Geltende Erlasse (SMBl. NRW.)  mit Stand vom 17.4.2024


Behandlung von Verwahrstücken im Bereich der Polizei RdErl. d. Innenministers v. 24. 10. 1983 -IV A 2 – 2029

 

Behandlung von Verwahrstücken im Bereich der Polizei RdErl. d. Innenministers v. 24. 10. 1983 -IV A 2 – 2029

Behandlung von Verwahrstücken im Bereich der Polizei
RdErl. d. Innenministers v. 24. 10. 1983 -IV A 2 – 2029

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Allgemeines

1.1
Gelangen Sachen in den Gewahrsam (amtliche Verwahrung) einer Polizeibehörde, so haben alle beteiligten Bediensteten darauf zu achten, dass diese Sachen (Verwahrstücke) vor Verlust, Verderb oder Beschädigung geschützt sind. Sie dürfen nicht unbefugt in Gebrauch genommen werden.

1.2
Die amtliche Verwahrung kann auf

- einer Sicherstellung/Beschlagnahme nach §§ 94, 108, 111b, 127a, 132 StPO, 46 OWiG,

- einer Sicherstellung nach § 21 PolG NW oder

- anderen, tatsächlichen Umständen

beruhen. Sie begründet eine Verwahrungspflicht gegenüber dem Eigentümer oder dem sonst Empfangsberechtigten.

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Verwahrstelle

2.1
Bei allen Polizeibehörden ist mindestens eine Verwahrstelle einzurichten, deren Aufsicht einem verantwortlichen Bediensteten zu übertragen ist. Die Verwaltung der in der Verwahrstelle abgelegten Verwahrstücke darf nur durch einen eng begrenzten namentlich festzulegenden Personenkreis erfolgen. Andere Bedienstete sind vom Zugriff auf die Verwahrstücke ausgeschlossen.

2.2
Die Verwahrstelle muss möglichst einbruchsicher sein. In der Verwahrstelle dürfen nur Verwahrstücke abgelegt werden.

2.3
Für die Verwahrstelle ist ein gebundenes Verwahrbuch zu führen, das ein Verzeichnis (Anlage) aller Verwahrstücke enthält. In dem Verwahrbuch darf nicht radiert und auch sonst nichts unleserlich gemacht werden. Fallen unter einer laufenden Nummer im Verwahrbuch mehr als 5 Verwahrstücke an, kann auf das Verzeichnis der Niederschrift Bezug genommen werden. Zu dem Verwahrbuch kann bei größeren Verwahrstellen ein alphabetischer Namensindex des Eigentümers, des Empfangsberechtigten oder des letzten Besitzers geführt werden. Die Niederschriften sind nach der laufenden Nummer des Verwahrbuchs geordnet zu sammeln und nach Beendigung der Verwahrung abzulegen. Sie sind von diesem Zeitpunkt an noch für die Dauer von 3 Jahren aufzubewahren.

2.4
Wird ein Verwahrstück an einen Bediensteten vorübergehend herausgegeben, ist seine Empfangsbescheinigung anstelle des Verwahrstückes aufzubewahren und ihm gegen Rückgabe des Verwahrstückes zurückzugeben. In das Verwahrbuch braucht in diesen Fällen nichts eingetragen zu werden.

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Verwahrung

3.1
Sachen, die in amtliche Verwahrung genommen werden, sind von dem diese Maßnahme durchführenden Beamten unter möglichst genauer Bezeichnung in einer Niederschrift aufzuführen.

3.1.1
Diese dreifach zu erstellende Niederschrift ist durch den Betroffenen, in dessen Abwesenheit durch einen Zeugen oder in Ausnahmefällen durch einen zweiten Beamten mit unterschreiben zu lassen. Eine Ausfertigung ist zu den Akten zu nehmen, eine weitere dem Betroffenen auszuhändigen oder zuzuleiten und die dritte unverzüglich der Verwahrstelle zu übersenden.

3.1.2
Der Sachbearbeiter hat die Sache umgehend durch einen mit Draht oder starkem Bindfaden an der Sache zu befestigenden Anhänger, z. B. aus starker Pappe, zu versehen. Es können auch entsprechende Aufkleber verwendet werden, sofern sichergestellt ist, dass bei ihrer Entfernung das Verwahrstück nicht beschädigt wird.

Anhänger bzw. Aufkleber sind mit folgenden Angaben zu versehen:

- Name und Anschrift des Eigentümers oder Empfangsberechtigten,

- Bezeichnung der Sache,

- Name des Sachbearbeiters und Bezeichnung der sachbearbeitenden Dienststelle,

- Ort und Datum der Inverwahrnahme,

- Tagebuchnummer des Vorganges.

3.1.3
Sachbearbeiter sollen Verwahrstücke nicht länger in eigenem Gewahrsam halten, als zur Durchführung der Ermittlungen unbedingt notwendig ist. Verwahrstücke, die nicht unverzüglich wieder ausgehändigt oder an andere Behörden übergeben werden können, sind von dem Sachbearbeiter der Verwahrstelle zuzuführen. Von der unmittelbaren Aushändigung oder Abgabe an andere Behörden hat der Sachbearbeiter die Verwahrstelle in Kenntnis zu setzen.

3.2
Nimmt die Polizei Fundsachen gemäß Nr. 4.2 des RdErl. v. 12. 11. 1973 (SMB1. NW. 2061) „Ordnungsbehördliche Behandlung von Fundsachen" entgegen, so sind sie bis zur Übergabe an die Ordnungsbehörde wie andere Verwahrstücke zu behandeln. Als Niederschrift können Vordrucke der Ordnungsbehörden benutzt werden.

3.3
Urkunden allgemeiner Art (Führerscheine, Schaublätter von Fahrtschreibern, Fahrzeugscheine u.a.) sind in der Akte aufzubewahren. Sie sind durch Einlegen in einem mit der Akte fest verbundenen Umschlag oder in sonstiger Weise gegen ein Herausfallen zu sichern. Eine Mitteilung über diese Verwahrstücke an die Verwahrstelle ist nicht erforderlich.

3.4
Sachen, die eines besonderen Schutzes vor Verlust oder Beschädigung bedürfen, sind besonders gesichert aufzubewahren.

3.4.1
Kursfähiges deutsches Geld ist, sofern es nicht gegenständlich als Beweismittel dient, unverzüglich bei der für die Polizeibehörde zuständigen Kasse oder Zahlstelle zu hinterlegen. Der in doppelter Ausfertigung zu erstellende Zahlungsbeleg hat zu enthalten: Name und Dienststelle des einzahlenden Beamten, Tagebuchnummer des Vorganges, Name des Empfangsberechtigten oder letzten Besitzers. Ein Beleg ist zu den Akten zu nehmen, der andere der Verwahrstelle zu übersenden und dort nach Eintragung im Verwahrbuch zusammen mit der von der Kasse oder Zahlstelle erteilten Quittung abzulegen.
Die Regelungen in den Nrn. 2.25 und 3.3 im RdErl. v. 26. 8. 1980 (SMB1. NW. 20510) „Erhebung von Sicherheitsleistungen durch die Polizei", wonach Sicherheitsleistungen nach den §§ 127 a, 132 StPO, 46 OWiG unverzüglich der Gerichtskasse oder der Bußgeldstelle zuzuleiten sind, bleiben unberührt.

3.4.2
Kursfähiges deutsches Geld, das gegenständlich als Beweismittel dient, ausländisches Geld, Fundgeld, Schecks, Wert- und Schmucksachen sind in einem Panzerschrank aufzubewahren. Diese Sachen sind im Beisein des übergebenden und übernehmenden Bediensteten mit einem Verzeichnis in einen zu versiegelnden Umschlag zu stecken. Es ist ein Beleg zu fertigen und entsprechend Nr. 3.4.1 S. 2 und 3 zu verfahren.

3.4.3
Waffen nebst Munition sind im Panzerschrank oder Stahlschrank aufzubewahren, soweit die Anzahl bzw. ihre Ausmaße und die zur Verfügung stehenden Sicherheitsschränke das zulassen. Andernfalls sind diese Verwahrstücke auf andere Art besonders gesichert aufzubewahren. - Auf die Beachtung des RdErl. v. 7. 7. 1977 (SMB1. NW. 20531) „Schusswaffenerkennungsdienst" wird hingewiesen.

3.4.4
Betäubungsmittel sind in einem Panzerschrank oder Stahlschrank aufzubewahren.

3.4.5
Gefährliche Sachen (z. B. Explosivstoffe, Zünder, feuergefährliche oder radioaktive Stoffe, gefährliche Chemikalien, Gifte) sind entsprechend den Erfordernissen des Einzelfalles als Verwahrstücke zu sichern. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass bei der Behandlung und Lagerung dieser Sachen besondere Sicherheitsbestimmungen zu beachten sind, die in der Regel eine Aufbewahrung durch die Polizei ausschließen. Auf die eventuell erforderliche Beteiligung bzw. Inanspruchnahme von zuständigen Stellen und Fachkräften (Kampfmittelräumdienst, Feuerwehr, Gewerbeaufsichtsämter oder private Fachunternehmen) wird hingewiesen.

Unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen (USBV) sind - soweit möglich - zum Zwecke der Verwahrung zu entschärfen. Ist eine Entschärfung nicht möglich oder zu gefährlich, sind sie nach Beschreibung und fotografischer Beweissicherung zu vernichten. Soweit die Gefahrenlage es zulässt, sind zuvor Proben der brand- bzw. explosionsgefährlichen Substanzen für Untersuchungszwecke zu nehmen. - Hinsichtlich der Sachbehandlung im Einzelfall ist jeweils das Einvernehmen mit der Staatsanwaltschaft herzustellen, die das Ermittlungsverfahren führt, sofern nicht nach pflichtgemäßem Ermessen ein vorheriges Handeln geboten erscheint.

3.4.6
Sachen, die wegen ihres Umfanges, ihrer Beschaffenheit oder weil sie ständiger Pflege bedürfen, nicht in die Verwahrstelle aufgenommen werden können, sind nach rechtsgeschäftlicher Vereinbarung durch zuverlässige Fachunternehmen aufbewahren zu lassen oder in anderer Weise zu sichern.

3.4.7
Wegen der Verwahrung von Kraftfahrzeugen wird aufden RdErl. v. 25. 6. 1979 (SMB1. NW. 20510) „Sicherstellung von Kraftfahrzeugen durch die Polizei" verwiesen.

3.4.8
Verderbliche Sachen sind nicht für längere Zeit aufzubewahren. Mit ihnen ist nach Nr. 4.8 zu verfahren.

3.5
Verwahrstücke, die durch die Ingewahrsamnahme von Personen anfallen, sind nach §§ 9, 37 der Polizeigewahrsamsordnung (RdErl. v. 27. 7. 1979 - SMB1. NW. 20510 -) zu behandeln.

4
Beendigung der Verwahrung

4.1
Sachbearbeiter und Verwahrstelle haben dafür zu sorgen, dass die Dauer der Verwahrung auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt bleibt. Die Vorgänge sind daher in angemessenen Zeitabständen darauf zu prüfen, ob Verwahrstücke an Empfangsberechtigte oder andere Behörden abgegeben werden können. Hängt die Entscheidung darüber von anderen Behörden ab, so sind sie um entsprechende Verfügung zu ersuchen.

4.2
Sachen, die in Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenverfahren in Verwahrung genommen werden, sind spätestens mit der Abgabe des Ermittlungsvorgangs an die Staatsanwaltschaft bzw. an die sonstige Verfolgungsbehörde abzugeben, sofern nicht im Einzelfall eine Vereinbarung über die Fortführung der Verwahrung durch die Polizei getroffen wird. Der Empfang der Verwahrstücke ist quittieren zu lassen.

