Historische SMBl. NRW.

 Aufgehobener Erlass: Aufgehoben durch Erlassbereinigung 2003 (§ 9 VV v. 29.8.61).

 


Historisch: Beiträge nach § 8 KAG für die Herstellung von Fußgängergeschäftsstraßen RdErl. d. Innenministers v. 18. 8. 1977 -III B l-4/10-456/77 ¹)

 

Historisch:

Beiträge nach § 8 KAG für die Herstellung von Fußgängergeschäftsstraßen RdErl. d. Innenministers v. 18. 8. 1977 -III B l-4/10-456/77 ¹)

18. 8. 77 (1),

125. Ergänzung - SMB1. NW. - (Stand 16. 6. 1978 = MB1. NW. Nr. 63 einschl.)


Beiträge
nach § 8 KAG für die Herstellung von Fußgängergeschäftsstraßen

RdErl. d. Innenministers v. 18. 8. 1977 -III B l-4/10-456/77 ¹)

Zur Frage der Erhebung von Beiträgen nach § 8 KAG für den Umbau normaler Straßen zu Fußgängerzonen hat das OVG Münster in dem Urteil vom 23. 11. 1976 - II A 1766/74 - ausführlich Stellung genommen. Da das Urteil noch nicht veröffentlicht ist, werden die wesentlichen Aspekte des Urteils wegen seiner Aktualität vorweg wie folgt zur Kenntnis gebracht:

Das OVG Münster hält an seiner bereits früher vertre-• tenen Auffassung (vgl. Urt. v. 25. 8. 1975 - II A 232/74 -, Der Gemeindehaushalt 1976, 140) fest, daß Straßenbaubeiträge nach § 8 KAG auch für den Umbau normaler Straßen zu Fußgängerzonen erhoben werden können, wenn die Maßnahmen für die Eigentümer der Anliegergrundstücke mit wirtschaftlichen Vorteilen im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 2 KAG verbunden sind. Ein mit der Schaffung von Fußgängerzonen verbundener wirtschaftlicher Vorteil könne - entgegen der Auffassung des OVG Rheinland-Pfalz, Beschluß v. 7. 7. 1976 - 6 B 34/76 -, Kommunale Steuerzeitschrift (KStZ) 1976, 179 - nicht mit der Begründung verneint werden, daß der Vorteil nicht durch die straßenbauliche Maßnahme, sondern durch die straßenverkehrsrechtliche Sperrung der Fußgängerzone für den Fahrzeugverkehr bzw. die straßenrechtliche Beschränkung der Nutzung auf den Fußgängerverkehr verursacht worden sei. Allerdings müsse nicht jede Umgestaltung einer normalen Straße zur Fußgängerzone mit wirtschaftlichen Vorteilen für die Anlieger verbunden sein, Uni diese feststellen zu können, bedürfe es vielmehr eines Vergleichs der Situation der Anliegergrundstücke vor dem Ausbau mit der infolge des Ausbaus eingetretenen veränderten Lage. Allgemein gültige Feststellungen hierzu seien auf Grund der bisher mit Fußgängerzonen gemachten Erfahrungen jedoch nicht möglich. Nach Auffassung des Gerichts kommt es in jedem Einzelfall insbesondere darauf an, welche Möglichkeiten -für den Fußgängerverkehr vor dem Umbau bestanden und wie sich der Fahrzeugverkehr ausgewirkt hat. Ferner sei die Lage der Fußgängerzone im Stadtgebiet und ihre Anbindung an das übrige Straßennetz von Bedeutung. Wichtig sei auch die Möglichkeit, mit öffentlichen und privaten Verkehrsmitteln in die Nähe der Fußgängerzone zu gelangen. Von Einfluß auf die Beurteilung der Vorteilsfrage sei es weiter, ob und gegebenenfalls wann und wie die Anliegergrundstücke mit Fahrzeugen erreicht werden können, insbesondere um Waren an- und auszuliefern. Auch das Fehlen oder Vorhandensein bestimmter Geschäfte in benachbarten (normalen) Straßen könne sich auswirken.

