Historische SMBl. NRW.

 Aufgehobener Erlass: Aufgehoben durch Erlassbereinigung 2003 (§ 9 VV v. 29.8.61).

 


Historisch: Feuerwehreinsätze bei Unfällen und Bränden von Tankwagen, Kesselwagen und Tankschiffen RdErl. d. Innenministers v. 24. 7. 1962 — II A 3/328— 1370 —HI/62¹)

 

Historisch:

Feuerwehreinsätze bei Unfällen und Bränden von Tankwagen, Kesselwagen und Tankschiffen RdErl. d. Innenministers v. 24. 7. 1962 — II A 3/328— 1370 —HI/62¹)

211. Ergänzung - SMB1. NW. - (Stand 15. 8.1992 = MB1. NW. Nr. 50 einschl.)

24.7.62(1)

2133


Feuerwehreinsätze bei Unfällen und Bränden von Tankwagen, Kesselwagen und Tankschiffen

RdErl. d. Innenministers v. 24. 7. 1962 — II A 3/328— 1370 —HI/62¹)

In Ergänzung meines RdErl. über Sofortmaßnahmen beim Auslaufen von Mineralölen v. 18. 12. 1961 (SMB1. NW. 2061) werden die nachfolgenden Richtlinien für den Einsatz von Feuerwehren bei Unfällen und Bränden von Tankwagen," Kesselwagen und Tankschiffen bekanntgegeben, und zwar die Abschnitte l bis 3 als allgemeine Weisung nach § 15 Abs. 3 Buchst, b — FSHG —, die Abschnitte 4 bis 6 als Anhalt für den Einsatzleiter.

1. Organisatorische Vorbereitungen

1.1 Von den Wasserwerken sind Übersichtspläne der Wassereinzugsgebiete anzufordern. Der technische Leiter des Feuerwehreinsatzes auf der Brand- oder Unfallstelle muß mit einem solchen Ubersichtsplan ausgerüstet sein.

1.2 Mit dem Tiefbauamt sind Sofortmaßnahmen zur Abdeckung von Kanalschächten sowie zum Be- und Entlüften der Kanalisation festzulegen. Dem technischen Leiter des Feuerwehreinsatzes auf der Brand- oder Unfallstelle müssen Übersichtspläne zur Verfügung stehen, aus denen die Fließrichtung der Abwässer ersichtlich ist.

1.3 Mit örtlichen Treibstoffgesellschaften und Transportunternehmen sind Vereinbarungen für das Umfüllen brennbarer und nicht brennbarer, aber grundwasser-schädigender Flüssigkeiten (Bereitstellen von Tankwagen und Umfüllpumpen) zu treffen.

1.4 Mit den Elektrizitätswerken und Verkehrsbetrieben sind vorsorglich Vereinbarungen über das Abschalten unter Spannung stehender Leitungen und Anlagen für die Fälle zu treffen, in denen die Einsatzstelle im Bereich dieser Leitungen oder Anlagen liegt.

1.5 Für Einsätze im Bereich der Bundesbahn sind Anschriften und Fernsprechnummern der zuständigen Dienststellen vorzumerken, damit nötigenfalls Streckensperrungen sowie das Abschalten der Spannung veranlaßt werden können (s. RdErl: „Richtlinien über das Verhalten der Feuerwehr bei Bränden an elektrisch betriebenen Strecken der Bundesbahn" v. 22. 8. 1957 — SMB1. NW. 2133 —).

1.6 Auf Grund der örtlichen Verhältnisse muß geprüft werden, ob mit weiteren örtlichen oder überörtlichen Dienststellen, wie Bundeswasserstraßenverwaltung, Bundesautobahnverwaltung usw., Vereinbarungen getroffen werden müssen.

1.7 Die „Alarm- und Ausrückeordnungen" der Feuerwehren sind entsprechend zu ergänzen.

2. Technische Maßnahmen

2.1 Größere Feuerwehren haben vorsorglich folgende Löschgeräte und -mittel bereitzuhalten; kleinere Feuerwehren müssen den möglichst schnellen Einsatz dieser Geräte und Mittel im Rahmen der nachbarlichen Löschhilfe sicherstellen:

2.11 Schaumlöschgeräte, wie

Schaumstrahlrohre und

Zumischer

für den Mindestgesamtwasserstrom von 800 l/min, z. B. 4 Schaumstrahlrohre und 4 Zumischer für den Nennwasserstrom von je 200 l/min;

Schaummittel in der Mindestgesamtmenge von

300 l,

2.12 Trockenlöschfahrzeuge und fahrbare Pulverlöschgeräte; tragbare Trockenlöscher, und zwar Löschfahrzeugbestückung nach den betreffenden Baurichtlinien,

2.13 Hitzeschutzhauben und -handschuhe,

2.14 Abdichtungen für Straßenabdeckungen und Straßenabläufe,

2.15 trockenes Sägemehl in Säcken,

2.16 Sand, unter Festlegung der Transportmöglichkeiten; Sandsäcke,

2.17 Lehm oder Ton, Isolierband, Keile und Pfropfen zum Abdichten von Leckstellen,

2.18 Behälter, und Geräte zum Auffangen auslaufender Flüssigkeiten (Eimer, Plastikbehälter, Trichter),

2.19 starke Taue oder gegen Funkenriß mit Schläuchen oder Säcken um- und unterlegte Drahtseile zum Aufrichten umgestürzter Fahrzeuge.

3. Ausbildung

3.1 Die Ausbildung der Feuerwehren muß sich auch auf angenommene Brände und Unfälle von Tankwagen, Kesselwagen und Tankschiffen erstrecken.

3.2 Die Feuerwehren sind mit dem Wesentlichen des Baues, der Ausrüstung und des Betriebes von Tankwagen, Kesselwagen und Tankschiffen und mit den damit verbundenen Gefahren vertraut zu machen.

3.3 Die Feuerwehren sind über die vorbereiteten organisatorischen und technischen Maßnahmen zur Brandbekämpfung und Hilfeleistung bei Tankwagen-, Kesselwagen- und Tankschiffunglücken zu unterrichten.

3.4 Es sind Übungen, darunter auch Alarmübungen und Übungen verschiedener Einheiten, unter Annahme von Tankwagen-, Kesselwagen und Tankschiffbränden abzuhalten.

') MBl. NW. 1962 S. 1441.

24. 7. 62 (1)

26. Ergänzung — SMB1. NW. — (Stand 15. 12. 1962)

2133

4. Einsatz

4.1 Alarmierung und Benachrichtigungen (vgl. 1.7).

4.11 Die nach der Alarm- und Ausrückeordnung erforderlichen Feuerwehrkräfte sind unverzüglich zu alarmieren.

4.12 Je nach Bedarf sind entsprechend dem mit der örtlichen Ordnungsbehörde abgestimmten Alarmplan zu benachrichtigen: Polizei,

Wasserwerke, wenn Wassereinzugsgebiete betroffen sind, .

Tiefbauamt, Kreiskulturbauamt, Verkehrsbetriebe, Elektrizitätswerke,

Fernmeldebauamt, wenn posteigene Kanäle betroffen sind, sonstige, betroffene Dienststellen.

4.2 Fahrzeugaüfstellung und Sicherung der Einsatzstelle.

4.21 Der technische Leiter auf der Einsatzstelle setzt sich mit der Polizei in Verbindung, damit die Gefahrenstelle durch die Polizei ausreichend abgesperrt wird.

4.22 Der technische Leiter veranlaßt — ebenfalls möglichst durch die Polizei — die erforderlichen Weisungen an Zivilpersonen und zwar:

Die Nachschubwege für die Einsatzkräfte sind freizuhalten. Das Rauchen und jeder Umgang mit offenem Licht sind zu unterbinden. Irgendwelche Zündmöglichkeiten (Loks, Kraftfahrzeuge, Elektrogeräte einschließlich Taschenlampen und Fahrradbeleuchtungen usw.) sind von Kraftstoff- Dampf- Luftgemischen fernzuhalten. Auch in abfallendem Gelände oder in Räumen unter Erdgleiche ist Vorsicht geboten, da Kraftstoffdämpfe sich am Boden kriechend ausbreiten.

4.3 Erkundung

4.31 Der technische Leiter erkundet zunächst, welche Stoffe sich in dem verunglückten Tank- oder Kesselwagen oder in dem Tankschiff befinden. Die von ihm zu treffenden Maßnahmen sind wesentlich davon, abhängig, ob es sich um brennbare Flüssigkeiten der Gefahrengruppe A oder B handelt, welchen Gefahrenklassen sie angehören und ob sie giftig sind.

4.32 Die Windrichtung und das sich hieraus ergebende Abziehen von Mineralöldämpfen sind zu beachten. 4.4 Brandbekämpfung

4.41 Sind Menschen in Gefahr, z. B. im Fahrerhaus eingeklemmt, müssen sofort alle verfügbaren Löschmittel (Löschpulver, Schaum oder Wasser) zur Rettung eingesetzt werden. ,

4.42 Wenn keine Menschen in Gefahr sind, ist zur Bekämpfung Schaum erst dann einzusetzen, wenn die erforderliche Anzahl von Schaumrohren mit sämtlichem Zubehör für den schlagartig einsetzenden Löschangriff vorbereitet ist. Zum Schutz der Löschkräfte müssen Hitzeschutzhauben und -handschuhe, ggf. auch Hitzeschutzanzüge benutzt werden. Die gefährdete Umgebung ist durch vorsorgliche Vornahme von Rohren zu schützen. Neben den Einsatzkräften ist eine Reserve von Mannschaften, Geräten und Löschmitteln bereitzustellen.

4.43 Nicht vom Brand erfaßte Fährzeuge, z. B. Fahrzeuganhänger und angekuppelte Kesselwagen, sind aus dem Gefahrenbereich zu entfernen, wobei nötigenfalls den ausführenden Kräften Wasserschutz zu geben ist.

4.44 Für den Nachschub an Schaummitteln und Löschpulver ist rechtzeitig zu sorgen.

. 4.5 Maßnahmen beim Auslaufen grundwasserschädigen-der Flüssigkeiten auf befestigten Straßen oder Plätzen.

4.51 Auslaufende Flüssigkeiten sind aufzufangen (Eimer, Fässer, Plastikbehälter).

Um ein weiteres Ausfließen zu verhindern, müssen die Be- und Entlüftungsventile geschlossen werden. Beschädigte Tanks können u. U. durch Eintreiben von Keilen oder Pfropfen mit dem Holzhammer oder durch Abdichten mit Isolierband, Lehm oder Ton behelfsmäßig abgedichtet werden.

4.52 Die auslaufende Flüssigkeit ist durch Aufwerfen von Sägemehl (nicht bei Salpetersäure und flüssigem Sauerstoff), Sand oder Erde einzudämmen oder aufzusaugen.

Um eine Zündung zu verhindern, kann die ausgelaufene Flüssigkeit auch durch Schaum abgedeckt werden.

Das Weiterfließen der Flüssigkeit in Straßengräben, Rinnsteinen oder Straßenbahnschienen muß verhindert werden.

4.53 Es ist zu veranlassen, daß Türen und Fenster — besonders Kellerfenster — geschlossen werden.

4.54 Einflußöffnungen von Kanälen, Kellerfenstern oder ähnlichen Vertiefungen sind abzudichten. Wenn brennbare Flüssigkeiten in das Kanalnetz eingelaufen sind, müssen die weiteren Maßnahmen mit dem Tiefbauamt abgesprochen werden.

4.55 Die Flüssigkeiten sind je nach Lage des Falles in andere Tankwagen oder Auffangbehälter umzufüllen.

4.6 Maßnahmen beim Auslaufen grundwasserschädigen-der Flüssigkeiten im freien Gelände.

4.61 Abgesehen von den Maßnahmen nach 4.5 muß das Eindringen ausgelaufener Flüssigkeiten in durchlässigen Boden durch Abdecken des Bodens mit Plastikdecken o. dgl. nach Möglichkeit verhindert werden.

4.62 Durchtränktes Erdreich ist auszuheben und bis zum Abtransport auf Plastikplanen o. dgl. zu lagern.

4.63 In besonders gelagerten Fällen, wenn jegliche Brandgefahr in weitem Umkreis ausgeschlossen ist, kann unter Beachtung aller Sicherheitsvorkehrungen und unter Aufsicht der Feuerwehr die ausgelaufene Flüssigkeit abgebrannt werden.

5. Bergungsmaßnahmen

Bei Bergungsmaßnahmen, z. B. für das Aufrichten von Tankwagen, ist folgendes zu beachten:

5.1 Die Löschgeräte bleiben weiter in voller Bereitschaft.

5.2 Auf Vermeidung von Funkenbildung muß geachtet werden. Winden dürfen daher nur unter Zwischenlegen von Holz oder ähnlichen Stoffen eingesetzt werden. Ketten und Drahtseile sind gegen Funkenriß zu schützen.

5.3 Winden und Taue dürfen nicht an Armaturen und sonstigen schwachen Stellen verunglückter Fahrzeuge angesetzt oder befestigt werden.

5.4 Während des Abtransportes von Fahrzeugen darf keine Flüssigkeit mehr auslaufen.

5.5 Der Abtransport ist auf dem ganzen Weg durch einsatzbereite Löschfahrzeuge zu sichern. Gegebenenfalls müssen Gebiete mit geschlossener Bauweise umfahren werden.

6. Besondere Richtlinien für Unfälle und Brande von Tankschiffen

6.1 Im allgemeinen ist der Einsatz von Löschbooten oder anderen Wasserfahrzeugen mit verlasteten Löschgeräten notwendig. Sie sind, u. U. auch aus weiterer Entfernung, schnellstens zu alarmieren.

6.2 Personen, die sich in unmittelbarer Gefahr befinden, z. B. auf dem Schiff oder im Wasser, sind durch Einsatz aller verfügbaren Löschmittel zu retten.

6.3 Sind die ausgelaufenen Flüssigkeiten noch nicht in Brand geraten, ist die Hilfe mit dem Wind und möglichst von der Bergseite der Wasserstraße aus an das Tankschiff heranzubringen. Das Eindringen brennbarer Dampf-Luft-Gemische in die Maschinenräume der hilfeleistenden Fahrzeuge soll dadurch vermieden werden.

6.4 Ist die auf die Wasserfläche gelangte Flüssigkeit in Brand geraten, wird meist nur in stehendem Wasser ein Löscherfolg zu erzielen sein. In fließendem Wasser kann der Einsatz von Wasserwerfern und B-Rohren (Flammen auspeitschen) zum Erfolg führen.

6.5 Andere Wasserstraßenbenutzer sind durch die Wasserschutzpolizei zu warnen, insbesondere stromabwärts befindliche Schiffe.