Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 1999 Nr. 67 vom 10.12.1999 Seite 1313 bis 1340

Leitbild für den nachhaltsgerechten forstlichen Wegebau in Nordrhein - Westfalen
Normkopf
Norm
Normfuß
 
zugehörige Anlagen :
Anlage 1
Anlage 2
 

Leitbild für den nachhaltsgerechten forstlichen Wegebau in Nordrhein - Westfalen

79035

Leitbild
für den nachhaltsgerechten
forstlichen Wegebau
in
Nordrhein - Westfalen

Runderlass des Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein -Westfalen vom 1.9.1999, Az. III A 4 35-00-00.00

1. Einleitung

1.1
Ökonomische Bedeutung für die Waldbewirtschaftung

1.2
Ökologische Bedeutung des Waldwegebaues

1.3
Bedeutung der Walderschließung für Freizeit und Erholung

2
Regelwerke und Begriffsbestimmungen

2.1
Gesetze und Vorschriften

2.1.1
Landesforstgesetz

2.1.2
Landschaftsgesetz

2.1.2.1
Eingriffsregelung

2.1.3
Landeswassergesetz

2.2
Begriffsbestimmungen

2.2.1
Begriffsbestimmung für Baumaßnahmen im forstlichen Wegebau

2.2.2
Einteilung forstlicher Wege

2.2.3
Arten der Wegebefestigung im Waldwegebau

3
Angemessener Erschließungsstand für NRW

4
Bemessung und Gestaltung des Wegekörpers

4.1
Linienführung

4.1.1
Linienführung im Längsprofil

4.1.1.1
Verkehrstechnische Aspekte

4.1.1.2
Nutzungstechnische Aspekte

4.1.1.3
Wegebautechnische Aspekte

4.1.1.4
Natur- und Umweltaspekte

4.2
Querschnittsgestaltung

4.2.1
Trassenaufhieb

4.2.2
Fahrbahnbreite

4.2.3
Querneigung der Fahrbahn

4.2.4
Entwässerung

4.3
Böschungen

4.3.1
Böschungsneigungen

4.3.2
Begrünung und Bepflanzung von Böschungen

4.4
Stichwege und Wendeplätze

4.5
Lagerflächen

5
Bauausführung

5.1
Terminierung und Ausschreibung

5.2
Erdbau

5.2.1
Boden- und Felsklassen

5.2.2
Erdarbeiten

6
Befestigung und Materialien für Waldwege

6.1
Fahrzeuggewichte und Achslasten

6.2
Materialien für den Waldwegebau

6.2.1
Bautechnische Eignung

6.2.1.1
Technische Klassifizierung

6.2.1.1.1
Tragschichten aus sortiertem Gestein

6.2.1.1.2
Tragschichten aus unsortiertem Gestein

6.2.1.1.3
Deckschichten

6.3
Recycling - Baustoffe und industrielle Nebenprodukte

7
Erhaltung der Waldwege

1
Einleitung

Der Wald ist flächenbedeutsamer Bestandteil der mitteleuropäischen Kulturlandschaft. Wald-nutzung und Walderhaltung im Rahmen ordnungsgemäßer forstlicher Bewirtschaftung ist an das Vorhanden sein eines ausreichenden Wegenetzes geknüpft. Die wachsende Inanspruch-nahme des Waldes bei Freizeitgestaltung und Erholung der Bevölkerung führt auch zu einem steigendem Interesse und Bedarf der Öffentlichkeit an einem forstbetrieblichen Wegenetz, welches diesen vielfältigen Belangen entspricht. Zugleich sind der Bau und die betriebliche wie auch die öffentliche Nutzung von Waldwegen zwangsläufig mit Einwirkungen auf den Natur-haushalt und das Ökosystem Wald verbunden. Dieses Leitbild soll dazu beitragen die dadurch auftretenden Konflikte aufzugreifen und zu bewältigen.

1.1
Ökonomische Bedeutung für die Waldbewirtschaftung

Waldwege dienen der Walderschließung. Sie ermöglichen bzw. erleichtern

- den Transport von Holz und sonstigen Forstprodukten, von Personen und Betriebsmitteln,

- die Ernte, Sortierung, Lagerung und Verladung von Holz und sonstigen Forstprodukten,

- die regelmäßige Überwachung des Waldes und schnelle Schadensbekämpfung ( z.B. bei

Waldbrand),

- die räumliche Ordnung und Orientierung,

- die Erholung der Bevölkerung und Lenkung des Erholungsverkehrs.

Wegeneubauten sind lediglich in nicht oder nicht ausreichend für die Bewirtschaftung er-schlossenen Gebieten erforderlich. Weite Teile insbesondere des Staatswaldes in Nordrhein-Westfalen können als durch Wege ausreichend erschlossen gelten, so dass der Wegeneubau aus forstwirtschaftlicher Sicht insbesondere noch im Körperschafts- und Privatwald notwen-dig sein kann. In weitaus größerem Umfang stehen Maßnahmen des Wegeausbaus und der Wegeinstandsetzung an, die das Wegenetz an gestiegene betriebliche und öffentliche Anfor-derungen anpassen sollen.

Trotz ganzheitlicher Planung und regional für die Bewirtschaftung durchaus notwendiger höherer Erschließung muß von der Vorstellung Abstand genommen werden, daß jede Wald-parzelle durch einen Fahrweg erschlossen werden kann. Was und in welchem Ausbauzustand gebaut wird, muß jedoch für den Einzelfall bewertet und überprüft werden.

1.2
Ökologische Bedeutung des Waldwegebaues

Es liegt in der Natur der Sache, daß Auswirkungen des Waldwegebaues das Ökosystem Wald positiv beeinflussen, aber auch negativ belasten können.

