Historische SMBl. NRW.

 Aufgehobener Erlass: Aufgehoben durch RdErl. v. 3.8.2007 (MBl.NRW. S. 590).

 


Historisch: Richtlinien zur staatlichen Anerkennung der Beratungsstellen und der Ärztinnen und Ärzte als Beraterinnen und Berater nach den §§ 8 und 9 Schwangerschaftskonfliktgesetz – SchKG  - RdErl. d. Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales v. 19. 3. 1998 - IV A 3 - 6841.2.1 (am 7.7.2005 MGFFI)

 

Historisch:

Richtlinien zur staatlichen Anerkennung der Beratungsstellen und der Ärztinnen und Ärzte als Beraterinnen und Berater nach den §§ 8 und 9 Schwangerschaftskonfliktgesetz – SchKG  - RdErl. d. Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales v. 19. 3. 1998 - IV A 3 - 6841.2.1 (am 7.7.2005 MGFFI)

Richtlinien zur staatlichen Anerkennung der Beratungsstellen
und der Ärztinnen und Ärzte als Beraterinnen und Berater nach den §§ 8 und 9
Schwangerschaftskonfliktgesetz – SchKG  -
RdErl. d. Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales
v. 19. 3. 1998 - IV A 3 - 6841.2.1 (am 7.7.2005 MGFFI)

1
Geltungsbereich
Diese Richtlinien gelten für die besondere staatliche Anerkennung der Beratungsstellen in Nordrhein-Westfalen sowie der Ärztinnen und Arzte mit Praxissitz in Nordrhein-Westfalen als Beraterinnen oder Berater nach §§8 und 9 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes (SchKG) vom 27. Juli 1992 (BGB1. I S. 1398) in der jeweils geltenden Fassung für die Durchführung der Beratung nach §§ 5 und 6 SchKG.

2
Ziel und Inhalt der Beratung

2.1
Die nach § 219 StGB notwendige Beratung ist ergebnisoffen zu führen. Sie geht von der Verantwortung der Frau aus. Die Beratung soll ermutigen und Verständnis wecken, nicht belehren oder bevormunden. Die Schwangerschaftskonfliktberatung dient dem Schutz des ungeborenen Lebens.

2.2
Die Beratung bietet der schwangeren Frau Rat und Hilfe an. Sie trägt dazu bei, eine im Zusammenhang mit der Schwangerschaft bestehende Konfliktlage zu bewältigen und einer Notlage abzuhelfen. Hierzu umfasst die Beratung

2.2.1
das Eintreten in eine Konfliktberatung,

2.2.2
jede nach Sachlage erforderliche medizinische, soziale und rechtliche Information, die Darlegung der Rechtsansprüche von Mutter und Kind und der möglichen praktischen Hilfen, insbesondere solcher, die die Fortsetzung der Schwangerschaft und die Lage von Mutter und Kind erleichtern und auf Wunsch der schwangeren Frau auch solcher, die die Vornahme und Finanzierung eines Schwangerschaftsabbruches betreffen,

2.2.3
das Angebot, die schwangere Frau bei der Geltendmachung von Ansprüchen, bei der Wohnungssuche, bei der Suche nach einer Betreuungsmöglichkeit für das Kind und bei der Fortsetzung ihrer Ausbildung zu unterstützen, sowie das Angebot einer Nachbetreuung.

2.3
Die Beratung erstreckt sich auf Wunsch der Schwangeren auch auf Möglichkeiten, ungewollte Schwangerschaften zu vermeiden.

3
Durchführung der Beratung

3.1
Die Rat suchende Schwangere ist unverzüglich zu beraten.

3.2
Der Beratungscharakter schließt aus, dass die Gesprächs- und Mitwirkungsbereitschaft der schwangeren Frau erzwungen wird. Es wird erwartet, dass die schwangere Frau der sie beratenden Person die Gründe mitteilt, derentwegen sie einen Abbruch der Schwangerschaft erwägt. Einer Frau, die ihre Gründe nicht nennen möchte, darf die Beratungsbescheinigung nicht vorenthalten werden.

3.3
Die Beratung ist auf Wunsch der Frau gegenüber der beratenden Person anonym durchzuführen. Dafür gelten folgende Grundsätze:

3.3.1
Alle Rat suchenden Schwangeren sind vor Beginn der Beratung ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass sie sich anonym beraten lassen können.

3.3.2
Wenn die Schwangere anonym bleiben und sich nach Abschluss der Beratung bescheinigen lassen will, dass die Beratung in der vorgeschriebenen Weise stattgefunden hat, hat in Beratungsstellen eine andere Mitarbeiterin oder ein anderer Mitarbeiter, bei als Beraterinnen und Beratern anerkannten Ärztinnen oder Ärzten eine Gehilfin. oder ein Gehilfe die Bescheinigung auszustellen.

3.4
Im Einvernehmen mit der schwangeren Frau können am Beratungsgespräch auch Personen teilnehmen, die der schwangeren Frau nahe stehen und zur Bewältigung ihrer Not- und Konfliktlage beitragen können.

3.5
So weit erforderlich, sind die in § 6 Abs. 3 SchKG genannten Fachkräfte im Einvernehmen mit der schwangeren Frau zu der Beratung hinzuziehen.

3.6
Erweist sich nach dem Verlauf des ersten Beratungsgesprächs ein weiteres Gespräch als notwendig, so hat dieses unverzüglich stattzufinden.

3.7
Die Beratungsstelle und die als Beraterinnen und Berater anerkannten Ärztinnen oder Ärzte haben der Frau nach Abschluss der Beratung über die Tatsache, dass eine Schwangerschaftskonfliktberatung stattgefunden hat, eine auf deren Namen lautende und mit dem Datum des letzten Beratungsgesprächs versehene Beratungsbescheinigung nach dem Muster der Anlage l auszustellen. Die Bescheinigung darf weder verweigert noch darf durch eine Fortsetzung der Beratung ihre Ausstellung so weit hinausgeschoben werden, dass die Einhaltung der Frist von zwölf Wochen nach der Empfängnis unmöglich wird.

3.8
Die Beratung hat unentgeltlich zu erfolgen.

4.
Beratungsaufzeichnung

4.1
Die beratende Person hat in einer Weise, die keine Rückschlüsse auf die Identität der Beratenen und der hinzugezogenen Personen erlaubt, in einer Aufzeichnung nach dem Muster der Anlage 2 den wesentlichen Inhalt des Beratungsgespräches und die angebotenen Hilfen fest zu halten. .

4.1.1
Es sind die für den Konflikt genannten wesentlichen Gründe und die ggf. zu dem Beratungsgespräch hinzugezogenen weiteren Fachkräfte und Personen anonym zu vermerken.

4.1.2
Die Aufzeichnung muss auch ausweisen, welche Informationen der Schwangeren vermittelt und welche Hilfen ihr angeboten worden sind.

4.2
Die Aufzeichnungen dienen als Grundlage für den schriftlichen Erfahrungsbericht nach Nr. 8.1. Die für die Anerkennung örtlich zuständige Bezirksregierung kann bei der Überprüfung der Anerkennung nach Nr. 7.3 die Aufzeichnungen einsehen. Die Aufzeichnungen sind unter Verschluss aufzubewahren. Die Aufzeichnungen sind so lange aufzubewahren, bis die jeweilige Bezirksregierung nach Nr. 7.3 rechtskräftig entschieden hat, ob die Voraussetzungen nach § 9 SchKG sowie Nr. 6 dieser Richtlinie noch vorliegen, und anschließend zu vernichten.

5
Verschwiegenheit und Zeugnisverweigerung

Die in einer staatlich anerkannten Beratungsstelle im Sinne dieser Richtlinien tätigen Personen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Der Träger der Beratungsstelle hat sie über ihre Pflicht zur Verschwiegenheit (§ 203 Abs. l Nr. 4 a StGB) und ihr Zeugnisverweigerungsrecht (§ 53 Abs. l Nr. 3 a StPO) zu unterrichten und auf die strafrechtlichen Folgen einer Verletzung der Verschwiegenheitspflicht hinzuweisen. Die Bezirksregierung weist die als Beraterinnen oder Berater anerkannten Ärztinnen und Ärzte auf ihre Rechte und Pflichten nach § 203 Abs. l Nr. l StGB und § 53 Abs. l Nr. 3 StPO hin.

6
Voraussetzungen für die Anerkennung der Beratungsstellen und der Ärztinnen und Ärzte als Beraterinnen oder Berater

6.1
Anerkennung der Beratungsstellen
Beratungsstellen werden auf Antrag anerkannt, wenn

6.1.1
ihr Träger eine Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist oder einem Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege oder einer seiner Mitgliedsorganisationen angehört,

6.1.2
sie eine Beratung nach den §§ 5 und 6 SchKG sowie den Nrn. 2 bis 4 dieser Richtlinie sicherstellen, .

6.1.3
sie die Hinzuziehung der in § 6 Abs. 3 SchKG genannten Fachkräfte oder anderer Personen zu der Beratung gewährleisten,

6.1.4
sie über mindestens eine vollbeschäftigte oder eine entsprechende Anzahl teilzeitbeschäftigter Fachkräfte mit Abschlussdiplom in Psychologie oder Abschlussdiplom und staatlicher Anerkennung in Sozialarbeit oder Sozialpädagogik mit jeweils mindestens einjähriger Berufserfahrung verfügen; Fachkraft kann auch eine Ärztin oder ein Arzt mit Approbation und mit abgeschlossener fachärztlicher Weiterbildung als Frauenärztin oder Frauenarzt oder Ärztin oder Arzt für Allgemeinmedizin mit mindestens einjähriger Berufserfahrung nach Abschluss der Weiterbildung sein; die Fachkräfte müssen für die Beratung auch in persönlicher Hinsicht geeignet sein; die Eignung ist durch eine psychosoziale Zusatzausbildung nachzuweisen,

6.1.5
ihr Träger die erforderliche regelmäßige einschlägige Fortbildung bzw. Supervision für die in der Beratungsstelle tätigen Fachkräfte sicherstellt,

6.1.6
sie mit allen Stellen zusammenarbeiten, die öffentliche und private Hilfen für Mutter und Kind gewähren,

6.1.7
sie nicht mit Einrichtungen, in denen Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden, derart organisatorisch oder durch wirtschaftliche Interessen verbunden sind, dass ein materielles Interesse an der Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen nicht auszuschließen ist (s. § 9 Nr. 4 SchKG),

6.1.8
sie sicherstellen, dass sie an mehreren Tagen in der Woche regelmäßig geöffnet, von Montag bis Freitag fernmündlich erreichbar und ihre Öffnungszeiten und Fernsprechanschlüsse allgemein bekannt gemacht sind.

6.2
Anerkennung der Ärztinnen und Ärzte als Beraterinnen oder Berater

Approbierte Ärztinnen und Ärzte werden auf Antrag als Beraterinnen oder Berater anerkannt, wenn sie

6.2.1
eine Beratung nach §§ 5 und 6 SchKG sowie den Nrn. 2 bis 4 dieser Richtlinie sicherstellen,

6.2.2
über eine mindestens einjährige frauenfachärztliche oder allgemeinärztliche Berufspraxis nach abgeschlossener einschlägiger Weiterbildung verfügen,

6.2.3
schriftlich nachweisen, dass sie an einem mehrtägigen Seminar zu Inhalt, Form und Durchführung der Schwangerschaftskonfliktberatung teilgenommen und eine psychosoziale Zusatzausbildung berufsbegleitend absolviert haben,

6.2.4
regelmäßig an einschlägigen Informations-, Fortbildungs- bzw. Supervisionsveranstaltungen teilnehmen und dies schriftlich nachweisen,

6.2.5
zur Vermittlung von Hilfen für Schwangere und zu deren sonstige Unterstützung mit anerkannten Beratungsstellen bei Bedarf zusammenarbeiten,

6.2.6
die Hinzuziehung der in § 6 Abs. 3 SchKG genannten Fachkräfte und Personen - soweit erforderlich - zu der Beratung gewährleisten,

6.2.7
mit allen Stellen zusammenarbeiten, die öffentliche und private Hilfen für Mutter und Kind gewährleisten,

6.2.8
nicht mit Einrichtungen, in denen Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden, derart organisatorisch oder durch wirtschaftliche Interessen verbunden sind, dass ein materielles Interesse an der Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen nicht auszuschließen ist.

6.2.9
Die Voraussetzungen der Nr. 6.1.8 gelten entsprechend.

7.
Anerkennungsverfahren

7.1
Zuständig für die Erteilung, die Verlängerung und den Widerruf der staatlichen Anerkennung der Beratungsstellen und Ärztinnen und Ärzte als Beraterinnen oder Berater sind die Bezirksregierungen.

7.2
Die staatliche Anerkennung wird unbefristet erteilt. Anträge auf erstmalige Erteilung der staatlichen Anerkennung sind von den Trägern der Beratungsstellen und von den Ärztinnen und Ärzten der örtlich zuständigen Bezirksregierung unter Verwendung der Muster der Anlage 3 für die staatliche Anerkennung der Beratungsstellen und der Anlage 4 für die staatliche Anerkennung der Ärztinnen und Ärzte als Beraterinnen oder Berater vorzulegen.

7.3
Die Bezirksregierungen haben mindestens im Abstand von drei Jahren zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Anerkennung noch vorliegen. Der Fortbestand der Anerkennung ist schriftlich zu bestätigen.

Wird eine der Anerkennungsvoraussetzungen nach § 9 SchKG sowie gem. Nr. 6 dieser Richtlinie nicht mehr erfüllt oder den mit der Anerkennung verbundenen Verpflichtungen nach dieser Richtlinie nicht nachgekommen, ist die Anerkennung gem. § 10 Abs. 3 SchKG zu widerrufen.

7.4
Die Anerkennung erlischt, wenn die Träger anerkannter Beratungsstellen und die als Beraterinnen und Berater anerkannten Ärztinnen oder Ärzte auf die Anerkennung verzichten oder die Beratungstätigkeit nicht nur vorübergehend einstellen. Verzicht, Einstellung und Änderungen, die die Voraussetzungen der Anerkennung betreffen, sind der Bezirksregierung unverzüglich schriftlich mitzuteilen.

8
Berichtspflicht

8.1
Staatlich anerkannte Beratungsstellen und staatlich als Beraterinnen oder Berater anerkannte Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, der örtlich zuständigen Bezirksregierung zum 31. März eines jeden Jahres einen Erfahrungsbericht nach dem Muster der Anlage 5 über das vergangene Kalenderjahr vorzulegen. Darin ist u.a. Auskunft zu geben über die ihrer Beratungstätigkeit zu Grunde liegenden Maßstäbe und die dabei gesammelten Erfahrungen sowie die Zahl der nach Nr. 6.1.2 und 6.2.1 durchgeführten Beratungen.

8.2
Die Bezirksregierungen werten die Tätigkeitsberichte aus und teilen die Ergebnisse der obersten Landesbehörde bis zum 30. Juni eines jeden Jahres in einer zusammenfassenden Darstellung mit.

9
Öffentliche Förderung

Die staatliche Anerkennung der Beratungsstellen und Ärztinnen und Ärzte als Beraterinnen oder Berater begründet keinen Anspruch auf öffentliche Förderung.

10
Öffentliche Bekanntmachung

Die von den Bezirksregierungen anerkannten Beratungsstellen und die nach den §§5 und 6 SchKG als Beraterinnen und Berater anerkannten Ärztinnen oder Ärzte werden einmal jährlich nach dem Stand 1. Juni eines jeden Jahres im Ministerialblatt NRW öffentlich bekannt gemacht. Hierzu haben die Bezirksregierungen dem zuständigen Ministerium zum 30. Juni eines jeden Jahres die Namen und Anschriften der von ihnen anerkannten Beratungsstellen und anerkannten beratenden Ärztinnen und Ärzte mitzuteilen. Widerruf und Erlöschen einer Anerkennung sind in jedem Einzelfall unverzüglich dem Ministerium mitzuteilen, das daraufhin eine entsprechende Veröffentlichung im Ministerialblatt NRW veranlasst.

11
In-Kraft-Treten

11.1
Diese Richtlinien treten mit Wirkung vom 1.1.1998 in Kraft.

11.2
Die Richtlinien für die Anerkennung von Beratungsstellen, beratenden Ärzten und Zulassung von Einrichtungen zur Durchführung eines Schwangerschaftsabbruches nach § 218 a des Strafgesetzbuches, RdErl. d. Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales v. 26.1.1979 (SMBL. NRW.2128) werden aufgehoben.

MBl. NRW. 1998 S. 468.


Anlagen: