ergibt, dass das Interesse der Antragstellerinnen und Antragsteller das Interesse der Gefangenen an ihrer vorherigen Anhörung überwiegt. Ist die Anhörung unterblieben, werden die betroffenen Gefangenen über die Mitteilung der Vollzugsbehörde nachträglich unterrichtet.

§ 118
Überlassung von Akten

(1) Soweit die Übermittlung der darin enthaltenen Daten zulässig ist, dürfen Akten mit personenbezogenen Daten nur anderen Vollzugsbehörden, den zur Dienst- oder Fachaufsicht oder zu dienstlichen Weisungen befugten Stellen, den für strafvollzugs-, strafvollstreckungs- und strafrechtliche Entscheidungen zuständigen Gerichten sowie den Strafvollstreckungs- und Strafverfolgungsbehörden überlassen werden. Die Überlassung an andere öffentliche Stellen ist zulässig, soweit die Erteilung einer Auskunft einen unvertretbaren Aufwand erfordert oder nach Darlegung der die Akteneinsicht begehrenden Stellen für die Erfüllung der Aufgabe nicht ausreicht. Entsprechendes gilt für die Überlassung von Akten an die von der Vollzugsbehörde, den Strafverfolgungsbehörden oder den Gerichten mit Gutachten oder der Nachsorge von Gefangenen beauftragten Stellen.

(2) Sind mit personenbezogenen Daten, die nach § 111 Absatz 1 und 2 oder § 114 übermittelt werden dürfen, weitere personenbezogene Daten der Betroffenen oder Dritter in Akten so verbunden, dass eine Trennung nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist, so ist die Übermittlung auch dieser Daten zulässig, soweit nicht berechtigte Interessen der Betroffenen oder Dritter an deren Geheimhaltung offensichtlich überwiegen. Eine Verarbeitung dieser Daten durch die Empfängerinnen oder Empfänger ist unzulässig. Hierauf muss bei der Übermittlung der Daten hingewiesen werden.

§ 119
Auskünfte an Betroffene, Akteneinsicht

Die Betroffenen erhalten nach Maßgabe der §§ 18 und 35 Absatz 2 Satz 1 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen Auskunft. Sie erhalten Akteneinsicht, soweit eine Auskunft für die Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen nicht ausreicht und sie hierfür auf die Einsichtnahme angewiesen sind.

§ 120
Übermittlung personenbezogener Informationen für wissenschaftliche Zwecke

(1) Die Übermittlung personenbezogener Informationen in Akten und Dateien an Hochschulen, andere Einrichtungen, die wissenschaftliche Forschung betreiben, und öffentliche Stellen ist zulässig, soweit

1. dies für die Durchführung bestimmter wissenschaftlicher Forschungsarbeiten erforderlich ist,

2. eine Nutzung anonymisierter Daten zu diesem Zweck nicht möglich oder die Anonymisierung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist und

3. das öffentliche Interesse an der Forschungsarbeit das schutzwürdige Interesse der Betroffenen an dem Ausschluss der Übermittlung erheblich überwiegt.

Bei der Abwägung nach Satz 1 Nummer 3 ist im Rahmen des öffentlichen Interesses das wissenschaftliche Interesse an dem Forschungsvorhaben besonders zu berücksichtigen.

(2) Die Übermittlung der Informationen erfolgt durch Erteilung von Auskünften, wenn hierdurch der Zweck der Forschungsarbeit erreicht werden kann und die Erteilung keinen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert. Andernfalls kann auch Einsichtnahme in Akten und Dateien gewährt werden. Die Akten und Dateien können zur Einsichtnahme übersandt werden.

(3) Personenbezogene Informationen werden nur an solche Personen übermittelt, die Amtsträger oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete sind oder die zur Geheimhaltung verpflichtet worden sind. § 1 Absatz 2, 3 und 4 Nummer 2 des Verpflichtungsgesetzes vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469, 547), das durch § 1 Nummer 4 des Gesetzes vom 15. August 1974 (BGBl. I S. 1942) geändert worden ist, findet auf die Verpflichtung zur Geheimhaltung entsprechende Anwendung.

(4) Die personenbezogenen Informationen dürfen nur für die Forschungsarbeit verwendet werden, für die sie übermittelt worden sind. Die Verwendung für andere Forschungsarbeiten oder die Weitergabe richtet sich nach den Absätzen 1 bis 3 und bedarf der Einwilligung der Stelle, die die Übermittlung der Daten angeordnet hat.

(5) Die Informationen sind gegen unbefugte Kenntnisnahme durch Dritte zu schützen. Die wissenschaftliche Forschung betreibende Stelle hat dafür zu sorgen, dass die Verwendung der personenbezogenen Daten räumlich und organisatorisch getrennt von der Erfüllung solcher Verwaltungsaufgaben oder Geschäftszwecke erfolgt, für die diese Informationen gleichfalls von Bedeutung sein können.

(6) Sobald der Forschungszweck es erlaubt, sind die personenbezogenen Daten zu anonymisieren. Solange dies noch nicht möglich ist, sind die Merkmale gesondert aufzubewahren, mit denen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können. Sie dürfen mit den Einzelangaben nur zusammengeführt werden, soweit der Forschungszweck dies erfordert.

(7) Wer nach den Absätzen 1 bis 3 personenbezogene Informationen erhalten hat, darf diese nur veröffentlichen, wenn dies für die Darstellung von Forschungsergebnissen über Ereignisse der Zeitgeschichte unerlässlich ist. Die Veröffentlichung bedarf der Einwilligung der Stelle, die die Informationen übermittelt hat.

(8) Sind die Empfängerinnen oder Empfänger nicht öffentliche Stellen, finden die Vorschriften des Dritten Abschnitts des Bundesdatenschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 2003 (BGBl. I S. 66), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 25. Februar 2015 (BGBl. I S. 162) geändert worden ist, auch Anwendung, wenn die Informationen nicht in oder aus Dateien verarbeitet werden.

§ 121
Einschränkungen

Die Übermittlung von personenbezogenen Daten unterbleibt, soweit die in § 115 Absatz 2, § 122 Absatz 1 und 2 geregelten Einschränkungen oder besondere gesetzliche Verwendungsregelungen entgegenstehen.

§ 122
Berichtigung, Löschung, Sperrung

(1) Wird festgestellt, dass unrichtige Daten übermittelt worden sind, ist dies den Empfängerinnen oder Empfängern mitzuteilen, wenn dies zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Betroffenen erforderlich ist.

(2) Personenbezogene Daten in Dateien oder in Akten dürfen nach Ablauf von zwei Jahren seit der Entlassung der Gefangenen nur übermittelt oder genutzt werden, soweit dies

1. für das Auffinden der Gefangenenpersonalakten oder der Gesundheitsakten,

2. für die Durchführung wissenschaftlicher Forschungsvorhaben gemäß §§ 120 und 126,

3. zur Verfolgung von Straftaten,

4. zur Behebung einer bestehenden Beweisnot oder

5. zur Feststellung, Durchsetzung oder Abwehr von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit dem Vollzug einer Strafe

erforderlich ist. Diese Verwendungsbeschränkungen enden, wenn Gefangene erneut in derselben oder einer anderen Einrichtung des Justizvollzuges zum Vollzug einer Strafe, Sicherungsverwahrung oder Untersuchungshaft aufgenommen werden oder die Betroffenen eingewilligt haben.

