Historische SMBl. NRW.

 Aufgehobener Erlass: Aufgehoben durch RdErl. v. 27.09.2001 - MBl.NRW. S. 1342.

 


Historisch: Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum RdErl. d. Ministers für Landes- und Stadtentwicklung v. 30.7.1981 - IV C 4 - 6.03 - 755/81¹)

 

Historisch:

Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum RdErl. d. Ministers für Landes- und Stadtentwicklung v. 30.7.1981 - IV C 4 - 6.03 - 755/81¹)

145. Ergänzung - SMB1. NW. - (Stand 15. 9. 1981 = MB1. NW. Nr. 80 einschl.)

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Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum

RdErl. d. Ministers für Landes- und Stadtentwicklung v. 30.7.1981 - IV C 4 - 6.03 - 755/81¹)

1 Allgemeines

Das Verbot der Zweckentfremdung erstreckt sich in den in der Verordnung vom 4. Mai 1981 (GV. NW. S. 232/SGV. NW. 238) genannten Gemeinden auf sämtliche Wohnungen und Wohnräume mit Ausnahme derjenigen; die mit öffentlichen Mitteln gefördert worden sind. Für diese Wohnungen, die dem Wohnungs-bindungsgesetz (WoBindG) unterliegen, ergibt sich das grundsätzliche Zweckentfremdungsverbot' aus § 12 WoBindG; das Leerstehenlassen solcher Wohnungen ist nach § 6 Abs. 5 WoBindG genehmigungspflichtig.

Bei Gemeinden, die erstmalig in die Verordnung vom 4. Mai 1981 aufgenommen wurden, gilt das Zweckentfremdungsverbot erst ab 14. 5. 1981, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung. Wohnungen, die vor diesem Zeitpunkt leerstanden, unterliegen jedoch der Genehmigungspflicht, wenn sie weiterhin leerstehen.

2 Zuständigkeit

2.1 Wegen der notwendigen Zusammenarbeit mit der Bauaufsicht sind für Gemeinden unter 25000 Einwohnern, die selbst nicht Bauaufsichtsbehörde sind, die Kreise für die Genehmigung zuständig. Die Abbruchgenehmigung kann erst erteilt werden, wenn die wohnungsrechtliche Zweckentfremdungsgenehmigung vorliegt (vgl. Nr 2.2 des RdErl. d. Ministers für Landes- und Stadtentwicklung v. 23. 6. 1981 -SMB1. NW.23212-).

2.2 Die den Gemeinden und Kreisen nach § 2 der Verordnung übertragenen Aufgaben sind Selbstverwaltungsangelegenheiten. Über Widerspi^iche entscheiden die Gemeinden und Kreise selbst (§ 73 Abs. l Nr. 3 VwGO).

2.3 Die Aufsicht führen bei kreisfreien Städten und Kreisen die Regierungspräsidenten, bei kreisangehörigen Gemeinden die Oberkreisdirektoren als untere staatliche Verwaltungsbehörden (§ 106 a Abs. l der Gemeindeordnung und § 48 Abs. l der Kreisordnung).

3 Inhalt des Zweckentfremdungsverbots

3.1 Zweckentfremdet wird Wohnraum, wenn er zu anderen als zu Wohnzwecken verwendet wird. Ohne Genehmigung verboten ist deshalb jedes Handeln oder Unterlassen des Verfügungsberechtigten oder Rauminhabers, durch das Wohnraum seiner eigentlichen Zweckbestimmung entzogen wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn

a) Wohnraum in Geschäftsraum (z. B. für Büro, Praxis, Gewerbe) umgewandelt wird,

b) Wohnraum zum Zwecke einer dauernden Fremdenbeherbergung insbesondere einer gewerblichen Zimmervermietung oder der Einrichtung von Schlafstellen verwendet werden soll,

c) Wohnraum vermeidbar länger als 3 Monate leersteht,

d) Wohnraum vorwerfbar unbewohnbar gemacht (z. B. Verkommenlassen durch Unterlassen notwendiger Erhaltungsmaßnahmen) oder zerstört wird.

3.2 Das Verbot der Zweckentfremdung gilt für den Verfügungsberechtigten und den Rauminhaber (Mieter, Pächter).

4 Voraussetzung der Genehmigung

4.1 Die Genehmigung zur Zweckentfremdung von Wohnraum soll nur bei einem vorrangigen öffentlichen

oder bei einem überwiegenden berechtigten Interes-se des Verfügungsberechtigten erteilt werden.

4.2 Ein vorrangiges öffentliches Interesse an der Zweckentfremdung kann anerkannt werden, wenn Wohnraum zur Versorgung der Bevölkerung mit sozialen Einrichtungen (z. B. für Erziehung, Ausbildung, Betreuung, gesundheitliche Zwecke) oder lebenswichtigen Diensten verwendet werden soll, die in diesem Bereich dringend benötigt werden und für die anderer Raum nicht zur Verfügung steht und nicht errichtet werden kann. Ein vorrangiges öffentliches Interesse ist auch gegeben, wenn Wohnraum für die Durchführung von Straßenbauvorhaben oder städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen beseitigt werden muß. Dabei ist sicherzustellen, daß Wohnraum in der Regel nicht länger als 3 Monate vor Durchführung der Maßnahme leersteht.

Die Absicht, Wohnraum für Bürozwecke zu verwenden, rechtfertigt eine Zweckentfremdungsgenehmigung grundsätzlich nicht, auch wenn der Verfügungsberechtigte eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist oder seine Tätigkeit sonst für die Allgemeinheit von Nutzen ist. Das Interesse der Allgemeinheit an der Verwendung von Wohnraum zu Wohnzwecken hat in diesen Fällen Vorrang.

4.3 Die Genehmigung zur Zweckentfremdung wegen eines überwiegenden berechtigten Interesses des Verfügungsberechtigten kann insbesondere erteilt werden, wenn

4.31 die Existenz des Verfügungsberechtigten durch eine ablehnende Entscheidung ernsthaft gefährdet würde. Eine Existenzgefährdung ist nicht gegeben, wenn die Zweckentfremdung dazu dienen soll, eine Existenz erst zu gründen oder die zur Gründung einer Existenz notwendigen Geldmittel zu beschaffen;

4.32 der Verfügungsberechtigte an der zweckfremden Nutzung des Wohnraums ein erhebliches wirtschaftliches Interesse hat und der Wohnraum z. B. wegen seines schlechten baulichen Zustandes, seiner schlechten Ausstattung oder ungünstigen Verkehrslage nur einen stark verminderten Wohnwert hat. Das Interesse, durch die zwe'ckfremde Nutzung von Wohnraum eine höhere Miete oder einen höheren Umsatz zu erzielen, ist kein erhebliches wirtschaftliches Interesse in diesem Sinne;

4.33 Wohnraum abgebrochen werden soll, um auf dem Grundstück neuen, nicht luxuriösen Wohnraum mit wesentlich größerer Gesamtwohnfläche (mindestens 30%) zu errichten; Luxuswohnungen sind solche,

- bei denen die Wohnflächen diejenigen von steuerbegünstigten Wohnungen (§ 82 II. WoBauG) um mehr als 20% übersteigen oder

- bei denen die voraussichtlichen Gesamtkosten diejenigen von vergleichbaren öffentlich geförderten Wohnungen um mehr als 20% übersteigen; hierfür kann als Anhaltspunkt dienen, wenn der Anteil des umbauten Raumes je qm Wohnfläche die Werte in Nr. 3 der Anlage der WFB 1979 um mehr als 20% übersteigt;

4.34 Wohnraum abgebrochen werden soll, dessen Bezug einen Wohnungsuchenden wegen .seines besonders schlechten baulichen Zustandes oder seiner äußerst schlechten Ausstattung nicht mehr zuzumuten ist Hat der Verfügungsberechtigte diesen Zustand durch unterlassene Instandsetzung oder dadurch verursacht, daß er den Wohnraum unbewohnbar gemacht hat, so ist die Genehmigung in der Regel zu versagen. Die Wohnungsmißstände sind durch Maßnahmen der Wohnungsaufsicht zu beseitigen (RdErl. d. Innenministers v. 8. 1.1972 - SMB1. NW. 238 -). Die Genehmigung zum Abbruch von preisgünstigem Wohnraum, insbesondere in Altbauten, der sich noch in bewohnbarem Zustand befindet, ist dagegen in der Regel abzulehnen.

') MBI. NW. 1981 S. 1588.

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145. Ergänzung - SMBJ. NW. -" (Stand 15. 9. 1981 = MB1. NW.-Nr. 80 einschl.)

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4.4 Die Zweckentfremdungsgenehmigung kann nach Artikel 6 § l Abs. 2 MietRVerbessG befristet, bedingt oder unter Auflagen «rteilt werden. Genehmigungen nach Nr. 4.31 und 4.32 sollten grundsätzlich mit der Auflage verbunden werden, eine Abstandssumme zur Förderung des sozialen Wohnungsbaues an die Genehmigungsbehörde zu entrichten. Die Höhe der Abstandssumme ist nach dem Wert des Wohnraums, dem Vorteil für den Antragsteller und'beim Abbruch auch nach der Größe des wieder errichteten Wohnraums zu bemessen und sollte in der Regel zwischen 200- DM und 600,- DM je qm Wohnfläche betragen, die zweckentfremdet werden soll. In geeigneten Fällen ist die Genehmigung von Bedingungen abhängig zu machen oder zu befristen, z. B. auf einen bestimmten Zeitpunkt oder die Dauer der Tätigkeit, die in den Räumen ausgeübt werden soll, für die die Genehmigung beanträgt wird.

4.5 Die Genehmigung ist mit dem Hinweis zu versehen, daß durch sie die nach anderen gesetzlichen Vorschriften erforderlichen Genehmigungen, insbesondere eine bauaufsichtliche Genehmigung, nicht ersetzt werden.

4.6 Wird Wohnraum noch bewohnt, darf die Genehmigung erst erteilt werden, wenn der Antragsteller nachgewiesen hat, daß die Unterbringung der Bewohner in angemessenen Wohnungen zu zumutbaren Bedingungen sichergestellt ist Die Genehmigung kann auch mit einer entsprechenden Bedingung erteilt werden.

4.7 Die Genehmigung wird grundsätzlich nur auf Antrag erteilt. Ist die Zweckentfremdung bereits ohne Genehmigung vorgenommen worden, so kann die Genehmigung auch ohne Antrag nachträglich erteilt und mit Auflagen verbunden werden.

4.8 Die für die Genehmigung maßgebenden Umstände sind aktenkundig zu machen.

5 Maßnahmen zur Beseitigung ungenehmigter Zweckentfremdungen

Wird eine ungenehmigte Zweckentfremdung festgestellt und kann die Genehmigung nachträglich nicht erteilt werden, so kann die Behörde dem Verfügungsberechtigten bzw. dem Rauminhaber (Mieter, Pächter) aufgeben, die Zweckentfremdung zu beseitigen. Die Verfügung ist auf § 14 des Ordnungsbehördenge-setzes (OBG) zu stützen und notfalls im Wege des Verwaltungszwangs durchzusetzen. Hierfür sind nach § 5 Abs. l OBG die örtlichen Ordnungsbehörden zuständig. Soweit Verstöße gegen das Verbot der Zweckentfremdung bei den Kreisen bekannt werden, können nur die jeweils zuständigen örtlichen Ordnungsbehörden auf Ersuchen des Kreises die Zweckentfremdung beseitigen. Wird ein entsprechender Verstoß bei einer kreisangehörigen Gemeinde bekannt, die nicht selbst Genehmigungsbehörde ist, so sollen Maßnahmen zur Beseitigung der Zweckentfremdung erst nach Fühlungnahme mit dem zuständigen Kreis wegen einer möglichen Genehmigung ergriffen werden.

Der Verwaltungszwang erfolgt in der Regel durch Androhung und Festsetzung eines Zwangsgeldes. Im Wege der Ersatzvornahme können z. B. bauliche Änderungen beseitigt werden, die die Eignung zu Wohnzwecken beeinträchtigen.

6 Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten

.6.1 Die ungenehmigte Zweckentfremdung von Wohnraum ist eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße bis zu 20000,- DM je Wohnungseinheit geahndet werden kann (vgl. § 2 Abs. 3 MietRVerbessG). Die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten richtet sich nach den Vorschriften des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG). Die Höhe der Geldbuße ist im Einzelfall nach § 17 OWiG festzusetzen.

6.2 Die festgesetzten Geldbußen fließen den in § 3 der Verordnung genannten.Stellen zu (Artikel L VIII Abs. l des Anpassungsgesetzes vom 16. Dezember 1969 -GV. NW. 1970 S. 22/SGV. NW. 45,-).

7 Jahresbericht an die Aufsichtsbehörden

Die Gehehmigungsbehörden haben zum 1. März eines jeden Jahres dem zuständigen Regierungspräsidenten in doppelter Ausfertigung zu berichten, in wie vielen Fällen im vergangenen Jahr Genehmigungen erteilt bzw. abgelehnt und Bußgeldverfahren durchgeführt worden sind, wie groß die mit Genehmigung zweckentfremdete Wohnfläche war und wie hoch die festgesetzten Abstandssummen waren. Die Regierungspräsidenten legen bis zum 1. April eines jeden Jahres die eingegangenen Berichte zusammengefaßt mit einer Stellungnahme dem Minister für Landesund Stadtentwicklung vor.

8 Gebühren

Für Amtshandlungen können Verwaltungsgebühren aufgrund einer nachdem Kommunalabgabengesetz zu erlassenden Satzung erhoben werden.