4.3
Geld, Wertsachen, Betäubungsmittel und Waffen sind nicht als Akteninhalt weiterzuleiten, sondern dem jeweiligen Empfänger gesondert gegen Quittung zu übergeben. Ist eine Versendung durch die Post erforderlich, hat sie als Einschreibe- oder Wertsendung zu erfolgen.

4.4
Verwahrstücke sind grundsätzlich an den Eigentümer, letzten Besitzer oder sonst Empfangsberechtigten zurückzugeben.

4.5
Die Rückgabe polizeirechtlich sichergestellter Verwahrstücke richtet sich nach § 24 PolG NW. Es ist stets zu prüfen, ob eine Vernichtung oder Unbrauchbarmachung des Verwahrstückes in Betracht kommt (§ 23 PolG NW).

4.6
Die Aushändigung von, Verwahrstücken an Empfangsberechtigte darf in Strafverfahren grundsätzlich nur auf Verfügung des Gerichts oder der Staatsanwaltschaft vorgenommen werden. In Ordnungswidrigkeitenverfahren ist eine Aushändigung aus eigener Entschließung nur möglich, wenn die Polizeibehörde das Verfahren beendet. Hierüber ist ein Protokoll in dreifacher Ausfertigung zu erstellen, mit dem wie in Nr. 3.1 zu verfahren ist.

4.7
Die Verwertung von Verwahrstücken obliegt der Abteilung Verwaltung der Polizeibehörden. Sachbearbeiter bzw. Verwahrstelle teilen ihr die zur Verwertung anstehenden Verwahrstücke mit.

4.8
Ist ein Empfangsberechtigter oder dessen Aufenthaltsort nicht bekannt oder nicht mit angemessenem Aufwand zu ermitteln, ist eine Verwertung durch öffentliche Versteigerung (§ 983 BGB) oder durch freihändigen Verkauf (§ 23 Abs.3 PolG NW) durchzuführen.

Die Polizei kann die Versteigerung selbst vornehmen. Vom Erlös werden die Kosten abgezogen. Der verbleibende Betrag ist für eventuelle Berechtigte bereitzuhalten. Sind seit Ablauf der in der öffentlichen Bekanntmachung bestimmten Frist drei Jahre verstrichen, verfällt der verbleibendeErlös dem Fiskus, es sei denn, es hat sich während dieser Frist ein Berechtigter gemeldet. Der verbleibende Erlös ist im Polizeihaushalt zu vereinnahmen.

5
Schlussbestimmungen

5.1
Die Polizeibehörden regeln durch Dienstanweisung insbesondere,

- Anzahl und Ort der Verwahrstellen,

- welchen Bediensteten die verantwortliche Betreuung einer Verwahrstelle übertragen wird (Nr. 2.1),

- welchen Bediensteten der Zugriff auf die in der Verwahrstelle abgelegten Verwahrstücke gestattet wird (Nr. 2.1),

- regelmäßige Kontrollen der ordnungsgemäßen Führung des Verwahrbuches, des Zustandes der Verwahrstelle, der sachgemäßen Lagerung der Verwahrstücke und die Zeitabstände, in denen die Verwahrstellen auf Verwahrstücke zu überprüfen sind, bei denen die Verwahrung beendet werden kann,

- wem in Verlust geratene oder beschädigte Gegenstände unverzüglich anzuzeigen sind.

Die Polizeibehörden regeln ferner für bestimmte Einsätze (z. B. Razzien, Hausräumungen, Einrichtung von Kontrollstellen) die Behandlung von Verwahrstücken, wenn zu erwarten ist, dass eine größere Anzahl von Sachen in amtliche Verwahrung genommen werden muss.

5.2
entfallen; Aufhebungsvorschrift

5.3
Dieser RdErl. ergeht im Einvernehmen mit dem Justizminister.

MBl. NRW. 1983 S. 2354, geändert durch RdErl. v 22.7.1987 (MBl. NRW. 1987 S. 1176)


Anlagen: