Historische SMBl. NRW.

 Aufgehobener Erlass: Aufgehoben durch Erlassbereinigung 2003 (§ 9 VV v. 29.8.61).

 


Historisch: Hinweise zum Gesetz über die Unterbringung geisteskranker, geistesschwacher und suchtkranker Personen sowie zum Gesetz über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen RdErl d Innenministers v. 22 9. 1960 — VI A 4 — 13.0206 ¹)

 

Historisch:

Hinweise zum Gesetz über die Unterbringung geisteskranker, geistesschwacher und suchtkranker Personen sowie zum Gesetz über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen RdErl d Innenministers v. 22 9. 1960 — VI A 4 — 13.0206 ¹)

22.9.60 (1)

121. Ergänzung - SMB1. NW. - (Stand 15. 10.1977 = MBl. NW. Nr. 97 einschl.)

2061


Hinweise
zum Gesetz über die Unterbringung geisteskranker, geistesschwacher
und suchtkranker Personen sowie zum Gesetz
über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen

RdErl d Innenministers v. 22 9. 1960 — VI A 4 — 13.0206 ¹)

Das am l Januar 1957 in Kraft getretene Landesgesell über die Unterbringung geisteskranker, geistesschwacher und sucbtkranker Personen v 16 Oktober 1956 (GS. NW S. 370) — Unterbringungsgesetz — enthält gegenüber den vorher geltenden Bestimmungen einige Rechtsande-rungen. die für die Anstaltsleiter .von Belang sind. Die bei Anwendung des Unterbringungsgesetze» maßgeblichen Gesichtspunkte sind aber auch zu beachten, wenn Personen in eine Anstalt aut Grund des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen v 29. Juni 1956 (BGBI. I S. 599) eingewiesen werden Unter Bezugnahme auf die Verwaltungsvorschriften v. 2 12. 1956 (SMBI NW 2061) zum Unterbringungsgesetz u v 3 12. 1956 (SMBI. NW 3219) zum Freiheitsentziehungsgesetz weise ich erläuternd aut folgendes hin:

l Gesetz über die Unterbringung geisteskranker, geistesschwacher and suchtkranker Personen.

1.1 Das Unterbringungsgesetz betrifft nur gersteskranke, geistesschwache und suchtkranke Personen, die durch die öffentliche Gewalt in eine geschlossene Anstalt oder eine geschlossene Abteilung 'eingewiesen werden und dort verbleiben sollen. Es bezieht sich nicht auf fürsorgerische Anstaltsaufnahmen.

12 Das Verfahren nach dem Unterbringungsgesetz findet keine Anwendung, wenn Personen, die unter elterlicher Gewalt oder Vormundschaft

' stehen, durch die Eltern oder Vormünder in einer Anstalt untergebracht' werden. Es kommt ebenfalls nicht in Betracht für die Unterbringung von geistig gebrechlichen Personen durch den vom. Gericht bestellten Pfleger, dem das Recht zur Bestimmung des Aufenthaltes seines Pfleglings zusteht.

1.21 Bei Minderjährigen, die unter elterlicher Gewalt stehen, ist der Wille der Eltern in der Weise maßgebend, daß sie allein über die Unterbringung des Kindes in einer Anstalt entscheiden.

1.22 Bei Minderjährigen und volljährigen Personen, die unter Vormundschaft stehen oder einen Gebrechlichkeitspfleger mit Aufenthaltsbestimmungsrecht erhalten haben, bedürfen Vormünder und Pfleger zur Anstaltseinweisung ih/er Mündel oder Pfleglinge der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.

1.23 Die Anstaltsleiter sollten sich vor der Aufnahme eines Mündels oder Pfleglings in die Anstalt die Unierbringungsgenehmigung des Vormundschaftsgerichts vorlegen oder eine — möglichst schriftliche — Versicherung des Vormundes oder Pflegers geben lassen, daß die Entscheidung des Vorpnundschafls-gerichls umgehend herbeigeführt wird. Bei einer Aufnahme ohne gerichtliche Entscheidung wäre 'dem Vormund oder Pfleger mitzuteilen, daß der Untergebrachte entlassen wird, wenn die Anstalt nicht unverzüglich • eine Entscheidung des Vormundschaftsgerichts erhält, nach der die Unterbringung durch den Vormund oder Pfleger genehmigt ist; gleichzeitig sollte sich der Anstaltsleiter darüber unterrichten, ob dem Pfleger auch das Aufenthaltsbeslimmungsrecht für den Untergebrachten zusieht. Wird die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung nicht alsbald vorgelegt, empfiehlt sich eine Fühlungnahme mit dem Vormundschaltsgericht.

1.3 Das Unterbringungsgesetz regelt weder die Frage, ob der Kranke ärztlich behandelt werden darf, noch die Art der ärztlichen Behandlung. Als Aus lührungsgesetz zu Art 104 CG bietet es lediglich die Rechtsgrundlage, nach Durchführung des vorgesehenen Verfahrens die Bewegungsfreiheit des Kranken zu beschränken. Die ärztliche Behandlung .richtet sich weitet hin nach den hierfür maogeblichen Vorschriften, insbesondere des bürgerlichen Rechts.

') MBL NW. 1960 S. 2527 i: A F. A Berichtigung v. 22. 9.1960 (MBl. NW. 1960 S. 2761).

120. Ergänzung - SMBI. NW. - (Stand 15. 8. 1977 - MBl. NW. Nr. 65 einschl.)

22.9.60(2)

1.4 Gemäß § 11 Abs. 2 des Unterbringungsgesetzes werden die gerichtlichen Entscheidungen von den örtlichen Ordnungsbehörden durch Einweisung des Unterzubringenden in eine Anstalt vollzogen (Nr. 11.21 der Verwaltungsvorschrift), wobei etwaige Entscheidungen des Gerichts über die Art und die~Bezeichnung der Anstalt zu beachten sind. Für die Belegung der Anstalten bestehen zum Teil je nach dem Aufnahmevermögen und der Bevölkerungsdichte interne regionale Regelungen. Die Ordnungsbehörden werden sich zweckmäßigerweise nach Möglichkeit diesen Regelungen anpassen.

1.5 Die örtliche Ordnungsbehörde kann nach $ 3 Abs. 2 des Gesetzes eine sofortige Unterbringung vornehmen. Wenn das Gericht nicht bis zum Ablauf des nächsten Tages die Unterbringung und deren sofortige Wirksamkeit anordnet, hat die Ordnungsbehörde für die Entlassung zu sorgen (Nr. 11.23 der Verwaltungsvorschrift). Nur in diesem Falle der sofortigen Unterbringung ist der Anstaltsleiter nicht für die Entlassung verantwortlich. In allen anderen Fällen, d. h. also, wenn das Gericht die Unterbringung einmal angeordnet hat, obliegt die Entlassung im Verfahren nach dem Unterbringungsgesetz dem- Anstaltsleiter.

1.6 In Nr. 12 der Verwaltungsvorschrift ist die Möglichkeit erwähnt, daß die Anstaltsleiter ohne gesetzliche Verpflichtung die Amtsgerichte bei der Fristenkontrolle unterstützen. Dies geschieht zweckmäßig in der Weise, daß die Anstaltsleiter sich rechtzeitig mit den Amtsgerichten in Verbindung setzen, wenn eine Entscheidung über die Fortdauer der Unterbringung getroffen werden muß. Durch eine derartige Mitarbeit dienen die Anstaltsleiter nicht nur den wohlverstandenen Belangen der Kranken, sondern auch dem eigenen Interesse, um keine Zweifel über eine möglicherweise nicht mit dem Gesetz in Einklang stehende weitere Unterbringung aufkommen zu lassen.

1.7 Der Gesetzgeber hat den Anstaltsleiter nicht als beteiligt und damit als beschwerdeberechtigt in das Verfahren nach dem Unterbringungsgesetz einbezogen. Gleichwohl ist seine Mitwirkung bei der Entlassung ({ 12 Abs. 2 Satz 2). bei der Beurlaubung (J 14 Abs. 2 und 3) und bei der Überleitung von Verfahren (§ 24 Abs. 2) ausdrücklich vorgesehen.

Im Falle der Entlassung hat der Anstaltsleiter das Gericht und die örtliche Ordnungsbehörde, die den Antrag auf Unterbringung gestellt hat, von der Entlassung zu benachrichtigen. Vor jeder Beurlaubung durch das Gericht soll der Anstaltsleiter gehört werden. Die ausgesprochene Beurlaubung ist ihm mitzuteilen.

Der Leiter der Anstalt kann selbst Beurlaubungen bis zu 10 Tagen vornehmen. Darüber hinaus ist es dem Leiter der Anstalt unbenommen. Anregungen für die Durchführung des Verfahrens zu geben. Hierzu wird besonders dann Veranlassung bestehen, wenn der Anstaltsleiter eus seiner Kenntnis des Untergebrachten eine längere Beurlaubung oder eine vorzeitige Entlassung (4 13 Abs. 1) für angebracht hält. Derartige Anregungen sind unmittelbar dem Gericht welches die Unterbringung angeordnet hat, mitzuteilen.

1.8 Unter Berücksichtigung der in Nr. 1.6 und Nr. 1.7 erwährten M^wiriiunq der Anstaltsleiter hat der Justizminute.; vorgesehen, c!aß in Unterbringung*-fällen die gerichtliche Entscheidung auf Grund des UnterbringungMjesetzes und im Vormundschaft*-

gerichtlichen Verfahren auch dem Leiter der An-stalt unverzüglich schriftlich oder ggf. (ernmünd-lieh bekanntgegeben wird.

2. Gesetz über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen.

Eine Unterbringung von Personen in geschlossenen Anstalten kann nach dem FreiheitsentziehuAgsgesetz in Betracht kommen, wenn die Einweisung in eine Anstalt, nach der Verordnung zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten v. l. Dezember 1938 (3GB1. I S. 1721), oder dem Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten v. 23. Juli 1953 (BGB1. I S. 700) notwendig ist. In diesen Fällen haben die Anstaltsleiter die gleichen Grundsätze (Nr. .1) wie nach dem Unterbringungsgesetz mit folgender Besonderheit zu beachten:

Der Antrag-auf Freiheitsentziehung beim Amtsgericht wird bei sofort zu treffenden Maßnahmen nach der Verordnung v. 1. Dezember 1938 und bei der zwangsweisen Krankenhauseinweisung Geschlechtskranker nicht von der örtlichen Ordnungsbehörde, sondern von dem Landkreis oder der kreisfreien Stadt — Gesundheitsamt — gestellt, das auch zuständig ist, in Eilfällen vorläufige Einweisungen nach $ 13 Abs. l des Freiheitsentziehungsgesetzes vorzunehmen.

Ich bitte die Landkreise und kreisfreien Städte — Gesundheilsämter —, die Anstalten ihres Bereichs von diesen Hinweisen zu unterrichten.