Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2025 Nr. 17 vom 2.4.2025 Seite 579 bis 604
| Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Arbeit mit Tätern in Fällen häuslicher Gewalt (Täterarbeit) |
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| zugehörige Anlagen : |
Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Arbeit mit Tätern in Fällen häuslicher Gewalt (Täterarbeit)
21630
Richtlinie über die Gewährung von
Zuwendungen
zur Förderung der Arbeit mit Tätern
in Fällen häuslicher Gewalt
(Täterarbeit)
Runderlass
des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und
Integration
Vom 10. März 2025
1
Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage
1.1
Das
Land gewährt nach Maßgabe dieser Richtlinie und der Verwaltungsvorschriften zu
§ 44 der Landeshaushaltsordnung vom 6. Juni 2022 (MBl. NRW. S. 445) in der
jeweils geltenden Fassung, im Folgenden VV zur LHO, Zuwendungen zur Förderung
der Arbeit mit Tätern in Fällen von häuslicher Gewalt in
Täterarbeitseinrichtungen.
1.2
Täterarbeitseinrichtungen
im Sinne dieser Richtlinie sind Beratungsstellen, die Hilfen für
gewaltausübende männliche Täter im Bereich der häuslichen Gewalt anbieten mit
dem Kernziel, drohender Gewalt präventiv entgegenzuwirken, Gewalt zu beenden
und erneute Gewaltausübungen zu verhindern.
1.3
Ein
Anspruch der Antragstellerin oder des Antragstellers auf Gewährung der
Zuwendung besteht nicht, vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund
ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
2
Gegenstand der Förderung
Gegenstand der Förderung sind Maßnahmen, die ein flächendeckendes Angebot der Täterarbeit nach den Standards und Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit Häusliche Gewalt e.V., im Folgenden BAG TäHG, sicherstellen. Hierzu sollen in Anlehnung an die Landgerichtsbezirke in Nordrhein-Westfalen Beratungsangebote für Täter im Bereich häusliche Gewalt vorgehalten werden, die den Bedarf in den Bezirken decken.
3
Zuwendungsempfängerin oder Zuwendungsempfänger
Zuwendungen
empfangen können gemeinnützige juristische Personen des Privatrechts, die
a) ihren Sitz in Nordrhein-Westfalen haben,
b) eine in Nordrhein-Westfalen stattfindende Maßnahme für Täter in Fällen von
häuslicher Gewalt anbieten,
c) einem Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege Nordrhein-Westfalen
angeschlossen sind und
d) Mitglied der BAG TäHG sind.
4
Zuwendungsvoraussetzungen
4.1
Die
Arbeit der Beratungsstellen für Täterarbeit muss sich an folgenden
Rahmenbedingungen orientieren:
a) die Maßnahmen müssen auf Gewalt zentrierte und konfrontative Unterstützungs-
und Beratungsangebote zur Verhaltensänderung für gewalttätige Männer ausgerichtet
sein (Täterprojekte), deren Kernziel die Vermeidung weiterer Gewaltausübung
ist,
b) die Angebote richten sich an in Deutschland lebende erwachsene Täter, die
gegenüber ihren ehemaligen oder aktuellen Partnerinnen oder Partnern
gewalttätig geworden sind,
c) geförderte Einrichtungen müssen ihre Beratungsarbeit nach den Standards der
BAG TäHG „Arbeit mit Tätern in Fällen häuslicher Gewalt: Standard der
Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit Häusliche Gewalt e.V.“ in der jeweils
geltenden Fassung, im Folgenden Standards der BAG TäHG, ausrichten,
d) die Einrichtungen müssen den Zugang zu ihren Angeboten sowohl für
Selbstmelder als auch für Täter sicherstellen, die zum Beispiel durch Polizei,
Justiz, Gerichtshilfe, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte oder Jugendämter
vermittelt werden,
e) zur Sicherstellung einer effektiven und umfassenden Ausrichtung der
Beratungstätigkeit muss die Einrichtung insbesondere mit anderen Hilfesystemen
im jeweiligen Landgerichtsbezirk zusammenarbeiten, in örtliche Kooperationsbündnisse
eingebunden sein und sich sowohl fallübergreifend als auch einzelfallbezogen
insbesondere mit Unterstützungseinrichtungen für von Gewalt betroffene Frauen
und Männer, kommunalen Ämtern und anderen staatlichen Stellen, wie zum Beispiel
Justiz, Polizei, Jugendämtern, Ausländerbehörden, Gleichstellungsbeauftragten,
vernetzen und
f) die Zuwendungsempfängerinnen und Zuwendungsempfänger finden sich zu
regelmäßig tagenden Arbeitskreisen zusammen und kooperieren mit einer oder
einem aus ihrer Mitte gewählten Sprecherin oder Sprecher.
4.2
Um die Qualität von Täterarbeitseinrichtungen abzusichern, haben die
Zuwendungsempfängerinnen und Zuwendungsempfänger folgende Grundlagen zu
gewährleisten:
a) mindestens zwei Mitarbeitende mit einer der Aufgabenstellung entsprechenden
Qualifikation, für den Einsatz von Fachkräften gelten die unter den Nummern
4.3.1 bis 4.3.5 genannten Bestimmungen,
b) geeignete Räume und Ausstattung,
c) Supervision und
d) Verwaltungsstrukturen.
Die Grundlagen sind der Bewilligungsbehörde mit Einreichen des Antrags auf Gewährung einer Zuwendung nach dem Muster der Anlage 1 nachzuweisen.
4.3
Personalausstattung
4.3.1
Täterarbeitseinrichtungen
müssen für die unmittelbare Beratung der Ratsuchenden über mindestens eine dreiviertel
hauptberufliche Fachkraft mit einer der Aufgabenstellung entsprechenden
Qualifikation verfügen. Voraussetzungen sind ein abgeschlossenes
Hochschulstudium in sozialer Arbeit, Pädagogik, Psychologie oder einen
vergleichbaren Abschluss oder eine im Einzelfall gleichwertige Berufs- und
Beratungserfahrung mit weiteren Qualifikationen nach Maßgabe von Nummer 5 der
Standards der BAG TäHG in der jeweils aktuellen Fassung.
Hierzu gehört insbesondere eine gewaltspezifische Weiterbildung der BAG TäHG oder eine vergleichbare gewaltspezifische Zusatzausbildung, die den im Standard der BAG TäHG genannten Voraussetzungen entspricht.
Des Weiteren müssen Fachkräfte der Täterarbeit über Erfahrung in der genderspezifischen Beratung und der Leitung von Gruppen verfügen.
4.3.2
Die
Personalstellen gemäß Nummer 4.3.1 können in Ausnahmefällen mit einer halben
Fachkraft und einer Fachkraft mit Stundenvergütung für maximal 250 Stunden
jährlich besetzt werden, wobei auch die Fachkraft mit Stundenvergütung jeweils
über die unter Nummer 4.3.1 genannten Qualifikationen verfügen muss.
Ausnahmsweise ist es nach Ermessen des Zuwendungsgebers möglich, dass
Beratungsstellen über lediglich eine viertel Fachkraft oder weniger mit den
unter Nummer 4.3.1 genannten Qualifikationen verfügen.
4.3.3
Verfügen
Mitarbeitende zum Stichtag 1. Dezember 2023 über mehrjährige Berufserfahrung in
der Täterarbeit, so wird dies als gleichwertige Weiterbildung im Sinne von
Nummer 4.3.1 Satz 3 anerkannt. Neue Mitarbeitende in der Täterarbeit müssen die
erforderliche Qualifikation innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren ab
Einstellungsbeginn erwerben und nachweisen.
Fachkräfte mit Stundenvergütung, die bislang nicht über eine gewaltspezifische Zusatzausbildung im Sinne der Standards der BAG TäHG verfügen, müssen eine solche noch im laufenden ersten Förderjahr beginnen oder fortführen.
Die Qualifikationen sind der Bewilligungsbehörde mit Antragstellung nach dem Muster der Anlage 1 nachzuweisen.
4.3.4
Die
Gesamtarbeitszeit der hauptberuflichen Fachkräfte muss vorbehaltlich einer
abweichenden tarifvertraglichen Bindung der Zuwendungsempfängerin oder des
Zuwendungsempfängers der für vergleichbare Bedienstete des Landes geltenden
tariflichen Arbeitszeit, jeweils im Umfang der in Nummer 4.3.1 Satz 1 genannten
Vollzeitäquivalente, entsprechen.
