Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2017 Nr. 5 vom 17.2.2017 Seite 71 bis 94
Richtlinien über die Gewährung von Billigkeitsleistungen und Zuwendungen zur Minderung oder Vermeidung von durch den Wolf verursachten wirtschaftlichen Belastungen (Förderrichtlinien Wolf) Runderlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz III–4 – 615.14.01.01 vom 3. Februar 2017 |
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Richtlinien über die Gewährung von Billigkeitsleistungen und Zuwendungen zur Minderung oder Vermeidung von durch den Wolf verursachten wirtschaftlichen Belastungen (Förderrichtlinien Wolf) Runderlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz III–4 – 615.14.01.01 vom 3. Februar 2017
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Richtlinien
über die Gewährung von Billigkeitsleistungen und Zuwendungen
zur Minderung oder Vermeidung von
durch den Wolf verursachten wirtschaftlichen Belastungen
(Förderrichtlinien Wolf)
Runderlass des
Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft,
Natur- und Verbraucherschutz
III–4 – 615.14.01.01
vom 3. Februar 2017
I
Zielsetzung
1.1
Der Wolf (Canis lupus) ist in sein
ehemaliges Verbreitungsgebiet in Nordrhein-Westfalen zurückgekehrt. Durch
europäisches Artenschutzrecht der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai
1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und
Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.07.1992, S. 7), zuletzt
geändert durch Artikel 1 der Richtlinie 2013/17/EU des Rates vom 13. Mai 2013 (ABl. L 158 vom 10.6.2013, S. 193) sowie nationales
Artenschutzrecht des Bundesnaturschutzgesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S.
2542) in der jeweils geltenden Fassung ist das Land verpflichtet, dem Wolf
Schutz zu gewähren und sein Überleben dauerhaft zu sichern.
Ziel ist es, durch den Wolf verursachte Schäden zu verhindern oder zu verringern und damit die Akzeptanz der Wiederbesiedlung Nordrhein-Westfalens durch den Wolf zu erhöhen. Zu diesem Zweck gewährt das Land Nordrhein-Westfalen Billigkeitsleistungen und Zuwendungen zur Vermeidung oder Minderung der mit der Rückkehr des Wolfes verbundenen wirtschaftlichen Belastungen.
II
Billigkeitsleistungen zur Minderung von durch den Wolf verursachten
wirtschaftlichen Belastungen
2.1
Zweck, Rechtsgrundlage
2.1.1
Das Land
Nordrhein-Westfalen gewährt Billigkeitsleistungen als freiwillige Zahlung zur
Minderung der mit Wolfsübergriffen verbundenen wirtschaftlichen Belastungen
nach Maßgabe dieser Richtlinien und auf Grund folgender Normen in der jeweils
geltenden Fassung:
-
Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 über die
Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der
Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen (ABl. L 352 vom 24.12.2013, S. 1),
- Verordnung (EU) Nr. 1408/2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 über die
Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der
Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen im
Agrarsektor (ABl. L 352 vom 24.12.2013, S. 9) und
- § 53 der Landeshaushaltsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 21.
April 1999 (GV. NRW. S. 67).
2.1.2
Ein Anspruch auf
Gewährung einer Billigkeitsleistung besteht nicht. Die Bewilligungsbehörde
entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren
Haushaltsmittel.
2.2
Gegenstand der Billigkeitsleistung
Die Billigkeitsleistung dient der Minderung von durch den Wolf verursachten wirtschaftlichen Belastungen durch den Ausgleich von Schäden an Nutz- und Haustieren, einschließlich Jagd-, Herdenschutz- und Hütehunden sowie mit dem Wolfsübergriff verbundenen Sachschäden.
2.3
Empfängerinnen und Empfänger der Billigkeitsleistung
Empfängerinnen und Empfänger der Billigkeitsleistung sind natürliche Personen und juristische Personen des Privatrechts sowie Personengesellschaften mit landwirtschaftlichen Haupt- oder Nebenerwerb.
2.4
Voraussetzungen für die Gewährung der Billigkeitsleistung
2.4.1
Billigkeitsleistungen
können unter folgenden Voraussetzungen gewährt werden:
2.4.1.1
Außerhalb eines
bekannt gegebenen Wolfsgebiets (nach Nummer 3.4.1), wenn
a) zu
einem Schaden, der grundsätzlich innerhalb von 24 Stunden nach Kenntnisnahme
der Halterin oder des Halters dem Landesamt für Natur, Umwelt und
Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) oder einer oder einem vom LANUV
bestellten regionalen Wolfsberaterin oder Wolfsberater zu melden ist, eine
amtliche Rissprotokollierung erfolgt ist,
b) bei einer amtlichen Feststellung, die durch das LANUV erfolgt, der Wolf
eindeutig als Verursacher festgestellt wurde oder mit hoher Wahrscheinlichkeit
als Verursacher nicht ausgeschlossen werden kann sowie
c) eine amtliche Wertermittlung durch die untere Veterinärbehörde erfolgt ist.
2.4.1.2
Innerhalb eines
bekannt gegebenen Wolfsgebiets, wenn die Voraussetzungen der Nummer 2.4.1.1
vorliegen und bei der Haltung von Schafen, Ziegen und Gehegewild
vor dem Schadenseintritt folgender Grundschutz bestand:
a) ein
mindestens 90 Zentimeter hohes stromführendes Elektronetz oder ein Zaun mit
mindestens fünf stromführenden Litzen (untere stromführende Litze maximal 20
Zentimeter über dem Boden), die jeweils über eine Spannung von mindestens 2,5
Kilovolt und 2 Joule Entladungsenergie sowie einen Untergrabeschutz
verfügen, oder
b) ein stationärer Zaun von mindestens 120 Zentimeter Höhe mit einem Untergrabeschutz (mit einem bodengleichen Spanndraht oder
stromführender Litze) oder
c) für Gehegewild ein mindestens 180 Zentimeter hohes
Knotengitter oder Maschendrahtzaun mit jeweiligem Untergrabeschutz.
In einer Übergangszeit von einem Jahr nach Bekanntgabe eines Wolfsgebiets kann ein Schaden auch ohne einen entsprechenden Grundschutz ausgeglichen werden.
2.4.2
Billigkeitsleistungen
erfolgen nur, wenn und soweit die wirtschaftlichen Nachteile nicht von Dritten
ausgeglichen oder unterstützt werden.
2.5
Umfang und Höhe der Billigkeitsleistung
2.5.1
Umfang der Billigkeitsleistung
2.5.1.1
Billigkeitsleistungen
werden gewährt für
a) den
amtlich ermittelten Marktwert der durch den Wolf direkt getöteten Nutz- und
Haustiere (einschließlich der Jagd-, Herdenschutz- und Hütehunde) sowie der
infolge eines Wolfsübergriffs später verendeten oder aus Tierschutzgründen
getöteten Nutz- und Haustiere (einschließlich der Jagd-, Herdenschutz- und
Hütehunde) sowie der Verluste durch Verwerfen,
b) die Ausgaben für einen Tierarzt im Fall der Behandlung oder Einschläferung
verletzter Tiere einschließlich der Kosten für Medikamente,
c) die Ausgaben für die Tierkörperbeseitigung einschließlich der
Transportkosten,
d) Sachschäden, die durch einen Wolfsübergriff an Zäunen und
Schutzvorrichtungen entstanden sind, sowie
e) die Ausgaben für die Untersuchung von tot aufgefundenen Tieren durch das
Chemische und Veterinäruntersuchungsamt.
Die Ausgaben zu den Buchstaben b bis e sind durch Originalbelege nachzuweisen.
2.5.1.2
Billigkeitsleistungen
werden nicht gewährt
a) für sonstige direkte oder indirekte Sach- und Personenschäden, die über die in Nummer 2.5.1.1 genannten wirtschaftlichen Belastungen hinausgehen,
b) für Umsatzsteuerbeträge, die die Empfängerin oder der Empfänger nach § 15 des Umsatzsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Februar 2005 (BGBl. I S. 386) in der jeweils geltenden Fassung als Vorsteuer abziehen kann.
2.5.2
Höhe der Billigkeitsleistung
Die Billigkeitsleistung beträgt 100 Prozent der in Nummer 2.5.1.1 aufgeführten wirtschaftlichen Nachteile.
2.6
Verfahren
2.6.1
Antragsverfahren
Der Antrag auf Gewährung der Billigkeitsleistung ist bei der Bewilligungsbehörde nach dem dort vorliegenden Muster einschließlich der beizufügenden Unterlagen zu stellen. Der Antrag ist innerhalb von sechs Monaten nach Mitteilung der amtlichen Feststellung nach Nummer 2.4.1.1 Buchstabe b zu stellen.
2.6.2
Bewilligungsverfahren
Bewilligungsbehörde ist die Bezirksregierung. Die Bewilligung erfolgt auf Antrag mit schriftlichem Bescheid.
2.6.3
Auszahlungsverfahren
Die Auszahlung der Billigkeitsleistung erfolgt durch die Bewilligungsbehörde nach Prüfung der Antragsunterlagen.
III
Zuwendungen zur Vermeidung von wirtschaftlichen Belastungen durch den Wolf
3.1
Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage
3.1.1
Das Land
Nordrhein-Westfalen gewährt Zuwendungen für Maßnahmen zur Vermeidung von
Wolfsübergriffen nach Maßgabe dieser Richtlinien und auf Grund folgender Normen
in der jeweils geltenden Fassung:
-
Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 über die
Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der
Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen (ABl. L 352 vom 24.12.2013, S. 1),
- Verordnung (EU) Nr. 1408/2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 über die
Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der
Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen im
Agrarsektor (ABl. L 352 vom 24.12.2013, S. 9) und
- Runderlass des Finanzministeriums „Verwaltungsvorschriften zur
Landeshaushaltsordnung“ vom 30. September 2003 (MBl. NRW. S. 1254).
3.1.2
Ein Anspruch auf
Gewährung einer Zuwendung besteht nicht. Die Bewilligungsbehörde entscheidet
nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
3.2
Gegenstand der Förderung
Die Zuwendung dient der Vermeidung wirtschaftlicher Belastungen durch den Wolf durch Gewährung von Zuwendungen für Präventionsmaßnahmen bei Schafen, Ziegen und Gehegewild.
3.3
Zuwendungsempfängerinnen und Zuwendungsempfänger
Zuwendungsempfängerinnen und Zuwendungsempfänger sind natürliche Personen und juristische Personen des Privatrechts sowie Personengesellschaften mit landwirtschaftlichen Haupt- oder Nebenerwerb.
3.4
Zuwendungsvoraussetzungen
3.4.1
Zuwendungen
werden nur für Maßnahmen nach den Nummern 3.5.5.1 und 3.5.5.2 in einem
Wolfsgebiet gewährt. Ein Wolfsgebiet wird bei einer festen Ansiedlung von
Wölfen festgelegt, das heißt erst wenn territoriale Einzelwölfe, Paare oder
Wolfsrudel über die Dauer von einem halben Jahr mehrfach in einem Gebiet
nachgewiesen werden können. Die Feststellung erfolgt durch das LANUV auf der
Grundlage der Verwaltungsgrenzen der Kreise und kreisfreien Städte. Die Karte mit
der aktuellen Abgrenzung wird auf der Internetseite des LANUV bekannt gegeben.
3.4.2
Zuwendungen
erfolgen nur, wenn und soweit zuwendungsfähige Sachverhalte nicht von Dritten
ausgeglichen oder unterstützt werden.
3.5
Art und Umfang, Höhe der Zuwendung
3.5.1
Zuwendungsart:
Projektförderung.
3.5.2
Finanzierungsart:
Anteilfinanzierung.
3.5.3
Form der
Zuwendung: Zuschuss.
3.5.4
Höhe der Zuwendung
3.5.4.1
Die Zuwendung
beträgt 80 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben.
3.5.4.2
Zuwendungen
unterhalb von 200 Euro werden nicht gewährt.
3.5.5
Zuwendungsfähige Ausgaben
Zuwendungsfähig sind
3.5.5.1
Ausgaben zur
Sicherung von Tierhaltungen von Schafen und Ziegen sowie von Gehegewild durch Anschaffung beziehungsweise Optimierung
von bestehenden Standardschutzzäunen nebst Zubehör (insbesondere Weidezaungerät
und Akku):
a) ein
mindestens 90 Zentimeter hohes stromführendes Elektronetz oder ein Zaun mit
mindestens fünf stromführenden Litzen (untere stromführende Litze maximal 20
Zentimeter über dem Boden), die jeweils über eine Spannung von mindestens 2,5
Kilovolt und 2 Joule Entladungsenergie sowie einen Untergrabeschutz
verfügen,
b) ein stationärer Zaun von mindestens 120 Zentimeter Höhe mit einem Untergrabeschutz (mit einem bodengleichen Spanndraht oder
stromführender Litze) oder
c) die Erhöhung und Verstärkung eines mindestens 90 Zentimeter hohen
Elektronetzes, Litzenzaunes oder stationären Maschendrahtzaunes durch
Anbringung von Breitbandlitzen („Flatterband“, 30 Zentimeter über dem Zaun) auf
einer Höhe von mindestens 120 Zentimeter sowie
d) für Gehegewild ein mindestens 180 Zentimeter hohes
Knotengitter oder Maschendrahtzaun mit jeweiligem Untergrabeschutz.
3.5.5.2
Ausgaben zur
Anschaffung und Ausbildung von geeigneten Herdenschutzhunden (zum Beispiel
Pyrenäen-Berghund oder Maremmano-Abruzzese).
3.5.5.3
Das für
Naturschutz zuständige Ministerium kann bei Bedarf die Förderung von
Präventionsmaßnahmen für weitere Tierarten zulassen.
3.5.6
Nicht
zuwendungsfähig sind
a)
Folgekosten (Personal- und Sachausgaben) für Aufbau und Unterhaltung der
Präventionsmaßnahmen,
b) Folgekosten für Futter, Hundesteuer, Versicherung und Tierarzt,
c) Umsatzsteuerbeträge, die die Zuwendungsempfängerin oder der
Zuwendungsempfänger nach § 15 des Umsatzsteuergesetzes in der Fassung der
Bekanntmachung vom 21. Februar 2005 (BGBl. I S. 386) in der jeweils geltenden
Fassung als Vorsteuer abziehen kann.
3.6
Verfahren
3.6.1
Antragsverfahren
Der Antrag auf Gewährung der Zuwendung ist bei der Bewilligungsbehörde nach dem dort vorliegenden Muster einschließlich der beizufügenden Unterlagen zu stellen.
3.6.2
Bewilligungsverfahren
3.6.2.1
Bewilligungsbehörde
ist die Bezirksregierung.
3.6.2.2
Die Bewilligung
erfolgt auf Antrag mit schriftlichem Zuwendungsbescheid. Vor der Bewilligung
darf nicht mit der Maßnahme begonnen werden.
3.6.3
Anforderungs- und Auszahlungsverfahren
Die Auszahlung der Zuwendung ist mit der dem Zuwendungsbescheid beigefügten Zahlungsanforderung bei der Bewilligungsbehörde anzufordern.
3.6.4
Verwendungsnachweisverfahren
Der Nachweis der verwendeten Mittel ist unter Verwendung des Grundmusters 3 „Anlage 4 zu Nummer 10.3 VVG“ des Teils II zu § 44 der Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung gegenüber der bewilligenden Stelle zu führen. Im Sachbericht ist die Verwendung der Zuwendung im Einzelnen konkret darzustellen.
Dem Verwendungsnachweis sind die Originale der Rechnungsbelege für die zahlenmäßig nachzuweisenden Positionen beizufügen. Barzahlungen sind durch Quittung, unbare Zahlungen durch Buchungsbelege (Kontoauszüge) nachzuweisen.
3.6.5
Zu beachtende Vorschriften
Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die Verwaltungsvorschriften zu § 44 der Landeshaushaltsordnung, soweit nicht in diesen Förderrichtlinien abweichende Bestimmungen getroffen werden.
4
Inkrafttreten
Dieser Runderlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2021 außer Kraft.
MBl. NRW. 2017 S. 85