Belastungen ergeben sich besonders durch:

- Gefährdung schutzwürdiger Biotope infolge Zerschneidung

- Beseitigung von schutzwürdiger Vegetation und Kleinstrukturen

- Entwässerung von Feucht- und Naßbiotopen

- Zerschneidung und damit Isolation von Populationen

- Veränderung des Bestandesinnenklimas beim Aufreißen geschlossener Bestände

- Störungseffekte durch Waldbesucher

- Unrechtmäßige Ablagerungen von unsortiertem Bauschutt, Straßenbauabraum und sonstigen Abfällen

- Bodenveränderung auf Grund von Wegebaumaterialien aus ortsfremden Gesteinen

- Bodenverdichtungen

- Störung der oberflächennahen Wasserführung

Erschließungsmaßnahmen im Ökosystem Wald und die damit verbundene Öffnung der Bestände können auch positive Auswirkungen haben durch:

- Bodenschonung infolge Vermeidung flächiger Befahrung der Waldböden

- Erhöhung der Artenvielfalt bei Bildung von Waldinnenrändern

- Schaffung neuer Biotope

- Erhöhung des Erholungs- und Erlebniswertes durch wegebegleitende Baum- und Straucharten mit ihren unterschiedlichen Blüh-, Frucht- und Verfärbungsphasen

- Lenkung von Waldbesuchern

- Bestandesschonende Holzbringung

1.3
Bedeutung der Walderschließung für Freizeit und Erholung

Waldwege werden im Zuge von Freizeitgestaltung und Erholung von der Bevölkerung zuneh-mend in Anspruch genommen. Die Intensität dieser Inanspruchnahme erreicht besonders in Erholungs- und Ballungsgebieten ein erhebliches Ausmaß.

Daraus folgt, daß Aspekte einer umweltschonenden und ökologisch verträglichen Walder-schließung nicht allein das Spannungsfeld zwischen forstwirtschaftlichen Nutzungsinteressen, Naturschutz und Ökologie zu beachten und auszugleichen haben, sondern dass außerdem wegen der angestiegenen Freizeitnutzung von Waldwegen vielerorts diese Waldwege über forstliche Erschließungsaufgaben hinaus bedeutsame Funktionen für die Öffentlichkeit wahrnehmen.

2
Regelwerke und Begriffsbestimmungen

2.1
Gesetze und Vorschriften

Die wichtigsten Gesetze für den Waldwegebau sind in NRW das Landesforstgesetz (LFoG) und das Landschaftsgesetz (LG). Weiterhin sind für die Materialverwendung vor allem das Wasserrecht und das Abfallrecht bedeutsam. Soweit beim Wegebau Gewässer berührt oder überquert werden müssen, ist auch das Landeswassergesetz (LWG) zu beachten.

2.1.1
Landesforstgesetz

Gemäß § 6 b des Landesforstgesetzes sind forstwirtschaftliche Wegebaumaßnahmen anzeige-pflichtig. Durch die Anzeigepflicht soll durch den Willen des Gesetzgebers vorallem der Einbau schädlicher Abfälle in den Wegekörper vermieden werden.

Die Anzeigepflicht nach § 6 b umfaßt sowohl den Neubau, den Ausbau als auch die Instand-setzung von Forstwirtschaftswegen. Entsprechende Definitionen der Vorhaben sind unter Punkt 2.2.1 erläutert.

Für Unterhaltungsmaßnahmen besteht keine Anzeigepflicht.

Die unter Punkt 6.3 aufgeführten Anforderungen an Recyclingbaustoffe und industrielle Nebenprodukte sind verbindlich.

Der Ablauf des Verfahrens ist in der Anlage 1 mit den Formblättern 1 und 2 geregelt.

2.1.2
Landschaftsgesetz

2.1.2.1
Eingriffsregelung

Auch beim forstlichen Wegebau gilt, dass der Verursacher eines Eingriffes verpflichtet ist, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen; unvermeidbare Beeinträchtigungen sind zu minimieren. Für unvermeidbare Eingriffe sind die Regelungen zur Kompensation in den §§ 4 - 6 des LG zu beachten.

Im Landschaftsgesetz ( § 4 ) heißt es:

"Eingriffe in Natur und Landschaft ........ sind Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen, die die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheb-lich oder nachhaltig beeinträchtigen können. Als Eingriffe gelten insbesondere ...Aufschüttun-gen ab 2 m Höhe oder Abgrabungen ab 2 m Tiefe auf einer Grundfläche von mehr als 400 m2, .... die Errichtung oder wesentliche Änderung ..... von Straßen oder baulichen Anlagen im Sinne des § 2 Abs. 1 der Landesbauordnung".

Der Neubau und Ausbau von Wegen mit anderen als wassergebundenen Decken (z.B. Beton oder Asphalt) gilt danach stets als Eingriff.

Die Instandsetzung von Wegen in gleicher Ausbauart und Ausbaubreite, sowie die Anlage von unbefestigten Wegen (Maschinen- oder Rückewege) außerhalb geschützter Gebiete und Land-schaftsbestandteile (§§ 19 ff LG), geschützter Biotope (§ 62 LG) und landschaftlicher Beson-derheiten (z.B. Bodendenkmäler) ist in der Regel kein Eingriff.

Für alle übrigen Wegebaumaßnahmen ist das Vorliegen eines Eingriffs unter Berücksichti-gung der möglichen Beeinträchtigungen (siehe Punkt 1.2) zu prüfen.

Die Erheblichkeit oder Nachhaltigkeit ist dabei am Grad der Beeinträchtigung der Leistungs-fähigkeit des Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes zu orientieren. Sie steigt mit der Schutzwürdigkeit betroffener einzelner Biotoptypen.

2.1.3
Landeswassergesetz

Beim Wegebau neu zu errichtende oder wesentlich zu verändernde Anlagen in und am Gewässer (Durchlässe, Brücken, Furten usw.) bedürfen nach § 99 LWG der Genehmigung durch die zuständige Wasserbehörde.

Bei der Planung solcher Anlagen ist die "Richtlinie für die naturnahe Unterhaltung und den naturnahen Ausbau der Fließgewässer in Nordrhein-Westfalen" zu beachten.

2.2
Begriffsbestimmungen

2.2.1
Begriffsbestimmung für Baumaßnahmen im forstlichen Wegebau

Neubau: Unter Neubau versteht man die erstmalige Anlage eines Fahrweges. Dem Neubau geht eine Projektierung auf ganzer Länge voraus. Teilweise kann sich die Streckenführung auch an bereits bestehende Wege anlehnen.

Ausbau: Ausbau ist eine wesentliche Erweiterung der Nutzbarkeit eines schon vorhandenen Fahrweges oder der Ausbau eines vorhandenen Rückeweges zum Fahrweg. Dabei kann es sich um

1.) Verbesserungen der horizontalen und vertikalen Linienführung und/oder der Querschnitts - und Böschungsverhältnisse handeln oder

2.) wenn ein ausreichender Querschnitt vorhanden ist, eine wesentliche Veränderung des Oberbaus (z.B. eine Veränderung der Deckschicht von einer ungebundenen zu einer gebundenen).

