Geltende Erlasse (SMBl. NRW.)  mit Stand vom 17.4.2024


Führung von Kriminalakten RdErl. d. Innenministeriums v. 21.2.2002 - 42.2 – 6422

 

Führung von Kriminalakten RdErl. d. Innenministeriums v. 21.2.2002 - 42.2 – 6422

Führung von Kriminalakten
RdErl. d. Innenministeriums v. 21.2.2002
- 42.2 – 6422

Inhaltsübersicht
1 Aufgaben, Gegenstand, betroffener Personenkreis

2 Zweck/Zweckbindung

3 Datenspeicherung

4 Führung

5 Datennutzung/-übermittlung

6 Prüfungstermine und Aufbewahrungsfristen

7 Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten

8 Datensicherheit/Datenschutz

9 Schlussbestimmungen

1
Aufgaben, Gegenstand, betroffener Personenkreis

1.1
Zur Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten sowie zur Vorbereitung auf das Handeln zur Verhütung von Straftaten (§ 1 Absatz 1 Satz 2 PolG NRW) führt die Polizei Kriminalakten (KA).

1.2
KA sind Kriminalpolizeiliche personenbezogene Sammlungen (KpS) im Sinne der Richtlinien für die Führung Kriminalpolizeilicher personenbezogener Sammlungen (KpS-Richtlinien), RdErl. d. Innenministeriums vom 25.08.2000, SMBl. NRW. 20531, die sich auf Tatverdächtige, Beschuldigte in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren oder auf Verurteilte beschränken. Vorsätzliche Straftaten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr sind einzubeziehen.

1.3
KpS über tatverdächtige Kinder werden nicht als KA geführt.

1.4
Die Anlage von KA setzt eine Prognose der Polizei oder eines Gerichtes voraus, dass unter 1.2 genannte Personen aufgrund der Persönlichkeit, der Art oder Ausführung der Straftat oder sonstiger Erkenntnisse erneut eine Straftat begehen könnten. Bei fahrlässiger Begehung ist das in der Regel nicht anzunehmen.

1.5
Die Bestimmungen der KpS-Richtlinien gelten für KA unmittelbar, sofern dieser Erlass keine spezielle Regelung trifft.

2
Zweck/Zweckbindung

Zweck einer KA ist es, einen Überblick über den kriminellen Lebenslauf der betroffenen Person, ihr Vorgehen bei der Vorbereitung und Ausführung von Straftaten, ihr Verhalten danach und gegenüber der Polizei, ihre Tatmotive, ihre sonstigen Polizeieinsätze auslösenden Verhaltensweisen sowie über weitere fahndungs- und ermittlungsrelevante Informationen zu vermitteln. Sie soll Personen- und Sachzusammenhänge von Fahndungs- oder Ermittlungsrelevanz erkennen lassen und ermöglichen,

- Hinweise zur Vorbereitung auf das Handeln zur Verhütung von Straftaten zu erlangen,
- eine Person zu identifizieren,
- den Tatverdacht gegen eine Person zu begründen bzw. zu erhärten oder diesen auszuschließen bzw. zu entkräften und
- zu jeder Phase eines Ermittlungsverfahrens Hinweise zum taktischen Vorgehen einschließlich der Eigensicherung der Polizei zu geben.

3
Datenspeicherung

Die Speicherung der in KA enthaltenen Unterlagen über Tatverdächtige, Beschuldigte und Verurteilte erfolgt auf der Grundlage des § 24 Absatz 1 und 2 Satz 1 PolG NRWi. V. m. § 481 StPO. Die Mitspeicherung von Taten ihrer fahndungs- oder ermittlungsrelevanten Kontakt- oder Begleitpersonen, Auskunftspersonen erfolgt auf der Grundlage des § 24 Absatz 4 PolG NRW i.V.m. § 481 StPO.

Eine suchfähige Speicherung personenbezogener Daten im Kriminalaktennachweis (KAN) ist nur für Tatverdächtige, Beschuldigte und Verurteilte auf der Grundlage von § 24 Absatz 2 Satz 2 PolG NRW zulässig.

3.1
Inhalte

3.1.1
In die KA werden folgende Unterlagen aufgenommen:

- Personalblatt
- Erkennungsdienstliche Unterlagen
- Auszüge aus dem Bundeszentralregister
- Merkblätter und vorläufige Merkblätter
- Personengebundene Hinweise auf besondere Gefährlichkeit, Suchtkrankheiten, psychische Störung oder andere persönliche Eigenschaften und
  Verhaltensweisen, die beim Einschreiten für die Eigensicherung und/oder zum Schutz des Betroffenen von Bedeutung sind
- Unterlagen über personengebundene Hinweise und andere personengebundene Merkmale von polizeilichem Interesse
- Mitteilungen über Verfahrensausgänge gemäß § 482 Absatz 2 StPO, sofern diese keine Löschung begründen
- Mitteilungen über Straf- und Haftzeiten
- Mitteilungen der Justizvollzugsanstalten über Beurlaubungen
- Mitteilungen der Maßregelvollzugskliniken über Entwichene
- Hinweise über Namensänderungen, Staatsangehörigkeitswechsel, Ausweisung, Aufenthaltsverbot, Versagung oder Entziehung von Pass- oder
  Fahrerlaubnis, Bewährungszeiten, Führungsaufsicht, Unterbringung in psychiatrischen und Entziehungsanstalten
- Unterlagen über Aliasnamen
- Anordnungen von Gerichten zur DNA-Untersuchung auf der Grundlage des § 81 g StPO oder des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes

3.1.2
Daneben können außerdem folgende Unterlagen aufgenommen werden:
- Fahndungsunterlagen einschließlich Lichtbilder, Videoaufzeichnungen
- Vermisstenvorgänge über aufgeklärte Fälle mit prognostizierter Wiederholungsgefahr
- Vorgänge über Selbsttötungsversuche, die für die Gefahrenabwehr erforderlich sind
- Vorgänge über Selbsttötungen, sofern sie für die polizeiliche Arbeit noch erforderlich sind
- Tatortbefundberichte, Untersuchungsberichte und Gutachten, Durchsuchungs- und Beschlagnahmeprotokolle, Vernehmungsniederschriften,
  Zwischenberichte, Abschlussvermerke, Anklageschriften und Urteilsausfertigungen, wenn dieses wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls geboten
  erscheint
- Hinweise auf Kontakt- oder Begleitpersonen, Auskunftspersonen
- Aktenvermerke
- Hinweise aus dem kriminalpolizeilichen Meldedienst
- Hinweise aus Auswerte- und Analyseprojekten
- Schriftproben
- Kopien von Ausweispapieren von ausländischen Tatverdächtigen, Beschuldigten oder Verurteilten, die bei der Einleitung eines
  Personenfeststellungsverfahrens gemäß Nr. 5.7 des RdErl. "Erkennungsdienst" v. 19.1.1998 (SMBl. NRW. 20531) erstellt wurden
- Hinweise über die Erteilung, Versagung oder Entziehung von Berechtigungsscheinen (z.B. Waffenschein, Jagdschein oder Konzessionen)
- Hinweise auf Berufsverbote oder eine Pflegschaft
- Ersuchen anderer Dienststellen um Unterrichtung bei Eingang weiterer Nachrichten
- sonstige Registerauszüge

3.1.3
Beobachtungs- und Feststellungsberichte, die der Überprüfung dienen, ob der Betroffene als Tatverdächtige für eine Straftat in Betracht kommt, sind nicht in die KA aufzunehmen.

3.1.4
Durchschriften von Unterlagen und Anzeigen, die nicht von den Strafverfolgungsbehörden gefertigt wurden, sind nicht in die KA aufzunehmen.

3.2
Ordnung

3.2.1
KA über Personen, die nicht erkennungsdienstlich behandelt sind, können bis zum Umfang von 10 Blättern als Loseblattsammlung aufbewahrt werden.

3.2.2
KA über erkennungsdienstlich behandelte Personen und KA mit mehr als 10 Blättern sind zu heften. Der Inhalt der KA ist wie folgt zu ordnen:

- Personalblatt
- Lichtbilder – in einem Umschlag mit Nachweis
- Erkennungsdienstliche Unterlagen
- Auszug aus dem Bundeszentralregister
- Unterlagen im Sinne von 3.1
- Nachweis über die Einsichtnahme, Auswertung und Datenübermittlung als letztes Blatt

3.3
Registratur

3.3.1
KA sind fortlaufend zu nummerieren. Die Nummern ausgesonderter KA werden erst dann neu vergeben, wenn durch technische oder organisatorische Maßnahmen eine Doppelbelegung ausgeschlossen ist.

3.3.2
KA über Beschuldigte oder sonstige tatverdächtige Personen werden im Kriminalaktennachweis NRW (KAN Land) und in Fällen schwerer oder überregional bedeutsamer Straftaten im Kriminalaktennachweis Bund (KAN Bund) nachgewiesen.

3.3.3
Die Speicherung im KAN ist zu dokumentieren.

4
Führung

4.1
In Nordrhein-Westfalen wird über eine Person nur eine KA geführt, und zwar bei der für den ständigen Aufenthaltsort der Person zuständigen Kreispolizeibehörde (KPB). Die Führung erfolgt grundsätzlich an behördenzentraler Stelle. Die Anlage von Duplikaten für ausgelagerte Organisationseinheiten ist nicht zulässig.

4.2
Das Landeskriminalamt (LKA) NRW führt KA über Personen, die

- ohne festen Wohnsitz sind und ihren Aufenthaltsort ständig wechseln
- als Ausländer in ihr Heimatland ausgewiesen oder abgeschoben wurden
- sich zur Verbüßung von lebenslangen Freiheitsstrafen in Justizvollzugsanstalten befinden oder voraussichtlich lebenslang in Maßregelvollzugskliniken
  untergebracht sind
- ihren ständigen Aufenthaltsort außerhalb des Landes Nordrhein-Westfalens haben, wenn es sich um Personen von besonderem polizeilichen Interesse handelt, soweit das betroffene andere Bundesland die Übernahme der KA ablehnt.
4.3
Die Staatsschutzdienststellen können in Abhängigkeit zu bestehenden Kriminalakten (KA)  Kriminalpolizeiliche personenbezogene Sammlungen Staatsschutz (KpS-ST) führen. In KpS-ST sind Unterlagen nach 3.1.2 meines RdErl. vom 21.02.2002 aufzunehmen, wenn diese ausschließlich für die Aufgabenerfüllung des Polizeilichen Staatsschutzes bestimmt und erforderlich sind. Die KpS-ST sind Kriminalpolizeiliche personenbezogene Sammlungen (KpS) im Sinne meines RdErl. vom 25.08.2000, - SMBl. NRW. 20531-.

Die KpS-ST sind bei der für den ständigen Aufenthaltsort der Person zuständigen Staatsschutzdienststelle zu führen.

Unmittelbaren Einblick in KpS-ST erhalten die

- Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter der Staatsschutzdienststellen

- Vorgesetzte der Einblickberechtigten sowie die von ihnen mit der Wahrnehmung der Fachaufsichtsaufgaben betrauten Kräfte

- die oder der Datenschutzbeauftragte der Polizeibehörde.

KpS-ST sind im Kriminalaktennachweis gesondert nachzuweisen. Das Nähere hierzu regelt das Landeskriminalamt NRW.

4.4
Die KA wird von der Kreispolizeibehörde abgegeben, wenn

- sich der neue ständige Aufenthaltsort des Betroffenen im Zuständigkeitsbereich einer anderen KPB des Landes NRW befindet oder
- die Voraussetzungen zur Führung einer KA beim LKA NRW gegeben sind.

4.5
Sollte bei der Überprüfung einer Person festgestellt werden, dass über diese Person bei mehreren KPB des Landes NRW KA geführt werden, so ist der ständige Aufenthaltsort zu ermitteln und die zuständige KPB zu informieren. Die zuständige KPB fordert bei den weiteren aktenführenden KPB die KA an.

4.6
Bei Übernahme der KA sind entsprechende Berichtigungen im KAN Land oder Bund des INPOL-Systems vorzunehmen.

4.7
Liegen die Voraussetzungen für die weitere Aufbewahrung der KA durch das LKA NRW nicht mehr vor, prüft es, ob gemäß § 32 Abs. 9 BKAG die KA dem BKA überlassen werden muss.

4.8
Werden KA von Personen, deren Aufenthaltsort in einem anderen Bundesland liegt und die von besonderem polizeilichen Interesse sind, aufgrund eines Wechsel des Aufenthaltsortes an das LKA NRW abgegeben, gibt das LKA NRW die KA regelmäßig an das für den Wohnsitz oder ständigen Aufenthaltsort zuständige LKA des anderen Bundeslandes unter Hinweis auf den Abgabegrund ab.

5
Datennutzung/-übermittlung

Die Datenübermittlung richtet sich nach Nr. 3 der KpS-Richtlinien.

5.1
Einblick in die KA

5.1.1
Unmittelbaren Einblick in die KA erhalten

- Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter in den Kriminalkommissariaten, einschließlich des Polizeilichen Staatsschutzes
- Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter in den Verkehrskommissariaten, soweit sie mit der Bearbeitung von Straftaten beauftragt sind
- Beamtinnen und Beamte der Kriminalwache bzw. des Kriminaldauerdienstes
- Dienstgruppenleiterinnen und –leiter der Leitstellen
- Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter von Verbindungsstellen
- Vorgesetzte der Einblickberechtigten sowie die von ihnen mit der Wahrnehmung der Fachaufsichtsaufgaben betrauten Kräfte
- die oder der Datenschutzbeauftragte der Polizeibehörde,

wenn die Datennutzung zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

5.1.2
Diese o.a. Einblickberechtigten sind namentlich zu bestimmen und von der KA-führenden Organisationseinheit zu erfassen.

5.1.3
Erfordert die Einsatzbewältigung eine Besondere Aufbauorganisation (BAO), erhalten daneben die

- Polizeiführerin oder der Polizeiführer
- von ihnen beauftragte und sie unterstützende, im Umgang mit KA vertraute Beamtinnen und Beamte
- Kräfte der Spezialeinheiten

unmittelbaren Einblick in die KA.

5.1.4
Jeder Einblick in KA ist nachzuweisen. Der Nachweis ist das letzte Blatt jeder KA; er ist als Übersicht zu führen, welche die Dienststelle, den Namen, das Namenszeichen des/der Einblicknehmenden sowie in nachvollziehbarer Weise den Anlass und das Datum der Einblicknahme ausweist. Die Bestimmung gilt entsprechend für die Erteilung von Auskünften durch das Personal der mit der Führung von KA beauftragten Organisationseinheit.

5.1.5
KA müssen jederzeit verfügbar sein und können nur für kurze Zeit zum Zweck der Auswertung gegen Empfangsbescheinigung an die Einblickberechtigten ausgegeben werden. Die Entnahme und der Verbleib einer KA sind in der Kriminalaktenhaltung zu dokumentieren.

5.2
Verwertung von Erkenntnissen

5.2.1
Die Übernahme von Inhalten einer KA in eine Datei oder sonstige Sammlung ist in der KA zu vermerken. Dies gilt auch für die Entnahme von Lichtbildern.

5.2.2
Erkenntnisse aus KA, die in einem Ermittlungs- oder Strafverfahren gewonnen wurden, können in einzelne Ermittlungsvorgänge übernommen werden, wenn dies erforderlich ist. In diesem Fall ist, unter Verzicht auf den Hinweis auf die Existenz der KA, jedoch unter Angabe des staatsanwaltschaftlichen Aktenzeichens bzw. der polizeilichen Tagebuchnummer, auf diese Ermittlungsvorgänge als Informationsquelle hinzuweisen.

5.2.3
Schriftstücke oder ADV-Ausdrucke, die aufgrund von Erkenntnisanfragen aus den KA, Ergebnissen von INPOL-Überprüfungen oder Auskünften aus dem KAN (Kurzauskünfte) erstellt wurden, dürfen nichtin Ermittlungsvorgänge aufgenommen werden.

5.2.4
Die Anfertigung von Ablichtungen der KA-Inhalte oder deren Aufnahme in Ermittlungsvorgänge ist unzulässig.

5.3
Datenübermittlung

Eine Übermittlung von personenbezogenen Daten aus KA erfolgt nur zu dem Zweck, zu dem sie erlangt oder gespeichert worden sind oder unter Durchbrechung des Zweckbindungsgebotes in den Fällen, soweit dies

- durch Gesetz zugelassen
- zur Abwehr einer Gefahr erforderlich ist und der Empfänger die Daten auf andere Weise nicht oder nicht rechtzeitig oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand erlangen kann

Nach § 24 Abs. 4 PolG NRW gespeicherte Daten (Kontakt- oder Begleitpersonen, Auskunftspersonen) dürfen nur an Polizeibehörden übermittelt werden.

5.4
Datenweitergabe innerhalb der Polizeibehörde

5.4.1
Die zur unmittelbaren Einblicknahme berechtigten und namentlich erfassten Personen erhalten umfassende Informationen aus den KA.

5.4.2
Allen Polizeivollzugsbeamtinnen und –beamten des erweiterten Wachdienstes und des Ermittlungsdienstes, die kein unmittelbares Einblicksrecht in KA haben, ist Auskunft aus der KA über solche Hinweise zu erteilen, die sie bei der Verfolgung von Straftaten oder zur Abwehr von Gefahren für strafbewehrte Rechtsgüter zum taktisch zweckmäßigen Vorgehen, insbesondere zur Eigensicherung, benötigen.

Darunter fallen vor allem Hinweise über die Gefährlichkeit des Betroffenen und über sein Verhalten bei polizeilichem Einschreiten.

5.4.3
Der Umfang der personenbezogenen Daten, die zur Bearbeitung von Rechtsangelegenheiten an andere Stellen innerhalb der Polizeibehörde weitergegeben werden, ist auf den Inhalt (Tatzeit, Aktenzeichen, Tagebuchnummer, strafrechtlicher Vorwurf) und den Verfahrensausgang der bekannten Ermittlungsverfahren, im Falle von Vermisstenvorgängen und Selbsttötungsversuchen auf die vorgangserschließenden Angaben der polizeilichen Emittlungsvorgänge (Tagebuchnummer, sachbearbeitende Organisationseinheit) zu beschränken.

Personengebundene Hinweise hinsichtlich der Gefährlichkeit oder persönlichen Eigenschaften und Verhaltensweisen des Betroffenen oder Unterlagen über personengebundene Merkmale von polizeilichem Interesse werden im Einzelfall übermittelt, wenn die Kenntnis für die ersuchende Stelle bei der Erfüllung ihrer Aufgaben für eine Entscheidung von Bedeutung sein kann.

5.4.4
Die Verantwortung für die Weitergabe trägt die weitergebende Stelle. Hierzu kann die Leiterin oder der Leiter der Polizeibehörde die KA-führende Organisationseinheit oder ein Kriminalkommissariat bestimmen. Die weitergebende Stelle hat die Zulässigkeit der Datenweitergabe zu prüfen; die ersuchende Stelle hat hierzu die zur Prüfung erforderlichen Angaben zu machen.

5.4.5
Bei allgemein gehaltenen Anfragen ist eine Konkretisierung der benötigten Daten zu fordern. Telefonische Ersuchen dürfen nur beantwortet werden, wenn die Identität und Berechtigung des Anrufers entsprechend den Bestimmungen der Datenschutzanweisung geprüft sind.

5.5
Datenübermittlung zwischen Polizeibehörden

5.5.1
Erkenntnisanfragen müssen die Zuständigkeit der anfragenden Stelle für die Aufgabe, zu deren rechtmäßigen Erfüllung die Daten benötigt werden, und den Anlass der Anfrage zweifelsfrei ausweisen. Für den Umfang und Inhalt der Auskunft gelten die Regelungen der Nrn. 5.4.2/5.4.3 und 5.4.5 analog. Die Rechtmäßigkeit des Ersuchens wird von der übermittelnden Dienststelle nur geprüft, wenn im Einzelfall hierzu Anlass besteht.

5.5.2
Bei allgemein gehaltenen Anfragen ist eine Konkretisierung der benötigten Daten zu fordern. Telefonische Ersuchen dürfen nur beantwortet werden, wenn die Identität und Berechtigung des Anrufers entsprechend der Bestimmungen der Datenschutzanweisung geprüft sind.

5.6
Datenübermittlung an andere öffentliche Stellen

5.6.1
Die Übermittlung personenbezogener Daten an andere öffentliche Stellen ist unter den Voraussetzungen des § 28 PolG NRW zulässig

- für rechtlich vorgesehene Sicherheitsüberprüfungen
- zur erforderlichen Erfüllung der Aufgaben des Empfängers; so um gerichtsverwertbare Informationen zur Bearbeitung von Rechtsangelegenheiten (insbesondere Nr. 2.4 der KpS-Richtlinien, letzter Anstrich) zu erlangen
- zur Entscheidung in einem Verwaltungsverfahren unter Beteiligung mehrerer öffentlicher Stellen.

5.6.2
Bei der Übermittlung aufgrund eines Ersuchens ist zu prüfen, ob ein Hinweis auf andere Quellen, z.B. Bundeszentralregister oder Aktenzeichen der Staatsanwaltschaft, des Gerichts, ausreichend ist (Nr. 3.7 KpS-Richtlinien).

5.6.3
Hinweise, die Auskunft über das taktische Vorgehen und die Eigensicherung der Polizei geben, sind in der Regel für die rechtmäßige Erfüllung der Aufgaben der ersuchenden Stelle nicht erforderlich.

Personengebundene Hinweise hinsichtlich der Gefährlichkeit oder persönlichen Eigenschaften und Verhaltensweisen des Betroffenen oder Unterlagen über personengebundene Merkmale von polizeilichem Interesse werden im Einzelfall übermittelt, wenn die Kenntnis für die ersuchende Stelle bei der Erfüllung ihrer Aufgaben für eine Entscheidung von Bedeutung sein kann.

5.7
Datenübermittlung an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs
5.7.1

Bei einer Übermittlung gemäß § 29 PolG NRW aufgrund eines Ersuchens ist der Inhalt der Auskunft auf die Daten i. S v. Nr. 5.4.3 Satz 1 zu beschränken. Es ist zu prüfen, ob ein Hinweis auf andere Quellen z.B. Bundeszentralregister oder Aktenzeichen der Staatsanwaltschaft, des Gerichts usw. ausreichend ist (Nr. 3.7 der KpS-Richtlinien, VVPolG NRW 29.22 zu § 29).
5.7.2

Hinweise, die Auskunft über das taktische Vorgehen und die Eigensicherung der Polizei geben, personengebundene Hinweise hinsichtlich der Gefährlichkeit oder persönlichen Eigenschaften und Verhaltensweisen des Betroffenen oder Unterlagen über personengebundene Merkmale von polizeilichem Interesse sind in der Regel für die rechtmäßige Erfüllung der Aufgaben der ersuchenden Stelle nicht erforderlich.
5.8

Rechte des Betroffenen
5.8.1

Die Verpflichtung, dem Betroffenen auf Antrag Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten zu erteilen oder Einsicht in die KA zu gewähren, richtet sich nach § 18 DSG NRW.
5.8.2

Die Gründe der Versagung einer Auskunft oder Einsicht sind zu dokumentieren und als Verwaltungsvorgang bei der für Auskunftsersuchen zuständigen Organisationseinheit der Polizeibehörde aufzubewahren. Die Schriftstücke dürfen nicht als Bestandteil der KA geführt werden.

6
Prüfungstermine und Aufbewahrungsfristen

6.1
Die Dauer der Speicherung einer KA richtet sich nach §§ 22 ff. PolG NRW sowie den KpS-Richtlinien (Nrn. 5.1 bis 5.5).

6.2
Der Aufbewahrungszeitraum beginnt mit dem Tag der ersten Speicherung der KA in den KAN und verlängert sich mit dem Datum

- der Nachspeicherung eines Merkblattes über einen neuen Verdachtsfall,
- der Haftentlassung oder
- der ohne Aktenrückhalt bei der Polizei NRW belegten Verurteilung in einem Strafverfahren, in dem die Polizeibehörden des Landes NRW keine Ermittlungen durchgeführt haben,

entsprechend.

Ein Merkblatt oder vorläufiges Merkblatt ist, sofern nicht überwiegend taktische Gesichtspunkte entgegenstehen, unverzüglich zu fertigen. Das vorläufige Merkblatt ist spätestens bei Abgabe des Verfahrens an die Staatsanwaltschaft durch ein Merkblatt zu ergänzen, wenn durch das Ermittlungsverfahren die Erkenntnisse erweitert oder geändert sind.

6.3
Ordnet der Richter eine molekulargenetische Untersuchung der beim Beschuldigten entnommenen Körperzellen zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters gemäß § 81 g Absatz 3 i.V.m. § 81 f StPO an, weil wegen der Art und Ausführung der Tat, der Persönlichkeit des Beschuldigten oder sonstiger Erkenntnisse Grund zu der Annahme besteht, dass gegen ihn künftig Strafverfahren wegen einer Straftat gemäß § 81 g Absatz 1 StPO zu führen sind, so beginnt die Aussonderungsfrist der KA mit dem Datum dieser Anordnung.

Das gilt entsprechend bei der Anordnung eines Richters gemäß § 2 Absatz 2 DNA-Identitätsfeststellungsgesetz i.V.m. § 81 f StPO.

Ist in den Fällen des Satzes 2 keine KA existent, begründet die richterliche Anordnung deren Anlage.

6.4
Die Einhaltung der Prüfungstermine und Aufbewahrungsfristen ist durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen.

6.5
Daten von Personen, die aufgrund eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gespeichert wurden sind zu löschen, wenn der Verdacht der Straftat gegen die Person entfallen ist. Die zu der Person in diesem Ermittlungsverfahren suchfähig angelegten Akten oder Aktenteile sind zu vernichten.

6.6
Die Unterrichtung der Polizeibehörden durch die Staatsanwaltschaft über den Ausgang des Ermittlungsverfahren gemäß § 482 StPO ist bei der Entscheidung über die weitere Aufbewahrung der in der KA gespeicherten verfahrensbezogenen Unterlagen maßgeblich zu berücksichtigen.

Bei rechtskräftigem Freispruch wegen erwiesener Unschuld in der gerichtlichen Hauptverhandlung sind die verfahrensbezogenen Daten zu löschen.

In sonstigen Fällen des Freispruches sowie in den Fällen von Verfahrenseinstellungen nach den §§ 153 ff. sowie nach § 170 Abs. 2 StPO sind die verfahrensbezogenen Daten zu löschen, es sei denn, es bestehen weiterhin Verdachtsmomente gegen die betroffene Person, die eine Fortdauer der Speicherung zur präventiv-polizeilichen Verbrechensbekämpfung rechtfertigen, und eine Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls ergibt, dass eine Wiederholungsgefahr besteht. Die Gründe für die Prognoseentscheidung sind aktenkundig zu machen.

Die rechtzeitige Kenntnis der Verfahrensausgänge ist durch Absprachen mit der StA sicherzustellen.

7
Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten

Die Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten richtet sich nach § 32 PolG NRW und den KpS-Richtlinien (Nummern. 6.1 bis 6.7).

8
Datensicherheit/Datenschutz

8.1
Die KA Polizeibehörden treffen die erforderlichen personellen, technischen und organisatorischen Maßnahmen (§ 10 DSG NRW) gegen Missbrauch und unerlaubten Zugriff.

8.2
Bei der Bearbeitung behördeninterner Regelungen und Maßnahmen zur Verarbeitung personenbezogener Daten in KA bzw. Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften ist die/der behördliche Datenschutzbeauftragte (§ 32 a DSG NRW) frühzeitig zu beteiligen.

8.3
KA sind unter der Dienst- und Fachaufsicht einer Polizeibeamtin oder eines Polizeibeamten zu führen.

Häufiger Personalwechsel in der Kriminalaktenhaltung soll vermieden werden.

9
Schlussbestimmungen

Der RdErl. v. 21.3.1988 (SMBl. NRW. 20531) wird aufgehoben.

MBl. NRW.2002 S. 324, geändert durch RdErl. v. 12.12.2002 (MBl. NRW. 2003 S. 39), 27.8.2003 (MBl. NRW. 2003 S. 1096).