Geltende Erlasse (SMBl. NRW.)  mit Stand vom 22.3.2024


Richtlinien für den Einsatz der Informationstechnik - IT-Richtlinien NW - RdErl. d. Innenministeriums v. 15.7.1996 -V B 2/51-02.01

 

Richtlinien für den Einsatz der Informationstechnik - IT-Richtlinien NW - RdErl. d. Innenministeriums v. 15.7.1996 -V B 2/51-02.01

Richtlinien für den Einsatz der Informationstechnik
- IT-Richtlinien NW -
RdErl. d. Innenministeriums v. 15.7.1996 -V B 2/51-02.01

Aufgrund des § 11 ADV-Organisationsgesetz - ADVG NW - in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Januar 1985 (GV. NW. S. 41/SGV. NW. 2006) werden nachfolgende IT-Richtlinien erlassen:
 

1
Allgemeines

1.1
Gegenstand der IT-Richtlinien

Die Richtlinien regeln eine systematische und abgestimmte Vorgehensweise bei der Verwirklichung von Maßnahmen auf dem Gebiet der Informationstechnik (IT).

1.2
Ziele

Der Einsatz der Informationstechnik dient der Verbesserung der Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung. Gleichzeitig sollen die Arbeitsbedingungen humaner gestaltet, die Qualität der Arbeit verbessert, der Zugang zu entscheidungsrelevanten Informationen erleichtert sowie die Bürgerfreundlichkeit der Verwaltung erhöht werden.

1.3
Begriffsbestimmungen

1.31
Informationstechnik

Informationstechnik erstreckt sich auf Datenverarbeitungstechnik, Kommunikationstechnik und Bürotechnik. Sie umfasst Geräte (IT-Geräte) und Verfahren (IT-Verfahren), die auf der Grundlage der Mikroelektronik zur automatisierten Erfassung, Darstellung, Speicherung, Verarbeitung und Übermittlung von Informationen in Form von Texten, Daten, Bildern oder Sprache dienen.

1.32
IT-Vorhaben

Als IT-Vorhaben gelten Maßnahmen, die auf eine informationstechnische Unterstützung bei der Erledigung von Verwaltungsaufgaben, gerichtlichen Verfahren und Tätigkeiten der Staatsanwaltschaften gerichtet sind. Zu den IT-Vorhaben zählen insbesondere die Entwicklung neuer und die wesentliche Änderung bestehender IT-Verfahren.

1.33
Systemnahe Programme

Als systemnahe Programme gelten die für den Betrieb eines IT-Gerätes erforderlichen Betriebssysteme einschließlich der Netzbetriebssysteme sowie

- Programmiersprachen einschließlich der Übersetzungsprogramme,

- Datenbankverwaltungssysteme sowie

- Programme zur Datenübertragung.

1.34
Ressortübergreifende Verbundrelevanz

IT-Vorhaben haben ressortübergreifende Verbundrelevanz, wenn Aufgaben oder Aufgabenträger außerhalb des eigenen Geschäftsbereichs durch das Vorhaben berührt werden. Dies ist insbesondere der Fall, wenn ressortübergreifend IT-Verfahren eingesetzt (Verfahrensverbund), Daten ausgetauscht (Datenverbund), IT-Ressourcen genutzt (Kapazitätsverbund) oder IT-Verfahren gemeinsam entwickelt (Entwicklungsverbund) werden sollen.

2
Planung und Durchführung von IT-Vorhaben

2.1
Wirtschaftlichkeit des IT-Einsatzes

Für die Initiierung von IT-Vorhaben ist die Wirtschaftlichkeit des beabsichtigten IT-Einsatzes darzulegen. Die dafür erforderlichen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sollten sich an den „Empfehlungen zur Durchführung von Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen beim Einsatz der IT in der Bundesverwaltung" (herausgegeben von der Koordinierungs- und Beratungsstelle der Bundesregierung für Informationstechnik in der Bundesverwaltung (KBSt), Band 26, Version l, Juli 1992) orientieren.

2.2
Entwicklung von IT-Verfahren

Der Einsatz marktgängiger Softwareprodukte (Standardsoftware) sowie die Übernahme bestehender IT-Verfahren sollen Vorrang vor Eigenentwicklungen haben.

Kann auf eine Eigenentwicklung nicht verzichtet werden, ist unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit ein Rechenzentrum des Landes oder ein Dritter mit der Programmerstellung zu beauftragen. Von der Einrichtung und Vorhaltung eigener Programmierkapazitäten außerhalb der Rechenzentren soll abgesehen werden, soweit sie nicht der Entwicklung kleiner IT-Verfahren für den eigenen Bereich dienen oder aus Gründen des Geheimschutzes geboten sind.

2.3
Berücksichtigung der technischen Einsatzumgebung

Bei der Planung eines IT-Vorhabens ist die bestehende technische Einsatzumgebung der Behörden und Einrichtungen, bei denen das IT-Verfahren eingesetzt werden soll, zu berücksichtigen.

Für Behörden mit getrennter Dienst- und Fachaufsicht erfolgt die Festlegung und Änderung der technischen Einsatzumgebung grundsätzlich durch die oberste Landesbehörde, der die Dienstaufsicht obliegt; bei Änderungen ist die Ablauffähigkeit bestehender IT-Verfahren sicherzustellen. Die technische Einsatzumgebung kann darüber hinaus im Einvernehmen zwischen der Dienst- und Fachaufsicht geändert oder ergänzt werden, wenn dies für den Einsatz eines bestimmten IT-Verfahrens notwendig ist.

2.4
Nutzung des Landesverwaltungsnetzes

IT-Verfahren, die eine Kommunikation zwischen verschiedenen Behörden und Einrichtungen des Landes vorsehen, nutzen die durch das Landesverwaltungsnetz bereitgestellte Infrastruktur sowie die zugehörigen Kommunikationsdienste. Hiervon sind IT-Verfahren ausgenommen, die ausschließlich vom Innenministerium zugelassene Sondernetze benutzen, oder wenn die am Kommunikationsverfahren beteiligten Behörden und Einrichtungen räumlich nah untergebracht sind.

2.5
Landesübergreifende Zusammenarbeit

Soweit IT-Vorhaben im Rahmen länderübergreifender oder europäischer Zusammenarbeit durchgeführt werden, ist im Rahmen der Möglichkeiten auf die Beachtung dieser Richtlinien hinzuwirken.

2.6
Aufgabenträger

Die Initiierung, Planung, Durchführung und der Abschluss eines IT-Vorhabens erfolgt durch die oberste Landesbehörde oder durch den Aufgabenträger, d. h. durch die für die Verwaltungsaufgabe zuständige Behörde oder Einrichtung. Sind mehrere Behörden oder Einrichtungen eines Geschäftsbereiches berührt, so kann die zuständige oberste Landesbehörde einer dieser Behörden oder Einrichtungen die Federführung übertragen.

Bei ressortübergreifenden IT-Vorhaben wird die Federführung für die Durchführung des IT-Vorhabens im Einvernehmen zwischen den betroffenen Ressorts festgelegt.

Die federführende Behörde oder Einrichtung bzw. die oberste Landesbehörde übernehmen die Pflichten des Aufgabenträgers aus diesen Richtlinien.

2.7
Pflichten des Aufgabenträgers

Der Aufgabenträger ist - bei ressortübergreifenden IT-Vorhaben gemeinsam mit den betroffenen Ressorts - verantwortlich für die

- Entwicklung der Verfahrensidee und Erstellung der Verfahrensbeschreibung,

- Beteiligung weiterer Stellen,

- Durchführung der Abstimmungsverfahren sowie die Beantragung notwendiger Zustimmungen,

- Gewährleistung der erforderlichen Verarbeitungssicherheit sowie geeigneter Schutzmaßnahmen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten,

- Festlegung der fachlichen und organisatorischen Anforderungen einschließlich eines IT-Sicherheitskonzeptes,

- Beachtung vergaberechtlicher Vorschriften,

- Überprüfung auf Wirtschaftlichkeit,

- Verfahrensfreigabe,

- Erfolgskontrolle, insbesondere die Überprüfung der Zielerreichung und

- Verfahrensdokumentation.

Er hat dabei sicherzustellen, dass die Verfahrensentwicklung und -pflege sowie die Anwendung des IT-Verfahrens im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel erfolgt.

Mit der Wahrnehmung einzelner Pflichten können Dritte beauftragt werden.

2.8
Durchführung eines IT-Vorhabens

Bei der Durchführung eines IT-Vorhabens soll das „Vorgehensmodell (V-Modell)" - veröffentlicht in der Schriftenreihe der KBSt ISSN 01 79-72 63, Band 27 - zugrunde gelegt werden.

Der Detaillierungsgrad der Entwicklungsarbeiten richtet sich nach dem Umfang und der Komplexität der zu lösenden Aufgabe; unverhältnismäßiger Aufwand ist zu vermeiden.

3
Abstimmung von IT-Vorhaben

3.1
Verfahrensbeschreibung

Mindestens für IT-Vorhaben, die mit dem Innenministerium abzustimmen sind (siehe Nr. 3.2), legt der Aufgabenträger zu Beginn der Planung der zuständigen obersten Landesbehörde und, wenn die Dienstaufsicht einer anderen obersten Landesbehörde obliegt, gleichzeitig auch dieser die Verfahrensbeschreibung zur Zustimmung vor.

Die Verfahrensbeschreibung soll, soweit dies zum Zeitpunkt der Erstellung bereits möglich ist, die nachfolgenden Punkte in der angegebenen Reihenfolge enthalten:

1. allgemeine Darstellung und absehbare Entwicklung der Aufgaben, die durch das IT-Vorhaben unterstützt werden sollen;

2. Berührungspunkte und Überschneidungen mit anderen Aufgaben oder Aufgabenträgern (Verbundrelevanz);

3. Ziele des geplanten IT-Vorhabens;

4. geplante Abweichungen von Normen und Standards;

5. Zeitbedarf für die Realisierung;

6. geplante Inanspruchnahme von Leistungen der Rechenzentren;

7. geplante Inanspruchnahme des Landesverwaltungsnetzes;

8. technische Beschreibung der künftigen Einsatzumgebung;

9. absehbare organisatorische und personelle Auswirkungen;

10. Bedarf an Personal und Haushaltsmitteln;

11. geplante Einführungsstrategie und Schulungsmaßnahmen;

12. Aussagen zur Wirtschaftlichkeit;

13. Planungen für die Sicherheit und den Datenschutz beim Einsatz des IT-Verfahrens.

3.2
Abstimmung mit dem Innenministerium gemäß § 4 ADVG NW

Die zuständige oberste Landesbehörde stimmt die IT-Vorhaben mit ressortübergreifender Verbundrelevanz sowie IT-Vorhaben, bei denen von den IT-Standards des Landes abgewichen werden soll, mit dem Innenministerium ab. Die Abstimmung erfolgt auf der Grundlage der Verfahrensbeschreibung (siehe Nr. 3.1) sowie ggf. weiterer zur Beurteilung des IT-Vorhabens notwendiger Unterlagen. Soweit durch das IT-Vorhaben nicht unmittelbar Aufgaben des Innenministeriums berührt sind, kann auf eine Übersendung der Unterlagen zu den Punkten 9 bis 13 der Verfahrensbeschreibung verzichtet werden.

Bei wesentlichen Abweichungen ist eine erneute Abstimmung mit dem Innenministerium erforderlich.

Über die geplante Inanspruchnahme des Landesverwaltungsnetzes soll das Innenministerium auch bei nicht abstimmungspflichtigen IT-Vorhaben rechtzeitig vor Beginn der Haushaltsplanung unterrichtet werden. Falls eine rechtzeitige Unterrichtung nicht erfolgt, sind die Kommunikationskosten zunächst vom Aufgabenträger zu tragen.

3.3
Unterrichtung des interministeriellen Arbeitskreises für Automation (IMA Automation)

Die zuständige oberste Landesbehörde unterrichtet den IMA Automation über IT-Vorhaben von grundlegender Bedeutung.

4
Zustimmung zur Beschaffung von IT-Geräten und systemnahen Programmen gemäß § 4 ADVG NW

4.1
Gegenstand des Zustimmungsverfahrens

Die Beschaffung von IT-Geräten sowie der für ihren Betrieb erforderlichen systemnahen Programme bedarf der Zustimmung des Innenministeriums, wenn von IT-Standards des Landes abgewichen werden soll.

4.2
Antragsverfahren

Der Antrag auf Zustimmung zur Beschaffung von IT-Geräten und systemnahen Programmen ist dem Innenministerium über die zuständige oberste Landesbehörde zuzuleiten.

Die Gründe für die Abweichung von den IT-Standards des Landes sind darzulegen.

5
Zuweisung von Datenverarbeitungsaufgaben an gemeinsame Rechenzentren gemäß § 5 ADVG NW

Dem Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik und den Gemeinsamen Gebietsrechenzentren können von den Ressorts Teilaufgaben der Planung und Verwirklichung von IT-Vorhaben sowie der Einsatz von IT-Verfahren und deren Wartung im Einvernehmen mit dem Innenministerium zugewiesen werden. Der Leistungsumfang soll dabei in schriftlicher Form festgelegt werden. Über die entstehenden Kosten ist eine einvernehmliche Regelung zu treffen.

6
Anwendung außerhalb der Landesverwaltung

Im Hinblick auf die Verpflichtung des ADVG NW zum Verbund der automatisierten Datenverarbeitung (§ 1) wird den Gemeinden und Gemeindeverbänden empfohlen, bei der Durchführung von verbundrelevanten IT-Vorhaben die zutreffenden Normen und Standards anzuwenden.

MBl. NRW. 1996 S. 1296.