Nur eine Verstärkung der Tragfähigkeit des Oberbaus ist z.B. noch kein Ausbau.

Rückbau: Unter Rückbau versteht man die Entfunktionalisierung oder Entfernung eines Weges. Dies beinhaltet neben einer Beseitigung und Übererdung der Nebenanlagen (insb. Durchlässe) auch eine weitgehende Wiederherstellung des ursprünglichen Landschaftsprofils.

Erhaltung: Darunter versteht man Maßnahmen die der Substanzerhaltung, der Erhaltung des Gebrauchswertes für den Benutzer und der Umweltverträglichkeit unter Einschluß der Neben-anlagen dienen. Die Erhaltung umfaßt Instandsetzung und Unterhaltung. Beide Maßnahmen ermöglichen eine langfristige Nutzung eines Waldweges.

Die Instandsetzung dient der vollständigen Wiederherstellung der Funktion eines Weges. Dabei wird die Linienführung beibehalten. Eine Anpassung des Wegeaufbaus und der Neben-einrichtungen an den, zum Zeitpunkt der durchgeführten Maßnahmen üblichen Standard, ist anzustreben. Die Instandsetzung von Wegen erfolgt grundsätzlich unter Materialzufuhr.

Unter die Wegeunterhaltung (Wegepflege) fallen Maßnahmen, die dem Entstehen von Schäden vorbeugen bzw. das Ausweiten beginnender Schäden verhindern. Die Deckschicht eines Weges wird in der hergestellten Form möglichst langfristig erhalten.

Vom Aus- und Rückbau zu unterscheiden ist der, unter die Instandsetzung fallende Überbau eines Weges. Durch Aufbringen einer neuen Deck- oder Tragdeckschicht wird die Funktionsfähigkeit eines schadhaften Weges wiederhergestellt und ein nach heutigen Gesichtspunkten günstigerer Erhaltungszustand geschaffen. Dieses Verfahren wird in der Regel bei schadhaften, teer und bituminös gebundenen Wegedecken angewandt. Diese Decken sollen nicht zerschlagen, sondern in der Regel bituminös überbaut werden. Der Überbau mit bindemittelfreien Decken ist nur bei weitgehender Auflösung der Teer- oder Bitumendecke empfehlenswert.

2.2.2
Einteilung forstlicher Wege

Fahrwege sind befestigte oder natürlich feste Wege, die in der Regel ganzjährig befahren werden können. In der Tauwetterperiode und ggf. in sonstigen Zeiten besonders hoher Was-serhaltigkeit des Untergrundes kann ihre Tragfähigkeit eingeschränkt sein. Fahrwege mit ho-her Beanspruchung werden verbreitet auch Hauptwege, Wege mit geringerer Beanspruchung auch Zubringerwege genannt.

Hauptwege bilden die Basiserschließung größerer Waldgebiete. Sie nehmen den Verkehr der in sie einmündenden Wege auf und dienen auch der Bewirtschaftung der angrenzenden Wald-grundstücke unmittelbar. Sie stellen die Verbindung mit dem Straßennetz oder mit Verbind-ungs- und Hauptwirtschaftswegen dar und müssen ganzjährig befahrbar sein (Richtlinien für den ländlichen Wegebau, RLW). Dies bedeutet, daß Verkehrslasten bis zu 50 t je Fahrzeug-kombination bzw. Achslasten von 11,5 t je Einzelachse und 19 t je Doppelachse schadlos ertragen werden müssen.

Hauptmerkmale sind:

  • Verkehrsmengen über 500 m3/f/Jahr und PKW-Verkehr,
  • befestigte Fahrbahnbreiten von 3,0 m bis 4,0 m und
  • Kronenbreiten (Breiten des Planums) von 5,0 m bis 7,0 m.

Zubringerwege sind eine Erweiterung des Hauptwegenetzes. Charakteristisch für sie ist eine geringe Verkehrsfrequenz und Lastaufnahme. Der Übergang zwischen Haupt- und Zubringer-wegen ist fließend. Sie müssen nicht ganzjährig befahrbar sein.

Als grobe Orientierung kann von einer Verkehrsmenge unter 500 m3/f/Jahr und befestigten Fahrbahnbreiten von 3,0 - 3,5 m ausgegangen werden. Die Wege sind von Natur aus fest oder meist mit ungebundenen Mineralstoffen befestigt.

Rückewege sind in der Regel unbefestigte Wege, die von geländegängigen Forstmaschinen befahren werden können. Die weitere Feinerschließung erfolgt durch Rückegassen. Beide sollten mindestens 4 m breit sein.

2.2.3
Arten der Wegebefestigungen im Waldwegebau

Es lassen sich drei, im forstlichen Wegebau übliche Formen der Wegebefestigung unterscheiden:

  1. Wegebefestigung mit ungebundenen Mineralstoffen (wassergebundene Decken)
  2. Befestigung mit Asphalt (bituminös gebunden)
  3. Befestigung mit hydraulischen Bindemitteln (z.B. Kalk)

Im Waldwegebau der Vergangenheit hatte die Form des Ausbaus mit gebundenen Decken eine Bedeutung vor allem bei Waldwegen mit hoher Verkehrsbelastung, d.h. bei stark fre-quentierten Hauptabfuhrwegen und Wegen mit zusätzlichem öffentlichen Verkehr. Der ganz überwiegende Teil der Waldwege wurde, auch aus Kostenersparnisgründen, mit wasserge-bundenen Decken ausgebaut. Gravierende Frostschäden, als Folge von tiefreichendem Boden-frost, entstehen vor allem an den starren gebundenen Decken, während an den flexiblen unge-bundenen Deckschichten nur unbedeutende Frostaufbrüche auftreten, die sich durch die Befahrung wieder schließen oder mit geringem Aufwand im Wege der Unterhaltung zu beheben sind.

Bei den Erhaltungsmaßnahmen an Wegen mit gebundenen Decken treten langfristig nicht unbedeutende Kosten auf. Ein Überbau mit bindemittelfreien Decken ist wegen fehlender Verbindung zum Unterbau nur bei weitgehender Auflösung der Teer- oder Bitumendecke empfehlenswert.

Bedingt durch diesen hohen Aufwand, wegen der vollständigen Versiegelung der Wegeober-fläche und der Tatsache, dass von gebundenen Wegen eine deutlich größere Barrierewirkung auf Kleinlebewesen ausgeht und somit diese Bauweise ökologisch insgesamt schlechter bewertet werden muß, hat der Neubau von gebundenen Wegedecken (bituminös oder mit Beton) seine Bedeutung im Waldwegebau verloren. Ausnahmen bilden lediglich Einmünd-ungen in öffentliche Straßen, die auf einer Länge von etwa 10 bis 20 m zu asphaltieren sind und eine effektive Anfahrhilfe für beladene Holztransport-LKW darstellen, sowie stark geneigte Gefällstrecken.

3
Angemessener Erschließungsstand für NRW

Die Wegedichte richtet sich nach Geländeverhältnissen (z.B. Steillagen, Vernässungen), Flächenausformung und Besitzstruktur. In NRW ergibt sich daraus eine durchschnittliche Wegedichte von 40 lfdm/ha Fahrwege, von der nicht unerhebliche Abweichungen notwendig sein können.

4
Bemessung und Gestaltung des Wegekörpers

4.1
Linienführung

Je näher die Linienführung dem Verlauf der Leitlinie (optimierte Trassenführung) entspricht, um so ausgeglichener sind beim Bau die Erdauftrags- und Abtragsmassen. Eine geländeange-passte Linienführung möglichst nahe der Leitlinie ist auch aus umweltbezogener Sicht prinzi-piell wünschenswert und geht vor zügigem Trassenverlauf. Es ist jedoch für den jeweiligen Einzelfall zu überprüfen, ob durch eine stärkere Abweichung von der Leitlinie Wegestrecken einzusparen sind (z.B. indem Talböden früher gequert werden). Dabei sind auch fahrtech-nische Aspekte zu berücksichtigen.

4.1.1
Linienführung im Längsprofil

Eine möglichst geringe Beanspruchung des Baugeländes kann zunächst durch möglichst kurze Wegstrecken und die damit verbundenen geringen Erdbauarbeiten erreicht werden. In geneig-tem Gelände bedeuten kürzere Wege aber immer auch steilere Wege. Eine Steigerung der Längsneigung der Wege erreicht dabei ihre technischen Grenzen, da die Linienführung im wesentlichen verkehrs-, nutzungs- und wegebautechnische Aspekte, aber auch Natur- und Umweltaspekte zu berücksichtigen hat:

4.1.1.1
Verkehrstechnische Aspekte

Kraftfahrzeuge können heute wesentlich größere Längsneigungen und Neigungswechsel überwinden als im forstlichen Wegebau Standard sind. Eine möglichst ausgeglichene Linien-führung ist allerdings dennoch erwünscht. Die Verkehrssicherheit nimmt bei schlechten Witterungsbedingungen (Schnee- und Eisfahrbahn) und großen Längsneigungen stark ab.

4.1.1.2
Nutzungstechnische Aspekte

Wird entlang der Wege Holz gelagert, bearbeitet und/oder geladen, so sind geringe bis mäßige Längsneigungen vorteilhaft.

4.1.1.3
Wegebautechnische Aspekte

Aufwendungen für die Wegeerhaltung werden durch mäßige, möglichst ausgeglichene Neigungsverhältnisse reduziert. Die im Waldwegebau übliche, ungebundene Deckenbauweise ist bei Längsneigungen über 10 % stark erosionsanfällig. Nicht ausreichende Entwässerung bzw. Neigungen unter etwa 2 % können andererseits zu Schlaglochbildung, Verdrückungs-schäden und zu Tragfähigkeitverlusten führen. Daher hat die Längsneigung die größte Bedeutung für die Linienführung.

Es werden deshalb folgende Längsneigungen empfohlen:

Hauptwege: Bei Wegebefestigung mit ungebundener Deckschicht 2 bis 6 %. In Ausnahme-fällen - insbesondere im Bergland - sind Neigungen bis 12 % akzeptabel. Diese sollten nach Möglichkeit auf kurze und gerade Strecken beschränkt werden.

Zubringerwege: Die Längsneigung der Zubringerwege sollte möglichst im Bereich zwischen 2 und 6 % liegen. Im Bergland sind Neigungen bis 15 % und in Ausnahmefällen bis zu 20 % vertretbar.

4.1.1.4
Natur- und Umweltaspekte

Die Planung von Wegen innerhalb geschützter Gebiete und Landschaftsbestandteile (§§ 19 ff LG), geschützter Biotope (§ 62 LG) und landschaftlicher Besonderheiten (z.B. Bodendenk-

mäler) ist in der Regel zu vermeiden. Im Einzelfall sind sie so zu gestalten,dass sie den Zielen der Schutzgebietsausweisung nicht widersprechen. Im Grenzbereich solcher Gebiete sollte eine angemessene Pufferzone eingehalten werden.

Die Geländegestalt sollte durch den Wegebau möglichst wenig verändert werden. Durch eine entsprechende Linienführung sind deshalb erhebliche Bodenauf- und -abträge zu vermeiden. Bei Wegeplanungen mit unvermeidbarer Überquerung von Fließgewässern ist die "Richtlinie für naturnahe Unterhaltung und naturnahen Ausbau der Fließgewässer in Nordrhein - Westfalen" zu beachten. Die Kreuzung von empfindlichen Kerbtälern (Siefen, Seifen, Siepen) soll möglichst vermieden werden, z.B. durch Stichwege.

4.2
Querschnittsgestaltung

4.2.1
Trassenaufhieb

Bei Wegen in ebenem Gelände soll der Trassenaufhieb auf der Breite des Regelquerschnittes zuzüglich zwei bis drei Meter auf jeder Seite erfolgen, soweit dem nicht besondere ökolo-gische Belange entgegenstehen. Auch bei stärkerer Querneigung des Geländes richtet sich die Aufhiebsbreite nach der Wegebreite und nach dem natürlichen Böschungswinkel. Der Tras-senaufhieb sollte so breit sein, daß möglichst schnell ein Abtrocknen des Weges gewährleistet ist.

4.2.2
Fahrbahnbreite

Die Fahrbahnbreite richtet sich nach der Breite der im öffentlichen Straßenverkehr zugelasse-nen Fahrzeuge. Für die Verkehrssicherheit sollte beiderseits ein Sicherheitsstreifen vorhanden sein. Daraus ergeben sich für Hauptwege befestigte Fahrbahnbreiten bis zu 4,0 m. Einschließ-lich der Breite der Seitenstreifen (Bankette) beträgt die Kronenbreite wenigstens 5,0 m. Für Zubringerwege sollte die befestigte Fahrbahnbreite mindestens 3,0 m und die Kronenbreite 4,0 m betragen.

Die Fahrbahn ist bei Radien unter 40 m zu verbreitern. Bei Kehren sind die Kurvenverbreite-rungen jeweils zur Hälfte außen und innen anzubringen.

4.2.3
Querneigung der Fahrbahn

Um eine problemlose Entwässerung sicherzustellen, sind die Querprofile ein- oder zweiseitig geneigt. Im forstlichen Wegebau sind im Flachland zweiseitig geneigte Profile üblich. Em-pfohlen wird bei gebundenen Deckschichten eine Querneigung von 3 %. Das Uhrglasprofil wird wegen des höheren Bau- und Unterhaltungsaufwandes nicht empfohlen. Für die im Bergland üblichen einseitig, talseitig geneigten Profile sind Querneigungen bis zu 5 % möglich.

4.2.4
Entwässerung

Grundsätzlich ist eine flächenhafte Versickerung des Wegeoberflächenwassers über Wegeseit-enräume, Böschungen, Gräben und Mulden anzustreben. Hierdurch steht das Wasser an Ort und Stelle der Grundwasserneubildung zur Verfügung. Am günstigsten ist es, das Wasser un-gesammelt über Böschungen ablaufen und dort bzw. im Seitenraum versickern zu lassen. Wo eine Bündelung der Abflüsse erforderlich ist, sollte das Wasser zur Versickerung natürlichen Retensionsräumen zugeführt werden. Erst wenn auch diese Möglichkeit ausscheidet, kann in Gewässer eingeleitet werden. Versickerungseinrichtungen sind empfindlich gegen Verschläm-mung der Filterschicht. Die Vorreinigung des zu versickernden Wassers durch einen Schlammfang zum Zurückhalten der absetzbaren Stoffe ist erforderlich, um die Versicker-ungsanlage möglichst lange leistungsfähig zu erhalten (RLW).

Bei geplanten bzw. bereits bestehenden Wegen soll das Wasser auf möglichst kurzer Strecke mit geringer Fließgeschwindigkeit vom Wegekörper abgeleitet, danach aber möglichst lange im Wald zurückgehalten werden. Die Möglichkeiten, dies zu realisieren, sind das Verhindern der Bündelung von Oberflächenwasser und das baldige Wiederversickern von abgeleitetem Wasser im Wald. Eine Wegeentwässerung mit möglichst geringer Wasserkonzentration muß das Wasser auf fast der gesamten Wegelänge abführen. Dafür ist im Bergland ein einseitiges, talseitig geneigtes Querprofil notwendig und/oder einige Meter breite Mulden, diagonal zur Längsrichtung, mit talseitigem Abfluß, die bereits bei der Anlage des Wegeplanums mit her-gestellt werden müssen. Bei Wegekörpern mit zweiseitig geneigten Querprofilen (vorwiegend im Flachland) werden die abfließenden Wassermengen jeweils zur Hälfte, von wegebegleiten-den Gräben aufgenommen. Diese Gräben können als Spitz-, Trapez- oder Muldengräben ausgeformt werden. Sie werden maschinell hergestellt und können auch maschinell erhalten werden. Der Querschnitt der Gräben richtet sich nach den Wassermengen, die aufzunehmen sind.

Bei hoher Längsneigung des Weges und vermehrtem Anfall von Hangwasser empfiehlt es sich, unter der Sauberkeitsschicht ausreichend dimensionierte Quersickerungen aus Filtermaterial in das Planum einzubauen.

Soll ein Graben vermieden werden, kann eine unterirdische Wegeentwässerung sowie die Ableitung von Hangwasser durch Längssickerung zweckmäßig sein. Die Längssickerung besteht aus einem Sickerstrang. Der Sickerstrang ist als mindestens 0,3 m breiter Graben herzustellen, der in der Regel mit Geotextil ausgelegt und mit durchlässigem verwitterungs-beständigem Gestein aufgefüllt wird (RLW).

Bei größeren Wassermengen kann nicht immer auf Durchlässe verzichtet werden. Um eine Selbstreinigung zu erleichtern, soll ein Durchmesser von 400 mm nicht unterschritten werden.

4.3
Böschungen

Böschungen sind als Übergang vom Bestand zum Weg stärker als andere Teile des Kunst-profils der Erosion ausgesetzt. Gelingt es nicht die Böschungen zu stabilisieren, so können von ihnen - insbesondere in Hanglagen - Störungen ausgehen die von bergseitigen Rutsch-ungen auf die Fahrbahn bis zum Absacken ganzer Wege führen können. Entscheidend ist deshalb u.a. die für die entsprechende Bodenart geeignete Wahl des Böschungswinkels.

4.3.1
Böschungsneigungen

Der natürliche Böschungs- oder Ruhewinkel eines Substrats resultiert, vereinfacht ausge-drückt, aus der inneren Reibung des Materials im groben und der Kohäsion innerhalb des Materials im feinen Kornbereich. Wasser verringert sowohl die innere Reibung als vor allem auch die Kohäsion und somit die Stabilität von Böschungen.

Es werden materialabhängig folgende Böschungswinkel empfohlen:

Feiner, loser Sand:

1:2       bis      1:1,7

Grober, lehmiger Sand:

1:1,7    bis      1:1,4

Festgelagerter Kies:

1:1,25  bis      1:1

Lehm und Ton soweit trocken:

1:1,5    bis      1:1

Geröll:

1:1,25  bis      1:1

Gewachsener Fels:

1:0,5    bis      1:0,1

Einschnittböschungen können, da es sich um gewachsenen Boden handelt, steiler ausgeführt werden als Dammböschungen. Die Zweckmäßigkeit der Böschungsneigung ist in jedem Einzelfall zu überprüfen.

4.3.2
Begrünung und Bepflanzung von Böschungen

Grundsätzlich sind Böschungen der natürlichen Sukzession zu überlassen, sofern eine künst-liche Begrünung nicht aus technischen Gründen notwendig ist.

4.4
Stichwege und Wendeplätze

Stichwege sollen vorrangig gebaut werden, um Überquerungen von Kerbtälern zu vermeiden oder um eine wesentliche Verkürzung der Fahrstrecke zu erreichen. Hierzu werden Wende-plätze benötigt. Wendeplätze können in der Form von Wendehämmern (für Einzel - LKW) oder als Wendeplatten ausgeführt werden.

Ausweichstellen sind auch unter Mittelgebirgsverhältnissen nur in Ausnahmefällen anzu-legen. Anzahl und Abmessungen sind stark vom Einzelfall abhängig.

4.5
Lagerflächen

Die Anlage von Lagerflächen soll grundsätzlich möglichst direkt nach der Einmündung von Rückegassen bzw. -wegen in den Fahrweg erfolgen. Längeres Schleifen der Stämme auf den Fahrwegen ist zu vermeiden.

Lagerstreifen werden in der Ebene beidseitig, am Hang auf der Talseite des Fahrweges angelegt. Dabei ist darauf zu achten, daß in Hanglagen genügend Polterbäume vorhanden sind. Es empfiehlt sich bei Wegeneu- und -ausbauten ausreichende Möglichkeiten zur Holzlagerung anzulegen.

Der Flächenbedarf hängt im wesentlichen von dem erwarteten Hiebsanfall ab, der wiederum durch die Bestandesstruktur, die Baumartenzusammensetzung, das Bestandesalter, die Ein-

griffsstärke, die Aushaltung der anfallenden Sortimente und der Ernte- und Bearbeitungs-

technik beeinflusst wird. Die, je nach Marktlage, unterschiedliche Längenausformung der Hölzer sollte dabei berücksichtigt werden. Die Mindestlagerkapazität an einem Ort sollte wenigstens eine halbe LKW-Ladung betragen. Dies entspricht in etwa 14 - 15 m³/f.

5
Bauausführung

5.1
Terminierung und Ausschreibung

Für die erforderlichen Arbeiten ist ein Zeitplan für die Bauausführung anzulegen (Bauzeitenplan). Darin ist zu regeln, welche Teilarbeiten zusammengefaßt bzw. getrennt voneinander und wann ausgeführt werden. Insbesondere Baumaßnahmen bei bindigen, feuchten Böden müssen in der trockenen Jahreszeit durchgeführt werden.

Aus ökonomischen und technischen Gründen sollten zwischen dem Zeitpunkt der Fertigstellung des Erdbaues und dem Beginn der Befestigung eines Weges die Bauarbeiten möglichst einen Winter ruhen. Eine Befahrung des Weges mit Teillast in dieser Zeit (nicht in der Tauperiode) ist durchaus sinnvoll. Dadurch erfolgt einerseits eine gründliche Nachverdichtung, andererseits können so Schwachstellen im Unterbau erkannt werden. Die Dimensionierung des Oberbaus kann somit realistischer, angepasst an die Festigkeit des Untergrundes, erfolgen. Dadurch kann in der Regel auch Material eingespart werden.

Der Einbau der Trag- und Deckschicht soll bei für die Verdichtung des Materials günstiger Witterung erfolgen (nicht zu nass oder zu trocken). Ein neuer Weg darf für den forstwirtschaftlichen Verkehr erst nach gründlichem Austrocknen des Weges freigegeben werden.

Es empfiehlt sich, bei der Ausschreibung die Leistungsbeschreibungen der "Anweisung für die Durchführung der Flurbereinigung im Lande Nordrhein Westfalen (Flurbereinigungs-anweisung NW - FlurbAnw. NW), Teil 17 Der Ausbau 17.2 Bauleistungsbeschreibungen Flurb NW (BLB FlurbNW)", in der jeweils geltenden Fassung zu verwenden.

5.2
Erdbau

Aufgabe des Erdbaues ist es den Untergrund planmäßig herzurichten und ggf. den Unterbau herzustellen. Die hierzu erforderlichen Erdarbeiten umfassen Lösen, Laden, Transport, Ein-bauen und Verdichten von Boden oder Fels.

5.2.1
Boden- und Felsklassen

Boden und Fels werden entsprechend ihrem Zustand beim Lösen nach DIN 18300 " VOB;

Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV); Erdarbeiten" in folgende Klassen eingeteilt (siehe auch Anlage 2):

Klasse 1: Oberboden

Klasse 2: Fließende Bodenarten

Klasse 3: Leicht lösbare Bodenarten

Klasse 4: Mittelschwer lösbare Bodenarten

Klasse 5: Schwer lösbare Bodenarten

Klasse 6: Leicht lösbarer Fels und vergleichbare Bodenarten

Klasse 7: Schwer lösbarer Fels

5.2.2
Erdarbeiten

Das anfallende Material wird seitlich eingebaut bzw. zur Wiederverwendung gesondert gelagert. Die natürliche Dichtlagerung des gewachsenen Untergrundes sollte möglichst nicht aufgelockert werden.

Charakteristisch für Arbeiten am Hang ist der Seitenbau. Bergseitiger Bodenabtrag dient unmittelbar als talseitiger Bodenauftrag unter Massenverlagerung auf engem Raum. Dabei sollten möglichst hohe Anteile der Fahrbahn innerhalb des Geländeprofils liegen. Der tal-seitige Böschungsfuß ist so anzulegen, dass Hangüberrollungen mit Bodenmaterial möglichst vermieden werden.

Untergrund bzw. Unterbau, insbesondere geschüttete Böden, müssen stets ausreichend ver-dichtet werden. Die Schütthöhe der einzelnen Lagen wie auch die erforderliche Verdichtungs-arbeit ergeben sich in Abhängigkeit von der Bodenart und von den verwendeten Verdicht-ungsgeräten. Böden, die als Unterlage für den Oberbau nicht ausreichend geeignet sind, müs-sen in der Regel durch geeignete Maßnahmen, z.B. durch Einmischen von natürlichen Mine-ralstoffen oder hydraulischen Bindemitteln, eine höhere Tragfähigkeit erhalten. Dies betrifft vor allem organische und fließende, sowie plastische Böden, gleichkörnige Sande und Böden mit hohem Grundwasserstand oder starker Vernässung.

6
Befestigung und Materialien für Waldwege

6.1
Fahrzeuggewichte und Achslasten

Beim Holztransport werden die zulässigen Höchstgewichte von 40,0 t je LKW-Zug i.d.R. ausgenutzt. Mit den handelsüblichen, in Deutschland zur Holzabfuhr verwendeten Fahr-zeugen, können mit vollholzigem, bzw. feuchtem Langholz Überschreitungen des zulässigen Gesamtgewichtes vorkommen. Die ganzjährig LKW-befahrbaren Wege sollten daher für eine Last bis 50 t ausgelegt sein. Ein eng begrenzender Faktor für eine weitere Steigerung der Wegebelastung im Wald durch steigende Achslasten und Höchstgewichte ist die Tragfähigkeit der Brücken und anderer Kunstbauten.

6.2
Materialien für den Waldwegebau

Die Frage, welcher Baustoff für die Herstellung von ungebundenen Trag- und Deckschichten geeignet ist, kann erst nach einer Prüfung technischer, ökologischer sowie betriebswirtschaft-

licher Kriterien im Einzelfall beantwortet werden.

Die vorrangige Verwendung des örtlich anstehenden oder baustellennahen Materials zum Bau, zur Instandsetzung oder Unterhaltung der Wege hat i.d.R. bedeutsame betriebswirtschaftliche Vorteile. Dies gilt insbesondere, wenn auf Grund der technischen Eignung des Baugrundes als Baustoff (naturfeste Wege) auf Materialzugaben, wie die Aufbringung einer Deckschicht, verzichtet werden kann. In der überwiegenden Zahl der Fälle ist auch aus ökologischer Sicht nach Abwägung aller Gesichtspunkte die naturfeste Bauweise anderen Bauweisen vorzuziehen.

6.2.1
Bautechnische Eignung

Die wesentlichen technischen Eigenschaften eines Baustoffes für ungebundene Bauweisen werden durch seine geologische bzw. industrielle Herkunft und seine Korngrößenzusammensetzung bestimmt. Grundsätzlich zu unterscheiden sind zunächst natürliche Mineralstoffe, das sind Felsgestein, Kies und Sand und künstliche Mineralstoffe, das sind Recyclingbaustoffe und industrielle Nebenprodukte.

6.2.1.1
Technische Klassifizierungen

Nach ihrer Oberflächenstruktur unterscheiden sich die Mineralstoffe zunächst in ungebrochene Mineralstoffe (Rundkorn), das sind Sand und Kies sowie gebrochene Kieskörner, wenn ihre Oberfläche höchstens zur Hälfte aus Bruchflächen besteht und gebrochene Mineralstoffe (Brechkorn), das sind Schotter, Splitt, Brechsand-Splitt, Edelsplitt, Edelbrechsand, Vorabsiebung, sowie Hüttensand und Lavaschlacke.

Baustoffe und Baustoffgemische müssen für den jeweiligen Verwendungszweck geeignet sein, ausreichende Festigkeit aufweisen, verwitterungsbeständig und umweltverträglich sein und den folgenden an den Ausbaustandards orientierten Anforderungen genügen. Die Gesamteinbaustärke von Trag- und Deckschicht sollte 50 cm nicht übersteigen, soweit nicht aus Gründen mangelnder Tragfähigkeit des Untergrundes höhere Einbaustärken notwendig sind.

6.2.1.1.1
Tragschichten aus sortiertem Gestein:

Für Kiestragschichten aus sortiertem Gestein sind korngestufte Kies-Sand-Gemische der Lieferkörnung 0/32, 0/45 oder 0/56 zu verwenden.

Für Schottertragschichten aus sortiertem Gestein sind korngestufte Gemische aus Schotter, Splitt und Brechsand und /oder Natursand der Lieferkörnungen 0/32, 0/45 und 0/56 zu verwenden.

Der Feinkornanteil unter 0,063 mm im Mineralstoffgemisch darf im eingebauten Zustand nicht mehr als 7 Gew.-% betragen. Die Baustoffe sollten gleichmäßig durchmischt und durchfeuchtet an die Einbaustelle geliefert werden.

6.2.1.1.2
Tragschichten aus unsortiertem Gestein

Als unsortierte Mineralstoffgemische werden Sand, Kies, Felsgestein, sowie Mineralstoffe aus Vorsiebmaterial, Gesteinsabraum, Felsschutt, Bodenaushub usw. verwendet. Das Größtkorn darf nicht größer als die Hälfte der vorgesehenen Dicke für die eingebaute Tragschicht sein. Übergroßes Gestein ist auszusondern oder zu zerkleinern. Abs. 3 des Punktes 6.2.1.1.1 gilt entsprechend.

6.2.1.1.3
Deckschichten

Für Wege mit hoher Verkehrsbelastung ist eine Deckschicht empfehlenswert. Für Deckschichten , die auf den Kies- und Schottertragschichten aufgebracht werden, sind hohlraum-arme Mineralstoffgemische aus verwitterungsbeständigen und festen Mineralstoffen zu verwenden. Das Größtkorn darf nicht größer als zwei Drittel der vorgesehenen Dicke für die eingebaute Schicht sein. Es können Kies-Sand bzw. Splitt-Sand-Gemische der Lieferkörnung 0/11, 0/16, 0/22 oder 0/32 aber auch Gemische aus unsortiertem Gestein mit einem angemessenen Anteil an bindigen Bestandteilen verwendet werden. Auch auf Tragschichten aus unsortiertem Gestein bzw. auf naturfesten Wegen sind Deckschichten aus unsortierten Materialien kostengünstig zu erstellen, insbesondere wenn für die Wege eine geringere Verkehrsbelastung zu erwarten ist.

Die Dicke der Deckschichten ist abhängig von der Art und Oberflächenstruktur der Unterlage. Sie soll in verdichtetem Zustand mindestens 5 - 6 cm bei großkörniger Unterlage und späterer Unterhaltung mit schweren Geräten betragen.

6.3
Recyclingbaustoffe und industrielle Nebenprodukte

Bei der Prüfung der Wegebaumaßnahme ist neben den bautechnischen Eigenschaften auch auf

die Umweltverträglichkeit der für die Maßnahme vorgesehenen Baumaterialien zu achten. Neben natürlichen Baumaterialien können unter bestimmten Voraussetzungen auch Sekundärbaustoffe und industrielle Nebenprodukte beim Waldwegebau zur Anwendung kommen.

Mit Inkrafttreten des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) am 07. 10.1996 ist der Abfallbegriff erheblich erweitert worden. Abfälle sind gem. § 3 KrW-/AbfG "alle beweglichen Sachen...., derer sich der Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muß". Zu den abfallrechtlichen Pflichten gehört insbesondere, dass Abfälle ordnungsgemäß und schadlos zu verwerten sind (§ 5 Abs. 2 KrW-/AbfG) oder, soweit eine Verwertung technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist, gemeinwohlverträglich zu beseitigen sind (§ 10 Abs. 4 KrW-/AbfG).

Zur Konkretisierung der Anforderungen an die Verwertung von Abfällen im forstwirtschaftlichen Wegebau wird auf folgendes hingewiesen:

Mineralische Stoffe, die bei Bau- oder Abbruchtätigkeiten anfallen, unterliegen dem Abfall-recht. Unsortierter Bauschutt, der neben unbedenklichen mineralischen Materialien auch potentiell schadstoffhaltige Bestandteile wie Installationsteile, Fußböden, Deckenverkleidungen, Holzbaustoffe unterschiedlicher Art u. a. enthalten kann, erfüllt i. a. die Anforde-rungen an eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung nicht, da insbesondere nachteilige Beeinträchtigungen des Grundwassers nicht ausgeschlossen werden können.

Der Einsatz von unsortiertem Bauschutt im forstwirtschaftlichen Wegebau ist daher grundsätzlich nicht zulässig.

Für die Konkretisierung der Anforderungen an eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung von Abfällen sind beim Einsatz von mineralischen Stoffen im forstwirtschaftlichen Waldwegebau vor allem materielle Anforderungen aus wasserwirtschaftlicher Sicht zu stellen.

Bei der Prüfung der Verwendbarkeit solcher Materialien für den forstlichen Wegebau können die materiellen Anforderungen der Runderlasse "Wasserwirtschaftliche Anforderungen an die Verwertung von Sekundärbaustoffen und industriellen Nebenprodukten im Tief- und Straßenbau" sowie "Güteüberwachung von Mineralstoffen im Straßenbau" als Grundlage, in der jeweils gültigen Fassung herangezogen werden.*)

Die Erlasse sind für die Verwendung güteüberwachter Massengüter auf Großbaustellen des öffentlichen Straßen- und Erdbaus konzipiert. Für den Waldwegebau kommen nur Materialien infrage, die die Anforderungen an den Einsatz im offenen Einbau erfüllen. Diese Einsatzgebiete sind Tragschicht ohne Bindemittel unter durchlässiger Deckschicht und Deckschicht ohne Bindemittel. Grundsätzlich ist der Einbau von güteüberwachten Materialien nur außerhalb wasserwirtschaftlich bedeutender und hydrogeologisch sensibler Gebiete zulässig (s.*). Dabei soll ein Mindestabstand von 1 m zum Grundwasserhöchststand berücksichtigt werden.

Von den güteüberwachten Materialien kommen, vorbehaltlich der Prüfung im Einzelfall derzeit Schmelzkammergranulat (SKA), Hochofenstückschlacke ( HOS), Hüttensand (HS) und aufbereiteter Bauschutt (Recycling-Baustoff) der besseren Qualität in Betracht (siehe Nr. 3.1 und 4 der Anlage 1).

Bei der Verwendung von güteüberwachten Materialien zum Wegebau in Waldgebieten ist auch zu prüfen, ob diese in ausreichender Nähe zum Einbauort verfügbar sind und der Transportaufwand betriebswirtschaftlich vertretbar ist.

*) Gem. RdErl. des Ministeriums für Stadtentwicklung und Verkehr - lll B 6 - 32-40(45) und des Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft - IV A 3 -953-26308 - vom 25.04.1991 (in Verbindung mit dem RdErl. "Prüfstellen für den Straßenbau" - Gem. RdErl. des Ministeriums für Stadtentwicklung und Verkehr - lll B 6 - 30-05(48) und des Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft - IV B 7 -1573-30052 - vom 28.03.1991) ,(Beide SMBL, NRW 913).

"Anforderungen an die Verwendung von aufbereiteten Altbaustoffen (Recycling-Baustoffen) und industriellen Nebenprodukten im Erd- und Straßenbau aus wasserwirtschaftlicher Sicht" - Gem. RdErl. des Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft - IV A 3 -953-26308 - und des Ministeriums für Stadtentwicklung und Verkehr - lll B 6 - 32-15/102 - vom 30.04.1991 (SMBL ,NRW 74)

7
Erhaltung der Waldwege

Der Schwerpunkt der Tätigkeiten im Bereich des Waldwegebaues wird zukünftig eindeutig bei der Erhaltung der Erschließungssysteme liegen. Die Erhaltung der Wege orientiert sich an der Notwendigkeit ihrer Benutzung.

Durch eine permanente Wegepflege und eine bereits an zeitnaher Schädigung orientierter Unterhaltung bleiben die Wege in einem Zustand, der die Entstehung bedeutsamer Schäden bereits im Ansatz unterbindet.

Um auch bei Wegen mit starken Verkehrsbelastungen gute Befahreigenschaften zu gewährleisten ist eine turnusmäßige Unterhaltung der Wegeoberfläche zwingend erforderlich. So werden bei Spurrinnen z.B. die Mineralstoffe, die sich als Aufhöhungen an den Rändern und in der Mitte des Weges angesammelt haben, unter Verwendung geeigneter Geräte (Kleingra-der, Anbauwegehobel) profilgerecht über die ganze Wegebreite verteilt. Diese maschinelle Unterhaltungsmaßnahme ist sehr kostengünstig und mitentscheidend für hohe Langlebigkeit einer ungebundenen Deckschicht.

Treten Schlaglöcher, Verdrückungen oder aufgerissene Stellen bei Wegebefestigungen mit ungebundenen Mineralstoffen nur vereinzelt auf, so dass eine großflächige Instandsetzung wirt-schaftlich nicht vertretbar ist, wird nur die einzelne Schadstelle ausgebessert. Ein auf die jeweilige Befestigung abgestimmtes Mineralstoffgemisch wird bei günstigem Wassergehalt ein- bzw. aufgebracht und zweckmäßigerweise mit Rüttelgerät verdichtet. Nachverdichtungen durch Verkehr ist bei der Einbaudicke zu berücksichtigen.

Weist die Deckschicht umfangreiche Schäden oder erhebliche Materialverluste auf, wird in der Regel eine neue Deckschicht aufgebracht. Vorher wird bei Bedarf das Profil der Unterlage wiederhergestellt.


Für die Wiederherstellung des Profils gibt es zwei Möglichkeiten:

- die Wegebefestigung wird in Schadenstiefe durchgeeignete Geräte aufgerissen, fehlende

Korngruppen beigemischt, neu profiliert und bei günstigem Wassergehalt wieder ver-

dichtet,

- Vertiefungen der Wegebefestigung werden mit geeigneten Mineralstoffgemischen aufgefüllt

und ebenfalls bei günstigem Wassergehalt verdichtet.

MBl. NRW. 1999 S. 1325