Historische SMBl. NRW.

 Aufgehobener Erlass: Aufgehoben durch RdErl. v. 19.1.2009 (MBl. NRW. 2009 S. 84).

 


Historisch: Richtlinien zur Vorbereitungs- und Sicherungshaft (§ 57 AuslG) RdErl. d. Innenministeriums v. 25.4.1996 -I B 5/6.1

 

Historisch:

Richtlinien zur Vorbereitungs- und Sicherungshaft (§ 57 AuslG) RdErl. d. Innenministeriums v. 25.4.1996 -I B 5/6.1

Richtlinien
zur Vorbereitungs- und Sicherungshaft (§ 57 AuslG)
RdErl. d. Innenministeriums
v. 25.4.1996 -I B 5/6.1

l
Grundsätze der Abschiebungshaft

1.1
Der in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit erfordert in Verbindung mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG eine umfassende Prüfung der Voraussetzungen für eine Anordnung von Abschiebungshaft in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht. Dieses Verfassungsgebot zwingt dazu, das öffentliche Interesse an der Sicherung der Abschiebung und den Freiheitsanspruch des Betroffenen als wechselseitige Korrektive zu sehen und gegeneinander abzuwägen; dabei ist auch zu bedenken, dass sich das Gewicht des Freiheitsanspruchs gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer wirksamen Durchsetzung ausländerrechtlicher Vorschriften mit zunehmender Dauer der Haft regelmäßig vergrößern wird. Insoweit erweist sich bereits bei der ersten Beantragung von Abschiebungshaft § 57 Abs. 2 Satz 4 AuslG als einfachgesetzliche Ausprägung des in diesem Sinne verstandenen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für den Fall der Ungewissheit darüber, ob die Haft tatsächlich erforderlich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil v. 15. 12. 2000 -2 BVR 347/00). Vor einem möglichen Haftantrag für Jugendliche, Schwangere, Mütter mit Säuglingen, stillenden Frauen, sowie Alleinerziehende sind bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit zusätzlich zu den Aspekten, die aus der Werteentscheidung in Art. 6 GG folgen, insbesondere Fragen des Kindeswohls umfassend zu berücksichtigen.

Zweck der Abschiebungshaft ist allein die Sicherung des Abschiebungsvollzugs. Weil hierdurch in das Freiheitsrecht des Ausländers (Art. 2 Abs. 2 GG) eingegriffen wird, muss die Ausländerbehörde auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen und entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in jedem Einzelfall prüfen, ob die Anwendung eines milderen Mittels als das der Abschiebungshaft in Betracht kommt. Mildere Mittel zur Vermeidung von Abschiebungshaft sind insbesondere eine Unterbringung in Jugendeinrichtungen, Meldeauflagen, räumliche Beschränkungen des Aufenthalts sowie Garantien durch Vertrauenspersonen unter den in Ziffer 4.2.2 genannten Voraussetzungen.

In den Fällen, in denen auf eine Abschiebungshaft nicht verzichtet werden kann, muss die Ausländerbehörde diesen Grundsätzen entsprechend der Abschiebungshaftsache besondere Aufmerksamkeit widmen, um die Haftdauer so kurz wie möglich zu halten. Soweit Ermessen besteht, ist dies bei der Inhaftierung von Jugendlichen (16- und 17-Jährige) besonders zu beachten.
1.2
Die Abschiebungshaft hat keinen Strafcharakter; sie dient nicht dem Ziel, den Willen des Ausländers zu beugen, etwa um die Mitwirkung bei der Passbeschaffung zu erreichen oder der Ausländerbehörde die Arbeit zu erleichtern.

Das Unterlassen notwendiger Mitwirkungshandlungen für die Ausstellung von Passersatzpapieren ist für sich allein weder beim Erstantrag auf Abschiebungshaft noch beim Verlängerungsantrag ein Haftgrund nach § 57 Abs. 2 Satz l Nr. 4 und 5 AuslG.

Die Weigerung der Unterzeichnung einer sogenannten Freiwilligkeitserklärung stellt keinen Verstoß gegen die der Ausländerin/dem Ausländer obliegende Mitwirkungspflicht dar (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 12. 2. 2001 - 19 W 20/01).

2
Haftantrag

Nach Artikel 104 Abs. 2 Satz l GG ist dem Richter (hier dem Amtsrichter) die Entscheidung über die Zulässigkeit einer Freiheitsentziehung übertragen; ob und wie lange der Ausländer im Rahmen dieser richterlichen Ermächtigung tatsächlich in Abschiebungshaft genommen wird, hat hingegen ausschließlich die gemäß § 8 Abs. l Satz 3 FEVG i. V.m. § 63 Abs. l Satz l AuslG für den Vollzug der Abschiebung zuständige Ausländerbehörde zu entscheiden. Die richterliche Anordnung der Freiheitsentziehung hat für die Ausländerbehörde also keine bindende Wirkung in dem Sinne, ob, wann und in welchem zeitlichen Umfang die Haftanordnung im Rahmen ihrer Gültigkeitsdauer vollstreckt wird. Diese Entscheidungen liegen im pflichtgemäßen Ermessen der Ausländerbehörde.

