Geltende Erlasse (SMBl. NRW.)  mit Stand vom 17.4.2024


Mitwirkung der Polizei in Gnadensachen und ähnlichen Verfahren RdErl. d. Innenministers v. 16. 6.1977 -IV A 2 – 2931

 

Mitwirkung der Polizei in Gnadensachen und ähnlichen Verfahren RdErl. d. Innenministers v. 16. 6.1977 -IV A 2 – 2931

Mitwirkung der Polizei in Gnadensachen und ähnlichen Verfahren
RdErl. d. Innenministers v. 16. 6.1977 -IV A 2 – 2931

l
Mitwirkung in Gnadensachen

Die Bearbeitung von Gnadensachen im Sinne des § l der Gnadenordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GnO NW) vom 26. November 1975 (GV. NW. 1976 S. 16 / SGV. NW. 321) obliegt den Gnadenbehörden. Diese haben alle für die Bearbeitung des Einzelfalles wesentlichen Ermittlungen vorzunehmen. Soweit die Gnadenbehörden die Ermittlungen nicht selbst durchführen, sollen sie nach § 11 Abs. 3 Satz 3 GnO NW damit möglichst die Gerichtshilfe beauftragen. Eine Mitwirkung der Polizei sieht die GnO NW nicht ausdrücklich vor. In Gnadenangelegenheiten wird die Polizei daher künftig unter Beachtung der nachfolgenden Grundsätze1 tätig:

1.1
Die Mitwirkung der Polizei beschränkt sich im Regelfall auf die Erteilung gerichtsverwertbarer Auskünfte. Dazu gehören vor allem Auskünfte über anhängige Ermittlungsverfahren oder noch nicht rechtskräftige Bestrafungen.

1.2
Eine darüber hinausgehende Mitwirkung der Polizei, z.B. durch die Vornahme von Ermittlungen, kommt nur in Betracht, wenn die Gnadenbehörden erforderliche Feststellungen auf andere Weise nicht treffen können. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn und soweit in dem Bezirk der zuständigen Gnadenbehörde die Gerichtshilfe noch nicht eingerichtet oder dazu nicht in der Lage ist. Auf die Erklärung der Gnadenbehörde hin, dass die Voraussetzungen für die Stellung eines Ersuchens vorliegen, leistet die Polizei Amtshilfe nach den allgemeinen Grundsätzen.

1.3
Für durchzuführende Ermittlungen nach Nummer 1.2 sind die Kreispolizeibehörden zuständig.

1.4
Bei den Ermittlungen ist im Interesse des Betroffenen mit der gebotenen Rücksichtnahme zu verfahren. Es ist möglichst zu vermeiden, dass andere Personen von ehrenrührigen Tatsachen Kenntnis erhalten und der Betroffene dadurch Nachteile für seine soziale Stellung oder sein berufliches Fortkommen erleidet. Die mit den Ermittlungen beauftragten Beamten haben sich aller Äußerungen zu enthalten, die geeignet sind, bei dem Betroffenen, seinen Angehörigen oder anderen Personen Hoffnung auf einen Gnadenerweis zu erwecken.

2
Mitwirkung bei Nachtragsentscheidungen über die Aussetzung von Rechtsfolgen zur Bewährung u. ä.

Auch nach der Urteilsverkündung sind von den Justizbehörden oftmals Entscheidungen zu treffen, namentlich bei der Strafaussetzung zur Bewährung und bei dar Aussetzung der (weiteren) Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung.

2.1
Zur Vorbereitung derartiger Entscheidungen, insbesondere über den Widerruf der Aussetzung oder über den Erlass der Strafe, können, soweit nicht bereits auf Grund der Erkenntnisse aus der Überwachungstätigkeit des Gerichts - einschließlich der Berichte von Bewährungshelfern - entschieden werden kann, zusätzliche Ermittlungen notwendig sein. Nach § 463 d StPO kann die Gerichtshilfe mit Ermittlungen beauftragt werden. Eine Mitwirkung der Polizei ist auch hierbei nicht ausdrücklich vorgesehen.

2.2
In den bezeichneten Verfahren erledigt die Polizei daher Ersuchen der Justizbehörden nach den unter den Nummern 1.1 bis 1.4 dieses Erlasses niedergelegten Grundsätzen.

3
Dieser RdErl. ergeht im Einvernehmen mit dem Justizminister.

MBl. NRW. 1977 S. 784