Historische SMBl. NRW.
Historisch: Berücksichtigung des Blindenhandwerks bei der Vergebung öffentlicher Aufträge RdErl. d. Innenministers v. 16. 5. 1963 -I C 2/17-10173
Historisch:
Berücksichtigung des Blindenhandwerks bei der Vergebung öffentlicher Aufträge RdErl. d. Innenministers v. 16. 5. 1963 -I C 2/17-10173
Berücksichtigung
des Blindenhandwerks bei der Vergebung öffentlicher Aufträge
RdErl. d. Innenministers v. 16. 5.
1963 -I C 2/17-10173
Die wirtschaftliche Lage des Blindenhandwerks hat sich trotz
Umschulungen und Umsetzungen der Blinden in andere Berufe durch die verstärkt
auftretende Konkurrenz industrieller Erzeugnisse in den vergangenen Jahren
laufend verschlechtert. Eine Reihe von Blindenwerkstätten musste sogar wegen
Absatzschwierigkeiten ihren Betrieb mit der Folge einstellen, dass die in
diesen Werkstätten arbeitenden Blinden auf die Unterstützung der öffentlichen
Fürsorge angewiesen sind. Der Not dieser Blinden kann nur durch vermehrte
Aufträge wirksam begegnet werden. Hieraus ergibt sich eine besondere
Verpflichtung auch der Behörden und Einrichtungen des Landes, die
Blindenwerkstätten durch Auftragserteilung betriebsfähig zu erhalten.
Für die Herstellung in Blindenwerkstätten kommt nur ein
recht begrenzter Teil des laufenden Behördenbedarfs in Frage. Die Tatsache,
dass Blindenwaren im allgemeinen preislich ungünstiger liegen als
Industrieerzeugnisse, sollte dem Ankauf nicht entgegenstehen. Staat und
Gemeinden dürfen der Zustimmung des überwiegenden Teiles der Steuerzahler
sicher sein, wenn für diesen im Vergleich zum gesamten Sachaufwand der
Verwaltung gar nicht ins Gewicht fallenden Teil öffentlicher Aufträge objektive
Erwägungen der Wirtschaftlichkeit einmal zurückgestellt werden, um eine soziale
Pflicht gegenüber den Blinden nicht durch Almosen, sondern durch
Arbeitsbeschaffung zu erfüllen. Im übrigen ist zu bedenken, dass der höhere
Preis für Blindenwaren im allgemeinen durch die bessere Qualität und die
längere Haltbarkeit dieser handgearbeiteten Gegenstände in etwa ausgeglichen
wird.
Allen nachgeordneten Landesbehörden und Einrichtungen des Landes mache ich
deshalb zur Pflicht, in der Regel 50 v. H. des behördlichen Bedarfs an Besen,
Handfegern, Bürsten, . Matten, Papierkörben und dergleichen von
Blindenhandwerksbetrieben zu beziehen. Selbstverständlich bestehen auch keine
Bedenken, wenn mehr als 50 v. H. des behördlichen Bedarfs durch
Auftragserteilung an Blindenwerkstätten gedeckt werden. Wenn die Reinigung der
Büroräume privaten Reinigungsfirmen übertragen worden ist, sollten diese in geeigneter
Weise auf den Bezug von Blindenwaren hingewiesen werden.
Um Missbräuche zu verhindern, weise ich ausdrücklich darauf hin, dass nur bei Vertretern, die im Besitz eines amtlichen von den Kreisordnungsbehörden ausgestellten Ausweises mit Lichtbild sind, die Gewähr gegeben ist, dass der Vertreter für eine anerkannte Blindenwerkstätte tätig ist und der Auftrag nur einer solchen zugute kommt.
Die Kreisordnungsbehörden stellen die Blindenwaren-Vertriebsausweise aus auf
Grund des § 6 des Blindenwaren-Vertriebsgesetzes - BliwaG - vom 9. April 1965
(BGB1. I S. 311) i. V. mit § 2 der Verordnung über Zuständigkeiten auf dem
Gebiet des Vertriebs von Blindenwaren vom 15. März 1966 (GV. NW. S. 106 / SGV. NW. 7103). Telefonische Aufforderungen zur Auftragserteilung für angebliche
Blindenbetriebe sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Wo entsprechende
Betriebe nicht bekannt sind, wird der Deutsche Blinden- und
Sehbehindertenverband e.V., Rungestraße 19, 10179 Berlin, jederzeit
Bezugsquellen nachweisen können.
Auch die Gemeinden und Gemeindeverbände, sowie die übrigen Körperschaften und
Anstalten des öffentlichen Rechts bitte ich erneut, ihre Beschaffungsstellen
mit entsprechenden Anweisungen zu versehen.
Dieser RdErl. ergeht im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten
und allen Landesministern.
MBl. NRW. 1983 S. 956, geändert durch RdErl. v. 17. 7. 1987 (MBl. NRW. 1987 S. 1072).