Historische SMBl. NRW.

 Aufgehobener Erlass: Aufgehoben durch Erlassbereinigung 2003 (§ 9 VV v. 29.8.61).

 


Historisch: Ausbildung, Prüfung und staatliche Anerkennung von Sozialarbeitern (Wohlfahrtspflegerinnen und Wohlfahrtspflegern) RdErl. d. Arbeils- und Sozidiministers v. 23. 3. 1959 — IV B 4 — 6910¹)

 

Historisch:

Ausbildung, Prüfung und staatliche Anerkennung von Sozialarbeitern (Wohlfahrtspflegerinnen und Wohlfahrtspflegern) RdErl. d. Arbeils- und Sozidiministers v. 23. 3. 1959 — IV B 4 — 6910¹)

112. Ergänzung - SMBl. NW. - (Stand 15. 4. 1976 = MBl. NW. Nr. 28 einschl.) / 23 3 5g (

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Ausbildung, Prüfung und staatliche Anerkennung

von Sozialarbeitern (Wohlfahrtspflegerinnen und

Wohlfahrtspflegern)

RdErl. d. Arbeils- und Sozidiministers v. 23. 3. 1959 — IV B 4 — 6910¹)

A. Zur Regelung der Ausbildung. Prüfung und staatlichen Anerkennung von Sozialarbeitern wird nachstehend eine neue Ausbildungs- und Prüfungsordnung erlassen.

Zur Erläuterung der Ausbildungs- und Prüfungsordnung weise ich auf folgendes hin:

1. Der Sozialberuf hat in den letzten Jahrzehnten, insbesondere in den Jähren nach dem zweiten Weltkrieg, wesentlich an Bedeutung gewonnen. Die Träger der öfferrtiichen und freien Sozialarbeit benötigen in steigendem Malie ausgebildete Fachkräfte zur Durchführung ihrei vielseitigen und wechselnden Aufgaben Die Anforderungen, die an die in der Sozialarbcit tätigen Kräfte gestellt werden, sind erheblich gewachsen. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse, insbesondere auf den Gebieten der Medizin, der Soziologie, der Psychologie und der Pädagogik, haben die Methoden der beruflichen Sozialarbeit wesentlich beeinflußt. Außerdem hat sich das Bild dieses Berufes dadurch verändert, daß aus dem ursprünglich reinen Frauenberuf ein Beruf geworden ist, der heute zunehmend auch von Männern gewählt wird. Die Ausbildung zum Sozialberuf muß dieser Situation angepaßt werden. Die derzeit geltenden Ausbildungsvorschriften bedürfen einer Fortführung und Ergänzung, um den Bedürfnissen der Gegenwart und den neuesten Erkenntnissen zu entsprechen.

2. Die erhöhten Anforderungen, die heute an die Berufsleistungen der Sozialarbeiter gestellt werden, machen eine Verlängerung der zweijährigen Schulausbildung auf drei Jahre erforderlich. Durdi den Wegfall der bisher vorgeschriebenen Vorpraktika wird eine intensivere Verflechtung zwischen theoretischer und praktischer Ausbildung erreicht. Die für männliche Berufsanwärter bereits mit Erlaß vom 27. 6. 1955 (MBl. NW. S. 1397) aufgehobene Gliederung der Ausbildung in Hauptfächer wird nunmehr auch für Frauen aufgehoben. Diese Regelung, führt zur Vereinheitlichung der Voraussetzungen für die Aufnahme in die Wohlfahrts-, schule.'

Trotz der Vielfalt der Aufgabenbereiche soll die Einheit der sozialen Grundausbildung erhalten und ein die sozialen Zusammenhänge verkennendes Spezialistentum vermieden werden. Erst auf der Grundlage und im Rahmen e.ner sorgfältigen Gesamtausbildung wird eine Vertiefung in einzelnen Arbeitsgebieten sinnvoll werden.

3. Die bisherige Berufsbezeichnung „Wohlfahrtspflegerin" und „Wohlfahrtspfleger" wird durch „Sozialarbeiter" ersetzt. Hiermit wird eine Bezeichnung übernommen, die in der Praxis bereits eingeführt ist. Sie steht als Sammelbegriff für eine Anzahl ebenfalls gebräuchlicher Berufsbezeichnungen, die von speziellen Aufgaben und Tätigkeiten abgeleitet sind, wie z. B. die Bezeichnung Fürsorgerin, Jugendpfleger, Sozialberater, Berufsberater usw.

61. Ergänzung — SMBl. NW. — (Stand 15. 3. 1968 - MBl. NW. Nr. 35 einschl.)

23. 3. 59 (2)

B. Die Schulaufsichtsbehörden und die Schulen haben •bei der Anwendung der Ausbildungs- und Prüfungsordnung folgendes zu beachten:

1. AusbUdungssUtten

1.0 Ausbildungsstätten sind die Wohlfahrtsschulen. Sie führen in Zukunft, der Ausbildungs- und Prüfungsordnung entsprechend, die Bezeichnung .Höhere Fachschulen für Sozialarbeit".

1.1 Für die Errichtung und Unterhaltung von öffentlichen und privaten Wohlfahrtsschuien gelten die Bestimmungen des Schulverwal-tungsgesetzes vom 3. 6. 1958 (GV. NW. S. 241) sowie des Ersten Gesetzes zur Ordnung des Schulwesens im Lande Nordheln-Westfalen vom 8. 4. 1952 (GS. NW. S. 430) einschließlich der hierzu erlassenen Ausführungsverordnungen.

2. Einrichtung und Lehrkräfte der Wohlfahrtsscbulen

2.0 Unterrichts- und Ubungsraume sowie Lehrmittel und Fachbibliothek müssen den -Anforderungen, die sich aus dem Ausbildungszweck ergeben, genügen.

