Historische SMBl. NRW.

 Aufgehobener Erlass: Obsolet durch Fristablauf am 31. Dezember 2018.

 


Historisch: Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen an syrische Flüchtlinge, die von ihren in Nordrhein-Westfalen lebenden Verwandten aufgenommen werden Aufnahmeanordnung des Ministeriums für Inneres und Kommunales NRW (MIK NRW) sowie Anwendungshinweise RdErl. des Ministeriums für Inneres und Kommunales 15-39.12.03-1-13-100(2603) vom 26.9.2013

 

Historisch:

Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen an syrische Flüchtlinge, die von ihren in Nordrhein-Westfalen lebenden Verwandten aufgenommen werden Aufnahmeanordnung des Ministeriums für Inneres und Kommunales NRW (MIK NRW) sowie Anwendungshinweise RdErl. des Ministeriums für Inneres und Kommunales 15-39.12.03-1-13-100(2603) vom 26.9.2013

Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen an syrische Flüchtlinge, die von ihren in Nordrhein-Westfalen lebenden Verwandten aufgenommen werden
Aufnahmeanordnung des Ministeriums für Inneres und Kommunales NRW (MIK NRW) sowie Anwendungshinweise

RdErl. des Ministeriums für Inneres und Kommunales 15-39.12.03-1-13-100(2603)
vom 26.9.2013

A.        Aufnahmeanordnung

I.         Ausgangslage

Im März 2013 hat der Bundesminister des Innern im Benehmen mit den Innenministern und -senatoren der Länder entschieden, zur Milderung der Flüchtlingskrise in Syrien und dessen Anrainerstaaten im Jahr 2013 insgesamt 5.000 besonders schutzbedürftige syrische Flüchtlinge vorübergehend in Deutschland aufzunehmen. Mit der Anordnung des Bundesministeriums des Innern vom 30. Mai 2013 wurde diese Entscheidung umgesetzt. Es ist aus humanitären Gründen geboten, darüber hinaus weiteren syrischen Staatsangehörigen, die vom Bürgerkrieg in Syrien betroffen sind, den Weg zu einer Aufenthaltserlaubnis zu ermöglichen. Voraussetzung dafür ist, dass sie enge verwandtschaftliche Beziehungen zu in Nordrhein-Westfalen aufenthaltsberechtigten Personen haben, die bereit und in der Lage sind, den Lebensunterhalt ihrer Verwandten während des Aufenthalts in Deutschland zu sichern.

Vor diesem Hintergrund ergeht folgende Anordnung gemäß § 23 Absatz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG), zu der das Bundesministerium des Innern am 04.09.2013 sein Einvernehmen erteilt hat:

II.        Anordnung zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen

Im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern ordne ich hiermit gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG Folgendes an:

1.         Begünstigter Personenkreis

            Eine Aufenthaltserlaubnis wird bis zu 1000 syrischen Staatsangehörigen erteilt,

1.1       die infolge des Bürgerkriegs aus ihrem Wohnort fliehen mussten und sich in einem Anrainerstaat Syriens, in Ägypten oder noch in Syrien aufhalten und

1.2       die eine Einreise zu ihren in Nordrhein-Westfalen lebenden Verwandten beantragen, sofern diese

            1.2.1    deutsche Staatsangehörige oder

1.2.2    syrische Staatsangehörige sind, die  einen befristeten oder unbefristeten Aufenthaltstitel besitzen und

1.2.3    jeweils spätestens seit dem 1. Januar 2013 in Deutschland ihren Wohnsitz haben.

2.         Verwandtschaftlicher Bezug zu Deutschland

Begünstigt sind Ehegatten, Verwandte ersten Grades (Eltern, Kinder), Verwandte zweiten Grades (Großeltern, Enkel oder Geschwister) sowie deren Ehegatten und minderjährige Kinder. Weitere Personensorgeberechtigte begünstigter minderjähriger Kinder können mit einbezogen werden.