(3) Die in Dateien gespeicherten oder in Akten aufbewahrten personenbezogenen Daten sind spätestens zehn Jahre nach der letzten Entlassung der Gefangenen zu löschen. Abweichend von Satz 1 sind die in Gesundheitsakten aufbewahrten personenbezogenen Daten nach 20 Jahren zu löschen. Satz 2 gilt auch für in Dateien gespeicherte personenbezogene Daten.

(4) Die Fristen nach Absatz 3 gelten nicht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Speicherung oder Aufbewahrung für die in Absatz 2 genannten Zwecke weiterhin erforderlich ist.

(5) An die Stelle einer Löschung nach Absatz 3 tritt eine Sperrung, soweit durch ein Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes abweichende Aufbewahrungsfristen geregelt sind.

(6) Im Übrigen gilt für die Berichtigung, Löschung und Sperrung personenbezogener Daten § 19 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen. Werden Daten nach den Vorschriften dieses Abschnittes an andere öffentliche oder nicht öffentliche Stellen, die keine Vollzugsbehörden sind, übermittelt, müssen die Empfängerinnen und Empfänger die Daten nach Erreichung des Übermittlungszweckes unverzüglich löschen, es sei denn die weitere Speicherung und Verarbeitung der Daten ist nach Maßgabe der Vorschriften dieses Abschnittes oder aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften gestattet.

(7) Die Aufbewahrungsfrist von Akten beginnt mit dem auf das Jahr der aktenmäßigen Weglegung folgenden Kalenderjahr.

(8) Die archivrechtlichen Vorschriften des Bundes und des Landes bleiben unberührt.

§ 123
Datenverarbeitungsverfahren

(1) Die gemäß §§ 68, 108 und 109 erhobenen und nach Maßgabe dieses Abschnitts zu verarbeitenden Daten können im Geltungsbereich dieses Gesetzes für die Vollzugsbehörden in einer zentralen Datei gespeichert werden. Die speichernde Stelle hat zu gewährleisten, dass die Übermittlung und der Abruf zumindest durch geeignete Stichprobenverfahren festgestellt und überprüft werden können.

(2) Die Einrichtung eines gemeinsamen oder verbundenen automatisierten Verfahrens, in dem innerhalb einer Vollzugsbehörde oder in und aus mehreren Vollzugsbehörden personenbezogene Daten automatisiert verarbeitet werden und abgerufen werden können, ist zulässig, soweit die automatisierte Übermittlung von Daten zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in den Anstalten oder anderen Einrichtungen des Justizvollzuges, zu Zwecken der Behandlung oder der Nachsorge von Gefangenen, aus Gründen der Vereinfachung der Verwaltung oder zur Wahrnehmung von Kontroll- und Aufsichtsbefugnissen der Aufsichtsbehörde unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Belange der betroffenen Personen und der Aufgaben der beteiligten Stellen angemessen ist. Die Verantwortung für die Einrichtung von automatisierten Verfahren, Verbundverfahren und Verbunddateien trägt das Justizministerium oder die von ihm für das jeweilige Fachverfahren bestimmte Stelle. Innerhalb einer speichernden Stelle legt die Leitung der Einrichtung den Umfang der Verarbeitungsbefugnis in den einzelnen Aufgabengebieten im Einvernehmen mit dem Justizministerium fest.

(3) Die elektronische Datenübermittlung personenbezogener Daten Gefangener an die eingerichteten Zentralstellen des Justizvollzuges erfolgt im automatisierten Verfahren.

(4) Die Staatsanwaltschaften bei den Gerichten des Landes Nordrhein-Westfalen sind befugt, personenbezogene Daten über Freiheitsentziehungen im automatisierten Verfahren abzurufen, soweit diese Daten für Zwecke der Strafrechtspflege erforderlich sind.

(5) Die Landesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung die Einzelheiten der Einrichtung automatisierter Übermittlungs- und Abrufverfahren. Die Empfängerinnen und Empfänger, die Datenart und der Zweck des Abrufs sind festzulegen. Die oder der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit ist vorher zu unterrichten. Die Ermächtigung zum Erlass der Rechtsverordnungen kann auf das Justizministerium übertragen werden. Die Vorschriften über die Zulässigkeit des einzelnen Abrufs bleiben unberührt.

(6) Für die Zulässigkeit der Einrichtung und die Einzelheiten der Durchführung von Datenverarbeitungsverfahren nach den Absätzen 1 bis 4 gelten im Übrigen § 4a (Verbunddateien), § 9 (Automatisiertes Abrufverfahren) und § 11 (Verarbeitung personenbezogener Daten im Auftrag und regelmäßige Datenübermittlung) des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen entsprechend. Die weiteren Befugnisse zur Einrichtung automatisierter Übermittlungs- und Abrufverfahren, der Einrichtung von Datenverbünden, auch im automatisierten Verfahren, sowie zur Veranlassung einer Datenverarbeitung im Auftrag nach dem Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen bleiben unberührt

(7) Erfolgt die Übermittlung oder der Abruf von personenbezogenen Daten im automatisierten Verfahren oder im automatisierten Verbundverfahren, so trägt die Empfängerin oder der Empfänger die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit des Abrufs.

(8) Die Zulässigkeit der automatisierten Übermittlung der in § 13 Absatz 1 Satz 3 des Bundeskriminalamtgesetzes in der jeweiligen Fassung jeweils angeführten personenbezogenen Daten bleibt unberührt.

(9) Das Justizministerium kann mit anderen Ländern und dem Bund einen Datenverbund vereinbaren, der eine automatisierte Datenübermittlung ermöglicht.

§ 124
Daten bei elektronischer Aufenthaltsüberwachung

(1) Die elektronische Aufenthaltsüberwachung erfolgt durch die ergänzende technische Beaufsichtigung einer oder eines Gefangenen bei einer Ausführung in Begleitung von Bediensteten der Anstalt. Die elektronische Aufenthaltsüberwachung dient dem Zweck, im Falle einer Entweichung der zu überwachenden Person diese auf Grundlage eines Bewegungsprofils erleichtert wieder ergreifen zu können. Die elektronische Aufenthaltsüberwachung endet mit der ordnungsgemäßen Rückkehr der zu überwachenden Person in die Anstalt.

(2) Zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung kann die für die elektronische Aufenthaltsüberwachung zuständige zentrale Datenverarbeitungsstelle Daten über den Aufenthaltsort der Gefangenen und den Zeitpunkt der Datenerhebung (aufenthaltsbezogene Daten) mit der zugelassenen Technik, namentlich mittels Global Positioning (GPS) und Funksystemen, durch Empfangsgeräte erheben. Es kann als Sender ein Überwachungsgerät zur automatisierten Identifikation und Lokalisierung mit dem Hand- oder Fußgelenk der zu überwachenden Person so verbunden werden, dass eine ordnungsgemäße Trennung nur durch die Anstalt oder die Überwachungsstelle erfolgen kann.

(3) Datenverantwortliche Stelle ist das Justizministerium. Es kann die gemeinsame Überwachungsstelle der Länder nach Maßgabe der folgenden Absätze mit der elektronischen Aufenthaltsüberwachung beauftragen.

(4) Zur Einhaltung der Zweckbindung erfolgt die Erhebung und Verarbeitung der aufenthaltsbezogenen Daten automatisiert. Bei jedem Abruf sind zumindest der Zeitpunkt, die abgerufenen Daten und die Bearbeiter zu protokollieren.

(5) Die zentrale Datenverarbeitungsstelle weist den mit dem Hand- oder Fußgelenk der zu überwachenden Personen zu verbindenden Überwachungsgeräten eine Identifikationsnummer zu, die personenbezogene Daten der zu überwachenden Personen nicht enthalten darf. Die zuständige Anstalt ordnet ein mit einer Identifikationsnummer versehenes Überwachungsgerät rechtzeitig vor einer Ausführung einer bestimmten zu überwachenden Person zu und beauftragt die zentrale Datenverarbeitungsstelle für die Zeit der Ausführung mit der elektronischen Aufenthaltsüberwachung. In dem Auftrag sind nur die zugeordnete Identifikationsnummer des eingesetzten Überwachungsgerätes sowie der voraussichtliche Zeitraum der Überwachung zu benennen. Der Überwachungsstelle ist ein Personendatenblatt zu übersenden, das die für die Zuordnung der Überwachung erforderlichen personenbezogenen Daten und die für den Alarmfall erforderlichen Angaben enthalten darf. In das Personendatenblatt dürfen namentlich Angaben über die zuständige Anstalt, ihre Erreichbarkeit, den Namen der die Ausführung begleitenden Bediensteten und die im Falle einer Entweichung für die Fahndung und Wiederergreifung zuständige Polizeidienststelle aufgenommen werden. In der Mitteilung an die Überwachungsstelle dürfen darüber hinaus die Vor- und Nachnamen und das Geburtsdatum der zu überwachenden Person sowie das Datum, der Zeitpunkt und der Ort der Ausführung angegeben werden.

(6) Das Überwachungsgerät ist durch Bedienstete der Anstalt anzulegen und die zu überwachende Person ist vor der ersten Ausführung in die Funktionsweise und die möglichen rechtlichen Folgen einer gewaltsamen Entfernung des Überwachungsgerätes einzuweisen. Die Einweisung ist zu dokumentieren.

(7) Die nach Absatz 1 erhobenen aufenthaltsbezogenen Daten sind nach Abschluss der Ausführung innerhalb einer Frist von 24 Stunden automatisiert zu löschen. Hierzu teilt die Anstalt der Überwachungsstelle unverzüglich das Ende der elektronischen Aufenthaltsüberwachung mit, die die Löschung der Daten veranlasst, soweit nicht eine weitere Speicherung und Verarbeitung im Einzelfall zur Aufklärung und Ahndung eines Pflichtenverstoßes, zur Aufklärung oder Verfolgung von Straftaten oder zur Abwehr erheblicher gegenwärtiger Gefahr für das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung Dritter erforderlich ist. Ist die automatisierte Löschung der aufenthaltsbezogenen Daten zu diesen Zwecken auszusetzen, beantragt die Anstalt dies unverzüglich bei der Überwachungsstelle. Für die erweiterten Zwecke darf die Überwachungsstelle die Daten mit Einwilligung der Anstalt unmittelbar den zuständigen Polizei- und Strafverfolgungsbehörden übermitteln.

(8) Im Falle einer Entweichung lösen die die Ausführung begleitenden Bediensteten unverzüglich den Alarmfall aus. Hierzu benachrichtigen sie unverzüglich die Überwachungsstelle über die Entweichung. Die Verpflichtung der Anstalt und der Bediensteten zur unverzüglichen Benachrichtigung der zuständigen Polizeidienststelle bleibt unberührt. Die Überwachungsstelle darf den für die Fahndung oder die Wiederergreifung zuständigen Polizeidienststellen die bei der elektronischen Aufenthaltsüberwachung erhobenen aufenthaltsbezogenen Daten unmittelbar mitteilen. Absatz 7 gilt entsprechend. Die Frist des Absatzes 7 Satz 1 beginnt mit der Wiederergreifung der oder des Gefangenen oder mit der Beendigung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung.

§ 125
Anwendung des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen

Die Definition öffentlicher Stellen in § 2 Absatz 1 Satz 1 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen sowie die Regelungen des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen betreffend die Begriffsbestimmungen (§ 3), die Einwilligung der Betroffenen (§ 4 Absatz 1 Satz 2 bis 5), die Rechte der betroffenen Person (§ 5), das Datengeheimnis (§ 6), das Verfahrensverzeichnis (§ 8), den Schadensersatz (§ 20), die Bestimmungen über die Kontrolle durch die oder den Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (§§ 22 bis 25) sowie die Straf- und Bußgeldvorschriften (§§ 33 und 34) finden Anwendung.

Abschnitt 23
Kriminologischer Dienst, Schlussbestimmungen

§ 126
Kriminologischer Dienst

(1) Dem kriminologischen Dienst obliegt es, in Zusammenarbeit mit den Einrichtungen der Forschung den Vollzug, insbesondere die Behandlungsmethoden, wissenschaftlich zu begleiten und seine Ergebnisse für die Weiterentwicklung der Behandlungs- und Eingliederungsmaßnahmen und der Leitlinien des Vollzuges nutzbar zu machen.

(2) Die Begleitforschung beinhaltet namentlich die regelmäßige Erhebung des Behandlungsbedarfs und die Auswertung des Behandlungsverlaufs. In die Bewertung sollen die Erfahrungen der Praxis und der oder des Justizvollzugsbeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen einfließen.

(3) § 120 gilt entsprechend.

§ 127
Einschränkung von Grundrechten

Durch dieses Gesetz werden die Grundrechte aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 und 2 (körperliche Unversehrtheit und Freiheit der Person), Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 (Informationsfreiheit) und Artikel 10 Absatz 1 (Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis) des Grundgesetzes eingeschränkt.

§ 128
Ersetzung und Fortgeltung von Bundesrecht

Dieses Gesetz ersetzt nach Artikel 125a Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes in seinem Geltungsbereich das Strafvollzugsgesetz vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 581, 2088; 1977 I S. 436), das zuletzt durch Artikel 152 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, mit Ausnahme der Vorschriften über

1. den Urlaub aus der Haft (§ 13 Absatz 5),

2. den Pfändungsschutz (§ 43 Absatz 11 Satz 2, § 50 Absatz 2 Satz 5, § 51 Absatz 4 und 5, § 75 Absatz 3),

3. das Festnahmerecht (§ 87),

4. den Ersatz von Aufwendungen (§ 93),

5. das Handeln auf Anordnung (§ 97),

6. das gerichtliche Verfahren (§§ 109 bis 121),

7. die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und einer Entziehungsanstalt (§§ 136 bis 138),

8. den Vollzug des Strafarrestes in Justizvollzugsanstalten (§§ 167 bis 170, 178 Absatz 2) und

9. den Vollzug von Ordnungs-, Sicherungs-, Zwangs- und Erzwingungshaft (§§ 171 bis 175, 178 Absatz 2).

§ 129
Übergangsvorschrift

Bis zum Inkrafttreten einer Verordnung nach § 32 Absatz 3 Satz 3 gilt die Strafvollzugsvergütungsordnung vom 11. Januar 1977 (BGBl. I S. 57), die durch Artikel 6 des Gesetzes vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2894) geändert worden ist, fort.

§ 130
Inkrafttreten, Berichtspflicht

(1) Dieses Gesetz tritt am ersten Tag des vierten auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft.

