Geltende Gesetze und Verordnungen (SGV. NRW.)  mit Stand vom 16.3.2024

 1 / 9

§ 1

(1) Psychosoziale Prozessbegleitung umfasst

1. die soziale und psychosoziale Unterstützung der oder des Verletzten,

2. die Vermittlung von Bewältigungsstrategien an die Verletzte oder den Verletzten,

3. die Veranlassung von Maßnahmen zur Reduzierung von Belastungen der oder des Verletzten und

4. die Informationsvermittlung an die Verletzte oder den Verletzten

vor, während und nach der Hauptverhandlung.

(2) Die Tätigkeit der psychosozialen Prozessbegleitung richtet sich, vorbehaltlich des § 2 Absatz 2, nach dem Bedarf der oder des Verletzten im jeweiligen Einzelfall. Soweit die oder der Verletzte anwaltlich vertreten ist, sollen sämtliche Maßnahmen eng mit dieser Vertretung abgestimmt werden.

(3) Unterstützung im Sinne von Absatz 1 Nummer 1 kann insbesondere geleistet werden durch

1. Durchführung eines Erstgesprächs,

2. Begleitung zu Strafanzeigen und Vernehmungen,

3. Begleitung in die Hauptverhandlung,

4. Gewährung praktischer Hilfestellungen, beispielsweise bei der Organisation der An- und Abreise oder der Überbrückung von Wartezeiten,

5. Erteilung von Hinweisen auf zum Schutz der oder des Verletzten notwendige Maßnahmen, insbesondere gegenüber Nebenklagevertretung, Gericht und Polizei, unter Beachtung der Befugnisse der Verfahrensbeteiligten,

6. Erkennen, Einschätzen und Erörterung des individuellen Hilfebedarfs unter Berücksichtigung der besonderen Belastung und eventuellen Beeinträchtigungen der Betroffenen,

7. Krisenintervention und Stabilisierung und

8. Hilfe bei der Klärung des Umgangs mit den Medien.

(4) Die Aufgaben im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 können insbesondere wahrgenommen werden durch

1. Vermittlung von Strategien zur Bewältigung von Ängsten,

2. Aktivierung der eigenen Ressourcen der oder des Verletzten,

3. Unterstützung bei der Wiedererlangung verlorener Autonomie und Sicherheit durch die Verletzten,

4. Vermittlung weitergehender Hilfeleistungen medizinischer oder psychologischer Art,

5. Vermittlung in das bestehende Hilfesystem, beispielsweise an Fachberatungsstellen, und

6. Durchführung einer Prozessnachbereitung, die Unterstützung bei der Reflexion, Einschätzung und emotionalen Bewältigung des Prozessgeschehens bietet.

(5) Die Informationsvermittlung im Sinne von Absatz 1 Nummer 4 kann insbesondere beinhalten:

1. eine alters- und zielgruppengerechte Aufklärung über den Ablauf eines Strafverfahrens allgemein und die Rolle der Beteiligten,

2. die Besichtigung des Gerichtssaals oder eines vergleichbaren Raums, bei Bedarf auch den Besuch einer anderen Gerichtsverhandlung,

3. Hinweise auf anwaltliche Vertretungsmöglichkeiten sowie im Bedarfsfall eine entsprechende Weitervermittlung und

4. Hinweise auf Möglichkeiten finanzieller Entschädigung sowie im Bedarfsfall eine entsprechende Weitervermittlung.

Fußnoten:

Fn 1

In Kraft getreten am 6. Januar 2017 (GV. NRW. S. 103).