4.3.5
Die Standards der BAG TäHG zu Setting und Umfang der Täterarbeit sind zu
beachten. Insbesondere soll Täterarbeit grundsätzlich in einer Gruppe unter
Leitung mindestens zweier Mitarbeitenden, davon mindestens einer Fachkraft der
Täterarbeit, stattfinden. In begründeten Einzelfällen kann Einzelberatung durch
eine Fachkraft der Täterarbeit durchgeführt werden.
4.4
Maßnahmen,
die nach den Richtlinien „Täterarbeit“ vom 16. Juli 2021 (MBl. NRW. 2021 S. 689) im Jahr 2024 gefördert wurden, können im Jahr 2025 auf Antrag fortgesetzt
werden. Nummer 1.3.4 der VV zu § 44 LHO ist anzuwenden.
5
Art und Umfang, Höhe der Zuwendung
5.1
Zuwendungsart:
Projektförderung
5.2
Finanzierungsart:
Festbetragsfinanzierung
5.3
Form
der Zuwendung: Zuschuss
5.4
Bemessungsgrundlage
5.4.1
Von
dem für Gleichstellung zuständigen Ministerium wird für Beratungsstellen für Täterarbeit
jeweils ein Pauschalbetrag für Sachausgaben der Einrichtung und ein
Pauschalbetrag für eine dreiviertel Stelle festgesetzt.
Der Pauschalbetrag für die in Nummer 4.3.1 Satz 1 genannten Fachkräfte soll 85 Prozent der voraussichtlichen Personalausgaben nicht überschreiten. Beschränkt sich die Förderung auf eine halbe Stelle oder eine viertel Stelle, ist der Pauschalbetrag entsprechend anzugleichen. Bei denjenigen Einrichtungen, bei denen 85 Prozent der voraussichtlichen Personalausgaben den festgesetzten Pauschalbetrag unterschreiten, ist die Pauschale in der Regel um diesen Betrag zu kürzen.
Jeweils ein weiterer Pauschalbetrag wird jährlich als Stundensatz pro geleisteter Stunde der in Nummer 4.3.1 Satz 1 genannten Fachkräfte mit Stundenvergütung vom für Gleichstellung zuständigen Ministerium festgesetzt.
5.4.2
Der
pauschalierte Zuschuss zu den Sachausgaben der jeweiligen Einrichtung darf
ausschließlich für die nachweisbaren, projektbezogenen Sachausgaben verwendet
werden.
5.4.3
Bei
einer nicht ganzjährigen Anstellung einer Fachkraft beziehungsweise bei einem
Wegfall des Anspruches auf Vergütung vermindert sich der auf den Stellenanteil
dieser Fachkraft entfallende Pauschalbetrag für jeden vollen Monat der
Nichtbeschäftigung beziehungsweise für jeden Kalendermonat ohne
Vergütungsverpflichtung um ein Zwölftel.
Der jeweilige Pauschalbetrag vermindert sich nicht, wenn der Grund für die Einstellung der Vergütungszahlung innerhalb von drei Monaten durch Einstellung einer förderfähigen Ersatzfachkraft oder Wiederaufnahme des Dienstes wegfällt. Der in Satz 2 genannte auf drei Monate begrenzte Vakanzzeitraum ist förderunschädlich.
6
Sonstige Zuwendungsbestimmungen
Die Förderung durch das für Gleichstellung zuständige Ministerium ist von den Zuwendungsempfängerinnen und Zuwendungsempfängern in der öffentlichen Kommunikation angemessen darzustellen, insbesondere durch Verwendung des Förder-Logos auf der Homepage oder in Publikationen der Täterarbeitseinrichtungen und die Namensnennung in Pressemitteilungen.
7
Verfahren
7.1
Antragsverfahren
7.1.1
Antragstellung
Der Antrag ist nach dem Muster gemäß der Anlage 1 bei der Bewilligungsbehörde zu stellen. Das Antragsverfahren erfolgt unter Verwendung eines webbasierten Fachverfahrens. Der Antrag muss bis zum 1. Oktober für den im kommenden Kalenderjahr beginnenden Bewilligungs- und Durchführungszeitraum beziehungsweise bei erstmaliger Antragstellung spätestens drei Monate vor dem beantragten Förderbeginn bei der Bewilligungsbehörde vorliegen. Die in Satz 2 benannten Fristen gelten nicht für Anträge, die für den Bewilligungs- und Durchführungszeitraum des Jahres 2025 gestellt werden.
7.1.2
Antragsunterlagen
Dem Antrag sind folgende Anlagen beizufügen:
a) Vereinssatzung, Gesellschaftsvertrag oder entsprechende Verträge bei Erstantrag oder Änderungen,
b) eine Projektkonzeption gemäß Nummer 4.1, die die Eckdaten der Beratungsstelle, die Grundsätze und die wesentlichen Inhalte der Arbeit der Beratungsstelle beinhaltet,
c) eine Übersicht zum Personal mit einer Beschreibung der jeweiligen Tätigkeit und Angaben zur wöchentlichen Arbeitszeit, Qualifikation, zum Bildungsabschluss, zur Eingruppierung und zur Höhe der voraussichtlichen Personalausgaben nach dem Muster der Anlagen 1a und 1b,
d) ein Finanzierungsplan nach dem Muster der Anlage 1c, aufgegliedert für jedes Kalenderjahr aus dem alle mit der Einrichtung zusammenhängenden voraussichtlichen Ausgaben und Einnahmen für den beantragten Durchführungs- und Bewilligungszeitraum hervorgehen, und
e) Qualifikationsnachweise für die in Frage kommenden Fachkräfte.
7.2
Bewilligungsverfahren
Bewilligungsbehörde sind die Bezirksregierungen.
Die Bewilligung erfolgt nach dem Muster gemäß der Anlage 2. Der Zuwendungsbescheid wird von der Bewilligungsbehörde in einem webbasierten Fachverfahren erstellt.
7.3
Anforderungs- und Auszahlungsverfahren
Die Auszahlung der Zuschüsse zu den Sachausgaben der Einrichtung und den Personalausgaben erfolgt nach den Festlegungen im Zuwendungsbescheid grundsätzlich in gleichen Teilbeträgen jeweils zum 15. Februar, 15. April, 15. Juni, 15. August, 15. Oktober und 15. Dezember eines Jahres ohne Anforderung durch die Zuwendungsempfängerin oder den Zuwendungsempfänger. Sofern die Förderung im Laufe eines Haushaltsjahres aufgenommen wird, ist der fällige erste Teilbetrag nach Eintritt der Bestandskraft des Zuwendungsbescheids auszuzahlen.
7.4
Verwendungsnachweisverfahren
7.4.1
Der
Verwendungsnachweis ist nach dem Muster gemäß der Anlage 3 der Bewilligungsbehörde
bis zum Ablauf des 30. April des auf den Bewilligungszeitraum folgenden Jahres
vorzulegen. Im Fall eines mehrjährigen Bewilligungszeitraumes ist nach Ablauf
eines Kalenderjahres spätestens bis zum Ablauf des 30. April des folgenden Jahres
ein Zwischennachweis nach dem Muster gemäß der Anlage 3 vorzulegen.
7.4.2
Der
Sachbericht der Beratungsstelle für Täterarbeit für ein Kalenderjahr ist nach
dem Muster gemäß der Anlage 4 und der Anlage 4a bis zum Ablauf des 30. April
des Folgejahres zu erstellen. Daneben ist ein Statistikbogen nach dem Muster
gemäß der Anlage 4b beizufügen.
7.4.3
Dem
Zwischennachweis und dem Verwendungsnachweis sind eine Finanzierungsübersicht
nach dem Muster gemäß der Anlage 5 beizufügen, aus der alle mit der
Beratungsstelle für Täterarbeit zusammenhängenden Ausgaben und Einnahmen
summarisch hervorgehen.
Für den Nachweis der Verwendung der Sachausgaben der jeweiligen Einrichtung ist der einfache Verwendungsnachweis zugelassen. Auf Verlangen der Bewilligungsbehörde sind Bücher, Belege und sonstige Geschäftsunterlagen vorzulegen.
7.5
Zu beachtende Vorschriften
Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die VV zu § 44 der LHO, soweit nicht in dieser Richtlinie Abweichungen zugelassen worden sind.
8
Inkrafttreten
Dieser Runderlass tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2025 in Kraft und mit Ablauf des 31. August 2029 außer Kraft.
Redaktioneller Hinweis:
Die Anlagen dieser Richtlinie werden nicht abgedruckt und sind in der elektronischen Fassung des Ministerialblattes für das Land Nordrhein-Westfalen im Service-Portal recht.nrw.de als pdf-Dokumente abrufbar.
- MBl. NRW. 2025 S. 580