Geltende Erlasse (SMBl. NRW.)  mit Stand vom 3.4.2024


Durchführung des Jugendschutzes in der Öffentlichkeit RdErl. d. Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales v. 11. 5.1988 -IV B 4 - 6300.2 (ab 29.7.2010 MFKJKS)

 

Durchführung des Jugendschutzes in der Öffentlichkeit RdErl. d. Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales v. 11. 5.1988 -IV B 4 - 6300.2 (ab 29.7.2010 MFKJKS)

Durchführung des Jugendschutzes in der Öffentlichkeit
RdErl. d. Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales
v. 11. 5.1988 -IV B 4 - 6300.2 (ab 29.7.2010 MFKJKS)

Inhaltsübersicht

1 Allgemeiner Jugendschutz (Jugendschutzgesetz -JÖSchG)

1.1 Zum Begriff des Erziehungsberechtigten (§ 2)

1.2 Zur Frage des Aufenthaltes in Gaststätten und der Alkoholabgabe (§§ 3 und 4) X12.1 Aufenthalt in Gaststätten (§ 3)

1.2.2 Alkoholabgabe (§ 4)

1.2.3 Zulässigkeit sog. Testkäufe von Alkohol mit Kindern und Jugendlichen

1.3 Zur Anwesenheit bei öffentlichen Tanzveranstaltungen (§5)

1.4 Zu Spielhallen (§ 8 Abs. 1)

1.5 Zu Spielen mit Gewinnmöglichkeit (§ 8 Abs. 2)

1.6 Zu Unterhaltungsspielgeräten (§ 8 Abs. 3 und 5)

1.7 Zu Verboten im Einzelfall (§ 10)

1.8 Zu Bußgeld/Strafen (§ 12)

2 Jugendmedienschutz (§§ 6, 7 JÖSchG; § 3 GjS; §§ 131, 184 StGB)

2.1 Zur Verbreitung von Videokassetten und vergleichbaren Bildträgern

2.2 Freigabe und Kennzeichnung von Videokassetten (§ 7 JÖSchG)

2.3 Abgabebeschränkungen für Videokassetten (§ 7 Abs. l und 3 JÖSchG)

2.4 Indizierung von Videokassetten (§ l GjS)

2.5 Vermietverbot indizierter sowie pornographischer Schriften (§ 3 GjS; § 184 StGB)

2.6 Strafrechtliche Verbreitungsverbote (§ 131 StGB)

2.7 Zur Anwesenheit bei öffentlichen Filmveranstaltungen (§ 6 JÖSchG)

2.8 Sonstige Hinweise

3 Zusammenarbeit

1
Durchführung des Jugendschutzgesetzes - JÖSchG -vom 25. Februar 1985 (BGB1.I S. 425)

1.1
Zum Begriff des Erziehungsberechtigten (§ 2)

Nach § 2 Abs. 3 sind Erziehungsberechtigte, die nicht auch Personensorgeberechtigte sind, verpflichtet, ihre Erziehungsberechtigung auf Verlangen darzulegen. Veranstalter und Gewerbetreibende haben im Zweifelsfall die Berechtigung zu überprüfen. Gegenüber dem früheren Gesetz besteht damit eine ausführliche gesetzliche Grundlage für eine solche Kontrolle.

Zweifel an der Tatsache, dass eine Person ein „beauftragter Erziehungsberechtigter" ist, können sich insbesondere aufgrund ihres Alters, ihres Verhaltens oder bei offensichtlich mangelnder Fähigkeit, die Schutzpflicht gegenüber dem Minderjährigen wahrzunehmen, ergeben.

Die (volljährige) Person, die angibt, dass eine Vereinbarung mit den Personensorgeberechtigten hinsichtlich der Erziehungsberechtigung vorliegt, muss diese Berechtigung im Zweifelsfall (schriftlich oder mündlich) darlegen können. „Darlegen" meint, dass diese Person schlüssig erläutert (nicht nachweist), dass sie die Erziehungsberechtigung aufgrund einer Vereinbarung mit den Personensorgeberechtigten wahrnimmt. Verbleiben danach Zweifel, sind die Veranstalter und Gewerbetreibenden verpflichtet, die Darlegung in geeigneter Weise zu überprüfen. Können die Zweifel nicht ausgeräumt werden, sind die Kinder bzw. Jugendlichen so zu behandeln, als ob sie nicht von einem Erziehungsberechtigten begleitet wären.

1.2
Zur Frage des Aufenthalts in Gaststätten und der Alkoholabgabe (§§ 3 und 4)

1.2.1
Aufenthalt in Gaststätten (§ 3)

Unter Gaststätten im Sinne des JÖSchG ist jeder Gaststättenbetrieb im Sinne von § l des Gaststättengesetzes vom 5. Mai 1970 (BGB1. S. 465), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Dezember 1986 (BGB1. I S. 2441), zu verstehen.

Zu .den Gaststätten zählen beispielsweise auch Cafes, Cafeterias, Eisdielen, Discotheken, Bars, Imbißstuben, Bierzelte, Hotels, Pensionen, nicht dagegen Kioske (Fensterverkauf) u. ä.

Nach § 3 Abs. l ist Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren der Aufenthalt in Gaststätten nur zu gestatten, wenn ein Erziehungsberechtigter sie begleitet Lediglich in den in Absatz l Satz 2 genannten Ausnahmefällen dürfen sich Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren auch ohne Begleitung durch einen
Erziehungsberechtigten in Gaststätten aufhalten. Anhaltspunkte für die Feststellung, ob ein Kind oder Jugendlicher unter 16 Jahren sich auf Reisen befindet, sind z. B. der Besitz einer Fahrkarte oder Reisegepäck (z. B. Koffer, Rucksack). Die Ausnahmeregelung findet auch dann Anwendung, wenn Kinder oder Jugendliche, die für den Weg zur Schule oder Arbeitsstelle ein öffentliches Verkehrsmittel benutzen, zur Überbrückung notwendiger Wartezeiten eine Gaststätte aufsuchen. Bei der Überprüfung ist festzustellen, ob die Umstände und. das Verhalten des unter 16jährigen glaubhaft sind. Nach § 3 Abs. 3 darf Kindern und Jugendlichen der Aufenthalt in Nachtbars, Nachtclubs und in vergleichbaren Vergnügungsbetrieben auch dann nicht gestattet werden, wenn diese von einem Personen-sorgeberechtigten begleitet werden. Vergleichbare Vergnügungsbetriebe sind insbesondere Striptease-Bars, Animierbetriebe, Sex-Saunen, Betriebe, die der Prostitution dienen. Auf die Bezeichnung der Betriebe kommt es nicht an.

1.2.2
Alkoholabgabe (§ 4)

Branntwein/branntweinhaltige Getränke im Sinne von § 4 sind alle durch Gärung und Destillation gewonnenen alkoholhaltigen Flüssigkeiten, z. B. unverarbeiteter Branntwein sowie Trinkbranntwein jeder Art, ohne Rücksicht darauf, mit welchen Zusätzen er zubereitet ist. Hierzu zählen Weinbrand, klare Schnäpse, Apfelkorn, Whisky, Liköre, Magenbitter, aber auch Mix-Getränke, wie Cola-Rum usw. Von dem Abgabe- und Verzehrverbot nach Absatz l Nr. l betroffen sind auch Lebensmittel, „die Branntwein in nicht nur geringfügiger Menge enthalten". Mit dieser Formulierung wird auf die tatsächliche Menge des im Lebensmittel enthaltenen Alkohols abgestellt. Eine Geringfügigkeit liegt nicht vor, wenn der beigefügte Alkohol nicht nur ein Aroma- oder Geschmackszusatz enthält, sondern für das Lebensmittel kennzeichnend ist (z. B. Weinbrandbohnen). Zu den in Absatz l Nr. 2 angesprochenen „anderen alkoholischen Getränken" zählen insbesondere Bier, Wein und Sekt. Als alkoholische Getränke sind Getränke dann anzusehen, wenn in ihnen wenigstens 0,5 Volumenprozent Alkohol enthalten sind. Solche anderen alkoholischen Getränke dürfen an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren nicht abgegeben werden, auch dann nicht, wenn sie nicht zum eigenen Genuss bestimmt sind. Dieses absolute Abgabe- und Verzehrverbot von sog. „weichen" Alkoholika gilt nur dann nicht, wenn Jugendliche (ab 14 Jahren) von einem Personensorgeberechtigten begleitet werden (Absatz 2).

1.2.3
Zulässigkeit sog. Testkäufe von Alkohol mit Kindern und Jugendlichen

Testkäufe von Alkohol durch Kinder und Jugendliche sind rechtswidrig und werden untersagt. Erwachsene, die einen Alkoholtestkauf mit Kindern oder Jugendlichen durchführen, erfüllen selbst den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit.

Nach § 12 Abs. 2 JÖSchG handelt ordnungswidrig, „wer als Person über 18Jahren ein Verhalten eines Kindes oder eines Jugendlichen herbeiführt oder fördert, das durch ein in Absatz l Nr. l bis 14 bezeichnetes Verbot verhindert werden soll." Sinn und Zweck dieser Vorschrift des § 12 Abs. 2 JÖSchG ist es, mit dem Jugendschutz so frühzeitig wie möglich anzusetzen, um von vornherein zu verhindern, dass Kinder und Jugendliche in sie gefährdende Situationen gebracht werden. Damit dieser Schutzgedanke nicht verletzt wird, sollen Kinder nicht (auch nicht durch überwachte und päd. motivierte Testkäufe) dazu angeleitet werden, Alkohol zu erwerben. Die Veranlassung von Kindern und Jugendlichen zu Testkäufen durch Erwachsene kommt - auch nach der ständigen Rechtsprechung des BGH zur Strafbarkeit des „agent provocateur" - nicht in Betracht. Im übrigen ist nach dem Gem. RdErl. d. Justizministers u. d. Innenministers v. 17. 2. 1986 (SMB1. NW. 20531) „Verfolgung von Straftaten - Inanspruchnahme von Informanten, Einsatz von V-Personen und Verdeckten Ermittlern -", der Einsatz von „V-Personen" auf Staatsanwaltschaft und Polizei beschränkt und scheidet bei Ordnungswidrigkeiten aus. Darüber hinaus ist der Einsatz von Minderjährigen als V-Personen (dazu zählen auch Test- und Scheinkäufer generell) unzulässig.

Auch der Grundsatz des rechtfertigenden Notstandes (§34 StGB) lässt sich hier nicht anwenden. Das Interesse an einer wirksamen Kontrolle kann nicht als überragendes Schutzgut gegenüber dem Schutzziel des Gesetzes, ein Kind erst gar nicht in eine solche Situation zu bringen, angesehen werden. Bedenken bestehen auch aus allgemein jugendpolitischer Sicht, weil Kinder und Jugendliche nicht für Kontrollen missbraucht werden sollten, die grundsätzlich von staatlichen Behörden durchzuführen sind.

Im Hinblick darauf, dass gerade in Selbstbedienungsgeschäften der Lebensmittelbranche Verstöße gegen die Bestimmungen des § 4 Abs. l JÖSchG aus Unachtsamkeit oder wegen Überbelastung des Personals festzustellen sind, ist der Einzelhandel zu veranlassen, das Verkaufs- und Kassenpersonal durch geeignete Maßnahmen zu besonderer Aufmerksamkeit und Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen anzuhalten.

Darüber hinaus empfehle ich den Jugendämtern und Ordnungsämtern, die vielfältigen präventiven Maßnahmen des Jugendschutzes aus den letzten Jahren, z. B. die Plakataktion „Kein Alkohol an Kinder und Jugendliche", fortzusetzen.

1.3
Zur Anwesenheit bei öffentlichen Tanzveranstaltungen (§ 5)

1.3.1
Der Besuch von öffentlichen Tanzveranstaltungen ist Kindern und Jugendlichen nach Absatz l nur mit Einschränkungen gestattet. Minderjährigen unter 16 Jahren darf die Anwesenheit bei öffentlichen Tanzveranstaltungen ohne Begleitung eines Erziehungsberechtigten nicht gestattet werden. Wenn sie sich in Begleitung eines Erziehungsberechtigten befinden, darf ihnen der Besuch ohne Einschränkung gestattet werden.

Jugendliche ab 16 Jahren können bis 24.00 Uhr ohne Begleitung eines Erziehungsberechtigten an einer öffentlichen Tanzveranstaltung teilnehmen.