Da die Bemessung der Vorteile der Anlieger und der Allgemeinheit bei Fußgängerzonen von den Umständen des Einzelfalles abhängt, erscheint dem OVG Münster insoweit der Erlaß, von Einzelsatzungen zweckmäßig (vgl. auch § .3 Abs. 7 der mit RdErl. v. 28. 5. 1971 - SMB1. NW. 2023 - bekanntgegebenen Mustersatzung über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 KAG für straßenbauliche Maßnahmen).

Unabhängig von der Frage, ob die Schaffung einer. Fußgängerzone an sich geeignet ist, den Eigentümern der Anliegergrundstücke wirtschaftliche Vorteile zu bieten, bedarf es nach Ansicht des Gerichts außerdem noch einer rechtlichen Absicherung dieser Vorteile. Für das Erschließungsbeitragsrecht sei nämlich anerkannt, daß der durch den Beitrag abzugeltende Vorteil sicher und von Dauer sein muß. Sofern eine bisher auch dem Fährzeugverkehr gewidmete Straße in eine Fußgängerzone umgewandelt wird, müsse die Widmung durch eine Teileinziehung nach § 7 des Landstraßengesetzes auf die Benutzungsart Fußgängerverkehr beschränkt werden, wenn für die Maßnahme Beiträge nach § 8 KAG erhoben werden sollen. Das Aufstellen von Verkehrszeichen reicht nach Auffassung . des OVG Münster nicht aus, da die hiermit getroffenen Anordnungen zeitlich uneingeschränkt anfechtbare Ver-

waltungsakte sind, so daß stets die Gefahr einer Aufhebung der straßenverkehrlichen Sperrung einer Fußgängerzone auf eine Klage hin bestehen bleibt. Ist eine Beitragspflicfjt wegen der fehlenden Umwidmung nicht entstanden, so kann diese noch nachgeholt werden. Das OVG Münster schließt sich insoweit der zum Erschließungsbeitragsrecht vertretenen Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts an, nach der die Beitragspflicht erst mit der Widmung entsteht, wenn diese der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage nachfolgt.

Das OVG Münster kommt weiter zu dem Ergebnis, daß der Umbau von Straßen, Wegen und Plätzen zu einer Fußgängerzone nicht als eine Verbesserung, sondern als eine (nachmalige) Herstellung einer öffentlichen Anlage im Sinne des § 8 KAG anzusehen ist. § l der von mir herausgegebenen Mustersatzung über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 KAG für straßenbauliche Maßnahmen erstreckt sich jedoch nur auf die Erweiterung und Verbesserung von Erschließungsanlagen. Sofern diese Regelung in das gemeindliche Satzungsrecht übernommen worden ist, bedarf es insoweit einer Ergänzung der Satzung, als auch die Herstellung von Anlagen mit einzubeziehen ist. Darüber hinaus ist es zweckmäßig, die (nachmalige) Herstellung einer Straße als Fußgängerzone in den Katalog des beitragsfähigen Aufwandes (vgl. § 2 Abs. l der Mustersatzung) aufzunehmen.

Eine formelle Änderung der Mustersatzung ist z. Z. nicht beabsichtigt, weil die Verwaltungsrechtsprechung zum Beitragsrecht nach § 8 KAG, insbesondere auch zum Beitragsbemessungsmaßstab, mit dem das OVG Münster sich auch in dem Urteil vom 23. 11. 1976 auseinandersetzt noch nicht als abgeschlossen angesehen werden kann.

Die Satzung kann rückwirkend geändert werden.

') MBL NW. 1977 S. 1183, geändert durch RdErl. v. 20.4.1978 (MB1. NW. 1978 S. 725). ') MB1. NW. 1977 S. 2103.