Historische SMBl. NRW.

 Aufgehobener Erlass: Aufgehoben durch Allgemeinverfügung vom 1. Juli 2020 (MBl. NRW. S. 328b).

 


Historisch: Vermeidung weiterer Infektionsgeschehen in Großbetrieben der Fleischwirtschaft Allgemeinverfügung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales (CoronaAVFleischwirtschaft)

 

Historisch:

Vermeidung weiterer Infektionsgeschehen in Großbetrieben der Fleischwirtschaft Allgemeinverfügung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales (CoronaAVFleischwirtschaft)

Vermeidung weiterer Infektionsgeschehen in Großbetrieben der Fleischwirtschaft

Allgemeinverfügung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales
(CoronaAVFleischwirtschaft)

Vom 26. Juni 2020

Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen erlässt auf der Grundlage des § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), der zuletzt durch Artikel 1 Nummer 6 des Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 587) geändert worden ist, in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung besonderer Handlungsbefugnisse im Rahmen einer epidemischen Lage von nationaler und landesweiter Tragweite und zur Festlegung der Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz (Infektionsschutz- und BefugnisgesetzIfSGB-NRW) vom 14. April 2020 (GV. NRW. S. 218b) im Wege der Allgemeinverfügung folgende Regelungen:

1.
Angeordnete Schutzmaßnahmen

Zur Vermeidung weiterer Infektionsgeschehen in Schlachthöfen, Zerlegebetrieben und anderen vorwiegend fleischverarbeitenden Betrieben müssen solche Betriebe mit mehr als 100 Beschäftigten – unabhängig davon ob es sich um eigene Beschäftigte oder solche von im Betrieb tätigen Werkvertragsnehmern handelt – ab dem 1. Juli 2020 die nachstehenden Voraussetzungen sicherstellen.

1.1. Es dürfen nur Personen in der Produktion eingesetzt werden, die mindestens zweimal pro Woche auf Kosten des Betriebsinhabers auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 durch PCR-Verfahren getestet werden und dabei ein negatives Testergebnis haben. Die Testung kann im sog. „Poolverfahren“ erfolgen, die Auswertung muss durch ein anerkanntes Labor erfolgen; die Nachweise über die Testung sind auf dem Betriebsgelände vorzuhalten.

1.2. Die Beschäftigten müssen ausdrücklich darüber informiert werden, dass sie mit Erkältungssymptomen nicht arbeiten dürfen, sondern mit einem Anspruch auf Lohnfortzahlung der Arbeit fernbleiben müssen. Außerdem sind sie nochmals über die allgemeinen Hygienemaßnahmen über die richtige Verwendung und die maximale Tragedauer der Mund-Nase-Bedeckung hinzuweisen. Die Information hat in der Muttersprache zu erfolgen.

1.3. Die Namen und Wohn-/Aufenthaltsadressen sämtlicher auf dem Betriebsgelände anwesender Personen müssen jederzeit und mit aktuellen Stand verfügbar sein und für einen Zeitraum von vier Wochen nach dem jeweiligen Erhebungsdatum aufbewahrt werden. Die Daten sind der nach dem IfSBG-NRW zuständigen Behörde jederzeit auf Verlangen zur Kontaktpersonennachverfolgung auszuhändigen. Die vorstehenden Verpflichtungen gelten ausdrücklich zusätzlich neben bestehenden gesetzliche Verpflichtungen und den aus dem Arbeitsschutz folgenden Pflichten.

2.
Vollziehbarkeit

Die vorstehenden Anordnungen sind ab Bekanntgabe sofort vollziehbar. Sie gelten ab sofort.

3.
Bekanntmachung

Diese Allgemeinverfügung wird gemäß § 41 Absatz 3 und 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 602), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 17. Mai 2018 (GV. NRW. S. 244) geändert worden ist, öffentlich bekannt gemacht und gilt mit dem auf die Bekanntmachung folgenden Tag als bekannt gegeben.

Begründung

Aufgrund von verschiedenen massiven Infektionsgeschehen in Schlachthöfen und fleischverarbeitenden Betrieben muss davon ausgegangen werden, dass größere Betriebe dieser Branche aufgrund der Mitarbeiterstruktur, der Arbeitsorganisation und der Arbeitssituation in der Produktion ein erhebliches Risiko für massenweise auftretende Infektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 innerhalb der Belegschaft bergen. Gerade anhand eines Ausbruchsgeschehens im Kreis Gütersloh und erster hierzu vorliegender wissenschaftlicher Einschätzungen zu möglichen Ursachen ist davon auszugehen, dass u.a. die Belüftungsanlagen im Zusammenspiel mit der für diese Betriebe typischerweise erforderlichen Luftkühlung ein nicht unerhebliches Infektionsrisiko bergen. Da zudem noch nicht eindeutig aufgeklärt ist, welche betriebsorganisatorischen oder technischen Gründe ggf. zusätzlich das Infektionsgeschehen begünstigen, muss alles getan werden, um schon den Eintrag möglicher Viren in die Betriebe so weit wie möglich zu unterbinden. Deshalb müssen die Beschäftigten in der Produktion regelmäßig getestet werden und dürfen bei Erkältungssymptomen keinesfalls auf das Betriebsgelände gelangen.

Für den Fall einer Infektion ist es darüber hinaus zur schnellstmöglichen Kontaktpersonennachverfolgung unverzichtbar, dass sämtliche Daten aller auf das Betriebsgelände gelangenden Personen für die zuständigen Behörden unmittelbar verfügbar sind. Aufgrund der in der Branche üblichen Werkvertragsstruktur hat sich dies bei den aktuellen Ausbruchsgeschehen als sehr problematisch dargestellt. Daher ist vorsorglich eine entsprechende Verfügbarkeit der Daten sicherzustellen.

Aufgrund der Erheblichkeit der aktuellen Ausbruchsgeschehen ist nach dem Vorsorgeprinzip eine schnellstmögliche umfassende und landesweite Regelung zu treffen. Dabei ist aufgrund ähnlicher Produktionssituationen und Mitarbeiterstrukturen eine generalisierende Betrachtungsweise erforderlich, auch wenn selbstverständlich die Unternehmen untereinander in den genannten Bereichen auch Abweichungen aufweisen. Die Vorgaben ermöglichen den Weiterbetrieb der Unternehmen und sind angesichts der erheblichen Gesundheitsgefahren für eine Vielzahl von Beschäftigten auch verhältnismäßig. Dies gilt umso mehr, da ohne eine bestmögliche Infektionsvorbeugung der Weiterbetrieb der Unternehmen gefährdet ist. Die Begrenzung auf Betriebe mit mehr als 100 Beschäftigten trägt ebenfalls dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung, da einerseits in diesen Unternehmen das mögliche Infektionsrisiko größer ist und anderseits die organisatorische Bewältigung der Testungen leichter möglich ist.

Düsseldorf, den 26. Juni 2020

Der Staatssekretär für Arbeit, Gesundheit und Soziales
des Landes Nordrhein-Westfalen

Dr. Edmund  H e l l e r

MBl. NRW. 2020 S. 322, ber. S. 331a.