2.1 Der Unterricht ist überwiegend von hauptamtlichen Lehrkräften zu erteilen.

2.2 Der Leiter der Wohlfahrtsschule hat ein abgeschlossenes Hochschulstudium nachzuweisen, das durch Erfahrungen in der praktischen Sozialarbeit ergänzt ist. Die übrigen Lehrkräfte, die wissenschaftlichen Unterricht erteilen, haben ebenfalls ein abgeschlossenes akademisches Studium und praktische Erfahrungen in ihrem Lehrfach nachzuweisen. Zur Ergänzung des wissenschaftlichen Unterrichts können andere Fachkräfte hinzugezogen werden. Den Unterricht in den musischen Fächern und Leibesübungen erteilen für diese Fächer ausgebildete Lehrkräfte. Für den berufspraktischen Unterricht und die Vorbereitung, Überwachung und Auswertung der Praktika sollen auch erfahrene staatlich anerkannte Sozialarbeiter eingesetzt werden.

2.3 Ausnahmen von den in Ziff. 2.1 und 2.2 gestellten Anforderungen bedürfen meiner Genehmigung.

2.4 Über die Zahl der zur Deckung des normalen Unterrichtsbedarfs an öffentlichen Wohlfahrtsschulen erforderlichen Lehrerstellen ergeht eine Rechtsverordnung auf Grund des $ 7 des Schulfinanzgesetzes vom 3. 6. 1958 (GV. NW. S. 246). Wegen der Behandlung der privaten Wohlfahrtsschulen (Ersatzschulen) wird auf $ 5 der Zweiten Verordnung zur Ausführung des Ersten Gesetzes zur Ordnung des Schulwesens im Lande Nordrhein-Westfalen vom 8.4. 1952 (GS. NW. S. 430) betr. die Gewährung von Zuschüssen an Ersatzschulen vom 21. 12. 1953 (GS. NW. S. 438) hingewiesen.

3. Lehrpllae

Nach 5 l des Schuiverwaltungsgesetzes, das am I. 10. 1959 in Kraft tritt, bedürfen auch die Lehrpläne der Wohlfahrtsschulen der Genehmigung der Schulaufsichtsbehörde. Ich bin damit einverstanden, daß die z. Z. verwendeten Lehrpläne bis zum Erlaß neuer Richtlinien beibehalten werden.

4. Ausbl-dnogsplan für die Schurausblldung

4.0 Bei der Anwendung der in $ 7 Abschn. B Abs. 6 der Ausbildungs- und . Prüfungsordnung enthaltenen Vorschrift ist zu beachten, daß Lehrgänge, die der musischen Ausbildung und Körper- und Bewegungsbildung dienen, nifr dann zur Kürzung eines sozialpädagogischen Praktikums berechtigen, wenn sie in einer geeigneten Bildungsstätte durchgeführt werden.

4.1. Jede Wohlfahrtsschule hat mtr baldmöglichst nach Beginn des dritten Ausbildungsjahres über die obere Schulaufsichtsbehörde «ine Auf-

stellung vorzulegen, aus der die von ihr gebildeten Arbeitskreise und die darin behandelten Vertiefungsgebiete (§ 7 Abschn. C der Ausbildungs- und Prüfungsordnung) zu ersehen sind. Aus der Aufstellung muß die Zahl der an jedem Arbeitskreis beteiligten Lehrkräfte und Studierenden hervorgehen.

5. Ausblldaogsplan für das Berufspraktikum Im Innendienst einer staatlichen oder kommunalen Behörde

Die in § 21 Abs. l der Ausbildungs- und Prüfungsordnung genannten Richtlinien für die Gestaltung des Berufspraktikums im Innendienst einer staatlichen oder kommunalen Behörde werden von mir im Einvernehmen mit dem Innenminister erlassen.

6. Prüfungsgebühr

Über die für die staatliche Abschlußprüfung zu erhebende Gebühr (§ 10 Abs. 2 der Ausbildungsund Prüfungsordnung) ergeht eine besondere Verordnung.

7. Sehulaufsldit

Die Ausübung der oberen Schulaulsicht über Wohlfahrtsschulen obliegt gem. } 15 Abs. 2 Buchst, a des Schul veiwaltungsgesetzes den Regierungspräsidenten.

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Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Sozialarbeiter

Abschnitt I Allgemeines

§ l

Zweck der Ausbildung

Die Ausbildung hat den Zweck, persönlich und charakterlich geeignete Personen fachlich zu befähigen, berufsmäßig Sozialarbeit im öffentlichen Dienst, in freien gemeinnützigen Organisationen oder in privaten Einrichtungen zu leisten. Die Hauptgebiete der beruflichen SozialarbefT sind aus } 7, Abschn. C, Abs. 4 dieser Ausbildungs- und Prüfungsordnung zu ersehen.

5 2

Dauer der Ausbildung

Die Gesamtausbildung der Sozialarbeiter dauert 4 Jahre. Sie gliedert sich in

a) eine dreijährige Ausbildung in der Höheren Fachschule für Sozialarbeit mit eingeschlossenen pflegerischen und sozialpädagogischen Praktika,

b) die staatliche Abschlußprüfung,

c) ein einjähriges Berufspraktikum.

Nach Ableistung des Berufspraktikums kann dit staatliche Anerkennung als Sozialarbeiter erteilt werden.

Abschnitt II Ausbildung1 in der Höheren Fachschule für Soziaiarbeit

« 3

Ausbildungsstätten

(1) Ausbildungsstätten sind die Höheren Fachschulen für Sozialarbeit (Wohlfahrtsschuien).

(2) Die im Lande Nordrhein-Westfalen bestehenden Ausbildungsstätten sind in dem als Anlage l beigefügten Verzeichnis aufgeführt. Dieses Verzeichnis wird laufend ergänzt -werden.

Anlage l

23. 3. 59 (2)

74. Ergänzung — SMBl. NW. — (Stand 1. 6. 1970 = MBl. NW. Nr. 79 einschl.)

22306

§ 4 Voraussetzungen für die Aufnahme

(1) In eine Höhere Fachschule für Sozialarbeit kann aufgenommen werden,, wer die erforderliche Allgemeinbildung und eine berufliche Vorbildung besitzt. Die Bewerber müssen nach dem Gesamtbild ihrer Persönlichkeit für die berufliche Sozialarbeit geeignet sein.

(2) Die erforderliche Allgemeinbildung ist nachzuweisen du r eil ein Zeugnis über

a) die Versetzung nach Obersekunda oder

b) den Abschluß einer Realschule (Mittelschule) oder

c) die Abschlußprüfung an einer staatlich genehmigten zweijährigen Handelsschule oder

d) die Abschlußprüfung an einer staatlich genehmigten Frauenfachschule B oder

e) die Abschlußprüfung an einer Berufsaufbauschule.

Bewerber, die einen der unter a)—e) genannten Nachweise nicht erbringen können, müssen den Nachweis der vor Aufnahme in die Schule abgelegten Prüfung zur Feststellung der Bildungsreife (RdErl. d. Kultusministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 25. 3. 1952 — ABI. KM. S. 59 —) führen.

(3) Die erforderliche berufliche Vorbildung ist nachzuweisen

a) durch eine abgeschlossene mindestens zweijährige Berufsausbildung oder

b) durch eine mindestens dreijährige Bewährung in berufsmäßig geleisteter Arbeit.

Von männlichen Bewerbern ist zusätzlich eine Ausbildung in Erster Hilfe zu fordern. Bewerber, die die Reifeprüfung bestanden haben, können m uie Höhere Fachschule für Sozialarbeit aufgenommen werden, auch wenn die Voraussetzungen unter a) und b) nicht vorliegen.

(4) Die oberste Schulaufsichtsbehörde kann in besonders gelagerten Einzelfällen Ausnahmen von den Bestimmungen des Abs. 3, gegebenenfalls unter Bedingungen und Auflagen, zulassen. Entsprechende Anträge werden von der Schule vor Aufnahme des Bewerbers mit einer gutachtlichen Stellungnahme der oberen Schulaufsichtsbehörde vorgelegt.

t 5 Entscheidung über die Aufnahme

(1) Die Aufnahme in eine Höhere Fachschule für Sozialarbeit ist schriftlich bei der Schule zu beantragen, an der die Ausbildung durchgeführt werden soll.

(2) Dem Gesuch sind beizufügen

a) eine Geburtsurkunde,

b) ein selbst verfaßter handgeschriebener Lebenslauf mit Lichtbild,

c) Schulzeugnisse und sonstige Zeugnisse zum Nachweis der Voraussetzungen gemäß $ 4 Abs. 2 und 3,

d) ein ärztliches Gesundheitszeugnis einschließlich eines Zeugnisses über den Röntgenbefund der Lunge, das bei Beginn der Ausbildung nicht älter als drei Monate sein darf.

e) ein polizeiliches Führungszeugnis,

f) eine schriftliche Erklärung darüber, ob eine andere Höhere Fachschule für Sozialarbeit bereits besucht wurde oder ob eine solche Schule die Aufnahme abgelehnt hat.

Der Schulleiter kann weitere Unterlagen zum Nachweis der persönlichen und charakterlichen Eignung verlangen.

(3) Über die Aufnahme entscheidet der Schulleiter.

5 6

Probejahr

Nach Ablauf des ersten Ausbildungsjahres wird in einer Konferenz aller bis dahin an der Ausbildung be-

teiligten Lehrkräfte unter dem Vorsitz des Schulleiters entschieden, ob die Studierenden nach den gezeigten Leistungen und ihrem sonstigen Verhalten zur Fortsetzung des Besuches der Höheren Fachschule für Sozialarbeit zugelassen werden.

5 7')

Ausbildungsplan A. Theoretische Grundausbildung

(1) Die theoretische Grundausbildung erstreckt sich auf folgende Gebiete, die in enger Beziehung zueinander und zu den Berufsaufgaben zu lehren' sind:

a) Pädagogik Psychologie

Gesundheits- und Krankheitslehre Religionslehre — Sozialethik

b) Soziologie Staatskunde Rechtskunde Wirtschaftskunde

c) Sozialpolitik

Gesundheitspflege und Gesundheitsfürsorge, Gesundheitsrecht

Jugendhilfe und Jugendrecht Wohlfahrtspflege und Fürsorgerecht Verwaltungskunde

d) Musische Fächer

Körper- und Bewegungsbildung.

(2) Die Lehrpläne werden nach den Richtlinien der obersten Schulaufsichtsbehörde gestaltet.

B. Praktische Ausbildung

(1) Die praktische Ausbildung umfaßt insgesamt neun Monate und besteht aus drei Blockpraktika und einem unterrichtsbegleitenden Praktikum von mindestens zwei Semestern.

(2) Drei Monate der Blockpraktika sind auf sozialpflege-rischem Gebiet in allgemeinen Krankenhäusern, Fachkrankenhäusern und sonstigen Einrichtungen, die der Aufsicht des Gesundheitsamtes unterliegen, abzuleisten. Die Einrichtungen müssen im Lande Nordrhein-Westfalen liegen und von der oberen Schulaufsichtsbehörde als für den Einsatz von Sozialpraktikanten geeignet erklärt sein. Studierende, die eine Prüfung in der Kranken- oder Kinderkrankenpflege nach mindestens zweijähriger Ausbildung nachweisen, können an Stelle eines sozialpflege-rischen Praktikums ein sozialpädagogisches .Praktikum von gleicher Dauer ableisten.

(3) Die übrigen Schulpraktika sind in freier oder behördlicher Sozialarbeit abzuleisten, und zwar nur in Ausbildungsstellen, in denen die Anleitung der Studierenden durch eine ausgebildete soziale Fachkraft gewährleistet .ist.

(4) Ein unterrichtsbegleitendes Praktikum, das sich über mindestens zwei Semester erstreckt, kann bis zu einem Monat auf die Gesamtdauer der Praktika, jedoch nicht auf das unter (2) Genannte, angerechnet werden.

(5) Die Praktika sind im Unterricht vorzubereiten, von -der Schule zu überwachen, durch Aussprachen zu ergänzen und zu vertiefen und nach ihrem Abschluß im Unterricht auszuwerten.

(6) Die im Hinblick auf die Schulpraktika notwendige Beratung der Studierenden und Kontaktpflege mit den Ausbildungsstellen (Vermittlung von Praktikumsstellen, Abstimmung des Ausbildungsplanes, Überwachung des Praktikums in geeigneter Form) obliegt einer in der praktischen Sozialarbeit erfahrenen und in der Methodenlehre und praktisdien Anleitung geschulten hauptamtlichen Lehrkraft der Schule. Sie hat in enger Zusammenarbeit mit allen Mitgliedern des Lehrerkollegiums darum besorgt

') | 7 B in der ab I. April 1967 geltenden Fällung.

64. Ergänzung — SMBl. NW. — (Stand 31. 9. 1968 = MBl. NW. Nr. 123 einschl.)

23. 3. 59 (3)

zu sein, daß die Studierenden auf eine möglichst wirksame Weise in die praktische Sozialarbeit eingeführt werden.

C. Vertiefung der Ausbildung auf einzelnen Gebieten

(1) Jeder Studierende hat sich auf einem selbst gewählten Gebiet der Sozialarbeit vertiefte und gegenüber der Grundausbildung erweiterte Kenntnisse anzueignen (Vertiefungsgebiet).

(2) Zu diesem Zweck richtet jede Höhere Fachschule für Sozialarbeit spätestens im dritten Ausbildungsjahr Arbeitskreise für verschiedene Vertiefungsgebiete ein. In den Arbeitskreisen sind verwandte oder unter gleichen Gesichtspunkten zu behandelnde Vertiefungsgebiete zusammenzufassen. In diesen Arbeitskreisen, in denen in der Regel mehr als eine Lehrkraft der Schule mitwirkt, hat der Studierende Gelegenheit zu selbständiger Arbeit. Es soll Deutlich werden, wie das in den einzelnen Unterrichtsgebieten erarbeitete Wissen auf einem Einzelgebiet der praktischen Sozialarbeit fachlich und methodisch angewendet wird. Die in der Praxis gewonnene Einsicht in soziale Zusammenhänge soll vertieft werden.

(3) Die Wahl eines Vertiefungsgebietes, die die Zuordnung zu einem bestimmten Arbeitskreis zur Folge hati ist nicht an bestimmte Voraussetzungen gebunden und soll auch nicht die Richtung der späteren Berufsausübung festlegen.

(4) Als Arbeitskreise kommen z. B. in Betracht:

1. Hilfen für die Familie

Vertiefungsgebiete: z. B. Eheberatung, Mütter- und Elternbildung, Erziehungsberatung, Jugendschutz, Mütter-, Kinder- und Familienerholung, Familiengesundheitspflege und -erziehung, wirtschaftliche Hilfen, Hauspflege.

2. Fragen der Jugendbildung und Freizeithilfen

Vertiefungsgebiete: z. B. Arbeit der .Offenen Tür", Arbeit in Nachbarschaftsheimen, Jugendverbandsarbeit, Jugendgruppenarbeit, staatspolitische Bildung, musisches und werkhaftes Tun, Sport und Spiel, Jugendgesundheitserziehung, Jugenderholung.

3. Hilfen für schutzbedürftige und gefährdete junge Menschen Vertiefungsgebiete: z. B. Pflegekinderschutz, Adoptionswesen, Vormundschaftswesen, öffentliche Erziehungshilfen, Jugendgerichtshilfe, Bewährungshilfe.

4. Gesundheitliche und soziale Hilfen auf Sondergebieten

Vertiefungsgebiete: z. B. Hilfe für Alte, Hilfe für gesundheitlich Gefährdete und Kranke, für Körper- und Sinnesbehinderte, für geistig und seelisch Geschädigte, für Suchtgefährdete und Suchtkranke, für .sittlich Gefährdete, für Nichtseßhafte — Sozialarbeit in Krankenhäusern und Heilstätten.

5. Heimerziehung

Vertiefungsgebiete: z. B. Arbeit in Erziehungsheimen, Heilpädagogischen Heimen, Lehrlingsheimen, Jugendwohnheimen.

6. Hilfen zur Berulswahl und Hilfen i m Be r u f

Vertiefungsgebiete: z. B. Berufsberatung, Ausbildungshilfe, Arbeitsvermittlung, Berufsertüchtigung, Erwerbsbefähigung, Rehabilitation und Eingliederung, Arbeitsschutz.

7. Sozialarbeit im Betrieb

Vertiefungsgebiete:, z. B. Sozialberatung im Betrieb, Jugendarbeitsschutz, Frauen- und Mutterschutz, Gesundheitsvorsorge.

8. Hilfen in besonderen zeitbedingten Notständen

Vertiefungsgebiete: z. B. Hilfen für Ver: triebene und Flüchtlinge in Lagern und Notunter-künften, Eingliederungshilfen für spätausgesiedelte und alleinstehende jugendliche Flüchtlinge.

Abschnitt III Staatliche Abschlußprüfung

§ 8 Zweck und Ort der Prüfung

(1) Die dreijährige Schulausbildung wird durch die Prüfung vor einem staatlichen Prüfungsausschuß abge-' schlössen. Die Prüfung dient der Feststellung, ob der Studierende das Ziel der Ausbildung erreicht hat.

(2) Die Prüfung rindet an der Höheren Fachschule für Sozialarbeit statt, an der der Studierende ausgebildet worden ist.

$ 9 Staatlicher Prüfungsausschuß

(1) Für jede Abschlußprüfung wird mindestens zwei Monate vor Abschluß des Schuljahres ein staatlicher Prüfungsausschuß gebildet.

(2) Dem Prüfungsausschuß gehören an:

a) ein von der obersten Schulaufsichtsbehörde berufener Schulaufsichtsbeamter als Vorsitzender,

b) der Direktor der Schule als stellvertretender Vorsitzender,

c) die Dozenten, die im 3. Ausbildungsjahr in den Prüfungsfächern unterrichtet haben.

Der Direktor der Schule kann von den Dozenten, die an der Ausbildung in den Vertiefungsgebieten beteiligt sind, einen mit der Prüfung im Vertiefungsgebiet beauftragen. Dieser Dozent ist dann ebenfalls Mitglied des Prüfungsausschusses.

(3) Der Prüfungsausschuß ist beschlußfähig, wenn außer dem Vorsitzenden mindestens zwei Drittel der Mitglieder anwesend sind. Er trifft seine Entscheidungen mit Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(4) Die Mitglieder des Prüfungsausschusses sind zu Beginn der Prüfung vom Vorsitzenden zur Verschwiegenheit zu verpflichten. Die Verpflichtung ist in der Niederschrift über die Prüfung zu vermerken.

§ 9a Prüfungsfachkommissionen

(1) Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses kann auf Vorschlag des Direktors der Schule für die Prüfungsgebiete der mündlichen Prüfung aus den Mitgliedern des Prüfungsausschusses Prüfungsfachkommissionen bilden. Jede Prüfungsfachkommission besteht mindestens aus:

a) dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses oder dem Direktor der Schule als Vorsitzenden der Prüfungsfachkommission,

b) dem Prüfer,

c) dem Schriftführer.

Der Vorsitzende kann weitere Mitglieder des Prüfungsausschusses als Beisitzer bestellen.

(2) Prüfer ist das Mitglied des Prüfungsausschusses, das in dem Prüfungsgebiet unterrichtet hat.

(3) Der Schriftführer und die Beisitzer sollen nach Möglichkeit Vertreter eines verwandten Faches sein.'

(4) § 9 Abs. 4 findet entsprechende Anwendung. Über die einzelnen mündlichen Prüfungen ist vom Schriftführer eine Niederschrift anzufertigen, die den Gegenstand und Verlauf der Prüfungwiedergibt. Jede Niederschrift ist von dem Vorsitzenden, dem Prüfer und dem Schriftführer der Prüfungsfachkommission zu unterschreiben.

(5) Wird die mündliche Prüfung in Prüfungsfachkommissionen durchgeführt, so ist jeder Studierende mindestens in einem Prüfungsgebiet vor der Prüfungsfachkommission zu prüfen, die vom Vorsitzenden des Prüfungsausschusses geleitet wird.

23. 3. 59 (3)

55 Ergänzung — SMBl. NW. — (Stand 15. 4. 1967 = MBl. NW. Nr. 50 einschl.)

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Ailaf« l

9 10

Meldung zur Prüfung •

(1) Die Zulassung zur Abschlußprüfung hat der Studierende zu einem von dem Schulleiter zu bestimmenden Termin schriftlich zu beantragen.

(2) Dem Antrag sind beizufügen von dem Studierenden

s) ein handgeschriebener Lebenslauf mit Lichtbild, b) die Quittung über die geleistete Prüfungsgebühr, von der Höheren Fachschule für Sozialarbeit

a) die Nachweise der für den Eintritt' in die Höhere' Fachschule für Sozialarbeit erforderlichen schulischen und beruflichen Voraussetzungen nach } 4, gegebenenfalls eine nach J 4 Abs. 4 erteilte Ausnahmegenehmigung, *

b) Bescheinigungen über die von der Schule gelenkten Praktika.

l M Zulassung zur Prüfung

(1) In einer Konferenz der an der Ausbildung beteiligten Lehrkräfte, die unter dem Vorsitz des Schulleiters stattfindet, wird festgestellt, mit welchem Erfolg der Studierende an der Ausbildung teilgenommen hat und ob. er sich für den Beruf des Sozialarbeiters als geeignet erwiesen hat. Die Konferenz beschließt über die Zulassung. Ein Studierender, dessen Leistungen nicht als ausreichend bezeichnet werden, kann nicht zur. Prüfung zugelassen werden. - ' ',, ,

(2) Der Stand der Leistungen der Studierenden in den einzelnen im Ausbildungsplan vorgesehenen Gebieten wird in einer Zulassungsliste festgelegt (Muster siehe Anlage 2). . . -

(3) Dem Studierenden ist die Entscheidung über die Zulassung unverzüglich durch den Schulleiter — im Falle 'der Ablehnung schriftlich — mitzuteilen. Gegen die Ablehnung der Zulassung kann der Studierende die Entscheidung des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses anrufen, dessen Entscheidung an die Stelle der Entscheidung der Konferenz tritt.

J 12 Gliederung und Zeitpunkt der Prüfung

(1) Die Prüfung besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil. .

(2) Den Zeitpunkt der mündlichen Prüfung bestimmt der Vorsitzende des Prüfungsausschusses im Einvernehmen mit dem Schulleiter. Die schriftliche Prüfung -liegt mindestens drei Wochen vor der mündlichen Prüfung.

(3) Mit dem Vorschlag für den Prüfungstermin sind die Zulassungsliste und die in § 10 genannten Nachweise vorzulegen. • . ,

5 13 Schriftliche Prüfung

(1) Die schriftliche Prüfung besteht aus

1. einer Hausarbeit über ein aus der Erfahrung bei der praktischen Ausbildung entnommenes Thema, das der Studierende, mit Zustimmung des Schulleiters ausgewählt hat. Die Arbeit ist spätestens sechs Wochen nach Abschluß des letzten Schulpraktikums vorzulegen. ' • '

2. zwei unter Aufsicht zu fertigenden Arbeiten

a) einer Aufgabe aus der praktischen Sozialarbeit; hierbei sind zwei Aufgaben zur Wahl zu stellen,

b) einer thematischen Arbeit, für die drei Themen aus verschiedenen Gebieten zur Wahl zu stellen sind.

Die Zeit für die Anfertigung, der unter Aufsicht zu fertigenden Arbeiten beträgt je fünf-Stunden.

(2) Für die in Absatz l unter Nr. 2 Buchst, a genannten Arbeiten sind vier Vorschläge, für die unter Nr. 2 Buchst, b genannten Arbeiten sind sechs Vorschläge von dem Schulleiter dem Vorsitzenden des Prüfungsausschus-

ses zu einem von diesem zu bestimmenden Termin vorzulegen. Der Vorsitzende wählt zwei Aufgaben aus der praktischen Sozialarbeit und drei Themen aus verschiedenen Gebieten aus. Er leitet die Themen in versiegeltem Umschlag, der erst unmittelbar vor Beginn der schriftlichen Prüfung vor den Studierenden zu öffnen ist, dem Schulleiter zu.

(3) Die Studierenden werden bei Beginn der Prüfung darauf hingewiesen, daß die Benutzung unerlaubter Hilfsmittel und jegliche gegnseitige Fühlungnahme unzulässig sind und dazu führen können, daß die Prüfung" für nicht bestanden erklärt wird.

(4) Zu den Prüfungsarbeiten darf nur das von der Schule gestellte gekennzeichnete Papier verwendet werden, das am Schluß der Bearbeitung vollständig abzugeben ist, auch wenn es nicht oder zu Nebenarbeiten benutzt wurde.

(5) Die Prüfungsarbeiten werden durch zwei vom Vorsitzenden bestimmte Mitglieder des Prüfungaussrhusses bewertet. Diese haben ihre Bewertung schriftlich niederzulegen und zusammen mit den Arbeiten dem Vorsitzenden zuzuleiten. In Fällen verschiedener Bewertung entscheidet der Vorsitzende nach Aussprache mit den Mitgliedern des Prüfungsausschusses. Abänderungen der Bewertung müssen vor Eintritt in die mündliche Prüfung festgelegt sein.

5 14 Mündliche Prüfung

(1) Vor der mündlichen Prüfung entscheidet, der Prüfungsausschuß, ob nach der Bewertung der schriftlichen Arbeiten oder wegen eines' in § 13 Abs. 3 genannten Verhaltens ein Studierender von der Teilnahme an der . mündlichen Prüfung auszuschließen ist. In diesem Falle gilt die Prüfung als nicht bestanden.

(2) Die mündliche Prüfung wird von dem Vorsitzenden - des Prüfungsausschusses nach einem von ihm nach dem Vorschlag des 'Schulleiters festgesetzten Prüfungsplan geleitet. In dem Prüfungsplan sind die Prüfungsgebiete für die einzelnen Studierenden und die Prüfenden für die Prüfungsgebiete festzulegen. Der. Prülungsplan kann den Studierenden 48 Stunden vor Beginn der mündlichen Prüfung bekanntgegeben werden.

(3) Die Prüfung soll nicht im Abfragen von Gedächtnisstoff, sondern in einer Aussprache über umfassende Fragen der einzelnen Fach- und Wissensgebiete unter Berücksichtigung der praktischen Aufgaben der Sozialarbeit bestehen. Sie soll Gelegenheit geben, außer den nachzuweisenden Fachkenntnissen auch die allgemeine geistige Reife und die Auffassung und Urteilskraft der Studierenden zu erkennen.

(4) Jeder Studierende wird geprüft

a) in zwei der nachstehend genannten Gebiete

Pädagogik und Psychologie, • Gesundheitspflege und Gesundheitsfürsorge,

Jugendhilfe und Jugendrecht,

Wohlfahrtspflege und Fürsorgerecht,

Sozialpolitik,

Staats- und Verwaltungskunde;

b) in seinem Vertiefungsgebiet.

(5) Die Prüfenden können mit Zustimmung des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses vereinbaren,, daß die in Absatz 4 Buchst, a genannten Prüfungsgebiete miteinander verbunden werden.

(6) Die gesamte Dauer der .mündlichen Prüfung soll für den einzelnen Studierenden 50 Minuten nicht übersteigen. . . •

(7) Der Prüfungsausschuß oder — wenn Prüfungsfachkommissionen gebildet sind — die Prüfungsfachkommission setzt auf Vorschlag des Prüfers für die Prüfungsleistung in einem Prüfungsgebiet eine Note nach 5 15 Abs. l fest. /

(8) An der mündlichen Prüfung können außer den Mitgliedern des Prüfungsausschusses teilnehmen:

a) Vertreter der. obersten Schulaufsichtsbehörde und des Schulträgers,

42. Ergänzung — SMBl. NW. — (Stand 15. 2.1965 = MBl. NW. Nr. 17 einschl.)

23. 3. 59 (4)

b) weitere vom Vorsitzenden eingeladene Personen.

Die unter b) genannten Personen nehmen an den Beratungen des Prüfungsausschusses nicht teil. Nehmen Vertreter der obersten Schulaufsichtsbehörde oder des Schulträgers an den Beratungen teil, so haben sie kein Stimmrecht. $ 9 Abs. 3 gilt entsprechend.

8 15

Bewertung der Prüfung

(1) Die Leistungen der schriftlichen und mündlichen Prüfung sind zu bewerten mit

1 = sehr gut

2 = gut

3 = befriedigend

4 = ausreichend

5 = mangelhaft

6 = ungenügend.

(2) Nach Beendigung der Prüfung wird das Gesamtergebnis für jeden Studierenden in einer Gesamtzensur bewertet. Die Gesamtzensur wird gebildet aus

a) den Ergebnissen der schriftlichen Prüfungsarbeiten (} 13 Abs. 5),

b) den Ergebnissen der mündlichen Prüfung (J 14 Abs. 7). Hierbei soll nicht lediglich rechnerich gemittelt, sondern auch der Gesamteindruck gewertet werden, den der Studierende gemacht hat. Es sollen auch die Beurteilungen der Praktika und die Vorzensuren, die aus der Zulassungsliste zu entnehmen sind (} 11 Abs. 2) angemessen berücksichtigt werden.

(3) Die Prüfung ist nicht bestanden, wenn

a) in mehr als einer schriftlichen Prüfungsarbeit,

b) in mehr als einem Gebiet der mündlichen Prüfung,

c) in einer schriftlichen Prüfungsarbeit und in einem

Gebiet der mündlichen Prüfung

unter Berücksichtigung der Regelung in Absatz 2 Satz 3 die Zensur .ausreichend* nicht erzielt wird.

(4) Den Studierenden wird das Ergebnis der Prüfung durch den Vorsitzenden des Prüfungsausschusses bekanntgegeben.

J 16 Niederschrift

Über die Prüfungsvorgänge ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie ist vom Vorsitzenden des Prüfungsausschusses und dem Schriftführer zu unterschreiben. Der Schriftführer wird vom Vorsitzenden des Prüfungsausschusses vor Beginn der mündlichen Prüfung aus den Mitgliedern des Ausschusses bestimmt.

§ 17 Prüfungszeugnis

(1) Nach bestandener Prüfung erhält der Studierende ein Zeugnis, das von den Mitgliedern des Prüfungsausschusses zu unterzeichnen und mit dem Dienstsiegel der oberen Schulaufsichtsbehörde zu versehen ist. Aus dem Zeugnis muß die Gesamtzensur zu ersehen sein (Muster Anlage 3j siehe Anlage 3).

(2) Über die Vertiefung der Ausbildung auf einem Einzelgebiet der Sozialarbeit (§ 7 Abschn. C) kann der Schulleiter auf Antrag eine Zusatzbescheinigung ausstellen. Aus der Bescheinigung muß hervorgehen, in welchem Arbeitskreis das gewählte Vertiefungsgebiet behandelt worden ist.

5 18 Wiederholung der Prüfung

Ist die Prüfung nicht bestanden worden, so kann sie wiederholt werden. Eine zweite Wiederholung bedarf der Genehmigung der obersten Schulaufsichtsbehörde.. Den Termin für die Wiederholung legt der Prüfungsausschuß fest, der auch bestimmt, ob und wie lange der Besuch der Höheren Fachschule für Sozialarbeit fortzusetzen ist.

Abschnitt IV Berufspraktikum

S 19

Allgemeine Vorschriften

(1) Nach bestandener Abschlußprüfung leisten die Sozialarbeiter ein von der Höheren Fachschule für Sozial-

arbeit, an der die Prüfung abgelegt worden ist, gelenktes und überwachtes einjähriges Berufspraktikum ab. Das Praktikum muß spätestens drei Jahrenach Ablegung der Prüfung beendet sein. Es soll — außer im Krankheitsfalle — nicht länger als sechs Monate unterbrochen werden.

(2) Sechs Monate des Berufspraktikums sind bei einer .staatlichen oder kommunalen Behörde im Innendienst abzuleisten. Dieser Teil des Berufspraktikums hat das Ziel, die Sozialarbeiter mit der praktischen Verwaltungstätigkeit vertraut zu machen. Die Verwaltungsaufgaben der Ausbildungsstellen sollen mit der Sozialarbeit in Zusammenhang stehen.

(3) Sechs Monate sind auf einem sonstigen Gebiet der öffentlichen oder freien Sozialarbeit abzuleisten.

(4) Die oberste Schulaufsichtsbehörde kann in besonders gelagerten Einzelfällen ausnahmsweise eine von Absatz 2 abweichende Regelung des Berufspraktikums zulassen.

(5) Wird der Nachweis einer bereits vor Eintritt in die Höhere Fachschule für Sozialarbeit abgeleisteten ausreichenden .praktischen Sozial- oder Verwaltungstätigkeit erbracht, so kann auf Antrag Befreiung von der Ableistung des Teils des Berufspraktikums erteilt werden, für den durch die frühere Berufstätigkeit genügend Erfahrung gesammelt wurde. Anträge nach Satz l und 2 sind vor Ablegung der Prüfung zu stellen. Sie sind von der Schule mit einer gutachtlichen Stellungnahme des staatlichen Prüfungsausschusses, vor dem die Prüfung abgelegt worden ist, der oberen Schulaufsichtsbehörde vorzulegen.

5 20 Eignung und Auswahl der Ausbildungsstellen,

(1) Die Ausbildungsstellen müssen für die Ableistung des Berufspraktikums geeignet sein, insbesondere muß ein erfahrener staatlich anerkannter Sozialarbeiter oder eine gleichzuachtende Fachkraft mit der Ausbildung der Berufspraktikanten beauftragt sein (Ausbildungsleiter). Es kommen Ausbildungsstellen in allen Ländern der Bundesrepublik oder in Berlin (West) in Betracht.

(2) Bei Ausbildungsstellen von Trägern der freien Sozialarbeit bedarf es einer Anerkennung der Eignung durch die obere Schulaufsichtsbehörde. Die Anerkennung kann allgemein oder für den Einzelfall ausgesprochen werden; sie kann befristet und mit Auflagen für den Träger der Ausbildungsstelle verbunden werden. Die bis zum Inkrafttreten dieser Ausbildungs- und Prüfungsordnung erteilten Anerkennungen gelten bis zum 31. 3.. 1962 weiter.

(3) Die einzelnen Ausbildungsstellen werden durch den Berufspraktikanten mit Zustimmung des Leiters der. Höheren Fachschule für Sozialarbeit, an der die Abschlußprüfung abgelegt wurde, ausgewählt.

(4) Vor Erteilung der Zustimmung hat der Schulleiter festzustellen, ob die Ausbildungsstelle geeignet bzw. als geeignet anerkannt ist. Erforderlichenfalls hat er eine Stellungnahme der Stelle einzuholen, die für die staatliche Anerkennung von Sozialarbeitern in dem Bezirk, in dem sich die Ausbildungsstelle befindet, zuständig ist.

§ 21 Ausbildungsplan und Überwachung der Ausbildung

(1) Das Berufspraktikum ist nach einem Plan durchzuführen, der zwischen der von dem Berufspraktikanten besuchten Höheren Fachschule für Sozialarbeit und der Ausbildungsstelle vereinbart wird. Der Plan muß eine gründliche praktische Ausbildung in der beruflichen Sozialarbeit sicherstellen und etwaige Lücken in der bisherigen praktischen Ausbildung des Berufspraktikanten berücksichtigen. Der Ausbildungsplan für das nach $ 19 Abs. 2 abzuleistende Praktikum im Innendienst einer staatlichen oder kommunalen Behörde wird nach den hierfür zu erlassenen Richtlinien der obersten Schulaufsichtsbehörde gestaltet.

(2) Die. Höhere Fachschule für Sozialarbeit hat die Durchführung des Ausbildungsplanes in geeigneter Weise zu überwachen. Die Berufspraktikanten sind während des Praktikums mindestens einmal zu einem Erfahrungsaustausch in die Schule einzuberufen.

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23. 3. 59 (4)

112. Ergänzung - SMBl. NW. - (Stand 15. 4. 1976 = MBl. NW. Nr. 28 einschl.)

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Anlage 4

(3) Die Ausbildungsstelle hat den Schulleiter durch vierteljährliche Berichte des Ausbildungsleiters über die Haltung und Berufsentwicklung des Praktikanten zu unterrichten.

§ 22

Abschluß des Berufspraktikums

(1) Im letzten Vierteljahr des Berufspraktikums beruft die Höhere Fachschule für Sozialarbeit die Berufspraktikanten zu einem Kolloquium ein, dessen Dauer sich nach der Zahl der Teilnehmer richtet. Für jeden Berufspraktikanten sollen mindestens 30 Minuten gerechnet werden. Durch das Kolloquium soll insbesondere festgestellt werden, ob die Berufspraktikanten ausreichende Fach-und Verwaltungskenntnisse für eine Tätigkeit als Sozialarbeiter besitzen. Die Kenntnisse sollen von den Berufspraktikanten vorwiegend durch Darlegung von Praxisfällen und ihre Behandlung nachgewiesen werden. Von der Teilnahme am Kolloquium kann nicht befreit werden.

(2) Das Kolloquium kann auf Anraten der Schule frühestens nach einem halben Jahr wiederholt werden. Eine zweite Wiederholung bedarf der Genehmigung der obersten Schulaufsichtsbehörde.

Abschnitt V Staatliche .Anerkennung als Sozialarbeiter

5 23 Voraussetzungen

Sozialarbeiter, die eine dieser Ausbildungs- und Prüfungsordnung entsprechende Ausbildung mit Erfolg abgeschlossen, sich im Berufspraktikum bewährt, beim abschließenden Kolloquium ausreichende Fach-. und Verwaltungskenntnisse gezeigt haben und die persönlichen und charakterlichen Eigenschaften erkennen lassen, die für die berufliche Sozialarbeit unerläßlich sind, werden auf Antrag staatlich anerkannt'. .

5 24 Antrag

(1) Der Antrag auf staatliche Anerkennung ist bei der Fachhochschule einzureichen, bei der der Sozialarbeiter die Abschlußprüfung bestanden hat.

Dem Antrag sind beizufügen:

a) ein handgeschriebener Lebenslauf mit Lichtbild

b) ein polizeiliches Führungszeugnis, das nicht älter als 3 Monate sein soll

c) das Zeugnis über die bestandene Abschlußprüfung an der Fachhochschule.

(2) Die Fachhochschule reicht den Antrag mit einer Stellungnahme zu den nach § 23 zu stellenden Anforderungen bei dem für sie zuständigen Regierungspräsidenten ein, der über. den Antrag entscheidet. Der Stellungnahme sind die Beurteilungen der Ausbildungsleiter im Berufspraktikum beizufügen.

§ 25 Ausspruch der staatlichen Anerkennung

Die staatliche Anerkennung ist mit Wirkung vom ersten Tage des Monats, der auf den Abschluß des Berufspraktikums folgt, auszusprechen. Über die staatliche Anerkennung wird eine Bescheinigung ausgestellt (Muster siehe Anlage 4). Von der Erteilung der Anerkennung ist die Höhere Fachschule für Sozialarbeit, die den Antrag • gemäß § 24 Abs. 2 vorgelegt hat, zu unterrichten.

§ 26 Widerruf

(1) Die staatliche Anerkennung ist mit dem Vorbehalt zu erteilen, daß sie widerrufen werden kann, wenn Tatsachen bekannt werden, die erkennen lassen, daß die Voraussetzungen für die Erteilung der staatlichen Anerkennung nicht vorgelegen haben oder später fortgefallen sind. Von der Möglichkeit des Widerrufs soll

in der Regel nur Gebrauch gemacht werden, wenn die. Tatsachen den Mangel von Eigenschaften erkennen lassen, die zur Ausübung beruflicher Sozialarbeit unerläßlich sind.

. (2) Zuständig für den Widerruf ist die Behörde, die die Anerkennung ausgesprochen hat.

(3) Von dem Widerruf sind in Kenntnis zu setzen

a) die Stelle, bei der der Sozialarbeiter z. Z. des Widerrufs beschäftigt ist,

b) die oberste Schulaufsichtsbehörde,

c) die Höhere Fachschule für Sozialarbeit, an der der Sozialarbeiter die staatliche Abschlußprüfung bestanden hat..

§ 27 Staatliche Anerkennung durch andere Bundesländer

(1) Eine nach dem 1. 4. 1964 in einem anderen Land der Bundesrepublik oder in Berlin (West) erteilte staatliche Anerkennung wird einer nach dieser Ausbildungsund Prüfungsordnung erteilten Anerkennung nur dann gleichgestellt, wenn sie auf Grund von Vorschriften erteilt wird, die den Regelungen dieser Ausbildungs- und Prüfungsordnung entsprechen.

(2) Den Zeitpunkt der Einführung.dieser Ausbildungsund Prüfungsordnung entsprechenden Vorschriften in den anderen Bundesländern und in Berlin (West) gibt die oberste Schulaufsichtsbehörde bekannt.

§ 28 Staatliche Anerkennung in Sonderfällen

Ob und wieweit Ausbildungen und Prüfungen im Ausland der Ausbildung und Prüfung nach dieser Ausbildungs- und Prüfungsordnung als Voraussetzung für die staatliche Anerkennung als Sozialarbeiter entsprechen, entscheidet die oberste Schulaufsichtsbehörde. Entsprechende Anträge sind bei der oberen Schulaufsichtsbehörde zu stellen und von dieser mit einer ausführlichen Stellungnahme der obersten Schulaufsichtsbehörde vorzulegen.

Abschnitt VI Schluß- und Übergangsvorschrift

Diese Vorschriften treten mit Beginn des Schuljahres ,1959 in Kraft. Für Ausbildungsverhältnisse, in denen die Schulausbildung vor Inkrafttreten dieser Vorschriften begonnen hat, gelten die bisherigen Vorschriften fort.


Anlagen: