Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2003 Nr. 10 vom 20.3.2003 Seite 245 bis 276

Kommunales Haushaltsrecht Anlage von Mitteln der allgemeinen Rücklage durch Gemeinden und Gemeindeverbände (Kommunale Geldanlage) RdErl. d. Innenministeriums v. 10.2.2003 34 - 61.10.16 - 1182/03
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Kommunales Haushaltsrecht Anlage von Mitteln der allgemeinen Rücklage durch Gemeinden und Gemeindeverbände (Kommunale Geldanlage) RdErl. d. Innenministeriums v. 10.2.2003 34 - 61.10.16 - 1182/03

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Kommunales Haushaltsrecht
Anlage von Mitteln der allgemeinen Rücklage
durch Gemeinden und Gemeindeverbände
(Kommunale Geldanlage)

RdErl. d. Innenministeriums v. 10.2.2003
34 - 61.10.16 - 1182/03

Aus Anlass der Neufassung der bundesrechtlich geregelten Anlagemöglichkeiten für Versicherungsunternehmen ist eine Weiterentwicklung meines Runderlasses vom 23.10.1999 – III B 3 – 61.10.16 – 7685/99 – angezeigt, weil dieser für die Anlage von Mitteln der allgemeinen Rücklage auf diese Vorschriften Bezug nimmt. Der Runderlass wurde deshalb unter Einbeziehung von redaktionellen Änderungen neu gefasst, jedoch bleibt der Rahmen im Wesentlichen unverändert.

Bei der Anlage von Mitteln der allgemeinen Rücklage ist zukünftig folgendes zu beachten:

Der Rahmen der Anlage von Mitteln der allgemeinen Rücklage, die nicht als Betriebsmittel der Kasse benötigt werden, wird durch die Vorschriften § 89 Abs. 2 Satz 2 der Gemeindeordnung (GO) i.V.m. § 21 der Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO) bestimmt. Danach gilt, dass bei Geldanlagen auf eine ausreichende Sicherheit zu achten ist, sie einen angemessenen Ertrag bringen sollen und die angelegten Mittel für ihren Zweck rechtzeitig verfügbar sein müssen. Danach kommt im Zweifel bei der Anlage von Rücklagemitteln dem Gesichtspunkt der Sicherheit Vorrang vor einem evtl. höheren Ertrag zu.

Die hervorgehobene Bedeutung der Sicherheit der allgemeinen Rücklage lässt aber auch zu, dass eine Gemeinde im Einzelfall auch Teile der allgemeinen Rücklage nach besonderen Anlagegrundsätzen anlegt. Um einem spekulativen Charakter vorzubeugen, kommt dies nur bei langfristig anzulegenden Teilen der Rücklage in Betracht. Betriebsmittel der Kasse sind dafür grundsätzlich ungeeignet. Ob und welche darüber hinausgehenden Mittel der allgemeinen Rücklage für eine mittel- und langfristige Geldanlage in Betracht kommen, kann nur im Einzelfall entschieden werden. Maßgeblich dafür ist – ähnlich wie bei der Beurteilung der Angemessenheit der Höhe der Rücklage – eine vorausschauende Gesamtschau der in § 20 Abs. 3 GemHVO genannten Zuführungszwecke und der sich abzeichnenden Entwicklung der Finanzlage der Gemeinde.

Auf dieser Grundlage halte ich es für vertretbar, dass Mittel der allgemeinen Rücklage bei einer Verzinsung zu marktüblichen Konditionen nach Maßgabe des § 54 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen[1] in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 15 der Verordnung über die Anlage des gebundenen Vermögens von Versicherungsunternehmen[2] in Spezialfonds nach dem Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften[3] angelegt werden.

Zur Vorbereitung der Entscheidung über die Anlage von Mitteln der allgemeinen Rücklage in Spezialfonds sind unter Berücksichtigung der örtlichen Bedürfnisse Anlageziele bzw. Schwerpunkte und Kriterien für die Auswahl der Kapitalanlagegesellschaft zu bestimmen und  die notwendigen Informationen über die Qualität des Fondsmanagements der Kapitalanlagegesellschaft einzuholen. Dies enthält insbesondere die Verpflichtung, sich selbst Kenntnisse über Sicherheit, Risiken und die Rentabilität im Vergleich mit anderen Anlagemöglichkeiten zu verschaffen.

Außerdem ist nach Maßgabe des § 89 der Gemeindeordnung darauf zu achten, dass zur Werterhaltung des angelegten Geldes das Portfolio des Spezialfonds überwiegend Schuldverschreibungen öffentlicher Emittenten in Euro enthält und der Spezialfonds keine Fremdwährungsanleihen enthalten soll. Bei der Anlage in Aktien und anderen Risikopapieren (Anlagen gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 9, 10, 12 und 13 1. Halbsatz Buchstabe a) der Anlageverordnung) im Rahmen von Spezialfonds ist das besondere Ertrags-Risiko-Profil dieser Anlageformen zu beachten. Der Anteil dieser in Spezialfonds angelegten Mittel darf  35 % des Wertes des Sondervermögens nicht überschreiten. Die Entscheidung für diese Anlageformen ist mit den örtlichen Bedürfnissen in Einklang zu bringen.

Die Anlage von Mitteln der allgemeinen Rücklage erfordert zudem die „Kontrolle“ der Tätigkeit der beauftragten Kapitalanlagegesellschaft, d.h. die Einholung von „begleitenden Informationen“ über die Anlageformen, Qualität der Anlagen und zeitlichen Festlegungen. Es ist nicht ausreichend, diese Kontrolle  nur einmal jährlich vorzunehmen.

Zur Information darüber, wie die Kapitalanlagegesellschaften den gesetzlichen Verpflichtungen gegenüber den Anlegern nachkommen und deren Interessen gegenüber Dritten vertreten, kann die vom BVI Bundesverband Investment und Asset Management e.V. herausgegebene Verbandsempfehlung herangezogen werden. Die sog. „BVI-Wohlverhaltensregeln“ sind unter der Internetadresse: www.bvi.de/index einsehbar. 

Mein Runderlass vom 23.10.1999 (n.v.) wird hiermit aufgehoben.

- MBl. NRW. 2003 S. 272



[1] Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1992 (BGBl. I 1993 S. 2), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2778, 2780)

[2] Verordnung über die Anlage des gebundenen Vermögens von Versicherungsunternehmen (Anlageverordnung – AnlV) vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3913)

[3] Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2726), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Juni 2002 (BGBl. I S. 2010, 2038)