Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)
Ausgabe 2002 Nr. 10 vom 14.5.2002 Seite 121 bis 144

 

Verordnung zur Durchführung des Modellvorhabens „Selbstständige Schule“ (Verordnung „Selbstständige Schule“ - VOSS)

223

Verordnung
zur Durchführung des Modellvorhabens
Selbstständige Schule“
(Verordnung
Selbstständige Schule“ - VOSS)

Vom 12. April 2002

Aufgrund des Artikels 1 Abs. 5 des Gesetzes zur Weiterentwicklung von Schulen vom 27. November 2001 (GV. NRW. S. 811) wird im Einvernehmen mit dem Innenministerium und mit Zustimmung des Ausschusses für Schule und Weiterbildung, des Ausschusses für Innere Verwaltung und Verwaltungsstrukturreform und des Ausschusses für Kommunalpolitik des Landtags verordnet:

§ 1
Modellvorhaben

(1) Das Modellvorhaben „Selbstständige Schule“ wird ab dem Schuljahr 2002/03 bis zum Ende des Schuljahres 2007/08 mit ausgewählten Schulen in einzelnen Regionen des Landes (kreisangehörige Gemeinden, Kreise, kreisfreie Städte) durchgeführt.

(2) Zum Ablauf des Schuljahres 2004/05 findet eine wissenschaftliche Auswertung der Ergebnisse und Wirkungen der im Rahmen des Modellvorhabens ergriffenen Maßnahmen statt (Zwischenevaluation). Abschließend ist das Modellvorhaben zum Ablauf des Schuljahres 2007/08 wissenschaftlich auszuwerten.

(3) Für die an dem Modellvorhaben teilnehmende Schule richten sich Abweichungen von den allgemein für die Schule geltenden Bestimmungen nach den folgenden Regelungen.

§ 2
Unterrichtsorganisation und -gestaltung

(1) Die Schule kann von den Bestimmungen der Verordnung zur Ausführung des § 5 Schulfinanzgesetz, der Allgemeinen Schulordnung und der Ausbildungs- und Prüfungsordnungen abweichen bei:

1. der Bildung von Lerngruppen,

2. der Organisation des Unterrichts,

3. den Formen der äußeren Differenzierung,

4. der Ausgestaltung der Leistungsnachweise, der Leistungsbewertung und deren Bescheinigung mit Ausnahme von Abschluss-, Überweisungs- und Abgangszeugnissen sowie der Abiturprüfung; § 25 ASchO bleibt unberührt,

5. dem Übergang in eine höhere Klasse oder Jahrgangsstufe,

6. den Vorgaben der Richtlinien, Lehrpläne und Stundentafeln, soweit die grundlegenden Anforderungen des jeweiligen Bildungsganges eingehalten werden.

Es muss gewährleistet sein, dass die von den Schülerinnen und Schülern erworbenen Abschlüsse aufgrund vergleichbarer Anforderungen wie an anderen Schulen erworben werden. Die Anerkennung der Abschlüsse in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland muss gesichert sein.

(2) Die Schule berät sich mit der oberen Schulaufsichtsbehörde, bevor sie durch Beschluss der Schulkonferenz abweichende Regelungen gemäß Absatz 1 trifft. Der Beschluss der Schulkonferenz bedarf einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder und ist der oberen Schulaufsichtsbehörde anzuzeigen.

(3) Im Benehmen mit der Schule und unter Berücksichtigung der in Anspruch genommenen Freiräume legt die obere Schulaufsichtsbehörde geeignete Verfahren der Qualitätssicherung und der Rechenschaftslegung fest, um die Durchführung und den Erfolg der schulischen Arbeit zu sichern. Dazu kann auch die Überprüfung der Vergabe von Abschlüssen durch die obere Schulaufsichtsbehörde gehören.

§ 3
Schulmitwirkung

(1) Die Schule kann von den Bestimmungen des Schulmitwirkungsgesetzes und der Ausführungsvorschriften für die Mitwirkungsorgane und -gremien abweichende gleichwertige Regelungen treffen zu:

1. der Zusammensetzung,

2. den Wahlen,

3. den Aufgaben,

4. der Geschäftsordnung.

(2) Die Schule berät sich mit der oberen Schulaufsichtsbehörde, bevor sie durch Entscheidung der Schulkonferenz abweichende Regelungen trifft.

(3) Der Beschluss der Schulkonferenz bedarf einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder und ist der oberen Schulaufsichtsbehörde anzuzeigen.

§ 4
Schulleiterinnen und Schulleiter
als Dienstvorgesetzte

(1) Die Schulleiterin oder der Schulleiter der Schule ist von den in der Kooperationsvereinbarung vereinbarten Zeitpunkten an, spätestens jedoch zum Beginn des Schuljahres 2005/06 abweichend von der Verordnung über beamtenrechtliche Zuständigkeiten im Geschäftsbereich des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 17. April 1994 (GV. NRW. S. 198), zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. September 1997 (GV. NRW. S. 372), und abweichend von den entsprechenden Zuständigkeitsregelungen in arbeitsrechtlichen Angelegenheiten Dienstvorgesetzte oder Dienstvorgesetzter der Lehrerinnen und Lehrer in folgenden Angelegenheiten:

1. Auswahl für und Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe (Einstellung),

2. Verlängerung und Verkürzung der laufbahnrechtlichen Probezeit,

3. Beendigung der laufbahnrechtlichen Probezeit,

4. Anstellung,

5. Verleihung der Eigenschaft einer Beamtin oder eines Beamten auf Lebenszeit,

6. Entlassung auf eigenen Antrag,

7. Auswahl für und Einstellung in das Angestelltenverhältnis,

8. Beendigung des Angestelltenverhältnisses durch Kündigung durch die Angestellte oder den Angestellten, Auflösungsvertrag,

9. Anordnung, Genehmigung und Ablehnung von Dienstreisen,

10. Erteilung von einfachen Dienstzeugnissen gemäß § 104 Abs. 2 Satz 1 Landesbeamtengesetz über die Tätigkeit an der Schule.

(2) In folgenden Angelegenheiten kann der Schulleiterin oder dem Schulleiter nach dem in der Kooperationsvereinbarung genannten Zeitpunkt, spätestens jedoch zum Schuljahr 2005/06 die Funktion der oder des Dienstvorgesetzten übertragen werden:

1. Ausübung der Disziplinarbefugnisse und Verhängung der Maßnahmen Warnung und Verweis,

2. Abmahnung von Lehrkräften im Angestelltenverhältnis,

3. Entlassung bei Nichtbewährung in der laufbahnrechtlichen Probezeit,

4. Beendigung des Angestelltenverhältnisses durch Kündigung wegen Nichtbewährung in der Probezeit,

5. Anordnung, Genehmigung und Widerruf von Mehrarbeit,

6. Genehmigung und Ablehnung von Sonderurlaub gemäß §§ 3, 4, 6, 7 und 11 Abs. 1 Sonderurlaubsverordnung,

7. Genehmigung und Ablehnung von Arbeitsbefreiung gemäß § 52 BAT.

§ 5
Lehrerrat

(1) Für die Beteiligung des Lehrerrates an den Entscheidungen der Schulleiterin oder des Schulleiters nach § 4 gelten §§ 62 bis 77 LPVG entsprechend. §§ 33 und 94 LPVG sind anzuwenden. Über jede Verhandlung des Lehrerrates ist eine Niederschrift aufzunehmen, die mindestens den Wortlaut der Beschlüsse und die Stimmenmehrheit, mit der sie gefasst sind, enthält. Die Niederschrift ist von der oder dem Vorsitzenden und einem weiteren Mitglied zu unterzeichnen.

(2) Die Schulleiterin oder der Schulleiter und der Lehrerrat treten mindestens einmal im Schulhalbjahr zu einer gemeinschaftlichen Besprechung zusammen.

(3) Der Lehrerrat hat einmal im Schuljahr in der Lehrerkonferenz über seine Tätigkeit zu berichten.

(4) Mitglieder des Lehrerrates können unter Berücksichtigung ihrer neuen Aufgaben im Rahmen der der Schule zur Verfügung stehenden Anrechnungsstunden von der Unterrichtsverpflichtung teilweise entlastet werden, sofern dies aufgrund der neuen Aufgaben des Lehrerrates geboten und eine Entlastung im außerunterrichtlichen Bereich nicht möglich ist. Zur Vorbereitung auf die neuen Aufgaben ist den Mitgliedern des Lehrerrates die Teilnahme an geeigneten Fortbildungsmaßnahmen unter Erstattung der angemessenen Kosten zu ermöglichen. Die durch die Tätigkeit des Lehrerrates entstehenden Kosten trägt die Schule.

(5) Mitglieder des Lehrerrates, die Aufgaben oder Befugnisse nach dieser Verordnung wahrnehmen, dürfen darin nicht behindert oder wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden; dies gilt auch für die berufliche Entwicklung.

§ 6
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. August 2002 in Kraft.

Düsseldorf, den 12. April 2002

Die Ministerin
für Schule, Wissenschaft und Forschung
des Landes Nordrhein-Westfalen

Gabriele  B e h l e r

GV. NRW. 2002 S. 122