Historische SMBl. NRW.

 Aufgehobener Erlass: Obsolet durch Fristablauf am 31. Dezember 2018.

 


Historisch: Spracherfordernis beim Ehegattennachzug RdErl. des Ministeriums für Inneres und Kommunales - 15-39.07.18-2-10-462(2602) vom 5.8.2013

 

Historisch:

Spracherfordernis beim Ehegattennachzug RdErl. des Ministeriums für Inneres und Kommunales - 15-39.07.18-2-10-462(2602) vom 5.8.2013

Spracherfordernis beim Ehegattennachzug

RdErl. des Ministeriums für Inneres und Kommunales - 15-39.07.18-2-10-462(2602)
vom 5.8.2013

Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 ist es für den Ehegattennachzug zu Ausländern und zu Deutschen Voraussetzung, dass der zuziehende Ehegatte sich mindestens auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann. Die ausländischen Ehegatten, die nicht unter die Ausnahmetatbestände des § 30 AufenthG fallen, müssen den Spracherwerb als Erteilungsvoraussetzung erfüllen, und zwar grundsätzlich vor der Einreise. Dies kann jedoch im Einzelfall zu einer unzumutbar langen Trennung führen.

Nachfolgend möchte ich zu bestimmten Fallkonstellationen auf Folgendes hinweisen:

A. Vermeidung einer unverhältnismäßigen Trennung von Eheleuten

Das BVerwG hat mit seinem Urteil vom 30.03.2010 - 1 C 8/09 - festgestellt, dass die Sprachanforderung in § 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AufenthG insbesondere mit grundgesetzlichen und gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen vereinbar ist. Zur Vermeidung einer unverhältnismäßigen Trennung der Eheleute kann in besonderen Ausnahmesituationen eine Aufenthaltserlaubnis zum Spracherwerb nach § 16 Abs. 5 AufenthG erteilt werden. Eine besondere Ausnahmesituation liegt dann vor, wenn

•          dem nachzugswilligen Ehegatten aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen in angemessener Zeit der Erwerb einfacher Sprachkenntnisse im Herkunftsland nicht möglich ist

und zugleich

•          dem in Deutschland lebenden Ehepartner die Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft außerhalb des Bundesgebiets aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen objektiv nicht möglich oder aufgrund besonderer Umstände nicht zuzumuten ist.

B. Nachzug von Ehegatten zu Deutschen

Das BVerwG hat mit seinem Urteil vom 04.09.2012 - 10 C 12.12 - entschieden, dass die entsprechende Anwendung des Spracherfordernisses gem. § 28 Abs. 1 Satz 5 AufenthG beim Ehegattennachzug zu Deutschen es gebietet, von dem Erfordernis vor der Einreise abzusehen,

•          wenn Bemühungen um den Spracherwerb im Einzelfall nicht möglich, nicht zumutbar oder innerhalb eines Jahres nicht erfolgreich sind.

Unter Bezug auf dieses BVerwG-Urteil hat das Auswärtige Amt die Auslandsvertretungen angewiesen,  dem Ehepartner eines Deutschen vor der Einreise nur im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung zumutbare Bemühungen zum Spracherwerb abzuverlangen, die zudem einen zeitlichen Rahmen von einem Jahr nicht überschreiten. Das Visumhandbuch wird entsprechend aktualisiert.

C. Spracherwerb nach der Einreise

Des Weiteren hat das BVerwG in dem Urteil vom 04.09.2012 klargestellt, dass die erlaubte Einreise ohne Sprachnachweis nicht von Bemühungen zum Spracherwerb nach der Einreise enthebt.

Daraus ergibt sich, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug zu Deutschen (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) erst nach einem notwendigen Spracherwerb möglich ist. Bis zu diesem Zeitpunkt ist der nach der erlaubten Einreise bestehende rechtmäßige Aufenthalt beizubehalten.

Erfüllt der Ehegatte auch die sonstigen Voraussetzungen für den Ehegattennachzug, kann er im Weiteren ohne vorherige Ausreise mit Nachweis der erforderlichen Sprachkenntnisse die Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug erhalten.

D. Nachzug von syrischen Ehegatten zu einem deutschen oder zu einem syrischen Staatsangehörigen

Angesichts der gegenwärtigen Lage in Syrien hat das Auswärtige Amt für syrische Ehepartner, die sich in Syrien und den benachbarten Ländern aufhalten, bis auf Weiteres festgestellt, dass der verlangte Nachweis einfacher Deutschkenntnisse nicht mehr unter zumutbaren Bedingungen erlangt werden kann. Die deutschen Auslandsvertretungen in der Region sind angewiesen, den betroffenen Personen Visa zum Zweck des Spracherwerbs nach § 16 Abs. 5 AufenthG zu erteilen. Bei der Antragstellung ist die bestätigte Buchung eines Sprachkurses in Deutschland vorzulegen, wobei es sich nicht um einen Intensiv-Sprachkurs handeln muss.

Um sicher zu stellen, dass die Ausländerbehörden nach Erwerb des notwendigen Sprachnachweises die  Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug zu einem deutschen oder zu einem syrischen Staatsangehörigen nach Abschnitt 6 des AufenthG nahtlos erteilen können, werden die übrigen gesetzlichen Erteilungsvoraussetzungen für die Familienzusammenführung vor Einreise zum Spracherwerb geprüft. Eine Rückkehrperspektive wird dann für die Visumserteilung nicht vorausgesetzt.

In den vorgenannten Fällen einer Einreise von Ehegatten zwecks Spracherwerbs sollte ggf. eine Zulassung zur Teilnahme an einem Integrationskurs möglichst großzügig geprüft werden.