3.         Kosten für den Lebensunterhalt

3.1       Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis setzt voraus, dass für die Kosten des Lebensunterhalts der einreisewilligen Person eine Verpflichtungserklärung nach § 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG abgegeben wurde. Um die finanzielle Belastung der sich verpflichtenden Person einzuschränken, wird der Umfang der abzugebenden Verpflichtungserklärung begrenzt. Kosten für Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft, Geburt, Pflegebedürftigkeit und Behinderung im Sinne der §§ 4, 6 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) werden von der Verpflichtungserklärung ausgenommen. Diese Leistungen sind nach §§ 4, 6 AsylbLG von den zuständigen Behörden zu gewähren. Der Nachranggrundsatz gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG greift insoweit nicht.

3.2       Die Verpflichtungserklärung ist für jede einreisewillige Person abzugeben.

4.         Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis

Die Aufenthaltserlaubnis wird für bis zu zwei Jahre erteilt und ggfs. verlängert. Sie berechtigt zur Ausübung einer Beschäftigung. Die Verlängerung richtet sich nach § 8 AufenthG. Die Aufenthaltserlaubnis ist mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage für Nordrhein-Westfalen zu versehen, soweit und solange keine lebensunterhaltssichernde Beschäftigung gefunden wurde.

5.         Verfahren

Die einreisewilligen Personen haben vor Einreise ein Visumverfahren durchzuführen, in welchem

5.1       eine Überprüfung der Personen durch die Sicherheitsbehörden stattfindet,

5.2       der verwandtschaftliche Bezug nach Ziff. 2 nachzuweisen ist

            und

5.3       das vollständige Vorliegen der Allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen geprüft wird. Ausnahmen von der Passpflicht nach § 3 Abs. 2 AufenthG können zugelassen werden, sofern der vorgelegte Reisepass der einreisewilligen Person nicht anerkannt wird, die Identität der einreisewilligen Person aber durch andere Dokumente (z.B. Identitätskarte, Staatsangehörigkeitsnachweis, Geburtsurkunde) nachge-wiesen ist.

Kann die einreisewillige Person keinen Reisepass vorlegen, ihre Identität aber anderweitig nachweisen, kann ein Reiseausweis für Ausländer nach den Voraussetzungen der §§ 5 und 7 Aufenthaltsverordnung durch die zuständige deutsche Auslandsvertretung ausgestellt werden.

6.         Ausschluss

Von dieser Regelung sind Personen ausgeschlossen, die wegen Delikten, die in Deutschland als vorsätzliche Straftat anzusehen sind, verurteilt worden sind oder bei denen tatsächliche Anhaltspunkte die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass Verbindungen zu kriminellen Organisationen oder terroristischen Vereinigungen bestehen oder dass sie in sonstiger Weise Bestrebungen verfolgen oder unterstützen oder unterstützt haben, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung verstoßen oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind.

7.         Frist für die Antragstellung

Visaanträge müssen bis zum  31. März 2014 bei einer zuständigen deutschen Auslandsvertretung gestellt werden. Nach Ausschöpfung des Kontingents von 1000 Personen können Anträge auch bei fristgerechter Vorlage nicht mehr berücksichtigt werden. Es besteht kein Anspruch auf Teilhabe am Aufnahmeprogramm.

B.        Anwendungshinweise

I.         Organisatorische Hinweise

1.         Interessenbekundungsverfahren

Zur Abwicklung des Aufnahmeprogramms in Nordrhein-Westfalen wird ein Interessenbekundungsverfahren in Zusammenarbeit mit dem "ServiceCenter Nordrhein-Westfalen direkt" durchgeführt.

Für eine Teilnahme am Aufnahmeverfahren ist Voraussetzung, dass sich die in Nordrhein-Westfalen lebenden Verwandten von syrischen Flüchtlingen mit ihrem Aufnahmewunsch in einem ersten Schritt telefonisch an das  "ServiceCenter Nordrhein-Westfalen direkt" unter der Rufnummer 0211/871-3000 wenden.

Auf das als Anlage 1 beigefügte Merkblatt wird verwiesen.

2.         Verwaltungsinterne Abwicklung

Zur verwaltungsinternen Abwicklung des Aufnahmeprogramms erfolgt noch eine gesonderte Mitteilung an die Ausländerbehörden.

II.        Materielle Hinweise zur Aufnahmeanordnung

Zu Ziff. 1.1.

Voraussetzung "Flucht"

Hinsichtlich des aufgeführten Merkmals  "syrische Staatsangehörige, die infolge des Bürgerkriegs aus ihrem Wohnort fliehen mussten..." genügt es, dass die hier lebenden Verwandten die Fluchtsituation ihrer Angehörigen glaubhaft machen. Die Bürgerkriegsumstände sind amtsbekannt. Näheres entscheidet die Auslandsvertretung im Visumverfahren.

Zu Ziff. 3

Verpflichtungserklärung

Bezüglich der Abgabe von Verpflichtungserklärungen nach § 68 AufenthG verweise ich auf die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz sowie auf das bundeseinheitliche Merkblatt zur Verwendung des bundeseinheitlichen Formulars der Verpflichtungserklärung zu § 68 i. V. m. §§ 66 und  67 AufenthG. Dabei ist zu beachten, dass die sich verpflichtenden Personen - insoweit hiervon abweichend - von der Haftung für Kosten für Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft, Geburt, Behinderung und Pflegebedürftigkeit freigestellt sind.

Der amtliche Vordruck der Verpflichtungserklärung ist daher entsprechend dem als Anlage 2 beigefügten Muster anzupassen.

In jedem Einzelfall ist die Bonität der sich verpflichtenden Personen anhand geeigneter Belege nachzuweisen und  die Feststellung der Bonität auf dem o. g. Vordruck „Verpflichtungserklärung“ ausdrücklich zu bestätigen (vgl. Ziff. 3.1 des Bundeseinheitlichen Merkblattes).

Bei der Bonitätsprüfung sind in der Regel die jeweiligen Pfändungsfreigrenzen (vgl. Pfändungstabelle der Anlage zu § 850c III ZPO) zuzüglich der jeweiligen Regelbedarfsstufe nach dem AsylbLG anzusetzen.

Beispiel 1

Ein hier lebender syrischer Staatsangehöriger ohne Unterhaltsverpflichtungen und mit Niederlassungserlaubnis (Gastgeber) möchte seinen aus Syrien in den Libanon geflüchteten volljährigen syrischen Bruder (Flüchtling) nach Deutschland holen und hierfür eine Verpflichtungserklärung bezüglich der Kosten des Lebensunterhalts - unter Ausnahme der Kosten für Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft, Geburt, Behinderung und Pflegebedürftigkeit - abgeben. Unter der Voraussetzung, dass dem Flüchtling kostenlos Wohnraum zur Verfügung gestellt werden kann, müsste der Gastgeber folgendes monatliches Mindest-Netto-Einkommen nachweisen:

Pfändungsfreies Monatseinkommen des Gastgebers                       1049,99 €

zuzüglich Regelbedarfsstufe 1

zur Sicherung des Existenzminimums des Flüchtlings                       354,--  €

                                                                                                          ___________

Erforderliches Mindest-Nettoeinkommen des Gastgebers          1403,99 €

Beispiel 2

Ein hier lebendes syrisches Ehepaar (Gastgeber) mit zwei Kindern (Ehemann ist Alleinverdiener) möchte die aus Syrien nach Jordanien geflüchteten syrischen Eltern der Ehefrau (Flüchtlinge) aufnehmen und hierfür eine Verpflichtungserklärung bezüglich der Kosten des Lebensunterhalts - unter Ausnahme der Kosten für Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft, Geburt, Behinderung und Pflegebedürftigkeit - abgeben. Unter der Voraussetzung, dass den Flüchtlingen kostenlos Wohnraum zur Verfügung gestellt werden kann, müsste der Gastgeber folgendes monatliches Mindest-Netto-Einkommen nachweisen:

Pfändungsfreies Monatseinkommen der Gastgeber                         1879,99 €

zuzüglich Regelbedarfsstufe 2

zur Sicherung des Existenzminimums

eines Flüchtlings als Partner einer Ehe                                                318,--   €

zuzüglich Regelbedarfsstufe 2

zur Sicherung des Existenzminimums

eines Flüchtlings als Partner einer Ehe                                               318,--   €

                                                                                                          ___________

Erforderliches Mindest-Nettoeinkommen der Gastgeber           2515,99  €

Zu Ziff. 4

Titelerteilung

Der Aufenthaltstitel wird gem. § 23 Absatz 1 AufenthG  vor dem Hintergrund der Bürgerkriegssituation in Syrien erteilt.

