Geltende Erlasse (SMBl. NRW.)  mit Stand vom 22.3.2024


Bauleitplanung Hinweise für die Planung von Spielflächen RdErl d. Innenministers v. 31.7.1974 - V C 2 - 901.11 (am 01.01.2003: MSWKS)

 

Bauleitplanung Hinweise für die Planung von Spielflächen RdErl d. Innenministers v. 31.7.1974 - V C 2 - 901.11 (am 01.01.2003: MSWKS)

Bauleitplanung
Hinweise für die Planung von Spielflächen
RdErl d. Innenministers
v. 31.7.1974 - V C 2 - 901.11
(am 01.01.2003: MSWKS)

1
Allgemeines
Nach § l Abs. 6 BBauG sind bei derAufstellung der Bauleitpläne u. a. die Belange der Jugendförderung, des Sports, der Freizeit und der Erholung sowie die sozialen Belange der Bevölkerung zu berücksichtigen. Diese Grundsätze verpflichten die Gemeinden, der Jugend zur freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit ausreichend Gelegenheit zum Spielen zu geben. Diesem Bedürfnis ist durch Bereitstellung besonders ausgewiesener öffentlicher Spielflächen zu genügen, soweit ihm nicht hinreichend auf andere Weise entsprochen werden kann. Die notwendigen Voruntersuchungen sollten möglichst im Rahmen einer gemeinschaftlichen Entwicklungsplanung - soweit vorhanden - durchgeführt werden. Die erforderlichen Flächen, Grundstücke und Anlagen sind in den Bauleitplänen darzustellen bzw. festzusetzen.
Die Notwendigkeit, für ausreichende öffentliche Spielmöglichkeiten zu sorgen, schließt nicht aus, dass entgegenstehende Belange im Einzelfall vorrangig berücksichtigt werden, sofern sie gewichtiger sind (vgl. BVerwG-Urt. v. 12. 12. 1969; BVerwGE 34, 301).
2
Spielflächensystem

Den unterschiedlichen Bedürfnissen der einzelnen Altersstufen entsprechend werden verschiedene Spielbereiche und Arten von Spielflächen unterschieden und zweckmäßig in ein integriertes Spielflächensystem für das ganze Gemeindegebiet eingeordnet.
2.1
Spielbereiche
Spielbereiche sind räumlich zusammengefasste Spielflächen verschiedener Art und Nutzung. Nach ihrer Funktion wird unterschieden zwischen
- Spielbereich A (zentrale Versorgungsfunktion für einen Ort oder Ortsteil)
- Spielbereich B (Versorgungsfunktion für einen Wohnbereich)
- Spielbereich C (Versorgungsfunktion für einen Wohnblock oder eine Hausgruppe)
Die Spielbereiche sollen so angeordnet werden, dass die ihrer Funktion entsprechend abgestuften Einzugsbereiche im wesentlichen alle Wohnbereiche überdecken und keine für Kinder unzumutbaren Entfernungen zu den Wohnungen entstehen. Es ist anzustreben, sie in ein Grünflächensystem einzubeziehen und untereinander weitgehend durch Fußwege zu verbinden, so dass ein gefahrloses Überwechseln zu anderen Spielbereichen ermöglicht wird. Die einzelnen Spielbereiche sollen so bemessen werden, dass sie mit möglichst unterschiedlichen Spielgeräten und -einrichtungen ausgestattet werden können, um ein vielfältiges Spielangebot zu erreichen.
2.11
Spielbereiche A
Spielbereiche A haben eine zentrale Funktion für einen Ort bzw. Ortsteil. Sie dienen allen Altersstufen. In ihnen sollen möglichst vielfältige Spielbetätigungen - auch für Erwachsene - möglich sein. Sie sollen eine Nettospielfläche von mindestens 1500 qm Größe aufweisen und in der Regel nicht weiter als 1000 m von den zugeordneten Wohnbereichen entfernt sein. Werden zur Verbesserung der Funktionsfähigkeit größere Nettospielflächen vorgesehen, können auch größere Entfernungen zu den zugeordneten Wohnbereichen in Kauf genommen werden. Auf die Spielbereiche A sollen etwa 40 bis 60% der gesamten Spielflächen des Gemeindegebietes entfallen.
2.12
Spielbereiche B
Spielbereiche B sind vorzugsweise für die schulpflichtigen Kinder bestimmt und auf deren Erlebnis- und Betätigungsdrang ausgerichtet. In ihrer Funktion können sie beispielsweise für Sand-, Rasen-, Wasser-, Bau-, Ball, Bewegungs-, Lauf- oder Kletterspiele angelegt werden. Die Größe des Spielbereiches soll der jeweiligen Funktion entsprechen, mindestens aber 400 qm Netto betragen, die Entfernung zu den zugeordneten Wohnbereichen 500 m möglichst nicht überschreiten. Etwa 20 bis 50% der Gesamtspielflächen des Gemeindegebietes soll auf Spielbereiche B entfallen.
2.13
Spielbereiche C
In der Nähe der Wohnungen sollen für Kleinkinder und jüngere Schulkinder Spielbereiche C zur Verfügung stehen. Sie sollen Einrichtungen wie z. B. zum Hangeln, Rutschen, Balancieren und sonstige Spieleinrichtungen (z. B. Sandkasten, Wasserbecken) aufweisen und Flächen für Bewegung- und Ballspiele enthalten. Die Nettospielfläche soll eine Mindestgröße von 60 qm nicht unterschreiten, die Entfernung zu den zugehörigen Wohneinheiten 200 m in der Regel nicht überschreiten. Etwa 20% der Gesamtspielfläche des Gemeindegebietes soll auf Spielbereiche C entfallen. Auf die erforderliche Fläche der Spielbereiche C können geeignete Gemeinschaftsanlagen nach § 10 Abs. 2 BauO NW angerechnet werden, sofern diese auch der Allgemeinheit dauernd zur Verfügung stehen.
3
Spielflächenbedarf