(2) Die Landesregierung berichtet dem Landtag bis zum 31. Dezember 2019 über die mit diesem Gesetz gemachten Erfahrungen.“

46

Artikel 4
Änderung des Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen

Das Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen vom 30. April 2013 (GV. NRW. S. 212), das durch Artikel 7 des Gesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 310) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:

a) Die Angabe zu § 15 wird wie folgt gefasst:
„§ 15 Ausstattung des Zimmers, persönlicher Besitz, Auslesen von Datenspeichern“

b) Die Angabe zu § 68 wird wie folgt gefasst:
„§ 68 Erkennungsdienstliche Maßnahmen, Identitätsfeststellungsverfahren“

c) Die Angabe zu § 99 wird wie folgt gefasst:
„§ 99 Anwendung datenschutzrechtlicher Regelungen, Datenverarbeitungsverfahren“

d) Die Angaben zu §§ 100 bis 113 werden gestrichen.

e) Die Angaben zu Abschnitt 19 werden wie folgt gefasst:

„Abschnitt 19
Schlussbestimmungen

§ 100 Kriminologischer Dienst, Evaluation

§ 101 Einschränkung von Grundrechten

§ 102 Fortgeltung und Ersetzung von Bundesrecht

§ 103 Inkrafttreten, Außerkrafttreten, Berichtspflicht“

2. § 7 Absatz 2 wird wie folgt geändert:

a) In Satz 1 werden nach dem Wort „Tat“ die Wörter „und deren Folgen für die Opfer“ eingefügt.

b) In Satz 2 werden die Wörter „und deren Folgen für das Opfer“ gestrichen.

3. In § 10 Absatz 3 Satz 2 wird das Wort „Zustimmung“ durch das Wort „Einwilligung“ ersetzt.

4. § 14 Absatz 3 wird wie folgt geändert:

a) In Satz 1 werden die Wörter „die oder der Untergebrachte, die oder der nicht hilfsbedürftig ist, zustimmt“ durch die Wörter „die oder der nicht gefährdete Untergebrachte einwilligt“ ersetzt.

b) In Satz 2 werden die Wörter „Zustimmung beider Untergebrachter“ durch die Wörter „Einwilligung aller betroffenen Untergebrachten“ ersetzt.

5. § 15 wird wie folgt geändert:

a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:

§ 15
Ausstattung des Zimmers, persönlicher Besitz, Auslesen von Datenspeichern

b) Folgender Absatz 3 wird angefügt:
„(3) § 15 Absatz 3 bis 7 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2015 (GV. NRW. S. 76) in der jeweils geltenden Fassung gilt entsprechend.“

6. In § 17 Absatz 1 Satz 4 werden nach dem Wort „befolgen“ die Wörter „oder sich vegetarisch zu ernähren“ eingefügt.

7. § 21 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 4 wird wie folgt gefasst:
„(4) Aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung kann die Zulassung einer Person zum Besuch von ihrer Durchsuchung oder einer Sicherheitsanfrage nach § 109 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen abhängig gemacht werden.“

b) Folgender Absatz 5 wird angefügt:
„(5) Die Einrichtung kann die Anzahl der gleichzeitig zum Besuch zugelassenen Personen beschränken.“

8. § 22 Absatz 2 wird wie folgt geändert:

a) In Satz 1 wird vor dem Wort „akustische“ das Wort „offene“ eingefügt.

b) In Satz 2 wird das Wort „wenn“ durch das Wort „soweit“ ersetzt.

9. In § 26 Absatz 3 Satz 1 werden die Wörter „einer unregelmäßigen Überwachung der Telekommunikation zustimmen“ durch die Wörter „in eine unregelmäßige Überwachung der Telekommunikation einwilligen“ ersetzt.

10. § 27 wird wie folgt geändert:

a) In der Nummer 2 wird nach dem Wort „behindert,“ das Wort „oder“ gestrichen.

b) In Nummer 3 wird der Punkt am Ende durch das Wort „oder“ ersetzt.

c) Folgende Nummer 4 wird angefügt:
„4. zu befürchten ist, dass der Kontakt Bestrebungen im Sinne des § 3 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 5 des Verfassungsschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 20. Dezember 1994 (GV. NRW. 1995, S. 28) in der jeweils geltenden Fassung oder entsprechende Verhaltensweisen fördert.“

11. § 28 Absatz 4 wird wie folgt geändert:

a) Den Nummern 4, 9 und 10 werden jeweils die Wörter „der oder“ vorangestellt.

b) In Nummer 14 werden nach dem Wort „Frau“ die Wörter „sowie der Abteilung der Vereinten Nationen für die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Frau“ eingefügt.

c) In Nummer 15 wird nach den Wörtern „Folter und“ das Wort „der“ durch das Wort „den“ ersetzt.

d) Der Nummer 16 werden die Wörter „der oder“ vorangestellt.

12. § 32 Absatz 3 Satz 3 wird wie folgt gefasst:
„Das Justizministerium wird ermächtigt, zur Umsetzung der Vorschriften über die Vergütung eine Rechtsverordnung über die Bemessung des Arbeitsentgeltes, die Ausbildungsbeihilfe, die anrechenbaren Arbeitszeiten, die Zeiteinheiten in Stunden oder Minuten, die Entgeltart als Zeit- oder Leistungsentgelt, die Vergütungsstufen und die Gewährung von Zulagen zu erlassen.“

13. In § 33 Absatz 2 Satz 2 werden nach dem Wort „von“ das Wort „nahen“ und nach dem Wort „Angehörigen“ die Wörter „der Untergebrachten oder ihnen besonders nahestehenden Personen“ eingefügt.

14. § 37 wird wie folgt geändert:

a) Dem Absatz 1 Satz 1 wird folgender Satz 2 angefügt:
„Die Höhe richtet sich nach den in § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022, 3023) in der jeweils geltenden Fassung festgeschriebenen Regelsätzen und soll für die Untergebrachten den vierfachen und für ihre Unterhaltsberechtigten den zweifachen monatlichen Mindestbetrag nicht unterschreiten.“

b) Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 2 eingefügt:
„(2) Das Überbrückungsgeld ist in angemessenen, auf den voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt abgestimmten Teilbeträgen anzusparen, die die Einrichtung festsetzt. Die Höhe der Teilbeträge ist regelmäßig zu überprüfen und bei grundlegenden Veränderungen anzupassen.“

c) Der bisherige Absatz 2 wird Absatz 3 und folgende Sätze werden angefügt:
„Die Einrichtung kann es ganz oder teilweise dem ambulanten Sozialen Dienst der Justiz oder mit Einwilligung der Untergebrachten an eine andere mit der Entlassung befasste Stelle zur Verwaltung in den ersten vier Wochen nach der Entlassung überlassen, wenn diese das Geld von ihrem sonstigen Vermögen gesondert halten. Mit Einwilligung der Untergebrachten kann das Überbrückungsgeld auch an Unterhaltsberechtigte überwiesen werden.“

d) Der bisherige Absatz 3 wird Absatz 4.

e) Folgender Absatz 5 wird angefügt:
„(5) Bei Verlegungen von Untergebrachten aus Bundesländern, die die Bildung eines Überbrückungsgeldes nicht vorsehen, werden Gelder, die die Untergebrachten vor der Verlegung für die Sicherung des Lebensunterhaltes nach der Entlassung angespart haben, mit der Gutschrift in der Aufnahmeeinrichtung Überbrückungsgeld nach diesem Gesetz.“

15. Dem § 38 werden folgende Sätze angefügt:
„Untergebrachte dürfen über ihr Eigengeld verfügen, soweit dieses nicht als Überbrückungsgeld notwendig ist. § 37 Absatz 4 bleibt unberührt.“

16. § 40 wird wie folgt geändert:

a) Nach Absatz 3 wird folgender Absatz 4 eingefügt:
„(4) Die Reisekosten, die Kosten für ihren Lebensunterhalt und andere Aufwendungen während ihres Aufenthalts außerhalb der Einrichtung und die Kosten von Ausführungen können den Untergebrachten in angemessenem Umfang auferlegt werden, soweit dies die Behandlung oder die Eingliederung nicht behindert.“

b) Der bisherige Absatz 4 wird Absatz 5 und wie folgt geändert:

aa) In Satz 1 wird nach dem Wort „den“ das Wort „sonstigen“ eingefügt.

bb) In Satz 2 Nummer 4 werden nach dem Wort „Überlassung“ ein Komma und die Wörter „die Überprüfung“ und nach dem Wort „Fernsehempfangs“ die Wörter „und für den Betrieb von Mediensystemen in den Zimmern der Untergebrachten“ eingefügt.

17. In § 48 wird das Wort „Zustimmung“ durch das Wort „Einwilligung“ ersetzt.

18. § 51 Absatz 2 wird wie folgt geändert:

a) Nach Satz 1 wird folgender Satz eingefügt:
„Untergebrachte können auf ein in ihren Zimmern installiertes Mediensystem verwiesen werden.“

b) In dem neuen Satz 3 werden nach den Wörtern „Empfangsanlagen und“ die Wörter „Mediensystemen in den Zimmern der Untergebrachten sowie“ eingefügt.

19. In § 52 Absatz 4 wird die Angabe „und 3“ durch die Angabe „bis 4“ ersetzt.

20. § 53 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aa) Der Nummer 1 wird folgende Nummer 1 vorangestellt:

„1. das Verlassen der Einrichtung für eine bestimmte Tageszeit unter der ständigen und unmittelbaren Aufsicht von Bediensteten (Ausführung),“

bb) Die bisherigen Nummern 1 bis 3 werden Nummern 2 bis 4.

b) Absatz 3 wird wie folgt geändert:

aa) Satz 1 wird wie folgt neu gefasst:
„Werden vollzugsöffnende Maßnahmen nach Absatz 1 Nummer 2 bis 4 nicht gewährt, sind den Untergebrachten mindestens vier Mal im Vollstreckungsjahr Ausführungen nach Absatz 1 Nummer 1 zu gewähren.“

bb) Satz 2 wird aufgehoben.

c) Folgende Absätze 4 bis 7 werden angefügt:
„(4) Bei Ausführungen zur Erhaltung der Lebenstüchtigkeit kann den Untergebrachten, um Entweichungen entgegenzuwirken, nach Maßgabe des § 124 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen aufgegeben werden, die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.

(5) Kommen vollzugsöffnende Maßnahmen nicht in Betracht, sind die tragenden Gründe zu dokumentieren und den Untergebrachten die noch zu erfüllenden Voraussetzungen in verständlicher Form zu vermitteln.

(6) Bei der Ausgestaltung vollzugsöffnender Maßnahmen ist den berechtigten Schutzinteressen der Opfer und gefährdeter Dritter Rechnung zu tragen.

(7) Vollzugsöffnende Maßnahmen werden nur zum Aufenthalt im Inland gewährt.“

21. § 54 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 werden nach den Wörtern „Angehöriger der Untergebrachten“ die Wörter „oder ihnen besonders nahestehender Personen“ eingefügt.

b) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:
„(2) Bei Ausführungen aus wichtigem Anlass gilt § 53 Absatz 2, Absatz 3 Satz 2 sowie Absatz 4 entsprechend.“

22. § 62 wird wie folgt geändert:

a) Der Wortlaut wird Absatz 1.

b) Folgender Absatz 2 wird angefügt:
„(2) Die Einrichtung ist befugt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Identität aller Personen, die Zugang begehren, festzustellen.“

23. § 64 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 2 Satz 1 werden nach den Wörtern „ist“ ein Komma und die Wörter „die Entkleidung im Einzelfall jedoch unterbleibt, wenn hierdurch die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung nicht gefährdet wird.“ eingefügt.

b) Nach Absatz 3 Satz 3 wird folgender Satz eingefügt:
„Die Untersuchung von Körperöffnungen darf nur durch den ärztlichen Dienst vorgenommen werden.“

24. § 65 Satz 2 wird wie folgt gefasst:
„Diese Maßnahmen dürfen mit einem geringfügigen körperlichen Eingriff, namentlich einer Punktion der Fingerbeere zur Abnahme einer geringen Menge von Kapillarblut, verbunden sein, wenn die Untergebrachten einwilligen.“

25. § 66 wird wie folgt geändert:

a) Die Absätze 2, 3 und 4 werden aufgehoben.

b) Absatz 5 wird Absatz 2.

c) Absatz 6 wird aufgehoben.

d) Absatz 7 wird Absatz 3 und wie folgt geändert:

aa) Satz 1 wird aufgehoben.

bb) Der neue Satz 1 wird wie folgt gefasst:
„Bildaufzeichnungen sind spätestens zwei Wochen nach ihrer Erhebung zu löschen, soweit nicht ihre Speicherung aus den Gründen des § 111 Absatz 2 Nummer 1 bis 4 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen weiterhin erforderlich ist.“

e) Folgender Absatz 4 wird angefügt:
„(4) Die Beobachtung der Untergebrachten mittels Videotechnik erfolgt ansonsten nur nach Maßgabe des § 69. Bildaufzeichnungen sind insoweit nicht zulässig.“

26. § 68 wird wie folgt gefasst:

§ 68
Erkennungsdienstliche Maßnahmen, Identitätsfeststellungsverfahren

(1) Zur Sicherung des Vollzuges, zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung oder zur Identitätsfeststellung sind mit Kenntnis der Untergebrachten zulässig:

1. die Aufnahme von Lichtbildern,

2. die Feststellung äußerlicher körperlicher Merkmale,

3. Messungen und

4. die Erfassung biometrischer Merkmale von Fingern, Händen und Gesicht.

(2) Die gewonnenen erkennungsdienstlichen Unterlagen oder Daten werden zu den Personalakten der Untergebrachten genommen oder in personenbezogenen Dateien gespeichert. Fingerabdruckdaten sind elektronisch zu speichern.

(3) Fingerabdruckdaten nach Absatz 1 Nummer 4 sind von allen Untergebrachten zu erheben, wenn nicht

1. die Identität einer oder eines Untergebrachten bereits anderweitig gesichert ist,

2. ein Abgleich der Fingerabdruckdaten mit den dem Justizvollzug vorliegenden Daten möglich ist oder

3. eine Gefährdung der Sicherheit der Einrichtung ausgeschlossen werden kann.

Es können Fingerabdruckdaten von allen zehn Fingern genommen und elektronisch gespeichert werden. Die Einrichtung übermittelt die von ihr erhobenen Fingerabdruckdaten unverzüglich dem Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen, das den Abgleich der Fingerabdruckdaten zum Zwecke der Identifizierung der Untergebrachten veranlasst. Weichen die personenbezogenen Daten von den der Einrichtung bekannten Daten ab, teilt das Landeskriminalamt der Einrichtung die abweichenden Daten mit. Die Daten dürfen auch im Wege eines automatisierten Abrufverfahrens oder einer regelmäßigen Datenübermittlung abgefragt und übermittelt werden. Die Landesregierung kann durch Rechtsverordnung weitere Einzelheiten zur Datenerhebung und -übermittlung sowie zum Verfahren der Ersuchen regeln. Die Ermächtigung kann auf das Justizministerium übertragen werden. Die Einrichtung darf das Bundeskriminalamt auch unmittelbar um einen Abgleich der Fingerabdruckdaten ersuchen. Auch kann als Dienst das bestehende Abgleichverfahren mit dem Bundeskriminalamt über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge genutzt werden. Die angefragten Behörden löschen die ihnen übermittelten personenbezogenen Daten, soweit diese nicht zur Dokumentation des Ersuchens erforderlich sind, sobald das Identitätsfeststellungsverfahren abgeschlossen ist. Davon ausgenommen sind solche personenbezogenen Daten, die die angefragten Behörden aufgrund der für sie geltenden gesetzlichen Grundlagen auch selbst hätten erheben dürfen.

(4) Die nach Absatz 1 und 3 gewonnenen erkennungsdienstlichen Unterlagen und Daten dürfen von der Vollzugsbehörde im Übrigen nur für die in Absatz 1 und § 111 Absatz 2 Nummer 4 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen genannten Zwecke verarbeitet und übermittelt werden. Sie dürfen außerdem den Vollstreckungs- und Strafverfolgungsbehörden sowie den für die Fahndung und Festnahme zuständigen Polizeidienststellen übermittelt werden, soweit dies für Zwecke der Fahndung und Festnahme entwichener oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Einrichtung aufhaltender Untergebrachter erforderlich ist. Die Übermittlung der Unterlagen oder Daten an Polizeibehörden des Bundes oder der Länder ist auch zulässig, soweit dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für erhebliche Rechtsgüter innerhalb der Einrichtung erforderlich ist.

(5) Untergebrachte, die nach Absatz 1 erkennungsdienstlich behandelt worden sind, können nach der Entlassung aus der Unterbringung verlangen, dass die gewonnenen erkennungsdienstlichen Unterlagen und Daten mit Ausnahme der zu den Personalakten genommenen oder elektronisch gespeicherten Lichtbilder, der Fingerabdruckdaten und der Beschreibung von körperlichen Merkmalen vernichtet oder gelöscht werden, sobald die Vollstreckung der richterlichen Entscheidung, die der Unterbringung zugrunde gelegen hat, abgeschlossen ist. Sie sind über dieses Recht bei der erkennungsdienstlichen Behandlung und bei der Entlassung aufzuklären. Im Übrigen gilt für die Berichtigung, Löschung und Sperrung § 122 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen.

27. § 69 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 werden nach den Wörtern „Sachen oder“ die Wörter „die Gefahr“ und nach dem Wort „Selbstverletzung“ die Wörter „oder Selbsttötung“ eingefügt.

b) Die Absätze 2 und 3 werden wie folgt gefasst:

„(2) Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind zulässig:

1. der Entzug oder die Vorenthaltung von Gegenständen,

2. die Trennung von anderen Untergebrachten (Absonderung),

3. der Entzug oder die Beschränkung des Aufenthalts im Freien,

4. die unregelmäßige oder ununterbrochene Beobachtung von Untergebrachten, auch mit technischen Hilfsmitteln,

5. die Unterbringung in einem besonders gesicherten Raum ohne gefährdende Gegenstände und

6. die Fesselung oder Fixierung.

(3) Maßnahmen nach Absatz 2 Nummer 1 bis 3 und 5 sind auch zulässig, wenn die Gefahr einer Befreiung oder eine erhebliche Störung der Ordnung der Einrichtung anders nicht abgewendet werden kann.“

c) Nach Absatz 3 werden folgende Absätze 4 und 5 eingefügt:
„(4) Bei der Beobachtung nach Absatz 2 Nummer 4 ist das Schamgefühl der Untergebrachten zu schonen. Nur im Ausnahmefall darf zusätzlich eine akustische Überwachung angeordnet werden.

(5) Für die Dauer der seelsorglichen Betreuung sind die Beobachtung und die akustische Überwachung auf Verlangen der Seelsorgerinnen oder Seelsorger auszusetzen.“

d) Die bisherigen Absätze 4 und 5 werden die Absätze 6 und 7.

e) Der bisherige Absatz 6 wird Absatz 8 und folgender Satz wird angefügt:
„Für die Beobachtung der Untergebrachten mittels Videotechnik in Transportfahrzeugen gelten die Absätze 1, 2 Nummer 4 und Absatz 4 entsprechend.“

28. § 70 Absatz 5 wird wie folgt gefasst:
(5) Eine ununterbrochene Beobachtung von Untergebrachten mit technischen Hilfsmitteln in Zimmern, die dem Aufenthalt bei Tag und bei Nacht dienen, nach § 69 Absatz 2 Nummer 4 sowie besondere Sicherungsmaßnahmen nach § 69 Absatz 2 Nummer 5 und 6 sind der Aufsichtsbehörde unverzüglich mitzuteilen, wenn sie länger als drei Tage aufrechterhalten werden. Sind Untergebrachte in einem besonders gesicherten Raum ohne gefährdende Gegenstände untergebracht und fixiert, erfolgt die Mitteilung an die Aufsichtsbehörde nach Ablauf von 24 Stunden. Eine Absonderung von mehr als 30 Tagen Gesamtdauer in einem Jahr bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde. Auf Antrag der Untergebrachten ist unverzüglich deren Verteidigerin oder Verteidiger zu benachrichtigen.“

29. § 78 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 2 Satz 3 wird wie folgt gefasst:
„Das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 und die ergriffenen Maßnahmen, einschließlich ihres Zwangscharakters, der Durchsetzungsweise und der Wirkungsüberwachung, sowie der Untersuchungs- und Behandlungsverlauf sind zu dokumentieren.“

b) Nach Absatz 2 werden folgende Absätze 3 und 4 eingefügt:
„(3) Erfordert die Beurteilung der Gefahrenlage und die Abschätzung der Notwendigkeit einer Behandlung psychischer Erkrankungen eine angemessene Zeit der Beobachtung der Untergebrachten oder droht der oder dem Untergebrachten aufgrund einer anderen Erkrankung eine schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigung, darf die Behandlung zwangsweise unter den weiteren Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 nur begonnen werden, wenn

1. die Maßnahme der oder dem Untergebrachten mindestens eine Woche vor ihrer Umsetzung schriftlich und mündlich unter Angabe der Gründe sowie Art, Umfang und Dauer in einer dem Gesundheitszustand entsprechenden Weise angekündigt worden ist,

2. die oder der Untergebrachte über die Möglichkeit belehrt worden ist, eine gerichtliche Entscheidung nach § 109 des Strafvollzugsgesetzes herbeizuführen,

3. vor dem Eingriff durch ein von der behandelnden Einrichtung unabhängiges fachpsychiatrisches oder fachärztliches Votum bestätigt wird, dass

a) die oder der zu behandelnde Untergebrachte einsichtsunfähig ist,

b) die Vorteile des medizinischen Eingriffs gegenüber den damit verbundenen Nachteilen und Risiken deutlich überwiegen,

c) die Maßnahme nicht mit einer erheblichen Gefahr für das Leben der oder des Untergebrachten verbunden ist,

d) eine schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit der oder des Untergebrachten droht, und

4. die Fachaufsichtsbehörde oder eine von ihr beauftragte Anstaltsärztin oder ein von ihr beauftragter Anstaltsarzt, die oder der an der Anordnung und Durchführung der Maßnahme nicht beteiligt ist, in die Maßnahme einwilligt.

Die Anordnung gilt höchstens für die Dauer von drei Monaten. Nach Ablauf dieser Zeit ist eine neue Anordnung zu treffen.

(4) Über Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 3 sind Personensorgeberechtigte der Untergebrachten unverzüglich zu unterrichten.“

c) Der bisherige Absatz 3 wird Absatz 5.

30. § 81 Absatz 2 Satz 1 wird wie folgt gefasst:
„Disziplinarmaßnahmen ordnet die Leitung der Einrichtung an.“

31. § 99 wird wie folgt gefasst.

§ 99
Anwendung datenschutzrechtlicher Regelungen,
Datenverarbeitungsverfahren

(1) Die entsprechend § 68 dieses Gesetzes sowie §§ 108 und 109 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen erhobenen und nach Maßgabe dieses Abschnitts zu verarbeitenden Daten können im Geltungsbereich dieses Gesetzes für die Vollzugsbehörden in einer zentralen Datei gespeichert werden. Die speichernde Stelle hat zu gewährleisten, dass die Übermittlung und der Abruf zumindest durch geeignete Stichprobenverfahren festgestellt und überprüft werden können.

(2) Die Landesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung die Einzelheiten der Einrichtung automatisierter Übermittlungs- und Abrufverfahren im Geltungsbereich dieses Gesetzes. Die Rechtsverordnung hat die Datenempfängerinnen und Datenempfänger, die Datenart und den Zweck des Abrufs festzulegen. Die oder der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit ist vorher zu unterrichten. Die Ermächtigung zum Erlass der Rechtsverordnungen kann auf das Justizministerium übertragen werden. Die Vorschriften über die Zulässigkeit des einzelnen Abrufs bleiben unberührt.

(3) Im Übrigen gelten die Vorschriften des Abschnittes 22 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen über den Datenschutz entsprechend.“

32. Die §§ 100 bis 109 werden aufgehoben.

33. § 110 wird § 100 und wie folgt geändert:

a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:

§ 100
Kriminologischer Dienst,
Evaluation

b) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:
„(2) § 120 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gilt entsprechend.“

34. §§ 111 bis 113 werden §§ 101 bis 103.

46

Artikel 5
Änderung des Jugendarrestvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen

Das Jugendarrestvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen vom 30. April 2013 (GV. NRW. S. 203) wird wie folgt geändert:

1. Das Inhaltsverzeichnis wird wie folgt geändert:

a) Die Angabe zu § 22 wird wie folgt gefasst:
„§ 22 Besondere Maßnahmen“.

b) Die Angabe zu § 33 wird wie folgt gefasst:
„§ 33 Datenschutz, kriminologischer Dienst“.

2. § 13 wird wie folgt gefasst:

§ 13
Verpflegung

Zusammensetzung und Nährwert der Verpflegung werden ärztlich überwacht. Auf ärztliche Anordnung wird besondere Verpflegung gewährt. Den Jugendlichen ist zu ermöglichen, Speisevorschriften ihrer Religionsgemeinschaft zu befolgen oder sich vegetarisch zu ernähren.“

3. § 16 Absatz 2 wird wie folgt gefasst:
„(2) Die Vorschriften der §§ 21 bis 23 und 25 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2015 (GV. NRW. S. 76) in der jeweils geltenden Fassung gelten mit der Maßgabe entsprechend, dass Schriftwechsel auch dann untersagt oder beschränkt werden kann, wenn die Personensorgeberechtigten aus nachvollziehbaren Gründen nicht mit dem Kontakt einverstanden sind.“

4. § 21 Absatz 3 Satz 2 wird wie folgt gefasst:
„Diese Maßnahmen dürfen mit einem geringfügigen körperlichen Eingriff, namentlich einer Punktion der Fingerbeere zur Abnahme einer geringen Menge von Kapillarblut, verbunden sein, wenn die Arrestantinnen und Arrestanten einwilligen.“

5. § 22 wird wie folgt geändert:

a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:

§ 22
Besondere Maßnahmen
“.

b) Absatz 2 wird wie folgt geändert:

aa) Nach Nummer 1 wird folgende Nummer 2 eingefügt:
„2. die Beobachtung von Jugendlichen ohne technische Hilfsmittel,“.

bb) Die bisherigen Nummern 2 und 3 werden die Nummern 3 und 4.

c) Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 3 eingefügt:
„(3) Eine Beobachtung der Jugendlichen mittels Videotechnik ist nur in besonders gesicherten Arresträumen ohne gefährdende Gegenstände zulässig, wenn dies im Einzelfall zur Abwehr von gegenwärtigen Gefahren für das Leben oder gegenwärtigen erheblichen Gefahren für die Gesundheit der Jugendlichen oder Dritter erforderlich ist. Das Schamgefühl der Jugendlichen ist zu schonen.“

d) Die bisherigen Absätze 3 und 4 werden die Absätze 4 und 5.

e) Der bisherige Absatz 5 wird Absatz 6 und in Satz 1 werden die Wörter „§§ 84 bis 86 und 88 des Jugendstrafvollzugsgesetzes“ durch die Wörter „§§ 72 bis 75 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen“ ersetzt.

f) Folgender Absatz 7 wird angefügt:
„(7) Erkennungsdienstliche Maßnahmen sind entsprechend § 68 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 Satz 1, Absatz 4 und 5 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen zulässig.“

6. § 32 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 2 wird aufgehoben.

b) Absatz 3 wird Absatz 2.

c) Absatz 4 wird Absatz 3 und wie folgt gefasst:
„(3) Bildaufzeichnungen sind spätestens zwei Wochen nach ihrer Erhebung zu löschen, soweit nicht ihre Speicherung gemäß § 111 Absatz 2 Nummer 1 bis 4 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen weiterhin erforderlich ist. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen.“

d) Folgender Absatz 4 wird angefügt:
„(4) Die Beobachtung von Jugendlichen mittels Videotechnik erfolgt ansonsten nur nach Maßgabe des § 22. Bildaufzeichnungen sind insoweit nicht zulässig.“

7. § 33 wird wie folgt gefasst:

§ 33
Datenschutz, kriminologischer Dienst

Die Vorschriften der §§ 108, 110 bis 115, 117 bis 122 sowie 125 und 126 des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen gelten entsprechend.“

46

Artikel 6
Aufhebung des Gesetzes zur Verbesserung der Sicherheit in den Justizvollzugsanstalten des Landes Nordrhein-Westfalen

Das Gesetz zur Verbesserung der Sicherheit in Justizvollzugsanstalten des Landes Nordrhein-Westfalen vom 27. Oktober 2009 (GV. NRW. S. 540), das durch Gesetz vom 25. Oktober 2016 (GV. NRW. S. 867) geändert worden ist, wird aufgehoben.

2128

Artikel 7
Änderung des Maßregelvollzugsgesetzes

Das Maßregelvollzugsgesetz vom 15. Juni 1999 (GV. NRW. S. 402), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 27. Oktober 2009 (GV. NRW. S. 540) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. In der Inhaltsübersicht wird nach der Angabe zu § 17 folgende Angabe eingefügt:
„§ 17a Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge“.

2. § 17 wird wie folgt geändert:

a) Dem Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:
„Der Abschluss einer Behandlungsvereinbarung mit den Patientinnen und Patienten soll angestrebt werden.“

b) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:
„(2) Die Behandlung bedarf vorbehaltlich der Regelungen in § 17a der Einwilligung der Patientinnen und Patienten. Bei minderjährigen oder unter Betreuung stehenden Patientinnen und Patienten sind die Rechte der gesetzlichen Vertretungen zu beachten. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf deren Aufklärung und Einwilligung.“

c) Absatz 3 Satz 1 wird aufgehoben.

d) Absatz 4 wird wie folgt geändert:

aa) In Satz 1 werden die Wörter „außer in den Fällen der Sätze 2 und 3 nur“ gestrichen.

bb) Sätze 2 und 3 werden aufgehoben.

e) Absatz 5 wird aufgehoben.

3. Nach § 17 wird folgender § 17a eingefügt:

§ 17a
Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge

(1) Medizinische Untersuchung und Behandlung sowie Ernährung sind gegen den natürlichen Willen der Patientinnen und Patienten nur bei gegenwärtiger Lebensgefahr sowie gegenwärtiger schwerwiegender Gefahr für die Gesundheit der Patientinnen und Patienten oder anderer Personen zulässig, wenn die Patientin oder der Patient zur Einsicht in die Notwendigkeit der Maßnahme oder zum Handeln nach dieser Einsicht krankheitsbedingt nicht in der Lage ist. Maßnahmen nach Satz 1 dürfen nur angeordnet werden, wenn

1. erfolglos versucht worden ist, die Zustimmung der Patientinnen und Patienten zu der Maßnahme zu erwirken,

2. die Anordnung der Maßnahme den Patientinnen und Patienten angekündigt wurde und sie über Art, Umfang und Dauer der Maßnahme informiert wurden,

3. die Maßnahme zur Abwendung der Gefahr geeignet, in Art, Umfang und Dauer erforderlich und für die Beteiligten zumutbar ist,

4. der von der Maßnahme zu erwartende Nutzen für die Patientinnen und Patienten die mit der Maßnahme für sie verbundenen Belastungen deutlich überwiegt und

5. die Maßnahme nicht mit einer erheblichen Gefahr für das Leben der Patientinnen und Patienten verbunden ist.

(2) Die medizinische Behandlung gegen den natürlichen Willen der Patientinnen und Patienten ist darüber hinaus zur Erreichung der Entlassfähigkeit oder bei einer erheblichen Gefahr für das Leben oder für die Gesundheit der Patientinnen und Patienten zulässig, wenn und solange

1. die Patientinnen oder Patienten zur Einsicht in die Notwendigkeit der Maßnahme oder zum Handeln nach dieser Einsicht krankheitsbedingt nicht in der Lage sind,

2. der mit dem nötigen Zeitaufwand unternommene Versuch vorausgegangen ist, die Zustimmung der Patientinnen oder Patienten zu erreichen,

3. die Maßnahme zur Erreichung des Ziels geeignet, in Art, Umfang und Dauer erforderlich und für die Beteiligten zumutbar ist,

4. der von der Maßnahme zu erwartende Nutzen für die Patientinnen und Patienten die mit der Maßnahme für sie verbundenen Belastungen deutlich überwiegt und eine weniger eingreifende Behandlung aussichtslos ist,

5. die Maßnahme nicht mit einer erheblichen Gefahr für das Leben der Patientinnen und Patienten verbunden ist und

6. im Falle der Behandlung zur Erreichung der Entlassfähigkeit die Maßnahme regelmäßig nicht mit mehr als einem vernachlässigbaren Restrisiko irreversibler Gesundheitsschäden verbunden ist.

(3) Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 werden ärztlich, Maßnahmen nach Absatz 2 fachärztlich angeordnet, geleitet und überwacht. Die Anordnung erfolgt im Einvernehmen mit der therapeutischen Leitung der Einrichtung. Das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 und 2 und die ergriffenen Maßnahmen, einschließlich ihres Zwangscharakters, der Durchsetzungsweise und der Wirkungsüberwachung sowie der Untersuchungs- und Behandlungsverlauf sind zu dokumentieren.

(4) Eine Zwangsbehandlung nach Absatz 2 bedarf der vorherigen Einwilligung der oder des Landesbeauftragten für den Maßregelvollzug. Über eine Zwangsbehandlung nach Absatz 1 ist sie oder er zeitnah zu unterrichten.

(5) Maßnahmen nach Absatz 2 sind den Patientinnen und Patienten zwei Wochen vor ihrer Umsetzung schriftlich und mündlich unter Angabe der Gründe sowie Art, Umfang und Dauer in einer ihrem Gesundheitszustand entsprechenden Weise anzukündigen. Zugleich ist über die Möglichkeit zu belehren, eine gerichtliche Entscheidung nach § 109 des Strafvollzugsgesetzes herbeizuführen.

(6) Eine Anordnung nach Absatz 2 gilt höchstens für die Dauer von drei Monaten. Nach Ablauf dieser Zeit ist eine neue Anordnung zu treffen, die zusätzlich ein positives Votum zur Fortsetzung der Zwangsbehandlung von einer unabhängigen Fachärztin oder einem unabhängigen Facharzt voraussetzt. Diese oder diesen bestimmt die oder der Landesbeauftragte für den Maßregelvollzug.

(7) Über Maßnahmen nach Absatz 1 und Absatz 2 sind Personensorgeberechtigte der Patientinnen und Patienten unverzüglich zu unterrichten. Dem Wunsch der Patientinnen und Patienten nach Unterrichtung weiterer Personen soll entsprochen werden.

(8) Eine bestehende Patientenverfügung ist zu beachten.“

4. Dem § 35 wird folgender Absatz 3 angefügt:
„(3) Für die nach § 126a der Strafprozessordnung untergebrachten Patientinnen und Patienten gilt § 17a entsprechend mit der Maßgabe, dass zusätzlich eine Anordnung des nach § 126 der Strafprozessordnung zuständigen Gerichts erforderlich ist und eine Belehrung über die Herbeiführung einer gerichtlichen Entscheidung nach § 109 des Strafvollzugsgesetzes entfällt.“

Artikel 8
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am ersten Tag des vierten auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft.

Düsseldorf, den 7. April 2017

Die Landesregierung
Nordrhein-Westfalen

Die Ministerpräsidentin

Hannelore  K r a f t

(L. S.)

Die Ministerin
für Schule und Weiterbildung

Sylvia  L ö h r m a n n

Der Finanzminister

Dr. Norbert  W a l t e r-B o r j a n s

Der Minister
für Inneres und Kommunales

Ralf  J ä g e r

Der Minister
für Arbeit, Integration und Soziales

Rainer  S c h m e l t z e r

Der Justizminister

Thomas  K u t s c h a t y

Die Ministerin
für Familie, Kinder, Jugend,
Kultur und Sport

Christina  K a m p m a n n

Die Ministerin
für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter

Barbara  S t e f f e n s

GV. NRW. 2017 S. 511