1.3.2
Öffentliche Tanzveranstaltung im Sinne des Gesetzes sind Tanzveranstaltungen, z. B. in Discotheken, zu denen ein unbestimmter Personenkreis, der sich den Eintrittsbedingungen unterwirft, Zutritt hat, auch wenn die Veranstaltung irreführend oder unzutreffend als geschlossene Tanzveranstaltung bezeichnet ist Eine Tanzveranstaltung ist auch dann öffentlich, wenn zwar ein Verein der Veranstalter ist, die Zutrittsbedingungen aber von jedermann erfüllt werden können.

Für geschlossene Tanzveranstaltungen gilt das Gesetz nicht. Als geschlossen ist eine Tanzveranstaltung aber nur dann anzusehen, wenn zu ihr lediglich ein nach bestimmten Merkmalen begrenzter Personenkreis Zutritt hat.

Eine ursprünglich geschlossene Tanzveranstaltung kann zu einer öffentlichen werden, wenn z. B. ab einem bestimmten Zeitpunkt in einem öffentlichen Lokal andere Personen Zutritt haben. Eine öffentliche Tanzveranstaltung ist auch gegeben, wenn tatsächlich nicht getanzt wird; es genügt, dass Gelegenheit zum Tanzen geboten wird.

1.3.3
Für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren ohne Begleitung eines Erziehungsberechtigten sind Ausnahmen vorgesehen für Tanzveranstaltungen, die von einem anerkannten Träger der Jugendhilfe durchgeführt werden oder der künstlerischen Betätigung oder der Brauchtumspflege dienen (Absatz 2). In diesen Fällen darf die Anwesenheit Kindern bis 22.00 Uhr und Jugendlichen unter 16 Jahren bis 24.00 Uhr gestattet werden. Wenn auch keine behördliche Genehmigung erforderlich ist, so haben die zuständigen Behörden zu prüfen, ob die Veranstaltung auch tatsächlich dem im Gesetz genannten Zweck dient. Es genügt nicht, dass Tanzveranstaltungen beispielsweise lediglich aus Anlass eines Schützenfestes oder lediglich im Rahmen des Karnevals stattfinden, sondern Art und Zweck der Veranstaltung im Sinne von Absatz 2 müssen deutlich erkennbar sein:

Der Brauchtumspflege dienen Tanzveranstaltungen, bei denen der Volkstanz oder sonstige -überlieferte Arten von Tanz gepflegt werden. Gemäß Absatz 3 können Ausnahmen von Absatz l auf Vorschlag des Jugendamtes zugelassen werden. Über entsprechende Ausnahmen entscheidet nach § l der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten nach dem Jugendschutzgesetz und dem Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften vom 23. September 1985 (GV. NW. S 592/SGV. NW. 216) die örtliche Ordnungsbehörde. Die Erteilung einer solchen Ausnahme dürfte bei Tanzveranstaltungen für jüngere Jugendliche dann vertretbar sein* wenn diese Veranstaltungen ohne alkoholische Getränke und mit spezieller Aufsicht durchgeführt werden sowie aufgrund ihrer eingegrenzten Teilnehmerstruktur und inhaltlichen Organisation keinen Zweifel an der Unschädlichkeit aufkommen lassen. Auch eine gewerblich betriebene Discothek, die diese Voraussetzung einhält, kann eine solche Ausnahme rechtfertigen.

Die Ausnahme muss jedoch widerrufen werden, wenn die Veranstaltung in anderer als der bewilligten Form durchgeführt wird und dadurch Kinder und Jugendliche gefährdet werden können. Darauf, ob der Veranstalter die mögliche Gefährdung zu vertreten hat, kommt es nicht an.

Je nach Lage des Lokals (z. B. im ländlichen Raum), für das eine Ausnahmegenehmigung beantragt ist, ist ggf. vom Veranstalter zusätzlich sicherzustellen, dass die jugendlichen Besucher auf dem Heimweg keinen Gefährdungen ausgesetzt sind. Die Ausnahme ist mit entsprechenden Auflagen für den Veranstalter zu verbinden.

1.4
Zu Spielhallen (§ 8 Abs. 1)

Nach § 8 Abs. l darf Kindern und Jugendlichen die Anwesenheit in öffentlichen Spielhallen oder ähnlichen, vorlegend dem Spielbetrieb dienenden Räumen, nicht gestattet werden. Ausnahmen sieht das Gesetz nicht vor. Die genannten Betriebe unterliegen der Erlaubnispflicht nach § 33 i der Gewerbeordnung. Vgl. hierzu im einzelnen RdErl. d. Minister für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie v. 30. 5.1986 (MB1. NW. S. 881/SMB1. NW. 71011).

1.5
Zu Spielen mit Gewinnmöglichkeit (§ 8 Abs. 2).

1.5.1
Kindern und Jugendlichen darf die Teilnahme an Spielen mit Gewinnmöglichkeiten (Geld- und Warenspielgeräte sowie andere Spiele, bei denen der Gewinn in Geld oder Waren besteht) in der Öffentlichkeit grundsätzlich nicht gestattet werden. Eine Ausnahme besteht nur für die Teilnahmean Spielen mit Gewinnmöglichkeiten, wenn die Spiele auf öffentlichen Veranstaltungen (wie Volksfesten, Schützenfesten, Jahrmärkten, Spezialmärkten, Straßen- und Stadtteilfesten oder ähnlichen Veranstaltungen) stattfinden und wenn der Gewinn in Waren von geringem Wert (Warenwert unter 10,- DM) besteht. Freizeit- und Vergnügungsparks als dauerhafte Einrichtungen sind keine ähnlichen Veranstaltungen im Sinne des Absatzes 2.

In Gaststätten, in denen Geld- oder Warenspielgeräte aufgestellt sind, muss durch ständige Aufsicht durch den Betreiber oder einen von ihm Beauftragten gewährleistet sein, dass Kinder und Jugendliche nicht an diesen Geräten spielen.

1.5.2
Die Vorschrift des § 8 Abs. 2 gilt nicht für die Teilnahme an Lotteriespielen wie Lotto, Spiel 77, Glücksspirale und Rubbellos-Lotterie. Rechtsgrundlage für diese Lotterien sind die Lotterieverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Juni 1955 (GS. NW. S. 672/SGV. NW. 7126) sowie für das Fußballtoto, das Sportwettengesetz vom 3. Mai 1955 (GS. NW. S. 672), geändert durch Gesetz vom 15. Dezember 1970 (GV. NW. S. 765), - SGV. NW. 7126 -. Diese landesrechtlichen Regelungen sehen keine besonderen Bestimmungen zum Schutz der Jugend vor.

Maßgebend für die Durchführung der genannten Lotterie sind vielmehr die erteilten Genehmigungen. Die der Westdeutschen Lotterie GmbH & Co für Lotto, Spiel 77, Glücksspirale, Rubbellos-Lotterie und Fußballtoto erteilten Genehmigungen und die Genehmigungen einzelner Lotterien für die Freien Wohlfahrtsverbände und sonstige gemeinnützige Vereine sind nicht mit besonderen Auflagen zum Schütze der Jugend verbunden. Bei der Rubbellos-Lotterie erfolgt durch Selbstbeschränkung der Westdeutschen Lotteriegesellschaft kein Verkauf an unter 16jährige. Im übrigen richtet sich der Verkauf von Losen an Minderjährige bzw. die Teilnahme an Lotterien sowie die Auszahlung der Gewinne' nach den Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuches, hier insbesondere nach dem „Taschengeldparagraphen" (§ 110 BGB). '

1.6
Zu Unterhaltungsspielgeräten (§ 8 Abs. 3 bis 5)

Eine wichtige Neuerung ist das generelle Verbot, elektronische Bildschirm-Unterhaltungsspielgeräte ohne Gewinnmöglichkeiten (sog. Computer- und Video-Spielautomaten) zur entgeltlichen Benutzung auf Kindern und Jugendlichen zugänglichen öffentlichen Verkehrsflächen aufzustellen (Absatz 3).

1.6.1
Ihre Aufstellung ist gestattet innerhalb von gewerblich oder in sonstiger Weise beruflich oder geschäftsmäßig genutzten Räumen (Abs. 3 Nr. 2), so z. B. in Gaststätten, Imbissstuben, Kaufhäusern usw. Dagegen ist eine Aufstellung dieser Geräteauf gewerblich genutzten Freiflächen (z.B. in Freizeitparks, auf Terrassen von Gaststätten oder Cafes usw.) nicht gestattet. Ebenfalls nicht gestattet ist eine solche Aufstellung in den Zugängen, Vorräumen oder Fluren gewerblich genutzter Räume, sofern sie unbeaufsichtigt sind - wie Eingangsräume oder Foyers von Kinos, Flure von Parkhäusern, Eingangsflächen von Supermärkten, Kaufhäusern usw. (Absatz 3 Nr. 3).

1.6.2
Als elektronische Bildschirm-Unterhaltungsspielgeräte gelten alle Spielgeräte, die die Merkmale: Ausstattung mit Bildschirm, Verarbeitung von elektronischen Bauteilen, Ermöglichung von Unterhaltung, entgeltliche Benutzung und keine Gewinnmöglichkeit aufweisen. Auf die Inhalte der Spiele stellen Absatz 3 und 4 nicht ab.

1.6.3
Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren darf das Spielen an elektronischen Bildschirm-Unterhaltungsspielgeräten ohne Gewinnmöglichkeit nicht gestattet werden (Absatz 4). Ausgenommen davon sind Geräte, deren Benutzung unentgeltlich erfolgt; dies betrifft beispielsweise Bildschirm-Unterhaltungsspielgeräte in Kaufhäusern, die zu Werbezwecken aufgestellt sind.

Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren in Begleitung eines Erziehungsberechtigten kann das entgeltliche Spielen an den öffentlich aufgestellten Geräten gestattet werden.

1.6.4
Ein generelles Aufstellungsverbot in der Öffentlichkeit an für Kinder und Jugendliche zugänglichen Orten besteht für solche Unterhaltungsspielgeräte, mit denen sexuelle Handlungen oder Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Tiere dargestellt werden oder die eine Verherrlichung oder Verharmlosung des Krieges zum Gegenstand haben. Das Aufstellungsverbot für Spielgeräte mit diesen Inhalten umfasst alle Formen der Unterhaltungsspiele, also sowohl solche mit elektronischen wie auch solche mit mechanischen Vorrichtungen (Absatz 5).

Ob ein Unterhaltungsspielgerät eine Verherrlichung oder Verharmlosung des Krieges zum Gegenstand hat muss im Einzelfall entschieden werden. Darstellungen kriegerischer Handlungen (z. B. „Schiffe-Versenken") allein begründet nicht bereits das Aufstellungsverbot an den genannten Orten.

1.7
Zu Verboten im Einzelfall (§ 10)

§ 10 ermöglicht der zuständigen Behörde, über die Vorschriften der §§ 3 bis 8 hinaus für einzelne Veranstaltungen oder Gewerbebetriebe, von denen jugendgefährdende Wirkungen ausgehen, die Anwesenheit von Minderjährigen auszuschließen, altersmäßige oder zeitliche Beschränkungen anzuordnen. Den Beschränkungen können sowohl gewerbliche als auch nicht-gewerbliche Veranstaltungen unterworfen werden.

Veranstaltungen mit jugendgefährdenden Wirkungen sind insbesondere solche mit gewaltverherrlichenden oder diskriminierenden Inhalten. Anordnungen sind erst dann zu erlassen, wenn Gefährdungen durch die Anwendung der §§ 3 bis 8 nicht ausgeschlossen oder gemindert werden können.

1.8
Zu Bußgeld/Strafen (§ 12)

Die Bußgeldbewehrung gemäß Absatz l bei Verstößen gegen Verpflichtungen nach den §§3 bis 11durch Veranstalter oder Gewerbetreibende betrifft auch die Beauftragten von Veranstaltungen oder Gewerbetreibenden. Beauftragter ist, wer mit der Leitung eines Betriebes oder Betriebsteiles oder ausdrücklich damit beauftragt ist, in eigener Verantwortung die Überwachungspflichten zu erfüllen, die durch dieses Gesetz auferlegt werden (§ 9 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten).

2
Jugendmedienschutz (§§ 6, 7 JÖSchG); § 3 GjS; §§131, 184 StGB)

2.1
Hinsichtlich der Verbreitung von Videokassetten und vergleichbaren Bildträgern sind folgende Regelungen generell zu beachten:

- Videokassetten und vergleichbare Bildträger, die Kindern und Jugendlichen in der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, müssen von der Obersten Landesbehörde für die entsprechende Altersstufe freigegeben und gekennzeichnet sein (§ 7 JÖSchG).

- Videokassetten und vergleichbare Bildträger, die durch die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) nicht für Jugendliche freigegeben sind und die geeignet sind, Kinder oder Jugendliche sittlich zu gefährden, können durch die Bundesprüfstelle (BPS) indiziert werden (§ 7 Abs. 5 JÖSchG, § l GjS). Mit der Indizierung verbinden sich weitgehende Vertriebs- und Werbebeschränkungen des indizierten Objektes gemäß §§ 3 bis 5 des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Juli 1985 (BGB1.1 S. 1502) - GjS -.

- Die Vermietung indizierter oder offensichtlich schwer jugendgefährdender sowie pornographischer Produkte ist nur noch in Ladengeschäften erlaubt, die Kindern und Jugendlichen nicht zugänglich sind und von ihnen nicht eingesehen werden können (§ 3 Abs. l Nr. 3 GjS; § 184 Abs. l Nr. 3a StGB).

- Eine Verherrlichung oder Verharmlosung der Gewalttätigkeit muss nicht nachgewiesen werden, wenn das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in menschenunwürdiger Weise dargestellt wird (§ 131 StGB). Für Gewaltdarstellungen und für jede Verbindung von Pornographie und Gewaltdarstellung außerdem für Pornographie mit Kindern oder Tieren (sog. „harte Pornographie") gelten die Verbote von Produktion, Import, Verbreitung und Werbung der §§ 131 und 184 Abs. 3 StGB.

2.2
Freigabe und Kennzeichnungvon Videokassetten (§ 7 JÖSchG)

2.2.1
Entsprechend der Freigabe von Kinofilmen erfolgt auch die Freigabe und Kennzeichnung von Videokassetten durch die Obersten Landesbehörden im Zusammenwirken mit der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK). Die aufgrund der FSK-Prüfung vergebenen Kennzeichen sind schwarzumrandete, an den Ecken abgerundete Quadrate (ca. 2,5 cm Seitenlänge). Sie werden auf der Kassette/der Bildplatte/dem sonstigen Bildträger (also nicht notwendig in der Bildaufzeichnung) und auf der Schatulle (dem Cover) eingedruckt Sie haben folgenden Text und die ihm zugeordnete Farbe:

- Freigegeben ohne Altersbeschränkung gem. §7 JÖSchG FSK (weiß)

- Freigegeben ab 6 Jahren gem. §7 JÖSchG FSK (gelb)

- Freigegeben ab 12 Jahren gem. § 7 JÖSchG FSK (grün)

- Freigegeben ab 16 Jahren gem. § 7 JÖSchG FSK (blau)

- Nicht freigegeben unter 18 Jahren gem. § 7 JÖSchG FSK (rot).

Ein Muster kann bei der FSK (Langebeckstraße 9, 6200 Wiesbaden 1) angefordert werden.

2.2.2
Auf von der Obersten Landesbehörde für bestimmte Altersstufen freigegebenen Videokassetten und vergleichbaren Bildträgern die bei Inkrafttreten des Gesetzes (25. Februar 1985) bereits im Handel waren, kann das Kennzeichen nachträglich vom Händler angebracht werden (Artikel 5 § l Satz l des Gesetzes zur Neuregelung des Jugendschutzes in der Öffentlichkeit). Dies gilt ebenfalls für die Nachkennzeichnung von schon vor dem 1. April 1985 ausgelieferten Bildträgern durch öffentliche Bibliotheken, Landesbildstellen, dem Landesfilmdienst und die ihnen angeschlossenen Einrichtungen. Vom Bundesverband Video (Weinsberger Straße 9, 7100 Heilbronn) werden die entsprechenden Listen (die sog. FSK-Listen l bis 3) und Kennzeichen zur Nachkennzeichnung für die Händler bereitgehalten.

Für die Nachkennzeichnung selbst ist keine zeitliche Begrenzung vorgesehen. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Nachkennzeichnung weitgehend abgeschlossen ist. Wird der Bildträger nachträglich vom Händler gekennzeichnet, so gelten ab diesem Zeitpunkt für ihn die gleichen Regelungen wie für einen ursprünglich nach § 7 Abs. 2 JÖSchG gekennzeichneten Bildträger. Ist ein Zeichen nicht angebracht worden, so gelten für diese Bildträger die Vertriebsbeschränkungen des § 7 Abs. 3 (s. Nr. 2.3).

2.2.3
Bereits vor Einführung des Freigabeverfahrens für Videokassetten ab dem 1. April 1985 sind bei einigen Videofilmen im Interesse des Jugendschutzes auf Kassetten, soweit sie freigegebene Kinofilme enthielten, Zeichen angebracht worden, die in Beschriftung und Farbe von den jetzt gültigen amtlichen Zeichen abweichen. In derartigen Fällen soll von Beanstandungen abgesehen werden, wenn die Hersteller oder. Vertreiber bis zum 31. Dezember 1989 auf dem Bildträger selbst ein in der äußeren Form ähnliches Zeichen mit dem Text „Original Kinofassung FSK freigegeben ab ... Jahren" verwenden und die Freigabe der Alterseinstufung der Entscheidung der Obersten Landesbehörde (§7 JÖSchG) entspricht. Auf der Hülle muss das Zeichen jedoch den Text haben „Freigegeben ab ... Jahren gem. § 7 JÖSchG" und in Form und Farbe dem amtlichen Zeichen entsprechen.

Wird der Bildträger ohne Hülle angeboten, muss das dem amtlichen entsprechenden Zeichen auf dem Bildträger angebracht sein.

2.2.4
Bezüglich der Freigabe von Filmen und Bildträgern, die für die Verwendung in der schulischen oder außerschulischen Jugendarbeit empfohlen sind, wurde zwischen den Obersten Landesbehörden und der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) eine Sonderregelung getroffen. Gemäß §56 Abs. 3 und 4 der FSK-Grundsätze erfolgt die Kennzeichnung aufgrund einer entsprechenden Bestätigung des Ständigen Vertreters der Obersten Landesbehörde bei der FSK, wenn Filme oder Bildträger offensichtlich keine beeinträchtigende Wirkung auf Kinder der entsprechenden Altersstufe haben können. Die Kennzeichnung ist nicht auf die in § 56 Abs. 3 FSK-Grundsätze genannten Altersfreigaben beschränkt.

Die in § 56 Abs. 4 der FSK-Grundsätze genannten zentralen Einrichtungen sind berechtigt, das auf die Alterseinstufung hinweisende Kennzeichen nach § 57 Abs. 2 auch nachträglich durch Aufkleben eines Stickers auf Bildträger und Hülle anzubringen oder durch den Inhaber der Nutzungsrechte anbringen zu lassen.

Die Kennzeichnung nach § 56 Abs. 4 FSK-Grundsätze gilt nur für nichtgewerbliche Auswertung und soll nur zugelassen werden, wenn eine künftige gewerbliche Auswertung nicht zu erwarten ist Sie ist gebührenfrei.

2.2.5
Gegen den Jugendfreigabeentscheid der FSK steht den Obersten Landesbehörden ein Appellationsrecht zu. Vom Appellationsrecht wird bei bereits im Handel befindlichen Videokassetten in der Regel kein Gebrauch gemacht, weil bei einem Erfolg der Appellation eine Umkennzeichnung der bereits ausgelieferten Kassetten mangels Rechtsgrundlage nicht erzwungen werden kann (§ 12 Abs. l Nr. 7 JÖSchG). - Zur Lösung dieses Problems wird daher angestrebt, in Abstimmung mit der Filmwirtschaft die Appellation gegen einen Jugendentscheid gemäß § 7 JÖSchG zu befristen und zu bestimmen, dass vor Ablauf der Frist das Freigabekennzeichen auf\ der Kassette nicht angebracht werden darf.

2.3
Abgabebeschränkungen für Videokassetten (§7 Abs. l und 3 JÖSchG)

Nach § 7 Abs. l JÖSchG dürfen bespielte Videokassetten, Bildplatten und vergleichbare Aufzeichnungen Kindern und Jugendlichen in der Öffentlichkeit nur zugänglich gemacht werden, wenn die Programme von der Obersten Landesbehörde für die Altersstufe freigegeben und entsprechend gekennzeichnet worden sind. Unabhängig von dem Verbot des Zugänglichmachens in der Öffentlichkeit dürfen solche Bildträger, die von der Obersten Landesbehörde nicht oder mit „Nicht freigegeben unter 18 Jahren" gekennzeichnet worden sind, Kindern und Jugendlichen nach § 7 Abs. 3 Nr. l JÖSchG auch sonst nicht angeboten, überlassen oder sonst zugänglich gemacht werden. Damit soll erreicht werden, dass jugendgefährdende Bildträger nicht in die Hände von Kindern und Jugendlichen gelangen. Nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 JÖSchG dürfen Bildträger, die von der Obersten Landesbehörde nicht oder mit „Nicht freigegeben unter 18 Jahren" gekennzeichnet worden sind, nicht im Einzelhandel außerhalb von Geschäftsräumen, in Kiosken oder anderen Verkaufsstellen, die der Kunde nicht zu betreten pflegt oder im Versandhandel angeboten oder überlassen werden. Mit dieser Regelung soll eine weitergehende Kontrollmöglichkeit im Vorfeld des Strafrechts und des GjS geschaffen werden, um den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor bestimmten jugendgefährdenden Darstellungen zu verbessern.

2.3.1
Ein Bildträger wird zugänglich gemacht, wenn Gelegenheit gegeben wird, von seinem Inhalt Kenntnis zu nehmen, z. B. wenn auf einem allgemein zugänglichen Kassettenrekorder mit Bildschirm von dem Inhalt Kenntnis genommen werden kann. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn der Bildträger in allgemein zugänglichen Regalen nur ausliegt. Ein Bildträger wird einem Jugendlichen überlassen, wenn der Jugendliche ihn - auch nur vorübergehend - mitnehmen oder wegnehmen kann (auch etwa als Bote oder Abholer).

2.3.2
Das Anbieten eines Bildträgers kann auch darin gesehen werden, dass er (oder seine .Hülle) in einem allgemein zugänglichen Regal ausliegt und Hinweise auf Abgabebeschränkungen fehlen. Das Auslegen ist aber nur als Anbieten anzusehen, wenn sich aus den Umständen keine Einschränkung ergibt. In Video-theken, die durch Aushang der geltenden jugendschutzrechtlichen Bestimmungen und sonst in geeigneter Weise darauf aufmerksam machen, dass sie an Kinder und Jugendliche nur solche Bildträger überlassen, die für die jeweilige Altersgruppe freigegeben und entsprechend gekennzeichnet sind, ergibt sich . eine eindeutige Einschränkung des Angebots bereits aus dem Kennzeichen, wenn es gut sichtbar auf dem Bildträger angebracht ist.

Es ist also nicht erforderlich, die Bildträger in nach Kennzeichnung getrennten Regalen einzustellen. Da die Einschränkung des Angebotes bei nicht gekennzeichneten Kassetten jedoch nicht deutlich wird, können solche Kassetten zusammen mit den gekennzeichneten in den allgemein zugänglichen Regalen nur ausgelegt werden, wenn - etwa durch deutlichen Aufkleber „Wird nicht an Personen unter 18 Jahren abgegeben" - die Einschränkung des Angebots erfolgt

2.3.3
Bildträger, die vor der Obersten Landesbehörde nicht oder mit „Nicht freigegeben unter 18 Jahren" gekennzeichnet sind, unterliegen den Vertriebsbeschränkungen des § 7 Abs. 3, d. h. sie dürfen Kindern oder Jugendlichen nicht angeboten, überlassen oder sonst zugänglich gemacht werden sowie nicht im Einzelhandel außerhalb von Geschäftsräumen oder im Versandhandel angeboten oder überlassen werden.

Videotheken, die für Kinder und Jugendliche zugänglich sind, sollten vor allem daraufhin überprüft werden, ob sie indizierte oder pornographische Produkte gesetzwidrig vermieten.

Bei den selbst nachgekennzeichneten Videokassetten sollte stichprobenartig anhand der Listen die Übereinstimmung mit der Jugendfreigabeentscheidung kontrolliert werden.

Besonders sollte darauf geachtet werden, dass nicht gekennzeichnete Kassetten nicht an Kinder und Jugendliche abgegeben oder diesen angeboten werden.

2.4
Indizierung von Videokassetten (§ l GjS)

Da es Videokassetten und vergleichbare Bildträger gibt, die Jugendliche gefährden, ohne dass sie gegen Strafgesetze verstoßen, sind die Jugendämter ausdrücklich aufgefordert, Videokassetten und vergleichbare Bildträger darauf zu überprüfen, ob sie der Bundesprüfstelle zur Aufnahme in die Liste der jugendgefährdenden Schriften vorgelegt werden sollen. Erfolgt das Angebot nur in Sex-Shops und ähnlichen für Jugendliche geschlossenen Geschäften, ist jedoch zu prüfen, ob eine Indizierung sinnvoll ist, weil in solchen Ladenlokalen das Angebot auch nach einer Indizierung erlaubt bleibt. Besonders ist auf die nicht gekennzeichneten Bildträger zu achten, die dem Ständigen Vertreter der Obersten Landesbehörden bei der FSK nicht vorgelegt worden sind und deshalb kein Kennzeichen erhalten haben. Es kann vermutet werden, dass eine Vorlage insbesondere in den Fällen unterbleibt, in denen ein Bildträger nach seinem Inhalt in die Liste der jugendgefährdenden Schriften aufzunehmen ist oder sogar gegen die Strafvorschriften verstößt. Für neu in den Verkehr gebrachte Bildträger, die eine Kennzeichnung entsprechend dem oben beschriebenen Muster erhalten haben, sowie für nachgekennzeichnete Bildträger gilt § 7 Abs. 5 JÖSchG. Die Bildträger mit dem roten Kennzeichen „Nicht freigegeben unter 18 Jahren", können auch weiterhin indiziert werden.

2.5
Vermietverbot indizierter sowie pornographischer Schriften (§ 3 GjS; § 184 StGB)

Indizierte Schriften (u. a. Videokassetten) oder offensichtlich schwer jugendgefährdende Produkte (z. B. solche mit pornographischen Inhalten) unterliegen den besonderen Vertriebs- und Werbebeschränkungen der §§ 3 bis 5 sowie des § 184 StGB. Hierbei ist besonders auf das allgemeine Verbot gewerblicher Vermietung indizierter und offensichtlich schwer jugendgefährdender Schriften durch §3 Abs. l Nr. 3 GjS sowie pornographischer Schriften durch § 184 Abs. l Nr. 3 a StGB hinzuweisen, von dem lediglich Ladengeschäfte ausgenommen sind, die Kindern und Jugendlichen weder zugänglich sind noch von ihnen eingesehen werden können.

2.5.1
Zum Begriff des „Ladengeschäfts" (§ 3 -Abs. l Nr. 3 GjS)

Hinsichtlich des Begriffs „Ladengeschäft" ist durch die Rechtsprechung festgestellt worden, dass solche Ladengeschäfte strengen Anforderungen genügen müssen. Ein Geschäftslokal ist in jedem Fall nur dann ein Ladengeschäft im Sinne des GjS und des StGB, wenn es durch einen separaten Eingang von einer öffentlichen Verkehrsfläche oder von einer sonst allgemein zugänglichen Verkehrsfläche (z. B. Foyer, Ladenpassage) zu betreten ist. Für die Bedienung in diesem Geschäft muss zugeteiltes und eingewiesenes Personal vorhanden sein, das eine wirksame Einlasskontrolle gewährleistet und die Vermietgeschäfte - einschließlich Warenauslieferung und -rückgabe mit eigener Kassenführung abschließend abwickelt

Ein „shop-in-the-shop", also eine nicht völlig abgeschlossene Erwachsenenabteilung eines aus mehreren Abteilungen bestehenden Geschäftslokals, ist für sich kein Ladengeschäft im Sinne von § 3 Abs. l Nr. 3 GjS.

2.5.2
Es muss sichergestellt sein, dass Kinder und Jugendliche keinen Einblick in das Ladengeschäft von außen (durch Schaufenster, Tür u. ä.) nehmen können. Die Einhaltung der Arbeitsstättenverordnung bleibt hiervon unberührt In der. Regel ist die Einhaltung der arbeitsstättenrechtlichen wie auch der strafrechtlichen Bestimmungen und der Bestimmungen nach dem Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften (GjS) durch eine zweckentsprechende Gestaltung des Gewerberaumes möglich. Wird in Einzelfällen durch die Unterbindung der Einsichtnahme von außen die Sichtverbindung nach außen verhindert, so ist gemeinsam mit dem örtlich zuständigen Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt zu prüfen, ob und ggf. unter welchen Bedingungen Arbeitnehmer überhaupt beschäftigt werden dürfen.

2.6
Strafrechtliche Verbreitungsverbote (§ 131 StGB)

Grausame und unmenschliche Gewaltdarstellungen auf Videokassetten, in Schriften usw. können gemäß § 131 StGB aus dem Markt genommen werden. Eine Verherrlichung oder Verharmlosung durch die Art der Schilderung ist für die Strafbarkeit nicht erforderlich; Gegenstand der Strafvorschrift ist jede Schilderung grausames oder sonst unmenschlicher Gewalttätigkeit gegen Menschen, durch die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise dargestellt wird.

Unter § 131 StGB fallen vor allem Schilderungen von Grausamkeiten zu Unterhaltungszwecken, die gerade dadurch, dass sie Gewalttätigkeiten gegen Menschen in ihrer ganzen Brutalität und Abscheulichkeit in den Mittelpunkt der Darstellung stellen, ihre Wirkung erzielen.

Sofern Bildträger bekannt sind oderwerden, die diese Kriterien erfüllen, ist die zuständige Staatsanwaltschaft zu unterrichten. Die Bestimmung von § 131 StGB kann nur dann die gewünschte Wirkung haben, wenn die Fälle, die dafür geeignet sind, auch zur Strafverfolgung gebracht werden.

2.7
Zur Anwesenheit bei öffentlichen Filmveranstaltungen (§ 6 JÖSchG)

Veranstalter und Gewerbetreibende haben die im FSK-Prüfverfahren festgelegte Altersfreigabe durch einen deutlich sichtbaren und gut lesbaren Aushang bekannt zumachen (§11 JÖSchG). Dies sollte an der Kasse und am Einlass geschehen, ebenso an allen anderen Stellen, an denen auf den Film hingewiesen wird (z. B. Schaukästen, Plakate, Inserate usw.). Kindern unter 6. Jahren darf die Anwesenheit bei öffentlichen Filmveranstaltungen nur dann gestattet werden, wenn sie von einem Erziehungsberechtigten begleitet werden (§ 6 Abs. 1). Diesen wie auch den älteren Kindern und Jugendlichen ist die Anwesenheit nur gestattet, wenn die gesamte Vorstellung (Film, Werbevorspann, Beiprogramm) für ihre Altersgruppe gemäß Absatz 3 freigegeben und die Veranstaltung bis zu einer bestimmten Uhrzeit (Absatz 4) beendet ist

Haben Kinder und Jugendliche Zutritt zu einer Filmvorführung, dürfen nur Werbevorspanne gezeigt werden, die für die entsprechenden Altersstufen freigegeben sind. In Sondervorstellungen für Kinder und Jugendliche darf auf Werbevorspannen nur für Filme geworben werden, die für die entsprechenden Altersstufen freigegeben sind. Wegen Veranstaltungen, die gegen diese Bestimmungen verstoßen, können Geldbußen, Geldstrafen und Freiheitsstrafen verhängt werden (§ 12 JÖSchG). In der Werbung für eine öffentliche Filmveranstaltung darf weder auf jugendgefährdende Inhalte hingewiesen werden, noch darf die Werbung in jugendgefährdender Weise erfolgen (§11 JÖSchG). Auch bei denjenigen Filmen, die - anders als bei der herkömmlichen Präsentation im Kino auf Zelluloid - über sonstiges Trägermaterial (Magnetbänder, Micro-Chips etc.) in der Öffentlichkeit vorgeführt werden, handelt es sich um öffentliche Filmveranstaltungen im Sinne des § 6 JÖSchG. Dies hat der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt indem er die Anwendung der gesetzlichen Regelung für jede öffentliche Vorführung von Filmen unabhängig von der Art der Aufnahme (z. B. Computer) oder Wiedergabe (Leinwand, Bildschirm, Multivisions-Wand etc.) vorschreibt (§ 6 Abs. 5 JÖSchG). Somit werden von dieser Vorschrift auch Vorführungen z. B. von Videofilmen außerhalb von Kinos in der Öffentlichkeit (z. B. in Schaufenstern) erfasst

2.8
Sonstige Hinweise

Alle mit der FSK-Freigabeentscheidung versehenen Kino- und Videofilme werden monatlich in den Kinofilmlisten sowie in den Videolisten der FSK mit, den entsprechenden Freigabemerkmalen veröffentlicht

Diese Listen werden regelmäßig von der Aktion Jugendschutz (AJS) Landesarbeitsstelle NW, Hohenzollernring 85-87, 5000 Köln l, Telefon: (0221) 511075, in ihrem Mitteilungsblatt AJS FORUM mit Angabe der Altersfreigabe abgedruckt Ferner ist im Magazin der FSK „Film & Fakten" ein Datenteil mit ausführlichen Angaben zu Kino- und Videofilmen regelmäßig enthalten (FSK-Redaktion „Film & Fakten", Langenbeckstr. 9, Postfach 5129,6200 Wiesbaden, Telefon: (06121) 307084).

Auf besondere Anfrage ist bei der Aktion Jugendschutz (AJS) Landesarbeitsstelle NW e. V. der Datenteil aus dem FSK-Magazin in Einzelexemplaren zu beziehen.

Ferner weise ich darauf hin, dass die Freigabeentscheidungen der FSK im Hinblick auf die Kino- und Videofilme regelmäßig im Bundesanzeiger in Kurzform veröffentlicht werden.

Die Jugendentscheidungen der von der FSK geprüften Langfilme sind in dem alle zwei Jahre neu herausgegebenen Leihkatalog enthalten, der beim Verlag Chmielorz GmbH, Ostring 13, 6200 Wiesbaden/ Nordenstadt, Telefon: (06121) 6071, bezogen werden kann.

Informationsmaterialien zum „Gesetz zur Neuregelung des Jugendschutzes in der Öffentlichkeit" vom 25. Februar 1985 können

- bei der Aktion Jugendschutz (AJS) Landesarbeitsstelle NW, Hohenzollernring 85-87, 5000 Köln l, Telefon: (02 21) 5110 75;

- bei der Kath. Landesarbeitsgemeinschaft Jugendschutz NW, Salzstraße 8, 4400 Münster, Telefon: (02 51) 54027 sowie

- beim Ev. Arbeitskreis für Jugendschutz NW, Friesenring 34, 4400 Münster, Telefon: (0251) 2709/290 oder 291

angefordert werden.

Weitere Auskünfte zur Durchführung des gesetzlichen Jugendschutzes können dort ebenfalls eingeholt werden.


3.
Zusammenarbeit

Bei der Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen und insbesondere bei der Kontrolle der Veranstalter und Gewerbetreibenden sind die örtlichen Jugend-, Ordnungs- und Polizeibehörden aufgefordert, eng zusammenzuarbeiten und sich gegenseitig zu unterrichten und zu unterstützen.

Die bereits im Gem. RdErl. v. 29. 8. 1984 (SMBl. NW. 2161) „Bekämpfung der Jugendkriminalität" empfohlenen Arbeitsgruppen aus Vertretern dieser Behörden und anderer fachlich zuständigen Stellen sind ein geeignetes Gremium, aktuelle Fragen des Jugendschutzes zu behandeln.

Aktuelle Fragen des Jugendmedienschutzes sind von besonderer jugendpolitischer Bedeutung und sollten daher verstärkt aufgegriffen werden. Angesichts der damit verbundenen inhaltlichen Aufgaben sollten an den Arbeitskreisen auch Fachleute außerhalb der Behörden beteiligt werden.

Zur Durchsetzung eines effektiven Jugendschutzes erscheint mir die Einbeziehung auch der Gewerbetreibenden in Maßnahmen sinnvoll und nützlich. Meine RdErl. v. 26. 4.1985 - IV B 4 - 6300.0 6313.7 a -und 30.4.1987 - IV B 4 - 6302.3 - (n. v.) werden aufgehoben.

Dieser RdErl. ergeht im Einvernehmen mit dem Innenminister, Justizminister, Kultusminister, Minister für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie und dem Minister für Stadtentwicklung, .Wohnen und Verkehr.

MBl. NRW. 1988 S. 1079, MBl. NRW. 1989 S. 667, MBl. NRW. 1989 S. 1291, MBl. NRW. 1990 S. 190.