Der Spielflächenbedarf hängt insbesondere ab von
- der Lage, Größe und Struktur der Gemeinde,
- der Einwohnerdichte, sowie von der Bebauungs- und Erschließungsform,
- der gesamten Wohngeschossfläche und dem Freiflächenanteil,
- der Art des Spielflächensystems,
- anderen Möglichkeiten der Spielbetätigung.

In dichter bebauten Gebieten und in den Verdichtungsgebieten des Landes ist der Bedarf größer als in locker bebauten Gebieten und in Gemeinden der ländlichen Zonen. Als Anhalt für die Ermittlung des Gesamtbedarfs für öffentliche Spielflächen (Bruttoflächen einschließlich abschirmender Grünflächen etc.) kann von einem Richtwert von durchschnittlich 4 qm/Einwohner ausgegangen werden. Der spezifische Bedarf für einzelne Ortsteile soll unter Berücksichtigung der jeweiligen Struktur und Bebauungsdichte (Wohndichte) aus den in der nachfolgenden Tabelle angegebenen Richtwerten ermittelt werden, die in der Regel nicht unterschritten werden sollen.

Bebauungsdichte                                Netto-Ein-                                          Spielflächenbedarf
                                                           wohnerdichte                                      (Bruttofläche)
(GFZ)                                                 (EW/ha)                                             (qm/EW)

            0,4                                                      160                                                     2,4
und weniger                                        und weniger
            0,8                                                      280                                                     3,0
            1,0                                                      350                                                     3,3
            1,2                                                      420                                                     3,6
            1,4*)                                                   455                                                     4,2
            1,6*)                                                   490                                                     4,5
und mehr                                             und mehr


*) Nur unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 9 oder 10 BauNVO.

Die Richtwerte, insbesondere in überwiegend bebauten Gebieten, können bis zur Hälfte der notwendigen Flächen unterschritten werden, wenn ausreichende Spielmöglichkeiten anderweitig sichergestellt sind, beispielsweise durch
- Spielstraßen und geeignete Fußgängerbereiche,
- Doppelnutzung geeigneter und hierzu freigegebener Flächen, z. B. auf Schulhöfen in der unterrichtsfreien Zeit, auf Sportanlagen,
- dauernde Bereitstellung geeigneter privater Spielstätten für die Allgemeinheit, z. B. Gemeinschaftsanlagen nach § 10 Abs. 2 BauO NW.
4
Lage und Zugänglichkeit der Spielflächen

Die Lage der Spielflächen ergibt sich im allgemeinen bereits aus der Entfernungsanforderung zu den zugeordneten Wohnbereichen.
Spielflächen sollen nach Möglichkeit gut durchlüftet sein. Extreme Windlagen sind zu vermeiden.
Spielflächen sollen auch nicht im Einwirkungsbereich von Flächen und Anlagen liegen, von denen Luftverunreinigungen und stark störende Geräusche und besondere Gefahren ausgehen. Eine geringe Lärmbelästigung kann wegen des Eigenlärms der Spielflächen in Kauf genommen werden. Allgemein ist die Lage an Verkehrsanlagen nicht auszuschließen, wenn eine Gefährdung oder Belästigung der Kinder durch geeignete Absperrungen und abschirmende Trennzonen vermieden wird. Auf das Ruhebedürfnis der Anwohner soll nach Möglichkeit durch eine zweckmäßige Lage der Spielflächen und durch eine geeignete Stellung der Baukörper Rücksicht genommen werden. Zur Abschirmung störenden Lärms kann ein gleichzeitig als Rodelberg dienender Erdwall beitragen.
Die Spielflächen sollen von den zugeordneten Wohnungen auf kürzestem Weg möglichst gefahrlos erreichbar sein. Eine Verbindung mit anderen Spielbereichen ist anzustreben. Zu- und Verbindungswege sollen so beschaffen sein, dass sie ohne Belästigung anderer Benutzer mit Kinderfahrzeugen befahrbar sind. Sie sollten selbst schon ein Erlebnisbereich sein und Spiele, insbesondere Bewegungsspiele, ermöglichen. Plangleiche Kreuzungen der Zu- und Verbindungswege mit Verkehrsstraßen müssen ausreichend gesichert werden. Das gleiche gilt für Ausgänge von Spielflächen. Reinigungs-, Wartungs- oder Notdienstfahrzeuge müssen an  die Spielflächen heranfahren können.
5
Arten und Gestaltung der Spielflächen

Die Spielbereiche sollen entsprechend ihrem Einzugsbereich ein möglichst reichhaltiges und differenziertes Spielangebot für die sie benutzenden Altersgruppen enthalten.
Nähere Einzelheiten zur Anlage, Größe, Flächenaufteilung, Ausstattung und Gestaltung der einzelnen Spielflächenarten können dem von mir geförderten Forschungsbericht „öffentliche Spielplätze" (Schriftenreihe für Landes- und Stadtentwicklungsforschung Nr. 2001, herausgegeben im Auftrag des Innenministers durch das Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung, 46 Dortmund, Königswall 38/40) entnommen werden, in dem auch die D1N 18034 und die Empfehlung der Deutschen Olympischen Gesellschaft/kommunale Spitzenverbände berücksichtigt sind.
6
Darstellung und Festsetzung in Bauleitplänen

6.1
Flächennutzungsplan
Bei der Aufstellung des Flächennutzungsplanes ist das Spielflächensystem der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen.
Die Spielflächen sind gem. § 5 Abs. 2 Nr. 5 BBauG durch Planzeichen nach Nr. 9 der Anlage zur Planzeichenverordnung mit der besonderen Zweckbestimmung „Spielplatz" darzustellen. In sinngemäßer Weiterentwicklung der Planzeichen nach § 2 Abs. 2 der Planzeichenverordnung ist die Zweckbestimmung der Spielflächen durch textliche Ergänzungen wie „Spielbereich B" näher zu erläutern.
Soweit eine Flächendarstellung im Flächennutzungsplan noch nicht möglich oder nicht zweckmäßig ist, genügt eine standortmäßige Darstellung der Spielflächen durch Planzeichen, die das Spielflächensystem klar erkennen lassen.
Im Erläuterungsbericht ist der Nachweis der Deckung des Spielflächenbedarfs durch Spielflächen oder auf andere Weise für das gesamte Gemeindegebiet sowie für die Verteilung auf die einzelnen Spielbereiche zu erbringen (vgl. Nr. 3). Die sich daraus für einen Gemeindebezirk bzw. einen Spielbereich ergebenden Flächenanforderungen sollen in einem ergänzenden, das Spielflächensystem und - soweit möglich - die Verbindungswege gesondert darstellenden Übersichtsplan nachgewiesen werden.
6.2
Bebauungsplan
Die Spielflächen sind im Bebauungsplan gemäß § 9 Abs. l Nr. 15 BBauG durch Planzeichen nach Nr. 9 der Anlage zur Planzeichenverordnung festzusetzen. Soweit die Fußwege, die zu den Spielflächen führen, außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplanes verlaufen sollen, sind deren Verlauf und Entfernung zu den Wohngebieten in der Begründung zu erläutern. Standort, Größe und Zuordnung der Spielflächen zu den Wohnbereichen ergeben sich aus dem im Flächennutzungsplan dargestellten und im Erläuterungsbericht beschriebenen Spielflächensystem (§ 8 Abs. 2 Satz l BBauG).
Werden Bebauungspläne aufgestellt, geändert oder ergänzt, durch die neues oder zusätzliches Baurecht für die Errichtung von Wohnungen begründet wird, so soll die Begründung gemäß § 9 Abs. 8 BBauG Hinweise über die Zuordnung der im Geltungsbereich des Bebauungsplanes zulässigen Wohnungen zu dem im Flächennutzungsplan dargestellten Spielflächensystem und dessen einzelnen Spielbereichen enthalten.
6.3
Genehmigung der Bauleitpläne und besondere Anforderungen
Die Genehmigungsbehörde prüft, ob die ihr zur Genehmigung vorgelegten Bauleitpläne bei ordnungsgemäß durchgeführter Abwägung die unter Nr. l Satz l genannten Belange ausreichend berücksichtigen. Bei einer erkennbaren Verletzung des Abwägungsgebotes oder einer offensichtlichen Fehleinschätzung der einzustellenden Belange ist die Genehmigung zu versagen oder sind die Versagungsgründe durch Auflagen auszuräumen.
Ist ein Flächennutzungsplan nicht aufgestellt oder noch nicht entsprechend geändert, so kann die Genehmigungsbehörde die Genehmigung von Bebauungsplänen von dem vorherigen Nachweis der Erfüllung der vorstehenden Anforderungen abhängig machen und die Vorlage entsprechender vom Rat der Gemeinde beschlossener Planungsunterlagen fordern.
Lassen sich bei vorhandener Bebauung die Spielflächenverhältnisse nicht oder nur unter einem unvertretbaren hohen Aufwand verbessern, so hat die Gemeinde dies der Genehmigungsbehörde gegenüber durch Vorlage entsprechender Unterlagen prüfbar nachzuweisen.
7
entfallen durch gesetzliche Änderungen
8
Verhältnis zum Bauordnungsrecht
Die nach § 10 Abs. 2 BauO NW für den Bauherrn bestehende Verpflichtung, private Kleinkinderspielplätze; zu errichten und zu unterhalten, bleibt von diesem Erlass unberührt. Die nach dem Bauordnungsrecht erforderliche Spielplatzfläche wird auf die im Bauleitplanverfahren nachzuweisende öffentliche Spielfläche - abgesehen von den in Nr. 3 genannten Fällen - nicht angerechnet.
Dieser Erlass ergeht im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales.

MBl. NRW. 1974 S. 1072, geändert durch RdErl. v. 27.8.1976 (MBl. NRW. 1976 S. 1986), 29.3.1978 (MBl. NRW. 1978 S. 649).