Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2021 Nr. 88 vom 28.12.2021 Seite 1463 bis 1492

Zweite Verordnung über besondere haushaltsrechtliche Verfahrensweisen  im Zuge des Wiederaufbaus nach der Starkregen- und Hochwasserkatastrophe  im Juli 2021
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Zweite Verordnung über besondere haushaltsrechtliche Verfahrensweisen  im Zuge des Wiederaufbaus nach der Starkregen- und Hochwasserkatastrophe  im Juli 2021

2023

Zweite Verordnung über besondere haushaltsrechtliche Verfahrensweisen
 im Zuge des Wiederaufbaus nach der Starkregen- und Hochwasserkatastrophe
 im Juli 2021

Vom 16. Dezember 2021

Auf Grund des § 96a der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994 (GV. NRW. S. 666), der durch Artikel 3 Nummer 5 des Gesetzes vom 29. September 2020 (GV. NRW. S. 916) eingefügt worden ist, verordnet das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung mit Zustimmung des Landtages:

§ 1
Anwendungsbereich

Diese Verordnung gilt für Kommunen, die in der Gebietskulisse liegen, welche als Anlage 1 dem Runderlass des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung „Förderrichtlinie Wiederaufbau Nordrhein-Westfalen“ vom 10. September 2021 (MBl. NRW. S. 716, ber. S. 716a) in der jeweils geltenden Fassung beigefügt ist. Die Starkregen- und Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 wird im Folgenden als Schadensereignis bezeichnet.

§ 2
Haushaltssatzungen für die Haushaltsjahre 2022 und 2023

(1) Die zuständige Aufsichtsbehörde kann auf Antrag einer besonders von dem Schadensereignis betroffenen Kommune zulassen, dass eine vom zuständigen Vertretungsorgan für das Haushaltsjahr 2022 und das Haushaltsjahr 2023 beschlossene Haushaltssatzung abweichend von den Vorgaben des § 75 Absatz 2 und 4 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994 (GV. NRW. S. 666), die zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 29. September 2020 (GV. NRW. S. 916) geändert worden ist, veröffentlicht werden darf. Der Antrag auf Zulassung der Veröffentlichung ist zusammen mit der Anzeige der Haushaltssatzung zu stellen.

(2) Eine Kommune ist besonders betroffen, wenn aufgrund von Haushaltsbelastungen durch das oder infolge des Schadensereignisses

1. mit Aufstellung des Haushaltes für das Haushaltsjahr 2022 erstmals die Voraussetzungen des § 76 Absatz 1 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen für die Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes vorliegen,

2. in den Haushaltsjahren 2021 oder 2022 eine bilanzielle Überschuldung eintritt oder

3. die Ziele eines bestehenden Haushaltsicherungskonzeptes ohne erhebliche zusätzliche Maßnahmen nicht mehr erreicht werden können.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für eine Haushaltssatzung, die Festsetzungen für die Haushaltsjahre 2022 und 2023 enthält.

(4) Eine beschlossene Haushaltssatzung mit ihren Anlagen ist der zuständigen Aufsichtsbehörde abweichend von § 80 Absatz 5 Satz 2 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen bis zum 1. April des betreffenden Haushaltsjahres anzuzeigen. Die zuständige Aufsichtsbehörde kann in begründeten Fällen Ausnahmen von der Vorlage der in § 1 Absatz 2 Satz 1 der Kommunalhaushaltsverordnung Nordrhein-Westfalen vom 12. Dezember 2018 (GV. NRW. S. 708) in der jeweils geltenden Fassung genannten Anlagen zum Haushaltsplan zulassen. In der Anzeige soll die Kommune in den Grundzügen die Erforderlichkeit von zur Bewältigung des Schadensereignisses erfolgenden Investitionsmaßnahmen, deren zukunftsfähige Ausgestaltung sowie die absehbare Haushaltsbelastung durch diese investiven Maßnahmen darlegen. Dieser Pflicht kann auch durch die Vorlage des Wiederaufbauplans beziehungsweise des mitgeteilten Wiederaufbaubudgets Rechnung getragen werden.

(5) Über Anträge nach Absatz 1 entscheidet die die allgemeine Aufsicht führende Behörde. Die Landrätin oder der Landrat als untere staatliche Verwaltungsbehörde entscheidet im Einvernehmen mit der oberen Aufsichtsbehörde. Das Verfahren zur Anzeige der Haushaltssatzung und zur Erteilung einer Genehmigung nach dieser Verordnung soll innerhalb von zwei Monaten nach Vorlage der Haushaltssatzung mit ihren Anlagen und der Antragstellung abgeschlossen sein. Absatz 4 Satz 2 bleibt unberührt.

§ 3
Haushaltssicherungskonzept

(1) In den Haushaltsjahren 2022 und 2023 finden die Regelungen des § 76 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen auf die Haushalte von besonders von dem Schadensereignis betroffenen Kommunen nach § 2 Absatz 2 keine Anwendung. In ihrem Lauf unterbrochene Haushaltssicherungskonzepte können auf Antrag der Kommune mit Genehmigung der nach § 2 Absatz 5 zuständigen Aufsichtsbehörde entfallen. Der Antrag ist zusammen mit der Anzeige der Haushaltssatzung zu stellen. § 2 Absatz 5 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes für die Haushaltsjahre ab 2024 richtet sich nach § 76 Absatz 1 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen.

§ 4
Nachtragssatzung zur Haushaltssatzung 2022 und 2023 sowie
über
- oder außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen

(1) In den Haushaltsjahren 2022 und 2023 findet § 81 Absatz 2 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen auf Haushalte von besonders von dem Schadensereignis betroffenen Kommunen nach § 2 Absatz 2 keine Anwendung, soweit die Ursache für die Belastung des Jahresergebnisses beziehungsweise die erfolgenden Investitionen in der Bewältigung des Schadensereignisses liegt.

(2) Für in den Haushaltsjahren 2022 und 2023 zur Bewältigung des Schadensereignisses erfolgende überplanmäßige und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen findet § 83 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen mit Ausnahme von Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 2 auf Haushalte besonders betroffener Kommunen nach § 2 Absatz 2 Anwendung.

§ 5
Neubewertung des betroffenen Anlagevermögens

(1) Die Kommune hat in den Haushaltsjahren 2021 bis 2030 von der Neubewertung eines von dem Schadensereignis betroffenen Vermögensgegenstandes des Anlagevermögens und der daraus folgenden außerplanmäßigen Wertberichtigung im Umfang der katastrophenbedingten Wertminderung abzusehen, wenn und soweit dieser Vermögensgegenstand oder dessen geplanter Ersatz in dem Wiederaufbaubudget, welches Grundlage für die Bewilligung von Billigkeitsleistungen nach der Förderrichtlinie Wiederaufbau Nordrhein-Westfalen ist, aufgenommen ist. Hat die Kommune für die katastrophenbedingte Wertminderung eines Vermögensgegenstandes des Anlagevermögens Leistungen von Dritten erhalten, so ist eine nach Satz 1 noch nicht vorgenommene Wertberichtigung im Jahr des Zuflusses der Leistung zumindest in entsprechender Höhe vorzunehmen.

(2) Mit Abschluss der Wiederherstellung des betroffenen Vermögensgegenstandes oder der Herstellung oder Anschaffung seines entsprechenden Ersatzes ist das Anlagevermögen zu korrigieren.

§ 6
Berichte

Die Bezirksregierungen berichten dem für Kommunales zuständigen Ministerium zum 31. Mai 2023 über nach dieser Verordnung erteilte Genehmigungen sowie zu der Frage, ob aus ihrer Sicht für besonders von dem Schadensereignis betroffene Kommunen nach § 2 Absatz 2 auch für die Haushaltsjahre ab 2024 besondere Regelungen erforderlich sind.

§ 7
Inkrafttreten und Außerkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft und am 31. Dezember 2030 außer Kraft.

Düsseldorf, den 16. Dezember 2021

Die Ministerin
für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung
des Landes Nordrhein-Westfalen

Ina  S c h a r r e n b a c h

GV. NRW. 2021 S. 1464