Historische SMBl. NRW.

 Aufgehobener Erlass: Aufgehoben durch Runderlass vom 29.12.2017 (MBl. NRW. 2018 S. 22), in Kraft getreten am 1. Januar 2018.

 


Historisch: Berücksichtigung von Werkstätten für behinderte Menschen und Blindenwerkstätten bei der Vergabe öffentlicher Aufträge Gem.RdErl. d. Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr, d. Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales, d. Ministeriums für Inneres und Kommunales u. d. Finanzministeriums v. 22.3.2011

 

Historisch:

Berücksichtigung von Werkstätten für behinderte Menschen und Blindenwerkstätten bei der Vergabe öffentlicher Aufträge Gem.RdErl. d. Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr, d. Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales, d. Ministeriums für Inneres und Kommunales u. d. Finanzministeriums v. 22.3.2011

Berücksichtigung von Werkstätten für behinderte Menschen
und Blindenwerkstätten bei der Vergabe öffentlicher Aufträge

Gem.RdErl. d. Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr,
d. Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales,
d. Ministeriums für Inneres und Kommunales
u. d. Finanzministeriums
v. 22.3.2011

1
Ziele und Rechtsgrundlagen

Gemäß Artikel 19 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferverträge und Dienstleistungsaufträge („Vergabekoordinierungsrichtlinie“) (ABl. L 134 vom 30.04.2004, S. 114) dürfen Mitgliedsstaaten vorsehen, dass nur geschützte Werkstätten an den Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge teilnehmen oder solche Aufträge ausführen dürfen, sofern deren Beschäftigte mehrheitlich behinderte Menschen sind, die aufgrund der Art oder der Schwere ihrer Behinderung keine Berufstätigkeit unter marktüblichen Bedingungen ausüben können. Im nationalen Recht sind aufgrund der §§ 141 Satz 1 und 143 Neuntes Sozialgesetzbuch (SGB IX) vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1046), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetz vom 05. August 2010 (BGBl. I S. 1127), Aufträge der öffentlichen Hand, die von Werkstätten für behinderte Menschen und Blindenwerkstätten ausgeführt werden können, diesen bevorzugt anzubieten. Mit diesem Runderlass sollen den öffentlichen Auftraggebern des Landes Nordrhein-Westfalen die Entscheidungsspielräume zur bevorzugten Berücksichtigung von Werkstätten für behinderte Menschen und Blindenwerkstätten bei der Vergabe öffentlicher Aufträge aufgezeigt werden, damit diese in die Lage versetzt werden, ihren Beschäftigten adäquate Tätigkeiten zu bieten und aus ihrem Arbeitsergebnis ein angemessenes Arbeitsentgelt zu zahlen. Der nachfolgende Erlass steht unter dem Vorbehalt einer späteren Regelung durch eine Verwaltungsvorschrift des Bundes gemäß § 141 Satz 2 SGB IX.

2
Umsetzung im Vergabeverfahren

Zur Verwirklichung der oben genannten Ziele beachten die öffentlichen Auftraggeber des Landes gemäß § 98 Nummer 1, 2, 5 und 6 GWB in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Juli 2005 (BGBl. I S. 2114; 2009 I S. 3850) die folgenden Bestimmungen:

2.1
Anwendungsbereich

Bei der Vergabe von Aufträgen nach der VOF sowie nach den Abschnitten 1 und 2 der VOL/A und VOB/A durch die öffentlichen Auftraggeber des Landes sind Werkstätten für behinderte Menschen und Blindenwerkstätten als bevorzugte Bieter zu berücksichtigen.

2.2
Bevorzugte Bieter

Bevorzugte Bieter im Sinne dieser Richtlinien sind anerkannte Werkstätten für behinderte Menschen nach §§ 136 Absatz 1, 142 SGB IX und anerkannte Blindenwerkstätten im Sinne des § 143 SGB IX. Gleiches gilt für Einrichtungen in anderen Staaten, die nach den rechtlichen Bestimmungen mit den vorgenannten deutschen Einrichtungen vergleichbar sind.

2.3
Nachweis der Eigenschaft als bevorzugter Bieter

Der Bieter muss seine Eigenschaft als bevorzugter Bieter durch einen der folgenden Nachweise belegen:

- Vorlage der von der Bundesagentur für Arbeit ausgesprochenen Anerkennung als Werkstätte für behinderte Menschen gemäß § 142 SGB IX,

- Vorlage der von der zuständigen Ordnungsbehörde ausgesprochenen Anerkennung als staatlich anerkannte Blindenwerkstätte nach § 5 Blindenwarenvertriebsgesetz (BliwaG). Das BliwaG wurde durch Artikel 30 des Zweiten Gesetzes zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft (BGBl I S. 2246) mit Wirkung zum 14.09.2007 aufgehoben. Blindenwerkstätten, die am 13.09.2007 staatlich anerkannt waren, genießen gemäß § 143 SGB IX in Verbindung mit § 141 SGB IX bei der Auftragsvergabe durch die öffentliche Hand Bestandsschutz,

- bei ausländischen Bietern Vorlage einer Bescheinigung einer Gerichts- oder Verwaltungsbehörde des Ursprungs- oder Herkunftslandes der Einrichtung, aus der die Anerkennung als Werkstatt für behinderte Menschen oder Blindenwerkstatt hervorgeht. Sofern eine solche Bescheinigung im betreffenden Land nicht ausgestellt wird, kann der Nachweis durch eine eidesstattliche Erklärung ersetzt werden, die eine vertretungsberechtigte Person der betreffenden Einrichtung vor einer befugten Behörde des betreffenden Staates abgibt. In den Staaten, in denen es eine derartige eidesstattliche Erklärung nicht gibt, kann diese durch eine feierliche Erklärung ersetzt werden. Die zuständige Behörde oder der Notar stellen eine Bescheinigung über die Echtheit der eidesstattlichen oder feierlichen Erklärung aus.

2.4
Inhalt der Bevorzugung

Öffentlichen Auftraggebern stehen folgende Möglichkeiten zur Berücksichtigung der bevorzugten Bieter zur Verfügung:

2.4.1
Der Wettbewerb kann auf bevorzugte Bieter im Sinne der Nummer 2.2 beschränkt werden.

Nehmen am Vergabeverfahren oberhalb der EU-Schwellenwerte nach Maßgabe des Artikels 19 Satz 1 der Vergabekoordinierungsrichtlinie der Europäischen Kommission nur bevorzugte Bieter im Sinne der Nummer 2.2 teil, so kann dieses als nicht offenes Verfahren durchgeführt werden.

Im Bereich unterhalb der EU-Schwellenwerte kann der Auftrag im Rahmen einer Freihändigen Vergabe vergeben werden, sofern der Wettbewerb ausschließlich auf bevorzugte Bieter im Sinne der Nummer 2.2 beschränkt wird. § 3 Absatz 3 des Tariftreue- und Vergabegesetzes Nordrhein-Westfalen vom 10. Januar 2012 (GV. NRW. S. 17) bleibt unberührt.

2.4.2
Wird der Wettbewerb bei Beschränkten Ausschreibungen/nicht offenen Verfahren und Freihändigen Vergaben/Verhandlungsverfahren nicht auf bevorzugte Bewerber beschränkt, sind regelmäßig auch die in Nummer 2.2 genannten Einrichtungen in angemessenem Umfang zur Angebotsabgabe aufzufordern.

2.4.3
Bei allen Vergabeverfahren gilt:

Ist das Angebot eines nach Nummer 2.2 bevorzugten Bieters ebenso wirtschaftlich (VOL/A) oder annehmbar (VOB/A) wie das ansonsten wirtschaftlichste Angebot eines Bieters, der nicht nach Nummer 2.2 bevorzugt ist, so ist Ersterem der Zuschlag zu erteilen (vgl. § 3 Nummer 4 Richtlinie des Bundes GMBl. 2001, Nummer 34, S. 694). Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Angebote wird der von den bevorzugten Bietern im Sinne der Nummer 2.2 angebotene Preis mit einem Abschlag von 15 von Hundert berücksichtigt. Voraussetzung für die Berücksichtigung des Abschlags ist, dass die Herstellung der angebotenen Lieferungen zu einem wesentlichen Teil durch die bevorzugten Bieter erfolgt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Wertschöpfung durch ihre Beschäftigten mehr als 10 % des Nettowerts der zugekauften Waren beträgt.

2.5
Werkstättenverzeichnis

Die Werkstätten verfügen über ein breites Angebot an Produkten und Dienstleistungen. Einen Überblick über das Leistungsangebot der Werkstätten für behinderte Menschen und der Blindenwerkstätten gibt das „Verzeichnis der anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen“, das von der Bundesagentur für Arbeit (BA) jährlich herausgegeben und unter der Internetadresse „www.arbeitsagentur.de“ veröffentlicht wird.

2.6
Bekanntmachung

Die Bevorzugungsregelung muss in der Bekanntmachung und in den Vergabeunterlagen mitgeteilt werden.

3
Geltung bei der Gewährung von Zuwendungen

Öffentliche Zuwendungsgeber können bei der Gewährung von Zuwendungen die Beachtung dieses Runderlasses oder von Teilen dieses Runderlasses den Empfängern öffentlicher Zu-wendungen in Form von besonderen Nebenbestimmungen auferlegen.

4
Gemeinden und Gemeindeverbände

Den Gemeinden und Gemeindeverbänden wird dieser Erlass zur Anwendung empfohlen.

5
Überprüfung

Drei Jahre nach Inkrafttreten des Runderlasses und alle drei Jahre danach wird seine Wirkung unter Koordinierung durch das federführende Ministerium überprüft.

6
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieser Runderlass tritt am 1.4.2011 in Kraft. Mit Inkrafttreten dieses Runderlasses tritt der RdErl. des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit vom 8.4.2004 (MBl. NRW. S. 437) außer Kraft.

MBl. NRW. 2011 S. 122, geändert durch RdErl. v. 17.11.2014 (MBl. NRW. 2014 S. 672), 26.4.2016 (MBl. NRW. 2016 S. 382).