Dies ist beachtlich angesichts des Leistungsausschlusses bei der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen "wegen des Krieges in seinem Heimatland" in bestimmten Leistungsgesetzen des Bundes, z.B. in

• § 1 Abs. 3 Nr. 2c Bundeskindergeldgesetz,

• § 1 Abs. 7 Nr. 2c Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz sowie im Weiteren i. V. m. § 4a Abs. 1 Nr. 1 bzgl. des Betreuungsgeldes und

• § 1 Abs. 2a Nr. 2c Unterhaltsvorschussgesetz.

Daher muss bei der Erteilung eines elektronischen Aufenthaltstitels aus dem Titel bzw. dem Beiblatt ersichtlich werden, dass die Aufenthaltserlaubnis gem. § 23 Abs. 1 AufenthG wegen des Bürgerkrieges in Syrien erteilt worden ist.

Sofern Passangelegenheiten im Inland zu klären sind, findet die vom Bundesministerium des Innern bekannt gegebene Anerkennungslage für Syrien ebenso Anwendung wie die hierzu getroffenen Regelungen (siehe zuletzt mein Erlass vom 05.08.2013, Az.: 15-39.04.02-2-SYR).

Zu Ziff. 5

Visumverfahren

Die Aufnahme erfolgt im Visumverfahren. Grundsätzlich soll das Visumverfahren erst dann eingeleitet werden, wenn die erforderlichen Voraussetzungen nach dieser Anordnung von der zuständigen Ausländerbehörde geprüft wurden und der zuständigen Auslandsvertretung eine Vorabzustimmung erteilt wurde. Hierzu ist ein Formblatt zur Vorabzustimmung (Anlage 3) zu verwenden.

Die Auslandsvertretung nimmt in der Regel nach Übermittlung der Vorabzustimmung die Visumanträge an, erfasst die biometrischen Daten der Antragsteller, prüft die Identität der Antragsteller und führt das Konsultationsverfahren Zentraler Behörden (KZB-Abfrage) durch.

Auf das als Anlage 4 beigefügte Merkblatt des Auswärtigen Amtes mit ergänzenden Hinweisen wird verwiesen.

Gebühren

Es gelten die gesetzlichen Regelungen.

Die Visumerteilung im Rahmen des Aufnahmeprogramms ist gemäß Auskunft des Auswärtigen Amtes kostenfrei.

Zu Ziff. 5.2

Voraussetzung "Verwandtschaftlicher Bezug zu Deutschland"

Die verwandtschaftlichen Bezüge sind  grundsätzlich durch Urkundenvorlage gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde nachzuweisen.

Es gelten die den Ländern mit Schreiben des Beauftragten der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt vom 20.08.2013 übermittelten Grundsätze (Anlage 5). Sie gelten auch für diejenigen Antragsteller, deren in Deutschland lebende Angehörige einen anderen Aufenthaltstitel als eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 1 oder 2 AufenthG haben oder die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen.

In begründeten Ausnahmefällen, in denen der verwandtschaftliche Bezug von den in Deutschland lebenden Verwandten ausnahmsweise nicht durch erforderliche Nachweise erbracht werden kann, kann die Ausländerbehörde die Auslandsvertretung bitten, entsprechende Prüfungen vorzunehmen. Hierzu sind der Auslandsvertretung in aller Regel eingescannte Dokumente zu übermitteln, sofern nicht aufgrund begründeter Echtheitszweifel die Vorlage von Originaldokumenten geboten ist. Die Auslandsvertretung kann von der Ausländerbehörde gebeten werden, die Echtheit eines Original-Dokuments bei Visumantragstellung zu überprüfen.

Ich bitte um sofortige Unterrichtung der Ausländerbehörden Ihres Regierungsbezirks.

Anlagen:

1. Merkblatt zum Interessenbekundungsverfahren

2. Muster zum Vordruck der Verpflichtungserklärung

3.Formblatt zur Vorabzustimmung

4. Merkblatt des Auswärtigen Amtes zur Vorabzustimmung

5. Schreiben des Beauftragten der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt vom 20.08.2013


Anlagen: