Historische SMBl. NRW.
Außer Kraft getreten durch Fristablauf (30.9.2006).
Historisch:
Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum RdErl. d Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport v. 27.9.2001 IV B 3. 6030.3-1316/01
Verbot
der Zweckentfremdung
von Wohnraum
RdErl. d Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport
v. 27.9.2001
IV B 3. 6030.3-1316/01
1
Rechtliche Grundlagen
Rechtsgrundlagen für das
Zweckentfremdungsverbot sind die Verordnung über das Verbot der
Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverordnung-ZweVO) vom 12. Juni 2001 (GV. NRW. S. 458/SGV. NRW. 238) und die §§ 9 und 10 des Gesetzes zur
Erhaltung und Pflege von Wohnraum für das Land Nordrhein-Westfalen
(Wohnungsgesetz-WoG) vom 6. November 1984 (GV. NRW. S. 681, zuletzt geändert am
9. Mai 2000 [GV. NRW. S. 462]/SGV. NRW. 238). Inhalt und Umfang des
Zweckentfremdungsverbots sowie die materiell-rechtlichen Voraussetzungen, unter
denen eine Zweckentfremdungsgenehmigung erteilt werden darf, enthält Artikel 6
§ 1 des Gesetzes zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des
Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen
(Mietrechtsverbesserungsgesetz-MRVerbG) vom 4. November 1971 (BGBl. I S. 1745),
zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. August 1993 (BGBl. I S. 1525).
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Inhalt und Anwendungsbereich
2.1
Eine Zweckentfremdung liegt vor, wenn der in § 1 der ZweVO genannte Wohnraum
anderen als Wohnzwecken zugeführt wird. Dies beinhaltet Nutzungsänderungen von
Wohnraum wie z. B. die ausschließliche Verwendung zu gewerblichen oder
beruflichen Zwecken, die Verwahrlosung wie z. B. das Unbewohnbarmachen,
Verkommenlassen oder die Zerstörung, ferner die Verwendung zum Zweck einer
dauernden Fremdenbeherbergung, insbesondere bei gewerblicher Zimmervermietung
oder bei der Einrichtung von Schlafstellen sowie vermeidbarer Leerstand.
2.2
Das Verbot der Zweckentfremdung gilt für den Verfügungsberechtigten und den
Rauminhaber (Mieter, Pächter). Es erstreckt sich auf Miet- und
Genossenschaftswohnungen und auf Teile (einzelne Wohnräume) solcher Wohnungen.
Von § 1 der ZweVO nicht betroffen werden nach der Differenzierung des § 2 Abs.
2 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG) in Verbindung mit § 100 II.
WoBauG
- Familienheime (§ 7 II. WoBauG),
- Eigenheime und Kaufeigenheime (§ 9 II. WoBauG),
- Kleinsiedlungen (§ 10 II. WoBauG),
- Eigentumswohnungen und Kaufeigentumswohnungen (§ 12 II. WoBauG),
die die Eigentümerin/der Eigentümer und/oder ihre/seine Familie zu Wohnzwecken selbst- oder eigen nutzt oder die hierzu bestimmt sind und deshalb als selbst- oder eigengenutzt im Sinne des II. WoBauG gelten sowie
- Wohnheime (§ 15 II. WoBauG).
Die Definitionen solcher Wohnungen im II. WoBauG gelten auch für das Zweckentfremdungsrecht. Als Wohnraumreserven für breite Schichten der Bevölkerung unterliegen jedoch die von der / dem Verfügungsberechtigten oder ihren / seinen Angehörigen eigengenutzten Mietwohnungen dem Zweckentfremdungsverbot.
Da nach § 3 des Artikels 6 MRVerbG
§ 12 des Wohnungsbindungsgesetzes (WoBindG) unberührt bleibt, ist die ZweVO
auch nicht anwendbar auf öffentlich geförderte Wohnungen im Sinne des § 1
WoBindG; für diese Wohnungen gelten spezialgesetzliche Verbote der
Zweckentfremdung und des Leerstandes gem. §§ 12 und 6 Abs. 5 WoBindG.
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Zuständigkeit
3.1
Den Vollzug des Zweckentfremdungsverbots nehmen die in § 1 ZweVO genannten
Kommunen gem. Artikel 28 Abs. 2 GG und Artikel 78 Abs. 2 der Landesverfassung
als kommunale Selbstverwaltungsangelegenheit wahr (vgl. § 2 Abs. 1 ZweVO, § 2
Abs. 2 WoG). Über Widersprüche entscheiden die Kommunen in eigener
Zuständigkeit (§ 73 Abs. 1 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO). Bei
Wahrnehmung der Selbstverwaltungsangelegenheit unterliegen die Kommunen der
allgemeinen Aufsicht (Rechtsaufsicht)i. S. des § 116 ff. der Gemeindeordnung.
3.2
Die für den Vollzug des Zweckentfremdungsverbots zuständigen Kommunen sind nach
§ 2 Abs. 2 ZweVO auch zuständig für die Verfolgung und Ahndung von
Ordnungswidrigkeiten nach Artikel 6 § 2 MRVerbG in Verbindung mit dem
Ordnungswidrigkeitengesetz. Bei Wahrnehmung dieser Aufgabe unterliegen die
Kommunen gem. § 116 Abs. 2 der Gemeindeordnung der Sonderaufsicht (Fach- und
Rechtsaufsicht) i. S. d. § 13 des Landesorganisationsgesetzes vom 10. Juli 1962
(GV. NRW. S. 421, zuletzt geändert am 9. Mai 2000/SGV. NRW. 2005).
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Zweckentfremdungsgenehmigung, weitere Maßnahmen
4.1
Die Zweckentfremdung von Miet- und Genossenschaftswohnungen oder deren
einzelner Wohnräume ist nur mit Genehmigung der nach § 2 Abs. 1 ZweVO
zuständigen Stelle zulässig. Auf die Genehmigung der Zweckentfremdung besteht
kein Rechtsanspruch. In den durch § 1 ZweVO bestimmten Gemeinden, in denen die
Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen
Bedingungen besonders gefährdet ist, darf die Genehmigung zur Zweckentfremdung
von Wohnraum nur bei Vorliegen eines vorrangigen öffentlichen oder eines
überwiegenden berechtigten Interesses der / des Verfügungsberechtigten /
Rauminhaberin oder Rauminhabers erteilt werden. Beispielhafte
Genehmigungstatbestände enthält Nr. 12 der Verwaltungsvorschriften zum
Wohnungsbindungsgesetz (VV-WoBindG), RdErl. des Ministers für Stadtentwicklung,
Wohnen und Verkehr vom 13.11.1989 (MBl. NRW. S. 1714/SMBl. NRW. 238).
4.2
Die Zweckentfremdungsenehmigung ersetzt keine bauaufsichtliche Genehmigung oder
sonstige nach anderen gesetzlichen Vorschriften erforderlichen Genehmigungen.
Sie setzt grundsätzlich einen Antrag voraus, kann aber auch ohne Antrag
nachträglich erteilt und mit Auflagen verbunden werden, wenn eine ungenehmigte
Zweckentfremdung angetroffen wird.
4.3
Die Genehmigung der Zweckentfremdung einer freifinanzierten Miet- oder
Genossenschaftswohnung oder deren einzelner Wohnräume kann befristet, bedingt
oder unter Auflagen erteilt werden (vgl. §§ 36 und
40Verwaltungsverfahrensgesetz NRW). Sie soll in der Regel mit der Auflage
verbunden werden, eine Abstandssumme zu entrichten. Deren Höhe soll den Wert
des Wohnraums, die Baukosten für Ersatzwohnraum, den Vorteil für die
antragstellende Person und beim Abbruch auch die Größe des wieder errichteten
Wohnraums angemessen berücksichtigen.
4.4
Die durch Auflagen der Zweckentfremdungsgenehmigung erzielten Einnahmen
verbleiben der Kommune. Entsprechend dem Ziel des Zweckentfremdungsverbots, den
Wohnungsbestand quantitativ mindestens zu erhalten, ist es geboten, das
Aufkommen grundsätzlich zur kommunalen Förderung des sozialen Wohnungsbaus zu
verwenden.
4.5
Kann eine Zweckentfremdung auch nachträglich nicht genehmigt werden, so
erfordern die §§ 9 und 10 WoG, eine Beendigung der Zweckentfremdung
durchzusetzen und den Wohnraum wieder Wohnzwecken zuzuführen. Es kann die
sofortige Vollziehung einer Räumungs-, Nutzungs-, (Wieder-) Belegungs- oder
Wiederherstellungs- bzw. Beseitigungsanordnung gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO
angeordnet werden, wenn dies im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden
Interesse eines Beteiligten geboten ist.
Die Durchsetzung und Vollstreckung
richtet sich nach den §§ 55 ff. Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG NRW). Bei
der Auswahl der Zwangsmittel ist von Verfassungswegen nach dem
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz das mildeste, erfolgsversprechendste Mittel zu
wählen.
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Gebühren
Für Amtshandlungen können
Verwaltungsgebühren aufgrund einer nach dem Kommunalabgabengesetz für das Land
Nordrhein-Westfalen vom 21. Oktober 1969 (GV. NRW. S. 712 / SGV. NRW. 610) zu
erlassenen Satzung erhoben werden.
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Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten
Die ungenehmigte Zweckentfremdung von Miet- und Genossenschaftswohnungen oder deren einzelner Wohnräume ist eine Ordnungswidrigkeit, für die Art. 6 § 2 MRVerbG eine Geldbuße zulässt. Der Erlass eines Bußgeldbescheides ist nur bei vorsätzlichem Handeln zulässig; hierbei genügt bedingter Vorsatz, z. B. wenn billigend die Verwendung oder Überlassung von Wohnraum zu anderen als Wohnzwecken in Kauf genommen wird.
Die Zweckentfremdung stellt eine
Dauerordnungswidrigkeit dar, für die eine Geldbuße wiederholt verhängt werden
kann. Grundlage für die Bemessung der Geldbuße sind die Bedeutung und Art der
Ordnungswidrigkeit sowie die wirtschaftlichen Verhältnisse der
zahlungspflichtigen Person und der wirtschaftliche Vorteil, den sie aus der
Ordnungswidrigkeit bezogen hat. Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil
der Zweckentfremdung übersteigen. Trifft die zahlungspflichtige Person keine
Schuld (z.B. bei unvermeidbarem Verbotsirrtum) und kann eine Geldbuße daher
nicht verhängt werden, so darf dennoch der wirtschaftliche Vorteil aus der
rechtswidrig begangenen Ordnungswidrigkeit abgeschöpft werden.
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Jahresbericht
Die örtlich für Vollzug des Zweckentfremdungsrechts zuständigen Stellen haben zum 1. März eines jeden Jahres der Bezirksregierung - Dezernat 36 - in doppelter Ausfertigung zu berichten, in wie vielen Fällen im vergangenen Jahr Genehmigungen erteilt bzw. abgelehnt und Bußgeldverfahren durchgeführt worden sind, wie groß die mit Genehmigung zweckentfremdete Wohnfläche war und wie hoch die festgesetzten Abstandssummen waren.
Die Bezirksregierungen legen bis
zum 1. April eines jeden Jahres die eingegangenen Berichte
zusammengefasst mit einer Stellungnahme dem Ministerium für Städtebau und
Wohnen, Kultur und Sport vor.
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Inkrafttreten und Außerkrafttreten
Dieser Erlass tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft und mit Ablauf des 30.09.2006 außer Kraft.
Mit Inkrafttreten dieses Erlasses
tritt der RdErlass "Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum" des
Ministers für Landes- und Stadtentwicklung vom 30.7.1981 (MBl. NRW. S. 1588 / SMBl. NRW. 238) außer Kraft.