Wird von einem Haftanordnungsbeschluss kein Gebrauch gemacht, wird der Beschluss also nicht vollstreckt, oder wird der Ausländer aus der Abschiebungshaft entlassen, so ist der Haftanordnungsbeschluss verbraucht (vgl. LG Wuppertal, Beschluss vom 19.12. 1995, 6 T 983/95).
2.1
Inhalt des Haftantrages

Jeder Haftantrag ist von der Ausländerbehörde ausführlich und schlüssig zu begründen. Hierzu zählen neben den personenbezogenen Daten des Ausländers insbesondere folgende Angaben:

- Darlegung der Abschiebungshaftvoraussetzungen (im einzelnen hierzu Ziffer 3).
- Darlegung, welche Maßnahmen bisher zur Vorbereitung der Abschiebung getroffen worden sind.
- Darlegung, warum mildere Mittel zur Vermeidung von Abschiedungshaft im Sinne der Ziffer 1.1 Absatz 2 Satz 3 nicht in Frage kommen bzw. bei Schwangeren,  Müttern mit Säuglingen und stillenden Frauen, die nicht den besonderen Schutz im Sinne der Ziffer 2.2.1 genießen, erfolglos versucht worden sind.
- Darlegung, warum die Abschiebung ohne Inhaftnahme des Ausländers nicht gewährleistet ist.
- Voraussichtliche Verfahrensdauer für die Durchführung der Abschiebung und dementsprechend,
- Dauer der Abschiebungshaft.
- Angaben dazu, ob ein Ermittlungs-/Strafverfahren anhängig ist, ob das Einverständnis der Staatsanwaltschaft nach § 64 Abs. 3 AuslG vorliegt oder wann mit dem Abschluss des Verfahrens zu rechnen ist.
- Angaben zum letzten bekannten Wohn-/Aufenthaltsort.
- Einzelheiten des Verfahrens und der Umstände bei einer Festnahme.
- Angaben, ob für das betreffende Heimatland Abschiebungen ausgesetzt worden sind.
- Angaben dazu, ob ein Folgeantrag gestellt worden ist und wann mit dessen Bescheidung zu rechnen ist.
- Sofern der Ausländerbehörde vorliegt, sind auch der Bescheid des BAF1 und die Zustellungsurkunde beizufügen.
- Bei Haftverlängerungsanträgen müssen zusätzlich die Maßnahmen aufgelistet werden, die während der Haftzeit getroffen worden sind, um die Abschiebung tatsächlich zu vollziehen; hinzu kommen Angaben zum voraussichtlichen Termin der Abschiebung. Der Haftverlängerungsantrag ist dem Ausländer so rechtzeitig mitzuteilen, dass er sich auf den Anhörungstermin vorbereiten kann.
- Bei Haftverlängerungsanträgen für Personen unter 18 Jahren ist darzulegen, welche Tatsachen belegen, dass die Abschiebung innerhalb der regelmäßig höchstzulässigen Haftdauer von 3 Monaten (siehe Ziffer 4.2.3) voraussichtlich durchgeführt werden kann (z.B. Passersatzpapier liegt vor, Flugtermin ist gebucht)

Jeder Haftantrag nebst Anlagen ist bei Gericht in zweifacher Ausfertigung vorzulegen, damit auch dem Ausländer ein Exemplar ausgehändigt werden kann. Eine dritte Ausfertigung soll dem Leiter der Abschiebungshaftanstalt übergeben werden.
2.2
Absehen von Abschiebungshaft
In den folgenden Fällen ist grundsätzlich von einem Antrag auf Abschiebungshaft abzusehen:
2.2.1
Schwangere bzw. Mütter innerhalb der gesetzlichen Mutterschutzfristen sowie stillende Frauen. Außerhalb dieser Fristen ist bei geltend gemachter oder festgestellter Schwangerschaft die Haftfähigkeit der Betroffenen in jedem Einzelfall ärztlich, vornehmlich durch eine Ärztin, feststellen zu lassen.
2.2.2
Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren.
Personen unter 18 Jahren, wenn
- sie eine Schule besuchen, eine Ausbildungs- oder Arbeitsstelle haben oder noch bei ihren Eltern leben, oder
- eine Unterbringung in Jugendhilfeeinrichtungen in Betracht kommt, oder
- ein dem Kindeswohl entsprechender Haftplatz nicht zur Verfügung steht.
Bei der Inhaftierung von Personen unter 18 Jahren ist das nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) zuständige Jugendamt, mit Blick auf § 86 d KJHG jedenfalls auch das Jugendamt am Haftort, unverzüglich zu benachrichtigen und ggf. über die für die Ausländerbehörde maßgebenden Fakten zur Altersbestimmung zu unterrichten.
2.2.3
Alleinerziehende mit Kindern unter 14 Jahren.
2.2.4
Soweit die Anordnung von Abschiebungshaft gegen Eltern mit einem oder mehreren Kindern unerlässlich ist, darf grundsätzlich nur ein Elternteil in Haft genommen werden.
2.2.5
Bei Anhaltspunkten für eine Haftunfähigkeit (körperliche oder psychische Krankheit) ist die Möglichkeit einer Inhaftnahme durch eine ärztliche Person feststellen zu lassen.
2.3
Vermeidung von Abschiebungshaft
2.3.1
Um die Anordnung von Abschiebungshaft in Fällen zu vermeiden, in denen der abgelehnte Asylbewerber von dem ablehnenden Bescheid des BAF1 keine Kenntnis hatte und aufgrund dieser Unkenntnis Handlungen begeht, die Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Haftgrundes geben, soll jede Ausländerbehörde den Ausländer noch einmal mündlich oder schriftlich darauf hinweisen, dass eine Ausreisepflicht besteht, wie die Ausreise durchgeführt werden kann und welche Folgen bei einer Nichtachtung entstehen können.
Auf die genannten Hinweise kann verzichtet werden bei Mehrfachidentitäten oder wenn der Ausländer bereits untergetaucht war.
2.3.2
Um sicherzustellen, dass der Ausländer tatsächlich von der Abschiebungsandrohung Kenntnis hat, sind insbesondere auch die in meinem Erlas vom 10. 10. 1994 -IC 5/4.7 - dargelegten Hinweise zur Zustellung von Postsendungen an Asylbewerber in kommunalen Unterkünften zu beachten.
2.3.3
Hat ein Ausländer, dessen Asylantrag abgelehnt worden ist, von dem ablehnenden Bescheid des BAF1 keine Kenntnis erhalten, so kommt im Falle einer fehlerhaften Zustellung Abschiebungshaft nicht in Betracht.

3 Voraussetzungen
3.1
Vorbereitungshaft
Die Vorbereitungshaft nach § 57 Abs. l Satz l AuslG setzt voraus,
- dass die Ausländerbehörden ein Ausweisungsverfahren betreiben (§§ 45 ff AuslG),
- dass über die Ausweisung nicht sofort entschieden werden kann, und
- dass die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde.
Neben dem Bedürfnis für die Sicherung des Abschiebungsvollzugs ist für die Vorbereitungshaft also erforderlich, dass die Durchführung der Abschiebung besonders stark gefährdet sein muss.
3.2
Sicherungshaft
3.2.1
Ausreisepflicht vollziehbar
Da die Sicherungshaft die Abschiebung gem. §§ 49 ff AuslG sichern soll, ist zunächst Voraussetzung, dass die Ausreisepflicht vollziehbar ist. Sofern ein Rechtsmittel eingelegt ist, hat dies auf den Abschiebungsvollzug, und damit auf die Abschiebungshaft, folgende Auswirkung:
3.2.1.1
Ist der Asylantrag als unbeachtlich (§ 29 AsylVfG) oder als offensichtlich unbegründet (§ 30 AsylVfG) abgelehnt, hat eine Klage keine aufschiebende Wirkung, § 75 AsylVfG.
Ein Antrag nach §80 Abs. 5 VwGO führt nach § 36 Abs. 3 Satz 8 AsylVfG zur Aussetzung der Abschiebung bis zur gerichtlichen Entscheidung, die innerhalb einer Woche ergehen soll. Abschiebungshaft ist also bei rechtzeitiger Antragstellung (Wochenfrist des § 36 Abs. 3 Satz l AsylVfG) in dieser Zeit unzulässig. Ein Antrag nach § 123 VwGO hat keine aufschiebende Wirkung, so dass hier die Abschiebung - sofern keine gegenteilige Entscheidung des Verwaltungsgerichts vorliegt - vollzogen werden kann.
3.2.1.2
Ist der Asylantrag als unbegründet in sonstigen Fällen abgelehnt („einfach unbegründet"), hat eine Klage aufschiebende Wirkung, § 75 AsylVfG. In diesen Fällen kann eine Abschiebung erst einen Monat nach Unanfechtbarkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung vollzogen werden (§ 38 Abs. l Satz 2 AsylVfG).
3.2.1.3
Bei Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (also ohne Asylverfahren) hat eine Klage keine aufschiebende Wirkung, § 75 AsylVfG. Eine Aussetzung nach § 80 VwGO oder § 123 VwGO ist gem. § 34 a Abs. 2 AsylVfG nicht möglich; gleichwohl ergangene gerichtliche Entscheidungen sind für die Ausländerbehörden im Einzelfall verbindlich.
3.2.1.4
Befindet sich die Ausländerin/der Ausländer in Untersuchungshaft, Strafhaft, Vorbereitungshaft oder Sicherungshaft (bei Vorliegen des Haftgrundes nach § 57 Abs. 2 Satz l Nr. l AuslG nur, wenn sie/er sich nach der unerlaubten Einreise länger als einen Monat ohne Aufenthaltsgenehmigung im Bundesgebiet aufgehalten hat), steht die Asylantragstellung der Anordnung oder Aufrechterhaltung von Abschiebungshaft nicht entgegen. Die Abschiebungshaft endet erst mit der Zustellung der Entscheidung des Bundesamtes, spätestens jedoch vier Wochen nach Eingang des Asylantrags beim Bundesamt, es sei denn, der Asylantrag wurde als unbeachtlich oder offensichtlich unbegründet abgelehnt (§ 14 Abs. 4 AsylVfG).
3.2.1.5
Bei einem Asylfolgeantrag innerhalb von 2 Jahren nach Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung oder -androhung, § 71 Abs. 5 AsylVfG, kann die Abschiebung erst nach der Mitteilung des BAF1, dass kein weiteres Verfahren durchgeführt wird, vollzogen werden. Ausgenommen hiervon sind die Fälle, in denen die Ausländerbehörde festgestellt hat, dass der Folgeantrag offensichtlich unschlüssig ist, § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG, oder die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat vorgesehen ist.
Nach § 71 Abs. 8 AsylVfG steht ein Asylfolgeantrag der Anordnung von Abschiebungshaft nicht entgegen. Hier liegt eine gesetzliche Ausnahme von dem Grundsatz vor, dass nur vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer in Abschiebungshaft zu nehmen sind. Entscheidet das BAF1 aufgrund des Antrags, dass ein Folgeverfahren durchgeführt, wird, ist die Beantragung von Abschiebungshaft unzulässig; eine bereits bestehende Haft ist zu beenden.
3.2.2
Abschiebung innerhalb von 3 Monaten möglich. In § 57 Abs. 2 Satz 4 AuslG ist eine weitere, negative Voraussetzung niedergelegt: Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten 3 Monate durchgeführt werden kann und der Ausländer das Abschiebungshindernis oder die Verzögerung nicht zu vertreten hat.
3.2.2.1
Ein Ausländer hat ein Abschiebungshindernis nur dann zu vertreten, wenn dessen Beseitigung von seinem Willen abhängt (vgl. OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 11. 5. 1994, NVwZ 1994, 827).

Beispiele:
Nicht zu vertreten hat der Ausländer eine Verzögerung, wenn die Behörden seines Heimatlandes die Ausstellung von Heimreisedokumenten trotz seiner Mitwirkung - aus welchen Gründen auch immer - nur schleppend oder gar nicht betreiben.
Sofern der Ausländer ohne Pass und/oder unter Zuhilfenahme von Schleusern in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist, so ist allein der Hinweis, der Ausländer habe die Ursache für das Abschiebungshindernis gesetzt, kein ausreichender Grund für die Inhaftierung. Sofern der Ausländer erst während der Haft bei der Passbeschaffung mitwirkt, ist für die Frage, ob die Haft über drei Monate hinaus angeordnet werden kann, entscheidend, ob der Ausländer alle Mitwirkungspflichten hinsichtlich der Passbeschaffung erfüllt, und alles unterlässt, was seine Abschiebung verhindert (z.B. Gewaltbereitschaft am Flughafen).
3.2.2.2
Abschiebungshaft kann grundsätzlich auch während eines Abschiebestopps nach § 54. AuslG zulässig sein. Der Ausländer ist nach wie vor ausreisepflichtig (mit der Duldung besteht die Ausreiseverpflichtung fort, § 56 Abs. l AuslG). Voraussetzung ist aber, dass die Haftgründe in dem jeweiligen Einzelfall noch bestehen und die Haft über den Zeitraum des Abschiebestopps hinaus noch verhältnismäßig ist, also die 3-Monatsfrist des § 57 Abs. 2 Satz 4 AuslG nicht entgegensteht. Zeitpunkt der Prüfung ist der 1. Tag des Abschiebestopps.
3.2.2.3
Grundsätzlich unzulässig ist die Abschiebungshaft, wenn ein Abschiebestopp von mehr als 3 Monaten ergeht, weil jetzt im Sinne des § 57 Abs. 2 Satz 4 AuslG „feststeht", dass eine Abschiebung unter keinen Umständen „innerhalb der nächsten 3 Monate durchgeführt werden kann."
3.2.2.4
In Fällen, in denen nach Ziffer 2 des RdErl. d. Innenministeriums v. 11. 4. 1994 - MB1. NW. 1994 S. 624/SMB1. NW. 26 - einer Ausländerin eine Frist zur freiwilligen Ausreise von mindestens vier Wochen zu gewähren ist, ist in dieser Zeit von der Beantragung der Sicherungshaft abzusehen.
3.2.3
Vorliegen eines Haftgrundes
Der Haftrichter muss hier nicht die Rechtmäßigkeit der Abschiebung prüfen, sondern nur, ob sich die Ausländerbehörde auf eine formell (noch) rechtswirksame Verfügung stützt (vgl. BayObLG, Beschl. v. 2. 9.1993, NVwZ 1994, 621) und ob einer oder mehrere der nachfolgenden Haftgründe vorliegen.
Die Ausländerbehörde ist verpflichtet, regelmäßig und insbesondere bei Bekannt werden neuer Tatsachen unabhängig von Haftverlängerungsanträgen stets zu prüfen, ob einer der Haftgründe gem. 57 Abs. 2 Satz l AuslG, auf die sich der Abschiebungshaftbeschluss stützt, für die Fortsetzung der Abschiebungshaft noch vorliegt. Sollte ein solcher Haftgrund nicht mehr vorliegen und auch kein anderer Haftgrund bestehen, aufgrund dessen ein neuer Abschiebungshaftbeschluss des zuständigen Amtsgerichts erwirkt werden muss, ist unverzüglich die Entlassung der Ausländerin/ des Ausländers aus der Abschiebungshaft zu veranlassen.
3.2.3.1
§ 57 Abs. 2 Satz l Nr. l AuslG
Der Ausländer ist auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig.
Von der Beantragung einer Sicherungshaft kann hier aber ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will (§ 57 Abs. 2 S. 3 AuslG).
Die Glaubhaftmachung liegt insbesondere vor, wenn der Ausländer für die Ausländerbehörde erreichbar ist.
Sofern der Ausländer eine Wohnanschrift im Zuständigkeitsbereich einer anderen Ausländerbehörde angibt, ist das Einvernehmen zwischen den Ausländerbehörden erforderlich.
Der Ausländer muss weiterhin über ein gültiges Heimreisedokument und Eigenmittel/gültiges Flugticket für die Rückreise verfügen und seine Ausreisebereitschaft gegenüber der Ausländerbehörde erklären. Sofern ein gültiges Heimreisedokument nicht vorliegt, muss der Ausländer bei der Passbeschaffung im erforderlichen Umfang mitwirken.
Sofern Eigenmittel nicht vorhanden sind, kann der Ausländer diese auch ersatzweise aus dem REAG/ GARP-Programm der International Organisation for Migration (IOM) erhalten oder eine Kostenübernahmeerklärung eines Dritten vorlegen.
In diesen Fällen erhält der Ausländer für die Dauer des Aufenthalts eine Grenzübertrittsbescheinigung.
In den Fällen der Nummer l soll auch grundsätzlich von einer Inhaftnahme abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er keine Gelegenheit hatte, erstmals einen Asylantrag zu stellen.
3.2.3.2
§ 57 Abs. 2 Satz l Nr. 2 AuslG
Die Ausreisefrist ist abgelaufen und der Ausländer hat seinen Aufenthaltsort gewechselt, ohne der Ausländerbehörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist.
Der Ausländer ist also seiner Meldeverpflichtung gegenüber der Ausländerbehörde nicht nachgekommen, so dass der Verdacht vorliegen kann, er habe sich der Abschiebung entziehen wollen.
Regelungsinhalt der Nummer 2 ist nicht, eine Verletzung der Meldepflicht zu ahnden, sondern wegen des Verdachts des Untertauchens die Abschiebung zu sichern. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu in seinem Beschluss vom 13. 7.1994 - 2 BvL12/93 und 45/93 - ausgeführt, dass ein - mit dem deutschen Behördenaufbau in der Regel nicht vertrauter - Ausländer nicht allein deswegen in Abschiebungshaft genommen werden soll, weil er seinen Aufenthaltsortswechsel zwar der zuständigen Meldebehörde, nicht aber der Ausländerbehörde angezeigt hat. Allein die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 57 Abs. 2 Nr. 2 AuslG erscheint nicht, ausreichend für die Anordnung der Sicherungshaft. Hinzu kommen muss der Verdacht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will.
Ein Haftgrund nach Nummer 2 (also ein „Verdacht"), liegt beispielsweise in folgenden Fällen nicht vor:

1. Der Ausländer meldet sich nach Ablauf der Ausreisefrist bei der Ausländerbehörde und macht glaubhaft, die Ausreiseverfügung sei ihm nicht bekannt gewesen (z.B. bei Ersatzzustellung nach § 3 Abs. 3 VwZG i. V. m. § 181 Abs. l und Abs. 2 ZPO oder bei Zustellung durch Niederlegung nach § 3 Abs. 3 VwZG i. V. m. § 182 ZPO); um diese Fälle von vornherein zu vermeiden, ist wie unter Ziffern 2.3.1 und 2.3.2 dargelegt zu verfahren.

2. Der Ausländer meldet sich nach Ablauf der Ausreisefrist bei der Ausländerbehörde und trägt nachvollziehbare Gründe für ein Unterlassen der Meldepflicht vor und kündigt gleichzeitig unter Vorlage gültiger Heimreisedokumente eine kurzfristige Ausreise an; falls Dokumente nicht vorliegen, genügt hier auch die Mitwirkung bei der Passbeschaffung entsprechend Ziffer 3.2.3.1.
3.2.3.3
§ 57 Abs. 2 Satz l Nr. 3 AuslG
Der Ausländer wurde aus von ihm zu vertretenden Gründen, zu einem für die Abschiebung angekündigten Termin nicht an dem von der Äusländerbehörde angegebenen Ort angetroffen.

Regelungsinhalt ist hier nicht, der Ausländerbehörde künftig die Arbeit zu erleichtern, indem der Ausländer durch die Inhaftnahme besser erreichbar sein wird. Vielmehr muss das Nichterscheinen Anlass sein für eine begründete Annahme, der Ausländer werde auch künftig die zeitlichen und räumlichen Vorgaben für den Abschiebungsvollzug missachten.
3.2.3.4
§ 57 Abs. 2 Satz l Nr. 4 AuslG
Der Ausländer hat sich in sonstiger Weise der Abschiebung entzogen, ist also „untergetaucht".
3.2.3.5
§ 57 Abs. 2 Satz l Nr. 5 AuslG
Wenn der begründete Verdacht besteht, der Ausländer werde sich der Abschiebung entziehen.

Hier gilt grundsätzlich, dass die Verweigerung einer freiwilligen Ausreise allein noch nicht die Annahme rechtfertigt, der Ausländer wolle sich der Abschiebung entziehen. Es müssen weitere, verdachtsbegründende Tatsachen hinzukommen, die im übrigen im Abschiebungshaftantrag sämtlich aufzuführen sind. So muss sich etwa aus Erklärungen oder dem Verhalten der Ausländerin/ des Ausländers oder aus sonstigen konkreten Umständen (z.B. Mehrfachantragsteller/in, bereits frühere Entziehung von der Abschiebung, bereits frühere Vereitelung der Abschiebung durch gewaltbereites Verhalten) ergeben, dass sie/er ihre/ seine Abschiebung in einer Weise behindern werde, die nicht durch einfachen Zwang überwunden werden kann. Insgesamt muss also der Verdacht bestehen, dass die Abschiebung ohne Anwendung freiheitsentziehender Maßnahmen nicht durchgeführt werden kann (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. 6. 1997 - 3 Wx 276/97 -).
3.3
Sicherungshaft nach § 57 Abs. 2 Satz 2 AuslG
Für die Dauer von längstens zwei Wochen kann ein Ausländer in Sicherungshaft genommen werden, wenn die Ausreisefrist abgelaufen ist, der Ausländer die Nichtausreise während des Laufs der Ausreisefrist zu vertreten hat und feststeht, dass die Abschiebung - in dieser Zeit - durchgeführt werden kann.

Die Sicherungshaft nach § 57 Abs. 2 Satz 2 AuslG setzt, ebenso wie bei Satz l (vgl. Ziffer 3.2), voraus, dass die Ausreisepflicht vollziehbar ist. Ein Haftgrund nach § 57 Abs. 2 Nrn. l bis 5 AuslG muß hingegen nicht vorliegen. Dafür müssen aber neben den rechtlichen auch sämtliche tatsächlichen Voraussetzungen bereits im Zeitpunkt des Haftantrages vorliegen, insbesondere gültige Heimreisedokumente und der Flugtermin.
Auch darf die gesamte Haftdauer zwei Wochen nicht überschreiten.

4
Rechtsfolgen

Für die anzuordnende Dauer der Haft ist grundsätzlich nicht das bisherige Verhalten des Ausländers in der Bundesrepublik Deutschland entscheidend, sondern welchen Zeitraum die Ausländerbehörde für die Durchführung der Abschiebung benötigt (OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 11. 5.1994, NVwZ 1994, 827).
4.1
Haftdauer bis zu 3 Monaten
Die Sicherungshaft nach § 57 Abs. 2 Satz 1 AuslG darf zunächst nur für drei Monate, bei Personen unter 18 Jahren nur für sechs Wochen beantragt werden. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wie er auch in § 57 Abs. 2 Satz 4 AuslG niedergelegt ist (vgl. auch OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 10. 1. 1994 NVwZ Beilage 3/1994, S. 24).
4.2
Verlängerung bis zu 6 Monaten
Die Haftdauer kann nach § 57 Abs. 3 Satz l AuslG bis zu insgesamt 6 Monate verlängert werden.
Da hier die Haftverlängerung im Ermessen der Ausländerbehörde steht, ist unter bestimmten Voraussetzungen von einer Verlängerung abzusehen:
4.2.1
Liegen die Voraussetzungen des § 57 Abs. 2 Satz 4 AuslG vor, ist das Ermessen auf Null reduziert und der Ausländer ist aus der Abschiebungshaft zu entlassen.

Bei längerer Dauer der Sicherungshaft prüft die Ausländerbehörde in regelmäßigen Zeitabständen, ob die Sicherungshaft noch erforderlich und gerechtfertigt ist. Steht fest, dass die Abschiebung nicht möglich sein wird, oder treten Umstände ein, die einer Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen entgegenstehen, ist die Sicherungshaft unverzüglich, also noch vor Ablauf der richterlich festgesetzten Haftdauer, zu beenden.
4.2.2
Liegen die Voraussetzungen des § 57Abs. 2 Satz 4 AuslG nicht vor, weil eben nicht feststeht, dass die Abschiebung innerhalb der nächsten drei Monate unmöglich ist, der Ausländer aber evtl. Verzögerungen nicht zu vertreten hat, kommt eine Aufhebung der Abschiebungshaft in Betracht, wenn

- sich eine dritte Person, die das Vertrauen des Abschiebungshäftlings und der Ausländerbehörde genießt (z.B. Seelsorger, ein im Rahmen der psychosozialen Betreuung tätiger oder ein in der Abschiebungshaftanstalt bekannter ehrenamtlicher Betreuer), um die Belange des Ausländers außerhalb der Haft kümmern will, und
- eine Wohnung (auch z.B. Gemeinschaftsunterkunft) im Zuständigkeitsbereich der Ausländerbehörde vorhanden ist, unter deren Anschrift der Ausländer für die Ausländerbehörde jederzeit erreichbar ist; bei einer Wohnung im Zuständigkeitsbereich einer anderen Ausländerbehörde gilt das unter Ziffer 3.2.3.1 gesagte, und
- der Ausländer versichert, dass er sich regelmäßig bei der Ausländerbehörde zu festgesetzten Terminen melden wird.

Zuständig für die Ausländer, die aus den in dieser Ziffer genannten Fällen aus der Haft entlassen worden sind, ist die Ausländerbehörde der Zuweisungsgemeinde bzw. der Erstantragsgemeinde; bei illegal eingereisten Ausländern, die keinen Asylantrag gestellt haben, ist zuständig die aktenführende Ausländerbehörde, ansonsten die Ausländerbehörde, die den Haftantrag gestellt hat. Für die Dauer des Aufenthalts in diesen Fällen erhält der Ausländer eine Grenzübertrittsbescheinigung.
4.2.3
Entsprechend den Grundsätzen der Ziffer 1.1 wird eine Haftverlängerung für Personen unter 18 Jahren über drei Monate hinaus nicht beantragt. Dies gilt nicht in den Fällen, in denen sich die Betroffenen bereits mehrfach der Abschiebung entzogen haben, bei Straffälligkeit oder wenn dies aus sonstigen Gründen besonders geboten ist.
4.3
Verlängerung bis zu 18 Monaten
Nach § 57 Abs. 3 Satz 2 AuslG ist eine weitere Verlängerung der Haftdauer um höchstens 12 Monate (bis zu einer Gesamtdauer von 18 Monaten) nur zulässig, wenn der Ausländer seine Abschiebung verhindert.
4.3.1
Seine Abschiebung verhindert derjenige, der durch sein gesamtes Verhalten zeigt, dass er bewusst die abschiebeverzögernden Umstände schafft. Dazu gehört aktives Verhalten wie z. B. die Weigerung der Unterschriftsleistung unter die Passersatzanträge oder die Weigerung, sich einem Vertreter der eigenen Auslandsvertretung vorzustellen in den Fällen, in denen ohne die Unterschrift oder Vorstellung die Auslandsvertretung des Heimatlandes die Passausstellung ablehnt; weiterhin z.B. offensichtliche Falschangaben zur Identität oder wenn der Ausländer durch sein gewaltbereites Verhalten am Flughafen die Abschiebung unmöglich macht.
Das Tatbestandsmerkmal „Verhindern der Abschiebung" liegt nicht vor, wenn die Ausländerin/ der Ausländer allen ihren/seinen Mitwirkungspflichten, die für den Vollzug der Abschiebung erforderlich sind (insbesondere Angabe der richtigen Staatsangehörigkeit und Identität sowie Ausfüllen und Unterschreiben der Passersatzpapiere), nachgekommen ist und sich lediglich weigert, eine ausdrückliche Erklärung, freiwillig auszureisen, zu unterschreiben.
4.3.2
Absolute zeitliche Höchstgrenze sind 18 Monate Haftdauer, § 57 Abs. 3 AuslG. Danach ist der Ausländer aus der Abschiebungshaft zu entlassen. In diesen Fällen ist dem Ausländer regelmäßig eine Duldung gemäß § 55 Abs. 4 AuslG zu erteilen. Vorangegangene Haftzeiten bleiben ausnahmsweise unberücksichtigt,
- wenn der Ausländer, nachdem er die Bundesrepublik Deutschland verlassen hat, wieder eingereist ist (denn damit liegt ein neuer ausländerrechtlicher Sachverhalt vor), oder
- wenn nach der Aufhebung einer Abschiebungsverfügung einer erneuten Abschiebungsverfügung ein anderer ausländerrechtlicher Sachverhalt zugrunde liegt.
4.3.3
Nach § 8 Abs. l FEVG wird die eine Freiheitsentziehung anordnende Entscheidung mit der Rechtskraft wirksam. Dieser Tag ist der erste Tag für die Fristberechnung der Dauer der Abschiebungshaft. Regelmäßig ist dies der Tag der Entscheidung, weil üblicherweise die sofortige Vollziehung angeordnet wird. In den wenigen Fällen, in denen die sofortige Vollziehung nicht angeordnet worden ist und aufgrund einer eingelegten Beschwerde die Rechtskraft erst zu einem späteren Zeitpunkt eintritt, ist der Beginn der Frist aus der Bescheinigung über die Rechtskraft zu ersehnen.
4.3.4
Bei einer neben Straf-/Untersuchungshaft/sonstiger Freiheitsentziehung angeordneten Abschiebungshaft schließt sich diese nur dann in den im Abschiebungshaftbeschluss angegebenen Umfang an, wenn dies im Hinblick auf eine im Zeitpunkt der Entscheidung bereits bestehende oder feststehende Straf-/Untersuchungshaft/sonstige Freiheitsentziehung so angeordnet worden ist. Nur dann ist hinreichend bestimmbar, wann die Abschiebungshaft im Anschluss an die Straf-/Untersuchungshaft/sonstiger Freiheitsentziehung beginnt und endet. Falls eine solche Anordnung nicht erfolgt ist, hemmt der Vollzug von Straf-/ Untersuchungshaft/sonstiger Freiheitsentziehung nicht den Fristablauf von daneben angeordneter Abschiebungshaft (BGH, Beschl. v. 9. 3. 1995 NJW 1995, 1898).

Die Ausländerbehörde muss bereits während der Straf/Untersuchungshaft/sonstigen Freiheitsentziehung alle Maßnahmen für die Vorbereitung der Abschiebung frühzeitig veranlassen, und zwar insbesondere für die Beschaffung der Heimreisedokumente.

5
Organisatorische Maßnahmen zur Vorbereitungs- und Sicherungshaft

5.1
Prüfungs- und Meldepflichten
5.1.1
Die Ausländerbehörde prüft zunächst eigenverantwortlich in jedem ausländerrechtlichen Verfahren, in dem ein Abschiebungshaftantrag oder ein Haftverlängerungsantrag gestellt werden soll, ob die Abschiebung auch durch andere, mildere Maßnahmen als der Abschiebungshaft gesichert werden kann. Die Bezirksregierungen können anlassbezogen oder im Wege einer Stichprobe prüfen, ob die Ausländerbehörden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten genutzt haben.
5.1.2
Jeder Haftverlängerungsantrag an das Amtsgericht, mit dem die Abschiebungshaft über drei Monate hinaus verlängert wird, ist in Durchschrift unter Beifügung der gesamten Ausländerakte an die Bezirksregierung weiterzuleiten. Das gleiche gilt für jeden weiteren Verlängerungsantrag. Die Bezirksregierung prüft insbesondere die Zweckmäßigkeit des Antrags und holt dazu auch ein Votum der für die Passersatzbeschaffung für das jeweilige Herkunftsland zuständigen Zentralen Ausländerbehörde ein. Ungeachtet der auch für die Zentralen Ausländerbehörden geltenden besonderen Prüfungspflicht bei Fällen, in denen der Ausländer sich bereits seit 3 Monaten in Abschiebungshaft befindet, entfällt deren Meldepflicht, wenn sie den Antrag in eigener Zuständigkeit gestellt haben oder im Wege der Amtshilfe in dem Einzelfall zuständig sind.
5.1.3
Die Bezirksregierungen und die Zentralen Ausländerbehörden berichten dem Innenministerium in jedem Einzelfall, in dem eine Verlängerung der Abschiebungshaft über 6 Monate hinaus beantragt wird.

In diesem Bericht ist insbesondere darzulegen,
- ob der Inhalt der Haftanträge den Vorgaben der Ziffer 2.1 entspricht,
- warum die Abschiebung bislang nicht durchgeführt werde konnte,
- warum ein Absehen von (Ziffer 2.2) oder eine Vermeidung (Ziffer 2.3) der Abschiebungshaft nicht möglich ist,
- warum eine Aufhebung der Abschiebungshaft (Ziffer 4.2.2) nicht in Betracht kommt,
- welche Haftgründe vorliegen und warum die Abschiebung nur durch die Abschiebungshaft gesichert werden kann,
- ob die Aufrechterhaltung der Abschiebungshaft - besonders mit Blick auf die Erfolgsaussicht der Erlangung von Passersatzpapieren - noch zweckmäßig ist.

5.2
Ankündigung des Abschiebungstermins
Der Abschiebungstermin soll dem Abschiebungshäftling regelmäßig mindestens eine Woche vor dem Abschiebungstermin angekündigt werden, § 50 Abs. 5 Satz 2 AuslG. Auf diese Wochenfrist kann in Ausnahmefällen verzichtet werden, wenn durch eine zeitnahe Abschiebung die Haftzeit verkürzt werden kann. Weitere Ausnahmen können sich aus den Umständen des Einzelfalls ergeben, insbesondere bei Suizidgefahr. Die Gründe für die Ausnahmen sind aktenkundig zu machen.
5.3
Betreuung
Die Zentralen Ausländerbehörden betreuen jeden Abschiebungshaftgefangenen in den ihnen zugewiesenen Abschiebungshaftanstalten auch dann, wenn sie in dem Einzelfall nicht originär oder in Amtshilfe zuständig sind. Die Betreuung umfasst die Beratung in ausländerrechtlichen Fragen sowie in Familien- und Vermögensangelegenheiten. Soweit der von der Zentralen Ausländerbehörde benannte Vertreter die von dem Abschiebungshäftling angesprochenen Fragen nicht kurzfristig selbst beantworten kann, werden Kontakte zu den zuständigen örtlichen Ausländerbehörden vermittelt.

Die Ausländerbehörde darf Informationen über den Abschiebungshäftling an private Organisationen oder Einzelpersonen aus datenschutz- und verfahrensrechtlichen Gründen nur mit dessen Zustimmung weitergeben. Auf entsprechend legitimierte Anfragen von privaten Flüchtlingsorganisationen oder Einzelpersonen können die Ausländerbehörden dann Angaben machen beispielsweise zum Verfahrensstand oder, in welcher Abschiebungshaftanstalt sich der Ausländer befindet. Auf Wunsch des Abschiebungshäftlings ist auch eine Beteiligung der Organisationen/Personen bei den Gesprächen während der Sprechstunden der Zentralen Ausländerbehörden in den Abschiebungshaftanstalten möglich.

MBl. NRW. 1996 S. 942, geändert durch RdErl. v. 16.6.1998 (MBl. NRW. 1998 S. 1023), 8.5.2001 (MBl. NRW. 2001 S. 1021), 17.7.2002 (MBl. NRW. 2002 S. 890).