Geltende Gesetze und Verordnungen (SGV. NRW.)  mit Stand vom 17.4.2024

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§ 70 (Fn 15)
Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen, Verfahren

(1) Besondere Sicherungsmaßnahmen ordnet die Anstaltsleitung an. Bei Gefahr im Verzug können auch andere Bedienstete diese Maßnahmen vorläufig anordnen; die Entscheidung der Anstaltsleitung ist unverzüglich nachzuholen.

(2) Die an der Behandlung maßgeblich beteiligten Personen sind alsbald über die Anordnung zu unterrichten.

(3) Besondere Sicherungsmaßnahmen dürfen nur soweit aufrechterhalten werden, als es ihr Zweck erfordert.

(4) Den Gefangenen sollen besondere Sicherungsmaßnahmen zusammen mit der Anordnung erläutert werden. Bei einer Gefährdung der Sicherheit kann dies auch nachgeholt werden. Nach der Beendigung einer Fixierung, die nicht richterlich angeordnet worden ist, sind die Gefangenen über die Möglichkeit zu belehren, die Rechtmäßigkeit der durchgeführten Maßnahme gerichtlich überprüfen zu lassen. Die Anordnung, die hierfür maßgeblichen Gründe, Entscheidungen zur Fortdauer und die Durchführung der Maßnahmen einschließlich der Beteiligung des ärztlichen Dienstes sind zu dokumentieren. Die Dokumentationspflicht erstreckt sich bei Fixierungen auch auf die Dauer der Maßnahme, die Art der Überwachung und die Erteilung einer Belehrung nach Satz 3.

(5) Fixierungen nach § 69 Absatz 2 Nummer 6, durch die die Bewegungsfreiheit der Gefangenen absehbar nicht nur kurzfristig aufgehoben wird, bedürfen der vorherigen ärztlichen Stellungnahme und richterlichen Anordnung. Bei Gefahr im Verzug darf die Anstaltsleitung die Anordnung vorläufig treffen. Die richterliche Entscheidung und ärztliche Stellungnahme sind unverzüglich nachzuholen. Einer Antragstellung bei Gericht bedarf es nur dann nicht, wenn bereits zu Beginn der Maßnahme absehbar ist, dass die Entscheidung erst nach Wegfall des Grundes der Maßnahme ergehen wird oder die Maßnahme vor Herbeiführung der Entscheidung tatsächlich beendet und auch keine Wiederholung zu erwarten ist. Das Gericht ist unverzüglich zu unterrichten, wenn die Fixierung nach Antragstellung bei Gericht, aber vor einer gerichtlichen Entscheidung, nicht mehr erforderlich ist.

(6) Besondere Sicherungsmaßnahmen nach § 69 Absatz 2 Nummer 5 und 6 sind der Aufsichtsbehörde unverzüglich mitzuteilen, wenn sie länger als drei Tage aufrechterhalten werden. Eine Absonderung von mehr als 30 Tagen Gesamtdauer in einem Jahr bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde. Auf Antrag der Gefangenen ist unverzüglich deren Verteidigerin oder deren Verteidiger zu benachrichtigen.

(7) Während der Absonderung, der Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum ohne gefährdende Gegenstände oder der Fixierung sind die Gefangenen in besonderem Maße zu betreuen. Sind die Gefangenen fixiert, sind sie ständig und in unmittelbarem Sichtkontakt zu beobachten; bei einer intensivmedizinischen Behandlung genügt die ständige Überwachung der Gefangenen mittels technischer Geräte, wenn zur Abwendung der mit der Fixierung verbundenen Gesundheitsgefahren eine Sitzwache nicht erforderlich ist.

(8) Gerichtliche Zuständigkeit und gerichtliches Verfahren bei Fixierungen nach Absatz 5 richten sich nach den §§ 121a und 121b des Strafvollzugsgesetzes vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 581, 2088; 1977 I S. 436) in der jeweils geltenden Fassung.