Historische SMBl. NRW.
Aufgehoben mit RdErl. v. 9.3.2005 - MBl.NRW. 2005 S. 435.
Historisch:
Baurechtliche Beurteilung von Mobilfunkanlagen (Mobilfunk-Erlass) RdErl. d. Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport - II A 1 - 901.3 MobF - v. 10.10.2002
Baurechtliche Beurteilung von Mobilfunkanlagen
(Mobilfunk-Erlass)
RdErl. d. Ministeriums für Städtebau und
Wohnen, Kultur und Sport
- II A 1 - 901.3 MobF - v. 10.10.2002
Die Netzbetreiber haben im Rahmen einer mit den kommunalen Spitzenverbänden am
5. Juli 2001 getroffenen Vereinbarung zugesagt, aufgrund der großen Anzahl von
Antennenstandorten - zur Wahrung städtebaulicher Belange - die möglichst
optimale Nutzung von vorhandenen und zukünftigen Antennenstandorten
anzustreben. Mit dem Ziel Standortentscheidungen soweit rechtlich und
tatsächlich möglich, einvernehmlich zu treffen, bieten sie den Kommunen darüber
hinaus an, sie über ihre Pläne für den Bau neuer Sendeanlagen in Kenntnis zu
setzen. Durch umfassende Information der Bürgerinnen und Bürger kann die
erforderliche Transparenz geschaffen werden, um die Akzeptanz der für die
Erfüllung des öffentlichen Versorgungsauftrags notwendigen Mobilfunkanlagen zu
erhöhen.
Verfahren
Baugenehmigung
Nach § 63 Abs. 1 BauO NRW bedürfen
die Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und der Abbruch baulicher Anlagen –
vorbehaltlich der Sonderregelungen der §§ 65 bis 67, 79 und 80 BauO NRW – einer
Baugenehmigung. Die Vorschrift des § 65 Abs. 1 Nr. 18 BauO NRW
(Genehmigungsfreistellung für Parabolantennenanlagen mit Reflektor-schalen bis
zu einem Durchmesser von 1,20 m und bis zu einer Höhe von 10 m) bezieht sich
nur auf solche Antennenanlagen, die ohne weitere Änderungen oder
Nutzungsänderungen des bestehenden Gebäudes für sich funktionsfähig und bestimmungsgemäß
nutzbar sind, wie es etwa bei Antennenanlagen für den Fernsehempfang in den
bestehenden Aufenthaltsräumen des Gebäudes oder für andere Zwecke, die ohne
weiteres in den bestehenden Aufenthaltsräumen ausgeübt werden können (z.B.
private Nutzung eines im Wohngebäude wohnenden Funkamateurs), der Fall ist
(vgl. OVG NRW, Beschl. v. 02.07.2002 – 7 B 924/02).
wenn sich die neue Nutzung von der
bisherigen dergestalt unterscheidet, dass sie anderen oder weitergehenden
Anforderungen bauordnungs- oder bauplanungsrechtlicher Art unterworfen ist oder
sein kann (vgl. OVG NRW, Urt. v. 15.08.1995 - 11 A 850/92, BRS 57 Nr. 258; VGH
Hessen, Beschl. v. 19.12.2000 - 4 TG 3639/00,NVwZ -RR 2001, 429), z.B.
- bauordnungsrechtlich: aus Gründen des Brandschutzes (§ 17 BauO NRW), schädlicher Einflüsse (§ 16 BauO NRW), der Statik (§ 15 BauO NRW),
- bauplanungsrechtlich:
"Einfügen" i.S.d. § 34 BauGB, Belang des Denkmalschutzes (§ 35 Abs. 3
S. 1 Nr. 5 BauGB).
Bestehende Mobilfunkanlagen
In der Regel haben die
Bauaufsichtsbehörden keinen Anlass, ohne Baugenehmigung errichtete Anlagen zu
überprüfen. Ein solcher Anlass kann sich aber z.B. aufgrund von
Nachbarbeschwerden ergeben. In einem solchen Fall ist zunächst zu prüfen, ob
die bauliche Anlage auch materiell baurechtswidrig ist (vgl. Nrn. 3.3 bis 3.5).
Bis zum Abschluss der baurechtlichen Prüfung sollen Anlagen, für die eine
Standortbescheinigung der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post
(RegTP) vorliegt, geduldet werden.
Wenn Mobilfunkanlagen (auch auf Gebäuden)
allgemein zulässig und daher genehmigungsfähig sind (z.B. in Gewerbe- und
Industriegebieten), ist ein bauaufsichtliches Einschreiten nicht erforderlich.
Bei Anlagen in Wohngebieten ist zu prüfen, ob eine Befreiung oder eine Ausnahme
in Betracht kommt (vgl. Nrn. 3.3.1.2, 3.3.1.3 und 3.4.2 Abs. 4).
Wenn das Vorhaben materiell
baurechtswidrig ist (weil z.B. eine Befreiung in einem reinen Wohngebiet nicht
erteilt werden kann), ist eine Beseitigungsverfügung zu erlassen (unabhängig
davon, ob eine Standortbescheinigung vorgelegt wurde).
Immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit
Die Einhaltung der
immissionsschutzrechtlichen Anforderungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes
vom 15.3.1974 (Bundesgesetzblatt I, S. 721) bzw. der 26.BImSchV (26. Verordnung
zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - Verordnung über
elektromagnetische Felder - vom 16.12.1996, Bundesgesetzblatt I, S. 1966)
wird durch die Standortbescheinigung bestätigt. Auf der Grundlage der §§ 4 und
5 der Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer
Felder (BEMFV) vom 20. August 2002 (Bundesgesetzblatt I, S. 3366) erteilt die
Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) eine
Standortbescheinigung, die die Sicherheitsabstände von Wohn- und
Aufenthaltsbereichen unter Anwendung der Grenzwerte nach der 26.BImSchV
festlegt. Die immissionsschutzrechtlichen Aspekte sind nach der Rechtsprechung
bei Einhaltung dieser Grenzwerte abgeklärt(BVerwG, Beschl. v. 09.02.1996, NUR
1996, 513; VGH Kassel, Beschl. v. 29.07.1999, NVwZ 2000, 694; BVerfG, Beschl.
v. 28.02.2002 – 1 BvR 1676/01 – NJW 2002, 1638). Die RegTP kann die
Einhaltung der in den Standortbescheinigungen festgelegten Werte überprüfen (§
13 BEMFV). Im Übrigen sind die Staatlichen Umweltämter für die immissionsschutzrechtliche
Überwachung zuständig. Anordnungen, die die Einhaltung der Grenzwerte nach § 3
Satz 1 Nr. 1 und 2 BEMFV gewährleisten, hat die RegTP im Einvernehmen mit den
staatlichen Umweltämtern zu treffen (§ 14 BEMFV).
Bauordnungsrechtliche Zulässigkeit
Sofern Wirkungen wie von Gebäuden
ausgehen, ergibt sich nach der Rechtsprechung des OVG NRW bei Betonmasten eine
kreisrunde Abstandfläche (Beschl. v. 28.02.2001 - 7 B 214/01 -). Bei
Gittermasten mit quadratischem Grundriss hält das OVG NRW das
Schmalseitenprivileg im Sinne des § 6 Abs. 6 BauO NRW vor zwei Seiten für
anwendbar (vgl. Beschl. v. 10.02.1999, - 7 B 974/88 - BauR 1999, 1172), nicht
jedoch für runde Betonmasten.
3
Bauplanungsrechtliche
Zulässigkeit
Vorhaben i.S.d. § 29 BauGB
Eine bauplanungsrechtliche Beurteilung von
Mobilfunkanlagen ist dann erforderlich, wenn es sich um ein Vorhaben i.S.d. §
29 BauGB handelt. Voraussetzung dafür ist, dass die Anlage ein Mindestmaß an
bodenrechtlicher Relevanz aufweist, d.h., die in § 1 Abs. 5 BauGB
genannten Belange in einer Weise berührt, die geeignet ist, das Bedürfnis nach
einer ihre Zulässigkeit verbindlich regelnden Bauleitplanung hervorzurufen
(BVerwGE 44, S. 59, 61). Für Mobilfunkanlagen sind damit ihre Auswirkungen auf
die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes (§ 1 Abs. 5 Nr. 4 BauGB) sowie
auf die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze (§ 1 Abs. 5 Nr. 5 BauGB)
von maßgeblicher Bedeutung. Im Hinblick auf mögliche Auswirkungen ist
beispielsweise zu berücksichtigen, ob der Standort exponiert oder weniger
exponiert ist oder ob die Anlage die städtebauliche Ordnung durch Störung des
Ortsbildes beeinträchtigt (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.12.1992, BauR 2000, 1848).
Dass keine Auswirkungen auf die in § 1 Abs. 5 Nr. 1 BauGB genannten gesunden
Wohn- und Arbeitsverhältnisse vorliegen, kann aus der Standortbescheinigung der
Regulierungsbehörde (s. unten) geschlossen werden.
Die Erscheinungsformen von Sendeanlagen
sind vielfältig, wobei städtebauliche Auswirkungen von Mobilfunkanlagen in der
Regel durch ihre Größe hervorgerufen werden. Ein unterer Grenzwert ist in der
Rechtsprechung bislang noch nicht festgelegt worden. Das
Bundesverwaltungsgericht hat aber bei einer drehbaren Amateurfunkantenne in
einer Höhe von 5,5 m mit einem Drehradius von 5,2 m das Vorliegen einer
baulichen Anlage ohne nähere Erörterung vorausgesetzt (Beschl. v. 23.06.1993 -
4 B 7/93, in Buchholz 12 § 14 BauNVO Nr. 8). Der VGH Kassel hat eine 7,60 m
hohe Sendefunkanlage auf dem Flachdach eines ca. 11 m hohen Gebäudes als
städtebaulich relevant angesehen (Beschl. v. 29.07.1999, NVwZ 2000, 694).
Handelt es sich um ein Vorhaben im Sinne
von § 29 Abs. 1 BauGB, ist in den Fällen der §§ 31,33 bis 35 BauGB das
gemeindliche Einvernehmen erforderlich (§ 36 Abs. 1 BauGB).
Im Übrigen
sind die bauplanungsrechtlichen Anforderungen der §§ 30 ff. BauGB auch bei
Vorhaben i.S.d. § 29 BauGB, die genehmigungsfrei sind, einzuhalten (§ 65 Abs. 4 BauO NRW).
Gewerbebetrieb i.S.d. BauNVO
Zentrale Vermittlungsstellen,
Basisstationen sowie ggf. Richtfunkantennen sind Bestandteile eines gewerblich
genutzten Mobilfunknetzes und bauplanungsrechtlich als gewerbliche Nutzung zu
beurteilen. Damit stellen Mobilfunkanlagen im System der BauNVO nicht störende
Gewerbebetriebe dar.
Hauptanlage i.S.d. BauNVO
Im Rahmen der bauplanungsrechtlichen
Prüfung ist zu unterscheiden zwischen einer Anlage, die selbständig auf dem
Erdboden errichtet wird und einer solchen, die mit einem Gebäude verbunden ist.
Eine Mobilfunkanlage, die auf bzw. an einem Gebäude angebracht wird, ist mit
dem Gebäude als Hauptanlage zu beurteilen. Denn in bauplanungsrechtlicher
Hinsicht ist bei Nutzungsänderungen ebenso wie bei der Änderung baulicher
Anlagen nicht allein die veränderte Nutzung auf ihre städtebauliche
Zulässigkeit zu prüfen. Vielmehr ist „das Gebäude mit der beabsichtigten neuen
Nutzung in den Blick zu nehmen“ (BVerwG, Urt. v. 11.11.1988 in BRS 48 Nr. 58).
Zulässigkeit von Mobilfunkanlagen als Hauptanlagen im Geltungsbereich eines
Bebauungsplanes(§ 30 Abs. 1 BauGB)
Enthält der Bebauungsplan spezifische
Festsetzungen für Mobilfunkanlagen, so bestimmt sich deren Zulässigkeit nach
den Festsetzungen des Bebauungsplans.
Zulässigkeit im besonderen Wohn-, Dorf-, Misch-, Kern-, Gewerbe- und
Industriegebiet
Als gewerbliche Nutzung sind
Mobilfunkanlagen im besonderen Wohngebiet (§ 4 a BauNVO), im Dorfgebiet
(§ 5 BauNVO), im Mischgebiet (§ 6 BauNVO), im Kerngebiet (§ 7
BauNVO), im Gewerbegebiet (§ 8 BauNVO) und im Industriegebiet (§ 9
BauNVO) allgemein zulässig. Das Einvernehmen der Gemeinde ist nicht erforderlich.
Zulässigkeit im Kleinsiedlungsgebiet und im allgemeinen Wohngebiet
In Kleinsiedlungsgebieten (§ 2 BauNVO)
und allgemeinen Wohngebieten (§ 4 BauNVO) sind Mobilfunkanlagen nur als
Ausnahme zulässig. Das gemeindliche Einvernehmen ist erforderlich.
Im Rahmen der Ermessensentscheidung über
die Erteilung der Ausnahme sind die städtebaulichen Erfordernisse, wie z.B. die
Einpassung der Anlage in die Gebietsstruktur und die Vermeidung einer
Beeinträchtigung des Ortsbildes (vgl. die Vereinbarung mit den Kommunalen
Spitzenverbänden v. 5. Juli 2001) zu berücksichtigen. Zu berücksichtigen sind
auch die Erfordernisse einer flächendeckenden Versorgung mit
Telekommunikationsdienstleistungen (Artikel 87f Abs. 1 GG) als Belang des
Fernmeldewesens i.S.d. § 1 Abs. 5 Nr. 8 BauGB. Insofern ist zu prüfen, ob der
Netzbetreiber zur Schließung von Versorgungslücken auf einen Standort im
Kleinsiedlungs- bzw. allgemeinen Wohngebiet angewiesen ist.
Zulässigkeit im reinen Wohngebiet
Eine Mobilfunkanlage ist im reinen
Wohngebiet (§ 3 BauNVO) nur unter den Voraussetzungen einer Befreiung gemäß §
31 Abs. 2 BauGB genehmigungsfähig. Wenn der Netzbetreiber auf ein bestimmtes
Grundstück aus funkwellentechnischen Gründen angewiesen ist, kommt der
Befreiungstatbestand des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB in Betracht. Eine
Befreiung kann danach zugelassen werden, wenn Gründe des Wohls der
Allgemeinheit sie erfordern. Hiervon kann jedoch in der Regel nur ausgegangen
werden, wenn es vernünftigerweise geboten
ist, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu
verwirklichen. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls, wobei es auch auf –
nach objektiven Kriterien zu beurteilende – Fragen der Zumutbarkeit und
Wirtschaftlichkeit ankommen kann (vgl. BVerwG; Urt. v. 09.06.1978, BVerwGE 56,
71). Erforderlich ist, dass der Netzbetreiber entsprechende Unterlagen vorlegt,
aus denen sich die Erforderlichkeit des betreffenden Standorts ergibt.
Darüber hinaus ist eine Würdigung der
betroffenen Nachbarinteressen erforderlich.
Zulässigkeit von Mobilfunkanlagen als Hauptanlagen im
unbeplanten Innenbereich i.S.d. § 34 BauGB
gemäß § 34 Abs. 1 BauGB
Mobilfunkanlagen sind zulässig, wenn sie
sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücke,
die überbaut werden sollen, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen und
die Erschließung gesichert ist. Hinsichtlich des Merkmales „Einfügen“ gelten
die für § 34 Abs. 1 BauGB maßgeblichen allgemeinen Grundsätze. Das Gebot der
Rücksichtnahme ist zu beachten. Das Einvernehmen der Gemeinde muss eingeholt
werden. Die Gemeinde darf ihr Einvernehmen nur aus den maßgeblichen
planungsrechtlichen Gründen verweigern (§ 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Ein
Ermessensspielraum der Gemeinde besteht daher bei diesen gebundenen
Zulässigkeitstatbeständen nicht.
gemäß § 34 Abs. 2 BauGB
Entspricht die Eigenart der näheren
Umgebung einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung, richtet sich die
planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach den Vorschriften zu den
einzelnen Baugebieten (§§ 2 bis 11 BauNVO).
Nebenanlage i.S.d. BauNVO
Nebenanlage i.S.d. § 14 Abs. 1 BauNVO
Handelt es sich um eine selbständige,
d.h. mit dem Erdboden verbundene Anlage, kann es sich um eine Nebenanlage
i.S.d.BauNVO handeln. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
(Beschl. v. 01.11.1999, BauR 2000, 703 ff.) liegt bei einer Mobilfunkanlage der
für eine Nebenanlage im Sinne des § 14 Abs. 1 BauNVO erforderliche Funktionszusammenhang
(„funktionale Zu- oder Unterordnung“) vor, wenn die Anlage ausschließlich der
Versorgung des betreffenden Baugebiets dient. Der Nachweis ist vom
Netzbetreiber durch eine graphische Darstellung des Versorgungsgebietes (Plot)
zu erbringen. Der Umstand, dass sie – was bei Telefongesprächen die Regel ist –
die Verbindung zu Fernsprechteilnehmern auch außerhalb der Baugebiete
ermöglicht, stellt ihre Funktion als Nebenanlage nicht in Frage. Darüber hinaus
muss sich die Anlage auch größenmäßig unterordnen. Für die maximal zulässige
Größe als Nebenanlage gibt § 14 BauNVO keine eindeutigen Vorgaben. Grenzen
können sich aber ergeben aus der Größe der Baugrundstücke und den
Maßfestsetzungen nach den §§ 16 ff. BauNVO. Der VGH Bayern (Beschl. v. 08.07.1997,
NVwZ 1998) hat in seiner Entscheidung
im Hinblick auf die Gesamtheit der städtischen Baugebiete als auch auf das
konkrete Mischgebiet, in dem die Anlage errichtet wurde, einen Antennenträger
von 50 m Höhe noch als optisch untergeordnet angesehen, weil die Höhe des
Trägers fernmeldetechnisch bedingt und daher nicht ungewöhnlich sei. Das OVG
NRW (Urt. v. 14.03.1991, NVwZ 1992, 497) hat bei einem 90 m hohen Fernmeldeturm
die größenmäßige Unterordnung im Hinblick auf die Größe der Häuser in der
Umgebung verneint.
Mobilfunkanlagen als Nebenanlagen i.S.d.
§ 14 BauNVO können - vorbehaltlich bauordnungsrechtlicher Vorschriften – auch
außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen errichtet werden, sofern der
Bebauungsplan keine abweichenden Festsetzungen enthält, § 23 Abs. 5 BauNVO.
Nebenanlage i.S.v. § 14 Abs. 2 BauNVO
Soweit Mobilfunksendeanlagen einen
baugebietsübergreifenden Sendebereich haben (Regelfall), können sie
Nebenanlagen im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO[1]
sein (vgl. VGH Bayern, Beschl. v. 08.07.1997, NVwZ 1998, S. 419, a.A. VGH
Hessen, Beschl. v. 29.07.1999, NVwZ 2000, 694). Denn Absatz 2 soll generell die
Unterbringung bestimmter Nebenanlagen in allen Baugebieten ermöglichen, und
zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie für das konkrete Baugebiet keine oder nur
begrenzte Aufgaben erfüllen oder umgekehrt eine Vollversorgung gewährleisten.
Der Begriff „Nebenanlage“ ist bei Mobilfunkanlagen so zu verstehen, dass diese
Anlagen grundsätzlich dezentraler, untergeordneter Bestandteil eines übergreifenden
Versorgungssystems sind.
Die Vorschrift des § 14 Abs. 2 BauNVO
setzt ebenfalls eine räumlich-gegenständliche Unterordnung voraus (vgl. hierzu
Nr. 3.4.1).
Da Mobilfunkanlagen im besonderen Wohn-,
Dorf-, Misch-, Kern-, Gewerbe- und Industriegebiet sogar als gewerbliche
Hauptanlagen allgemein zulässig sind, muss dies erst recht für Nebenanlagen im
Sinne von § 14 Abs. 2 BauNVO gelten. Nach Sinn und Zweck soll § 14 BauNVO
die Zulässigkeit von Nebenanlagen gegenüber Hauptanlagen nicht einschränken, sondern
insbesondere bei Nebenanlagen im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO eine
zusätzliche Genehmigungsmöglichkeit schaffen.
In reinen und allgemeinen Wohngebieten
sowie in Kleinsiedlungsgebieten können Nebenanlagen i.S.d. § 14 Abs. 2 BauNVO
nur als Ausnahme im Einvernehmen mit der Gemeinde zugelassen werden (vgl. Nr.
3.3.1.2).
Mobilfunkanlagen als Nebenanlagen
können - vorbehaltlich bauordnungsrechtlicher Vorschriften – auch außerhalb der
überbaubaren Grundstücksflächen errichtet werden, sofern der Bebauungsplan
keine abweichenden Festsetzungen enthält.
Mobilfunkanlagen im Außenbereich (§ 35 BauGB)
Die Errichtung von Mobilfunkanlagen im
Außenbereich ist gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB bauplanungsrechtlich
privilegiert. Es kann dahinstehen, ob die Anlage als Vorhaben der
Telekommunikation (erste Alternative) oder aber als Bestandteil eines
ortsgebundenen gewerblichen Betriebes (zweite Alternative) beurteilt wird. Die
planungsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen bei beiden Alternativen sind
identisch, insbesondere muss für beide Arten von Anlagen Ortsgebundenheit
vorliegen (BVerwG, Urt. v. 21.01.1977, DVBl. 1977, 526). Sofern nur durch den
gewählten Standort eine vollständige Abdeckung des betroffenen Gebiets ( =
Sicherstellung des Versorgungsauftrags) erreicht werden kann, ist der
spezifische Standortbezug in der Regel zu bejahen, „wobei allerdings eine kleinliche Prüfung
nicht angebracht ist“ (VGH B.-W., Urt. v. 28.04.1998 - 8 S 2713/97 - BRS 60 Nr.
135). Auch hier ist das Einvernehmen derGemeinde erforderlich,
darf allerdings nur aus den in § 35 BauGB genannten planungsrechtlichen
Gründen versagt werden. Soweit im Flächennutzungsplan hierfür durch
Darstellungen eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist und über
Erläuterungsbericht andere Standorte ausgeschlossen worden sind, sind die
Anlagen gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nur innerhalb der Ausweisungen
zulässig. Dies setzt voraus, dass die entsprechenden Darstellungen im
Flächennutzungsplan unter Berücksichtigung der technischen Restriktionen eines
Mobilfunknetzes und der Versorgungsaufgabe der Betreiber erfolgt sind (siehe
auch Nr. 4.1).
Einvernehmen der Gemeinde
In den Fällen, in denen das Einvernehmen
der Gemeinde erforderlich ist, darf dieses nur aus den Gründen der Vorschrift
versagt werden, nach der sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Anlage
beurteilt (§ 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Durch das kommunalaufsichtliche Verfahren
nach den §§ 119 und 120 Gemeindeordnung NRW ist gewährleistet, dass
rechtswidrige Entscheidungen der Gemeinde beanstandet, aufgehoben und ggf.
ersetzt werden können.
Belange von Natur und Landschaft sowie
des Waldes
Hinsichtlich
der Beachtung der Belange von Natur und Landschaft sowie des Waldes wird auf
die Abschnitte 3 und 4 des Einführungserlasses zum Bau- und Raumordnungsgesetz
verwiesen (Gem. RdErl. v. 03.03.1998 – SMBl. NRW 2311). Bei privilegierten
Vorhaben im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB ist im Rahmen einer
naturschutzrechtlichen Abwägung gem. § 4 Abs. 5 LG zu berücksichtigen, dass das
Baugesetzbuch diesen Vorhaben dort eine besondere Rangstellung einräumt.
Planerische Steuerung von Mobilfunkanlagen
Flächennutzungsplan
Nach § 35 Abs.
3 Satz 3 BauGB können die Gemeinden im Flächennutzungsplan Konzentrationsflächen
für Mobilfunkanlagen – analog zur Steuerung der Windenergieanlagen –
darstellen. Dabei sind nach § 1 Abs. 5 Nr. 8 BauGB u. a. die Belange des Post-
und Fernmeldewesens zu berücksichtigen und in die Abwägung nach § 1 Abs. 6
BauGB einzubeziehen. Eine Mobilfunkabdeckung gehört heute zur grundlegenden
Infrastrukturausstattung des Gemeindegebietes. Die Flächen sind daher so zu
legen, dass eine Netzabdeckung gewährleistet ist und die Mobilfunkbetreiber
ihren Versorgungsauftrag erfüllen können.
Bebauungsplan
Im Rahmen von
Bebauungsplänen können die Gemeinden die Zulässigkeit von Mobilfunkanlagen
regeln sowie die einzelnen Standorte für Mobilfunkanlagen festsetzen. Soweit
Mobilfunkanlagen in den Baugebieten nach der Baunutzungsverordnung allgemein
oder ausnahmsweise zulässig sind, kann über Festsetzungen nach § 1 BauNVO
(planerische Feinsteuerung) die Zulässigkeit geändert werden. Dabei sind die
jeweiligen Voraussetzungen (Wahrung der Zweckbestimmung des Baugebiets, ggf.
Rechtfertigung durch besondere städtebauliche Gründe) zu beachten. Die
planerische Feinsteuerung unterliegt den in Nr. 4.1 dargestellten rechtlichen
Anforderungen, d. h. im Rahmen der Abwägung sind die Belange des Post- und
Fernmeldewesens zu berücksichtigen und eine flächendeckende Versorgung ist
sicherzustellen.
Gestaltungssatzungen
Nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 BauO NRW können
Gemeinden durch Satzung die äußere Gestaltung baulicher Anlagen zur
Durchführung baugestalterischer Absichten erlassen. Die Ermächtigung bezieht
sich grundsätzlich auf das „Wie“ der baulichen Anlage, nicht auf das „Ob“. Ein
genereller Ausschluss auf der Grundlage einer Gestaltungssatzung im Sinne von
§ 86 BauO NRW scheidet daher aus. Unter Berücksichtigung der konkreten
Schutzwürdigkeit des jeweiligen Gebietes kommt in Betracht, Mobilfunkanlagen
hinsichtlich Zahl, Größe und Anbringungsart zu beschränken. Mittels
Gestaltungssatzungen können Betreiber nicht gezwungen werden, ihre Antennen auf
denselben Masten zu errichten.