Historische SMBl. NRW.

 Aufgehobener Erlass: Aufgehoben durch RdErl. v. 6.6.2005 - MBl.NRW. 2005 S. 752.

 


Historisch: Grundsätze über die Auskunfts- und Geheimhaltungspflichten der Beschäftigten der Arbeitsschutzverwaltung RdErl. d. Ministeriums für Arbeit und Soziales, Qualifikation und Technologie v. 18.9.2002 –  215 – 1460.1 –

 

Historisch:

Grundsätze über die Auskunfts- und Geheimhaltungspflichten der Beschäftigten der Arbeitsschutzverwaltung RdErl. d. Ministeriums für Arbeit und Soziales, Qualifikation und Technologie v. 18.9.2002 –  215 – 1460.1 –

Grundsätze über die Auskunfts- und
Geheimhaltungspflichten der Beschäftigten
der Arbeitsschutzverwaltung
RdErl. d. Ministeriums für Arbeit und Soziales,
Qualifikation und Technologie v. 18.9.2002
  215 – 1460.1 –

Die Auskunfts- und Geheimhaltungspflichten der Beschäftigten der Arbeitsschutzverwaltung richten sich nach den folgenden Grundsätzen.

Der RdErl. d. Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales – III R – 8000.2.4 – v. 17.9.1980 (SMBl. NRW. 280) wird aufgehoben.

Grundsätze über die Auskunfts- und Geheimhaltungspflichten der Beschäftigten der Arbeitsschutzverwaltung

Gliederung

I.
Arbeitsschutzrechtliche Geheimhaltungsvorschriften

1. Grundsätzliches zu Auskunftsverlangen

2. Entwicklung, Gegenstand und Zweck der Geheimhaltungspflicht

3. Anwendungsbereich; Abgrenzung der Vorschriften voneinander; Verweis auf das Umweltinformationsgesetz

4. Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 Arbeitsschutzgesetz

5. Voraussetzungen des § 139 b Abs. 1 Satz 3 Gewerbeordnung

6. Ausnahmen und Befreiungen von den Geheimhaltungspflichten

a. Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht

b. Allgemeine Mitteilungen ohne Bezug auf geheimhaltungspflichtige Tatsachen

c. Mitteilungen zu statistischen Zwecken

d. Mitteilungen aufgrund von Weisungen

e. Mitteilungen gegenüber Arbeitsschutzbehörden

7. Folgen eines Verstoßes gegen die Geheimhaltungspflicht

II.
Arbeitsschutzrechtliche Unterrichtungspflichten

1. Unterrichtungs- und Zusammenarbeitspflicht des § 23 Abs. 3 Arbeitsschutzgesetz

2. Unterrichtungs- und Zusammenarbeitspflicht des § 139 b Abs. 7 und 8 Gewerbeordnung

3. Zusammenarbeitspflicht des § 21 Abs. 3 Arbeitsschutzgesetz

III.
Regelungen aus anderen Rechtsgebieten

1. Umweltinformationsgesetz

a. Jedermanns Recht nach § 4

b. Ausschluss und Beschränkungen nach §§ 7, 8

2. Informationsfreiheitsgesetz

a. Jedermanns Recht nach § 4 Abs. 1

b. Verhältnis zu anderen Informationsrechten

c. Verhältnis zu arbeitsschutzrechtlichen Geheimhaltungsvorschriften

d. Ausschluss und Beschränkungen nach §§ 6 bis 9

3. Verwaltungsverfahrensgesetz

a. Akteneinsichtsrecht nach § 29 Abs. 1 und 3

b. Ausschluss und Beschränkungen nach §§ 29 Abs. 2, 3 a

c. Amtshilfe nach §§ 4 ff

4. Datenschutzgesetz

a. Auskunfts- und Einsichtsrechte nach § 18 Abs. 1 und 2

b. Ausschluss nach § 18 Abs. 3

c. Übermittlung personenbezogener Daten an andere als den Betroffenen

5. Ordnungswidrigkeitengesetz

6. Pressegesetz

7. Verfassung des Landes

IV.
Auskunftsersuchen von Gerichten und Verfolgungsbehörden

1. Auskunftsersuchen von Strafgerichten und Verfolgungsbehörden

2. Auskunftsersuchen von Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichten

3. Auskunftsersuchen anderer Gerichte

V.
Aussagen vor Gericht als Zeuge oder Sachverständiger

1. Aussagen vor Strafgerichten, Staatsanwaltschaften und Finanzgerichten in Steuerstrafsachen

2. Aussagen vor Zivil-, Arbeits-, Verwaltungs- und Sozialgerichten sowie vor Ausschüssen des Landtags

3. Regelungen für Angestellte und Arbeiter

I.
Arbeitsschutzrechtliche Geheimhaltungsvorschriften

1
Grundsätzliches zu Auskunftsverlangen

An die Arbeitsschutzverwaltung werden von verschiedenen Seiten (z. B. anderen Behörden, Gerichten, Staatsanwaltschaften, Beteiligten von Verwaltungsverfahren, Rechtsanwälten, Berufsgenossenschaften, Interessenvertretern, Pressevertretern, Bürgern) Wünsche nach Auskunftserteilung, Stellungnahme und/oder Akteneinsicht herangetragen. Die Bearbeitung solcher Anfragen erfordert zunächst eine Prüfung, ob eine Anspruchsgrundlage (III.) für die Erteilung der entsprechenden Informationen besteht. Ein allgemeines Akteneinsichts- und Informationszugangsrecht gibt es aufgrund des Informationsfreiheitsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (IFG) vom 27. November 2001 (SGV. NRW. 2010) in der jeweils geltenden Fassung sowie für den Zugang zu Umweltinformationen aufgrund des Umweltinformationsgesetzes (UIG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. August 2001 (BGBl. IS. 2218) in der jeweils geltenden Fassung.

Die §§ 139 b Abs. 1 Satz 3 der Gewerbeordnung (GewO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Februar 1999 (BGBl. I S. 202) in der jeweils geltenden Fassung und § 23 Abs. 2 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) vom 7. August 1996 (BGBl. I S. 1246) in der jeweils geltenden Fassung enthalten spezielle Regelungen, die den dort genannten Bediensteten besondere Geheimhaltungspflichten auferlegen. Es ist deshalb in einem weiteren Schritt sorgfältig zu prüfen, ob einem geltend gemachten Anspruch auf Informationsweitergabe nicht diese besonderen Geheimhaltungspflichten entgegenstehen.

2
Entwicklung, Gegenstand und Zweck der Geheimhaltungspflicht

Nach § 139 b Abs. 1 Satz 3 GewO sind die von den Landesregierungen zu ernennenden besonderen Beamten – das sind in Nordrhein-Westfalen die Beschäftigten der Arbeitsschutzverwaltung, denen die Befugnisse nach § 139 b GewO übertragen worden sind, –grundsätzlich zur Geheimhaltung der amtlich zu ihrer Kenntnis gelangenden Geschäfts- und Betriebsverhältnisse der ihrer Besichtigung und Prüfung unterliegenden Anlagen verpflichtet.

Mit Inkrafttreten des ArbSchG im Jahre 1996 hat § 139 b GewO weitgehend an Bedeutung verloren, die maßgebliche Norm im Hinblick auf die Geheimhaltungspflicht ist nunmehr § 23 Abs. 2 ArbSchG. Danach sind die mit der Überwachung beauftragten Personen (hierbei handelt es sich um den selben Personenkreis, der auch in § 139 b GewO angesprochen ist,) – vorbehaltlich der besonderen gesetzlich geregelten Fälle – zur Geheimhaltung der ihnen bei ihrer Überwachungstätigkeit zur Kenntnis gelangenden Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verpflichtet.

Beide Regelungen dienen der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen den Beschäftigten der Arbeitsschutzverwaltung und den Unternehmern /Arbeitgebern und kommen damit im Ergebnis auch den Belangen des Arbeitsschutzes zu Gute. Daneben haben sie den Zweck, ähnlich wie beim Steuergeheimnis den Unternehmer/Arbeitgeber vor unbefugter Bekanntgabe von betrieblichen Gegebenheiten und damit vor möglichen wirtschaftlichen Nachteilen zu schützen.

3
Anwendungsbereich; Abgrenzung der Vorschriften voneinander; Verweis auf das UIG

Die Vorschriften des § 139 b GewO und § 23 ArbSchG stehen gleichrangig nebeneinander.§ 139 b GewO gilt unmittelbar jedoch nur noch insoweit, als die Arbeitsschutzverwaltung aufgrund der ihr durch diese Vorschrift übertragenen Befugnisse tätig wird (§ 139 b Abs. 1 GewO).

Daneben gilt § 139 b GewO noch in solchen Bereichen, in denen die Rechte und Pflichten der Bediensteten durch Verweisung auf § 139 b GewO geregelt sind. Derartige Verweisungen finden sich derzeit in

- § 19 Abs. 1 Satz 3 des Atomgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Juli 1985 (BGBl. I S. 1565) in der jeweils geltenden Fassung

- § 20 Abs. 2 des Mutterschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Januar 1997 (BGBl. I S. 22) in der jeweils geltenden Fassung

- § 22 Abs. 2 des Ladenschlussgesetzes vom 28. November 1956 (BGBl. I S. 875) in der jeweils geltenden Fassung

- § 3 Abs. 2 des Heimarbeitsgesetzes vom 14. März 1951 (BGBl. I S. 191) in der jeweils geltenden Fassung

- § 15 des Gerätesicherheitsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Mai 2001 (BGBl. I S. 866) in der jeweils geltenden Fassung (in Bezug auf überwachungsbedürftige Anlagen).

§ 23 ArbSchG gilt für die Überwachungstätigkeit im Rahmen dieses Gesetzes und der aufgrund des Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen. Dies sind z. B. die Betriebssicherheitsverordnung, Arbeitsstättenverordnung, Biostoffverordnung und Baustellenverordnung.

In anderen Bereichen, in denen die Arbeitsschutzverwaltung ebenfalls ganz oder teilweise zuständig ist, gelten dagegen mangels Verweisung auf § 139 b GewO oder § 23 ArbSchG nur die allgemeinen Bestimmungen über die Verschwiegenheit, z. B. § 3 a Verwaltungsverfahrensgesetz NRW (VwVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1999 (SGV. NRW. 2010) in der jeweils geltenden Fassung, §§ 64 ff Landesbeamtengesetz NRW (LBG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981 (SGV. NRW. 2030) in der jeweils geltenden Fassung, § 9 des Bundes-Angestellten-Tarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961 in der jeweils geltenden Fassung und §§ 203 ff Strafgesetzbuch (StGB). Solche Bereiche sind z. B. das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) vom 12. April 1976 (BGBl. I S. 965) in der jeweils geltenden Fassung, das Fahrpersonalgesetz (FPersG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I S. 640) in der jeweils geltenden Fassung, das GSG, soweit nicht § 15 einstellig ist, oder das Sprengstoffgesetz (SprengG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. April 1986 (BGBl. I S. 577) in der jeweils geltenden Fassung. Das bedeutet, dass sich die Frage der Verschwiegenheit im Einzelfall nach den jeweiligen materiell-rechtlichen Vorschriften richtet. Eine Regelung eigener Art enthält im Bereich der Gentechnik § 17 a des Gentechnikgesetzes (GenTG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2066) in der jeweils geltenden Fassung.

Sowohl in § 139 b Abs. 1 Satz 4 GewO als auch in § 23 Abs. 2 Satz 2 ArbSchG ist festgelegt, dass sich die Befugnis, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse bzw. Betriebs- oder Geschäftsverhältnisse zu offenbaren, nach dem UIG richtet, sofern es sich um Informationen über die Umwelt im Sinne des UIG handelt. Das bedeutet, dass auch – nachdem festgestellt wurde, dass ein Betriebs- oder Geschäftsverhältnis bzw. –geheimnis vorliegt, – eine Offenbarungsbefugnis oder Offenbarungspflicht aufgrund des UIG bestehen kann (siehe III.1).

4
Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 ArbSchG

§ 23 Abs. 2 ArbSchG schützt Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse vor unbefugter Offenbarung. Der Begriff ist nicht deckungsgleich dem in § 139 b Abs. 1 Satz 3 GewO verwendeten der Betriebs- und Geschäftsverhältnisse, sondern enger. Regelmäßig wird nur ein kleiner Teil der den Arbeitsschutzbehörden bekannten Betriebs- und Geschäftsverhältnisse als schützenswertes Geheimnis einzustufen sein. Das ist dann der Fall, wenn die Tatsachen nur einem begrenzten Personenkreis bekannt sind und der Betriebsinhaber ein schutzwürdiges Interesse daran hat, dass dies so bleibt, weil eine Aufdeckung der Tatsachen geeignet wäre, dem Geheimnisträger wirtschaftlichen Schaden zuzufügen. Geheimnisse in diesem Sinne können – je nach Lage des Einzelfalles – z. B. sein:

- Die Anwendung bestimmter Arbeitsverfahren, auch wenn die Verfahren als solche bekannt sind,

- Bauhinweise von Geräten oder Maschinen,

- Ausschreibungsunterlagen,

- Kundenlisten.

Die Vorschrift wendet sich unmittelbar nur an die „mit der Überwachung beauftragten Personen“ der Arbeitsschutzverwaltung. Das sind diejenigen, zu deren dienstlichen Aufgaben die Überwachung des ArbSchG und der zugehörigen Rechtsverordnungen gehört. Dem Schutzziel der Vorschrift entsprechend sind auch diejenigen Beschäftigten der Arbeitsschutzverwaltung von der Vorschrift zu erfassen, die zwar nicht selbst mit der Überwachung beauftragt sind, aber von den beauftragten Personen Kenntnis von Geheimnissen erhalten haben. Dies gilt auch dann, wenn die Kenntnisnahme mittelbar durch Aktenstudium erfolgt.

Geschützt sind nur Geheimnisse, die bei der Überwachungstätigkeit bekannt werden. Überwachungstätigkeit ist die Kontrolle der Einhaltung der Bestimmungen des ArbSchG und der darauf gestützten Verordnungen, z. B. im Rahmen von Revisionen, Unfalluntersuchungen oder der Durchführung von Programmen sowie der Bearbeitung von Anzeigen; die Beratung des Arbeitgebers gem. § 21 Abs. 1 Satz 2 ArbSchG und das Ergreifen behördlicher Maßnahmen (Revisionsschreiben und Ordnungsverfügung). Nicht von der Vorschrift geschützt sind dagegen Geheimnisse, die allein bei der Durchführung von bzw. Beteiligung an Genehmigungsverfahren (Erlaubnis- bzw. Bewilligungsverfahren) zur Kenntnis gelangen. Hier erfolgt der Schutz über die Vorschrift des § 3 a VwVfG (siehe III.3).

Die Offenbarung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ist gem. § 23 Abs. 2 Satz 1 ArbSchG in vier Fällen zulässig:

- In den gesetzlich geregelten Fällen. In Betracht kommt insoweit der Katalog des § 23 Abs. 3 ArbSchG (siehe II.1) und § 21 Abs. 3 ArbSchG (siehe II.3).

- Zur Verfolgung von Gesetzwidrigkeiten. Dabei handelt es sich um Straftaten, Ordnungswidrigkeiten sowie solche Tatsachen, die Verfahren gem. § 35 GewO zur Folge haben können. Die Gesetzwidrigkeiten müssen solche Rechtsgebiete betreffen, in denen § 23 Abs. 2 ArbSchG gilt oder sie müssen so schwerwiegend sein, dass unmittelbare Gefahren für Leib oder Leben drohen.

- Gegenüber dem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zur Erfüllung von gesetzlich geregelten Aufgaben zum Schutz der Versicherten. Die gesetzlich geregelten Aufgaben ergeben sich aus den Bestimmungen des Sozialgesetzbuches VII (SGB VII) vom 7. August 1996 (BGBl. I S. 1254) in der jeweils geltenden Fassung, insbesondere § 1 SGB VII. Danach sind Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhüten, nach ihrem Eintritt sind Gesundheit und Leistungsfähigkeit wieder herzustellen oder es ist Entschädigung zu leisten (Prävention, Rehabilitation, Entschädigung). Die Bestimmung steht im Zusammenhang mit § 21 Abs. 3 ArbSchG bzw. § 20 Abs. 1 SGB VII und soll die effektive Zusammenarbeit zwischen den staatlichen Aufsichtsbehörden und den Unfallversicherungsträgern sicherstellen.

Auch die Durchführung von Regressen gegenüber Unternehmen gem. §§ 105 bis 113 SGB VII gehört zu den gesetzlichen Aufgaben der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Allerdings dient dies nicht mehr dem Schutz der Versicherten, da dem Regress die Entschädigung des Versicherten vorausgegangen ist. Die Offenbarung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ist deshalb im Zusammenhang mit Regressverfahren aufgrund dieser Bestimmung nicht zulässig. Unberührt hiervon bleibt die Pflicht zur Zusammenarbeit und gegenseitiger Information gem. § 21 Abs. 3 ArbSchG im Zusammenhang mit der Untersuchung von Arbeitsunfällen im Rahmen der Überwachungstätigkeit vor Ort.

- Gegenüber den für den Schutz der Umwelt zuständigen Behörden. Sofern es sich bei den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zugleich um Umweltinformationen im Sinne des § 3 Abs. 2 UIG handelt, so dürfen sie nach den Voraussetzungen des UIG offenbart werden, § 23 Abs. 2 Satz 2 ArbSchG (siehe III.1).

In allen Fällen der befugten Offenbarung ist sicherzustellen, dass nur der jeweils vorgesehene Adressat von den Geheimnissen Kenntnis erhält. Der Adressat ist aufzufordern, über den Inhalt der Mitteilung Verschwiegenheit zu bewahren.

5
Voraussetzungen des § 139 b Abs. 1 Satz 3 GewO

§ 139 b Abs. 1 Satz 3 GewO schützt Geschäfts- und Betriebsverhältnisse vor unbefugter Offenbarung. Der Begriff ist weiter als der in § 23 Abs. 2 ArbSchG verwendete der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse. Als Geschäfts- und Betriebsverhältnisse sind grundsätzlich alle Vorgänge und tatsächlichen Umstände anzusehen, die mit den Gegebenheiten des Geschäfts- und Betriebsablaufs im Zusammenhang stehen. Ein Bezug zum Arbeitsschutz ist nicht erforderlich. Erfasst werden z. B.:

- Betriebseinrichtungen,

- Beschaffenheit und Mängel der eingesetzten Betriebsmittel (etwa Zahl oder Standort bestimmter Maschinen) und Arbeitsstoffe,

- Verbrauch von Brennstoffen,

- anfallende Zwischenprodukte,

- Einzelheiten der Betriebsorganisation,

- Regelung der betriebsärztlichen Versorgung,

- Verteilung der Arbeitszeit,

- Zahl der Beschäftigten, auch der illegalen Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer,

- Verstöße gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz,

- abgeschlossene Strafverfahren,

- Inhalt und Umfang von Maßnahmen der Arbeitsschutzbehörden, die in Wahrnehmung der Aufsichtsbefugnisse getroffen werden.

Die Vorschrift wendet sich an „die besonderen, von den Landesregierungen zu ernennenden Beamten“. Dies ist derselbe Personenkreis, der in § 23 Abs. 2 ArbSchG angesprochen ist. Die Ausführungen zu I.4 gelten entsprechend. Das gilt auch hinsichtlich der Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf die übrigen Beschäftigten der Arbeitsschutzverwaltung.

Geschützt sind solche Geschäfts- und Betriebsverhältnisse, die amtlich zur Kenntnis gelangen. Das ist dann der Fall, wenn sie im Rahmen der Ausübung der Dienstgeschäfte bekannt werden. Auf die Quelle (z. B. freiwillige Information des Unternehmens, Information des Betriebsrats, Bericht einer anderen Behörde, eigene Wahrnehmung) kommt es nicht an.

Die Geschäfts- und Betriebsverhältnisse müssen sich auf die der Besichtigung und Prüfung unterliegenden Anlagen beziehen. Anlage ist als Oberbegriff für alle Räumlichkeiten, Plätze, technischen Einrichtungen, Baustellen etc. zu verstehen, die den sachlichen Bezugsgegenstand der arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bilden.

Die Offenbarung ist gem. § 139 b Abs. 1 Satz 3 GewO nur in folgenden Fällen zulässig:

- Zur Verfolgung von Gesetzeswidrigkeiten. Die Ausführungen unter I.4 gelten entsprechend.

- Zur Erfüllung von gesetzlich geregelten Aufgaben zum Schutz der Umwelt gegenüber den dafür zuständigen Behörden. Die Ausführungen unter I.4 gelten entsprechend.

In allen Fällen der befugten Offenbarung ist sicherzustellen, dass nur der jeweils vorgesehene Adressat von den Verhältnissen Kenntnis erhält. Der Adressat ist aufzufordern, über den Inhalt der Mitteilung Verschwiegenheit zu bewahren.

6
Ausnahmen und Befreiung von den Geheimhaltungspflichten

a. Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht

Die Geheimhaltungsvorschriften der §§ 23 Abs. 3 ArbSchG, 139 b GewO finden keine Anwendung, wenn der Unternehmer/Arbeitgeber den Beschäftigten der Arbeitsschutzverwaltung von seiner Verschwiegenheitspflicht entbindet. Die Befreiung sollte sich der Beschäftigte durch schriftliche Erklärung nachweisen lassen. Hängt die Zulässigkeit der Auskunft eines Beschäftigten an einen Dritten von der Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht ab, so ist in der Regelder Dritte wegen dieser Frage an den Unternehmer/Arbeitgeber zu verweisen. Dies gilt nicht, wenn offenkundig ist, dass der Unternehmer/Arbeitgeber mit einer Auskunft an einen Dritten nicht einverstanden ist.

b. Allgemeine Mitteilungen ohne Bezug auf geheimhaltungspflichtige Tatsachen

Die allgemeine Mitteilung, dass ein bestimmter Betrieb auf die Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften überprüft werden wird oder dass dies bereits erfolgt ist sowie die generelle Feststellung, dass die Arbeitsschutzvorschriften beachtet werden oder etwa vorgebrachten Beanstandungen nachgegangen wurde, stellt keinen Verstoß gegen arbeitsschutzrechtliche Geheimhaltungsvorschriften dar.

c. Mitteilungen zu statistischen Zwecken

Keine Anwendung finden die arbeitsschutzrechtlichen Geheimhaltungsvorschriften bei Mitteilungen zu statistischen Zwecken gegenüber Behörden oder öffentlich-rechtlichen Körperschaften, wenn sichergestellt ist, dass vorgesehene Veröffentlichungen keine Rückschlüsse auf Betriebs- und Geschäftsverhältnisse bzw. -geheimnisse zulassen, die dem Schutz der §§ 23 Abs. 2 ArbSchG, 139 b GewO unterliegen. Bezüglich des Schutzes personenbezogener Daten gilt in diesen Fällen § 31 des Datenschutzgesetzes NRW (DSG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Juni 2000 (SGV. NRW. 20061) in der jeweils geltenden Fassung (siehe III.4 c).

d. Mitteilungen aufgrund von Weisungen

Darüber hinaus finden die arbeitsschutzrechtlichen Geheimhaltungsvorschriften keine Anwendung in Fällen, in denen nach Weisung (im Einzelfall bzw. aufgrund allgemeiner Regelung durch Erlass oder Verfügung) übergeordnete Gesichtspunkte von bedeutendem öffentlichen Belang eine Weitergabe von Angaben über Geschäfts- und Betriebsverhältnisse bzw. –geheimnisse dringend erfordern.

e. Mitteilungen gegenüber Arbeitsschutzbehörden

Mitteilungen gegenüber den Aufsichtsbehörden bzw. anderen Behörden, die ihrerseits den Regelungen der §§ 139 b GewO, 23 Abs. 2 ArbSchG unterliegen, unterfallen ebenfalls nicht den Geheimhaltungsvorschriften (siehe III.4 c).

7
Folgen eines Verstoßes gegen die Geheimhaltungspflicht

Ein Verstoß gegen die Geheimhaltungspflichten der §§ 23 Abs. 2 ArbSchG, 139 b GewO kann disziplinarrechtlich verfolgt werden. Darüber hinaus kann der Unternehmer/Arbeitgeber möglicherweise einen Schadensersatzanspruch aus Amtspflichtverletzung nach § 839 BGB in Verbindung mit Artikel 34GG geltend machen. Eine strafrechtliche Verfolgung wegen der Verletzung von Geheimhaltungsinteressen der Unternehmer/Arbeitgeber (oder dritter Personen) kommt unter den Voraussetzungen der §§ 203 Abs. 2, 204 StGB in Betracht. Neben Geheimnissen, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen, die den Beschäftigten der Arbeitsschutzverwaltung als Amtsträger bekannt geworden sind, sind nach Maßgabe der in § 203 Abs. 2 Satz 2 StGB getroffenen Regelung auch die für Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfassten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse des Unternehmers/Arbeitgebers geschützt.

II.
Arbeitsschutzrechtliche Unterrichtungspflichten

1
§ 23 Abs. 3 ArbSchG

Im Rahmen der Bekämpfung bestimmter sozialschädlicher Verstöße des Arbeitgebers (z. B. Beschäftigung von Ausländern ohne die erforderliche Genehmigung; Schwarzarbeit oder illegale Arbeitnehmerüberlassung) ist die Arbeitsschutzverwaltung verpflichtet, im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen solcher Verstöße den zuständigen Stellen mitzuteilen, § 23 Abs. 3 Satz 1 ArbSchG. Darüber hinaus besteht in diesen Fällen eine Pflicht zur Zusammenarbeit mit diesen Stellen, § 23 Abs. 3 Satz 2 ArbSchG.

Die Vorschriften enthalten eine Befugnis zur Weitergabe im Sinne des § 23 Abs. 2 Satz 1 ArbSchG und befreien insoweit von der dort statuierten Geheimhaltungspflicht.

Die Pflicht zur Unterrichtung bedeutet, dass es eines Ersuchens der auskunftsberechtigten Stellen nicht bedarf, die Arbeitsschutzverwaltung muss also bei Vorliegen von konkreten Anhaltspunkten von sich aus tätig werden. Die Unterrichtungspflicht ist beschränkt auf die bloße Weitergabe von Informationen, die im Rahmen der Wahrnehmung der eigenen originären Aufgaben erlangt wurden. Eine Pflicht zu weitergehenden Ermittlungen besteht nicht.

Die Pflicht zur Zusammenarbeit gem. § 23 Abs. 3 Satz 2 ArbSchG steht in engem Zusammenhang mit der Pflicht zur Unterrichtung gem. § 23 Abs. 3 Satz 1 ArbSchG. Sie ist beschränkt auf eine Unterstützung der zuständigen Stellen im Rahmen der eigenen rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten der Arbeitsschutzverwaltung. In Betracht kommt insoweit die Konkretisierung bereits nach § 23 Abs. 3 Satz 1 ArbSchG gemachte Angaben, die Beantwortung gezielter Fragen, die Beratung oder sonstige Erläuterungen. Eine Pflicht zur Vornahme eigener weitergehender Ermittlungen besteht nicht.

2
§ 139 b Abs. 7 und 8 GewO

Die Vorschrift des § 139 b Abs. 7 GewO entspricht inhaltlich § 23 Abs. 3 Satz 1 ArbSchG. Die Vorschrift des § 139 b Abs. 8 GewO entspricht inhaltlich § 23 Abs. 3 Satz 2 ArbSchG.

Die Ausführungen unter II.1 gelten entsprechend.

3
§ 21 Abs. 3 ArbSchG

Im Verhältnis zu den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung besteht für die Arbeitsschutzverwaltung die Pflicht zur engen Zusammenarbeit bei der Überwachung, zur Förderung des Erfahrungsaustausches sowie zur Unterrichtung über durchgeführte Betriebsbesichtigungen und deren wesentlichen Ergebnisse. Für die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung ergeben sich inhaltlich die gleichen Pflichten aus § 20 Abs. 1 SGB VII.

Ziel der Regelungen ist insbesondere die Vermeidung doppelter, nicht abgestimmter Überwachung und die Vermeidung des Ergreifens widersprüchlicher Überwachungsmaßnahmen. Hinsichtlich der Frage, in welchen Fällen und wie die Abstimmung der Überwachungstätigkeiten erfolgen soll, wird auf die Allgemeine Verwaltungsvorschrift über das Zusammenwirken der Träger der Unfallversicherung und der Gewerbeaufsichtsbehörden vom 28. November 1977 (Bundesanzeiger Nr. 225 vom 2. Dezember 1977) verwiesen.

Bei der Übermittlung von Informationen gem. § 21 Abs. 3 ArbSchG handelt es sich um eine befugte Offenbarung im Sinne des § 23 Abs. 2 Satz 1 ArbSchG. Die dort statuierte Geheimhaltungspflicht gilt insoweit nicht.

III.
Regelungen aus anderen Rechtsgebieten

1
UIG

a. Jedermanns Recht nach § 4 UIG

Sowohl § 23 Abs. 2 Satz 2 ArbSchG als auch § 139 b GewO verweisen für diejenigen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bzw. –verhältnisse, bei denen es sich um Informationen im Sinne des UIG handelt, hinsichtlich der Offenbarungsbefugnis auf dessen Vorschriften.

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UIG hat jeder Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, die bei einer Behörde vorhanden sind.

Eine Legaldefinition dessen, was unter Information über die Umwelt zu verstehen ist, liefert § 3 Abs. 2 UIG. Danach fallen darunter alle in Schrift, Bild oder auf sonstigen Informationsträgern vorliegenden Daten u. a. über Tätigkeiten einschließlich solcher, von denen Belästigungen wie beispielsweise Lärm ausgehen oder Maßnahmen, die diesen Zustand beeinträchtigen oder beeinträchtigen können.

Ein Informationsanspruch kann also z. B. bestehen über den Umgang mit Gefahrstoffen, dem Transport gefährlicher Güter, Erlaubnisverfahren für Anlagen nach § 2 a GSG, Freisetzung von radioaktiven Stoffen und unzulässige Exposition durch Röntgenstrahlen, Störfälle in Anlagen oder Protokolle von Lärmmessungen.

Im Regelfall wird ein Großteil dieser Informationen auch bei den Staatlichen Umweltämtern oder bei kommunalen Umwelt-, Abfallwirtschaft- oder Wasserämtern und ähnlichen Stellen vorhanden sein, sodass vorrangig – da insoweit sachnäher –Anfragen an diese Behörden weiterzuleiten sind.

b. Ausschluss und Beschränkungen nach §§ 7, 8 UIG

Der Auskunftsanspruch ist zum Schutz öffentlicher oder privater Belange ausgeschlossen oder beschränkt.

Von Bedeutung ist insbesondere § 7 Nr. 2 UIG, wonach ein Auskunftsanspruch u. a. nicht besteht, solange ein verwaltungsbehördliches Verfahren andauert und es um Daten geht, die der Behörde aufgrund des Verfahrens zugegangen sind.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 UIG besteht ein Auskunftsanspruch nicht, wenn Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse unbefugt zugänglich gemacht werden würden. Eine Befugnis zur Offenbarung besteht in zwei Fällen:

- Der Betroffene hat zugestimmt.

- Das Offenbarungsinteresse überwiegt das Interesse an der Geheimhaltung. Es ist daher eine Abwägung vorzunehmen, die ergeben muss, dass die Offenbarung von Informationen zur materiellen Verbesserung des Umweltschutzes geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist. Je wichtiger für ein Unternehmen Rezepturen oder Produktionsverfahren oder soeben errichtete teure Produktionseinrichtungen sind, desto umfangreicher und begründeter muss die Darlegung des Antragstellers sein. Im Zweifel geht der Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse vor.

Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 UIG ist der Betroffene von einer Entscheidung über die Offenbarung von Informationen anzuhören. Nach Satz 2 liegt eine Betroffenheit insbesondere dann vor, wenn Informationen als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gekennzeichnet worden sind. Im Übrigen ist nach Satz 3 auf Verlangen der Behörde darzulegen, dass ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis vorliegt.

2
IFG

a. Jedermanns Recht nach § 4 Abs. 1 IFG

Nach § 4 Abs. 1 IFG hat jede natürliche Person Anspruch auf Zugang zu den vorhandenen amtlichen Informationen. Im Umkehrschluss steht juristischen Personen der Anspruch nicht zu. Die Geltendmachung eines besonderen Interesses hinsichtlich der begehrten Information ist nicht erforderlich.

b. Verhältnis zu anderen Informationsrechten, § 4 Abs. 2 IFG

Soweit andere Rechtsvorschriften den Zugang zu Informationen, die Auskunftserteilung oder die Gewährung von Akteneinsicht regeln, gehen sie gem. § 4 Abs. 2 IFG den Vorschriften des IFG vor. Solche Rechtsvorschriften sind z. B. die unter III behandelten Vorschriften des UIG, VwVfG, DSG, OWiG, Landespressegesetz NRW (PresseG) vom 24. Mai 1966 in der jeweils geltenden Fassung (SGV. NRW. 2250) sowie der Landesverfassung. Im Rahmen ihres Geltungsbereichs ist ein Rückgriff auf den Anspruch aus § 4Abs. 1 IFG unzulässig.

c. Verhältnis zu arbeitsschutzrechtlichen Geheimhaltungsvorschriften

Die bundesrechtlichen Geheimhaltungsvorschriften des § 23 Abs. 2 ArbSchG und § 139 b Abs. 1 Satz 3 GewO begrenzen den Anspruch aus § 4 Abs. 1 IFG, d. h., sofern deren tatbestandsmäßige Voraussetzungen vorliegen, entfällt der Anspruch auf Informationszugang.

d. Ausschluss und Beschränkungen nach §§ 6 bis 9 IFG

Der Anspruch auf Informationszugang wird durch die §§ 6 bis 9 IFG ausgeschlossen bzw. beschränkt. Dies ist z. B. der Fall, sofern durch die Bekanntgabe der Information der Ablauf eines anhängigen Verwaltungs- oder Ordnungswidrigkeitenverfahrens oder der Erfolg einer bevorstehenden behördlichen Maßnahme erheblich beeinträchtigt würde (§ 6 b IFG).

Begehrt der Antragsteller eine Information, bei der personenbezogene Daten offenbart werden, so darf die Information nur zugänglich gemacht werden, wenn die personenbezogenen Daten zuvor abgetrennt oder geschwärzt worden sind, die betroffene Person eingewilligt hat oder eine sonstige Alternative des § 9 IFG einschlägig ist.

Sofern Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse offenbart werden müssten, greifen bereits die besonderen arbeitsschutzrechtlichen Geheimhaltungsvorschriften der §§ 23 Abs. 2 ArbSchG und 139 b Abs. 1 Satz 3 GewO. Entsprechende Anträge sind unter Hinweis auf diese Vorschriften abzulehnen. Für eine Abwägung der Interessen gem. § 8 Satz 3 IFG bleibt kein Raum.

3
VwVfG

a. Akteneinsichtsrecht nach § 29 Abs. 1 und 3 VwVfG

Unter den Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 VwVfG haben die Beteiligten eines Verwaltungsverfahrens einen Rechtsanspruch auf Akteneinsicht. Für eine Ermessensentscheidung der Behörde ist insofern kein Raum. Ein Verwaltungsverfahren im Sinne des Gesetzes ist die nach außen wirkende Tätigkeit der Behörden, die auf die Prüfung der Voraussetzung, die Vorbereitung und den Erlass des Verwaltungsaktes gerichtet ist; der Begriff schließt den Erlass des Verwaltungsaktes oder den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages ein (§ 9 VwVfG). Verwaltungsverfahren sind danach solche, die auf den Erlass von Ordnungsverfügungen, die Erteilung von Ausnahmen sowie von Konzessionen im weitesten Sinne (z. B. Genehmigungen, Bewilligungen oder Erlaubnisse) in den Bereichen des Arbeits- und technischen Gefahrenschutzes zielen, nicht jedoch andere Tätigkeiten im Rahmen der Überwachung, z. B. Revisionen, Unfalluntersuchungen oder die Bearbeitung von Anzeigen (siehe I.4). So sind z. B. Akteneinsichtsersuche im Anschluss an Arbeitsunfälle im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen regelmäßig abzulehnen. Allerdings kann sich ein Anspruch aus dem IFG ergeben. Sofern jedoch ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet wurde, gelten die Ausführungen zu III.5 c. Keine Verwaltungsverfahren sind mangels Außenwirkung auch Stellungnahmen für andere Behörden, z. B. in Baugenehmigungsverfahren.

Zur Akteneinsicht berechtigt sind nur die an Verwaltungsverfahren Beteiligten. Dazu zählen nach § 13 VwVfG neben Antragsteller, Antragsgegner und Adressat eines Verwaltungsaktes auch weitere, die ein rechtliches Interesse im Sinne von § 13 Abs. 1 Ziffer 3 und 4, Abs. 2 VwVfG haben.

Ein Akteneinsichtsrecht besteht nur, soweit die Kenntnis des Akteninhalts zur Geltendmachung oder Verteidigung der rechtlichen Interessen eines Beteiligten erforderlich ist. Soweit die Erforderlichkeit nicht ohne weiteres erkennbar ist (z. B. bei dem von einer Maßnahme betroffenen Unternehmer) bzw. aus den Gesamtumständen oder dem Gesamtzusammenhang nicht offensichtlich ist, hat der Beteiligte darzulegen, inwiefern und wozu die Kenntnis des Akteninhalts erforderlich ist.

Die Akteneinsicht erfolgt bei der Behörde, die die Akten führt, § 29 Abs. 3 VwVfG. Der Begriff der Akte ist umfassend zu verstehen, dazu zählen z. B. auch Gutachten, Stellungnahmen anderer Behörden, Fotos, Videos, Disketten oder CD-Rom¿s, nicht jedoch Entscheidungsentwürfe sowie Arbeiten zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung (§ 29 Abs. 1 Satz 2).

In zeitlicher Hinsicht gilt das Recht auf Akteneinsicht von der Einleitung bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens. Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung hat auch ein (ehemals) Beteiligter am Verwaltungsverfahren keinen Anspruch auf Akteneinsicht nach § 29 Abs. 1 VwVfG mehr. Allerdings kann sich ein Anspruch aus dem IFG ergeben.

Hinsichtlich des Verfahrens wird auf Ziffer 12.2.1 der Geschäftsordnung der Staatlichen Ämter für Arbeitsschutz sowie auf den Runderlass des IM zur Übermittlung von Akten in die Kanzleiräume von bevollmächtigten Rechtsanwälten vom 21. Dezember 1988 (SMBl. NRW. 2010) in der jeweils geltenden Fassung hingewiesen.

b. Ausschluss und Beschränkungen nach §§ 29 Abs. 2 und 3 a VwVfG

Die Behörde ist zur Gestattung von Akteneinsicht nicht verpflichtet, soweit

- durch sie die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Aufgaben beeinträchtigt würde,

- das bekannt werden des Inhalts der Akten dem Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteil bereiten würde,

- die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach, namentlich wegen der berechtigen Interessen der Beteiligten oder dritter Personen, geheim gehalten werden müssen.

Bei der dritten Alternative ist eine Abwägung des Interesses des Beteiligten an Information und des privaten Geheimhaltungsinteresses des Betroffenen vorzunehmen. Insbesondere bei Informationen über den Gesundheitszustand einer Person, Vermögensverhältnisse und familiäre Verhältnisse wird die Abwägung zu Gunsten des Geheimhaltungsinteresses des Betroffenen ausfallen. Gleiches gilt für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (Begriff siehe I.4), sodass im Ergebnis ein Anspruch auf Akteneinsicht in diesen Fällen regelmäßig ausgeschlossen ist.

Für alle Verwaltungstätigkeiten, auch außerhalb von Verwaltungsverfahren, z. B. im Rahmen der Überwachung, ist in § 3 a VwVfG ebenfalls klarstellend geregelt, dass die Behörde Angaben über persönliche und sachliche Verhältnisse sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht unbefugt offenbaren darf.

Eine Befugnis zur Offenbarung liegt in der Regel nur bei Einverständnis des Betroffenen oder gesetzlichen Mitteilungspflichten (§§ 23 Abs. 2 und 3 ArbSchG, 139 b Abs. 7 GewO) vor.

c. Amtshilfe nach §§ 4 ff VwVfG

Nach § 4 Abs. 1 VwVfG leistet jede Behörde anderen Behörden ergänzende Hilfe (Amtshilfe). Die Voraussetzungen und Grenzen der Amtshilfe werden in § 5 VwVfG geregelt. Von besonderer Bedeutung ist die Bestimmung des § 5 Abs. 2 Satz 2 VwVfG, wonach die ersuchte Behörde zur Vorlage von Urkunden oder Akten sowie zur Erteilung von Auskünften nicht verpflichtet ist, wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen. Ihrem Wesen nach geheim zu halten sind auch schutzwürdige Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (Begriff siehe I.4). Ob die Arbeitsschutzverwaltung nach den Amtshilfegrundsätzen berechtigt oder verpflichtet ist, anderen Behörden Auskunft zu erteilen, kann nur im Einzelfall entschieden werden. Die üblichen Fallgestaltungen in diesem Zusammenhang sind unter II. behandelt. Arbeitsschutzbehörden ist grundsätzlich Auskunft zu erteilen (siehe I.6 e).

4
DSG

a. Auskunfts- und Einsichtsrechte nach § 18 Abs. 1 und 2 DSG

Ein Anspruch auf Auskunft bzw. Einsichtnahme bzgl. der verarbeiteten Daten kann sich für den Betroffenen, das ist eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person, aus §§ 18 und 5 DSG ergeben. Der Anspruch ist begrenzt auf die zur Person des Betroffenen verarbeiteten Daten, den Zweck und die Rechtsgrundlage der Verarbeitung, die Herkunft der Daten und die Empfänger von Übermittlungen sowie die allgemeinen technischen Bedingungen der automatisierten Verarbeitung der zur eigenen Person verarbeiteten Daten, § 18 Abs. 1 DSG.

Form und Verfahren der Auskunftserteilung werden nach pflichtgemäßem Ermessen der Behörde bestimmt. Soweit die Daten in den bei der Behörde geführten Akten enthalten sind, ist Akteneinsicht durch Abtrennung der relevanten Daten vom übrigen Teil der Akte, ggf. auch durch Unkenntlichmachung nicht relevanter Teile, zu gewähren, § 4 Abs. 6 DSG.

b. Ausschluss nach § 18 Abs. 3 DSG

Die Auskunft bzw. Einsichtnahme entfällt, wenn ein Ausschlussgrund des § 18 Abs. 3 DSG vorliegt. Dies ist nach Buchstabe c dieser Vorschrift z. B. dann der Fall, wenn die begehrten Daten nach einer Rechtsvorschrift oder wegen der berechtigten Interessen einer dritten Person geheim gehalten werden müssen. Rechtsvorschriften in diesem Sinne sind auch § 139 b Abs. 1 Satz 2 GewO und § 23 Abs. 2 ArbSchG. Daraus folgt, dass diese Geheimhaltungsvorschriften dem Anspruch aus § 18 DSG vorgehen.

c. Übermittlung personenbezogener Daten an andere als den Betroffenen

Die Übermittlung personenbezogener Daten an andere als den Betroffenen ist nach Maßgabe der §§ 13 ff DSG nur in bestimmten Ausschlussfällen zulässig. Sind personenbezogene Daten mit Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen bzw. –verhältnissen untrennbar verknüpft, ist die Übermittlung nur erlaubt, wenn der Betroffene eingewilligt hat oder eine Rechtsvorschrift dies erlaubt oder die Wahrnehmung einer durch Gesetz oder Rechtsverordnung zugewiesenen einzelnen Aufgabe dies zwingend voraussetzt, § 13 Abs. 2 letzter Satz DSG in Verbindung mit Abs. 2 a, b und §§ 139 b Abs. 1 Satz 3 GewO, 23 Abs. 2 ArbSchG.

5
OWiG

Soweit eine Behörde der Arbeitsschutzverwaltung zuständige Verwaltungsbehörde im Sinne des OWiG ist, finden §§ 23 Abs. 2 ArbSchG, 139 b GewO keine Anwendung. Auch das VwVfG trifft insoweit keine Regelung, da dieses Gesetz nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nicht gilt. Statt dessen gelten die Spezialvorschriften des OWiG, der Strafprozessordnung sowie der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) vom 1. Januar 1977 in der jeweils geltenden Fassung (Zugang über Internet- Adresse: - lv.justiz-online.nrw.de - ).

Für die Übermittlung personenbezogener Daten an öffentliche Stellen ist § 49 a OWiG zu beachten.

Die Gewährung von Akteneinsicht an Betroffene, Verteidiger, Verletzte oder Dritte richtet sich nach folgenden Grundsätzen:

Zu den Akten eines OWiG-Verfahrens gehören sämtliche verfahrensbezogene Unterlagen (Grundsatz der Aktenvollständigkeit). Die Akteneinsicht kann allerdings auf einzelne Aktenteile beschränkt werden, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt oder dadurch die Bloßstellung einer Privatperson vermieden werden kann, wie z. B. bei einer vertraulich zu behandelnden Eingabe (Nr. 186 Abs. 1 RiStBV). Das Akteneinsichtsrecht beginnt in der Regel mit der Anhörung des Betroffenen nach § 55 OWiG und endet mit Rechtskraft der Entscheidung. Ist der Vorgang nach Einspruch an die Staatsanwaltschaft übersandt worden, entscheidet diese über die Akteneinsicht, § 69 Abs. 4 OWiG.

Im Einzelnen ist nach dem beteiligten Personenkreis zu unterscheiden:

a. Dem nicht anwaltlich vertretenen Betroffenen kann nach § 49 Abs. 1 OWiG Akteneinsicht unter Aufsicht, also in den Diensträumen, gewährt werden. In der Regel ist Akteneinsicht zu gewähren, es sei denn, schutzwürdige Interessen Dritter stehen entgegen oder der Untersuchungszweck kann gefährdet werden.

b. Hat der Betroffene einen Rechtsanwalt als Verteidiger mit seiner Interessenwahrnehmung beauftragt, ist diesem Akteneinsicht zu gewähren, § 46 Abs. 1 OWiG, 147 StPO. Ist der Abschluss der Ermittlungen noch nicht in den Akten vermerkt, kann dem Verteidiger die Einsicht in die Akten nur versagt werden, wenn sie den Untersuchungszweck gefährden kann. Nach Abschluss der Ermittlungen gilt das Recht auf unbeschränkte Akteneinsicht. Dem Verteidiger sollen die Akten mit Ausnahme der Beweisstücke zur Einsichtnahme in seine Geschäftsräume oder Wohnung mitgegeben werden, § 147 Abs. 4 StPO.

c. Eine durch die bußgeldbewehrte Handlung oder Unterlassung verletzte Person kann nach §§ 46 Abs. 1 OWiG, 406 e StPO Akteneinsicht lediglich über einen Rechtsanwalt ausüben, sofern sie ein berechtigtes Interesse darlegt. Ein solches ist insbesondere anzunehmen, wenn die Geltendmachung bürgerlich-rechtlicher Ansprüche des Verletzten gegenüber dem Betroffen geprüft werden soll. Zu versagen ist die Akteneinsicht, soweit überwiegende schutzwürdige Interessen des Beschuldigten oder anderer Personen entgegenstehen. Sie kann ferner versagt werden, soweit der Untersuchungszweck gefährdet erscheint oder durch sie das Verfahren erheblich verzögert wird, § 406 e Abs. 2 StPO.

d. Für nicht am Bußgeldverfahren beteiligte Personen und Stellen erhalten die RiStBV Bestimmungen darüber, in welcher Form Akteneinsicht zu gewähren ist. Nach Nr. 187 Abs. 2 RiStBV kann einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder Rechtsbeistand z. B. für die Prüfung bürgerlich-rechtlicher Ansprüche oder für die Vorbereitung eines Verwaltungsstreitverfahrens Akteneinsicht gewährt werden, wenn er ein berechtigtes Interesse darlegt und sonst keine Bedenken bestehen. Privatpersonen und privaten Einrichtungen wird dagegen die Akteneinsicht grundsätzlich versagt. Einfach und schnell zu erledigende Auskünfte können allerdings auch diesem Personenkreis erteilt werden, wenn ein berechtigtes Interesse an der Auskunftserteilung dargelegt wird und auch sonst keine Bedenken bestehen, Nr. 186 Abs. 1 RiStBV. In geeigneten Fällen ist auf die Möglichkeit der Akteneinsicht durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt hinzuweisen, Nr. 188 Abs. 2 RiStBV. Auf Nr. 3 des Runderlasses zum Vollzug des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten des IM vom 16. Dezember 1977 (SMBl. NRW. 453) in der jeweils geltenden Fassung wird hingewiesen.

6
PresseG

Nach § 4 Abs. 1 PresseG sind die Behörden der Arbeitsschutzverwaltung verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen. Ein Anspruch besteht allerdings nicht, wenn Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstehen, vergleiche § 4 Abs. 2 Nr. 2 PresseG. Als solche sind auch die Vorschriften über die Geheimhaltung nach §§ 23 Abs. 2 ArbSchG, 139 b GewO anzusehen. Insofern gelten die Aussagen zu I.3 und 4 entsprechend.

Sofern die genannten Geheimhaltungsvorschriften nicht eingreifen, können Auskünfte an die Presse unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Nr. 1, 3 oder 4 PresseG verweigert werden. Nach § 66 LBG in Verbindung mit 12.3 der Geschäftsordnung der Staatlichen Ämter für Arbeitsschutz dürfen Auskünfte an die Presse nur durch die Amtsleitung oder durch von ihr beauftragte Personen erteilt werden.

7
Landesverfassung

Nach Artikel 41 a Abs. 2 LV haben unter anderem die Behörden der Arbeitsschutzverwaltung die Pflicht, dem Petitionsausschuss des Landtags alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Akten zugänglich zu machen. Da die LV jedoch die bundesgesetzlichen Regelungen der §§ 139 b GewO und 23 Abs. 2 ArbSchG nicht verdrängen kann, haben diese Vorschriften gegenüber Auskunfts- und Aktenvorlageersuchen des Petitionsausschusses Vorrang. Gleiches gilt gegenüber Auskunfts- und Aktenvorlageersuchen von Untersuchungsausschüssen gem. Artikel 41 Abs. 2 LV.

IV.
Auskunftsersuchen von Gerichten und Verfolgungsbehörden

Auskunftsersuchen sind sowohl die Bitte um Akteneinsicht als auch die Bitte um Erteilung einer amtlichen Auskunft.

1
Auskunftsersuchen von Strafgerichten und Verfolgungsbehörden

Ersuchen eines Strafgerichts, einer Staatsanwaltschaft, einer Verfolgungsbehörde im Bußgeldverfahren oder einer Polizeibehörde als Ermittlungsorgan der Staatsanwaltschaft oder der Verfolgungsbehörde (§§ 202, 244 Abs. 2, 161 und 163 StPO, §§ 46 Abs. 2 und 53 Abs. 1 OWiG) oder einer Finanzbehörde in Verfolgung von Steuerstrafsachen (§§ 386 und 399 der Abgabenordnung) ist ohne Rücksicht auf den Willen des Betriebsinhabers grundsätzlich stattzugeben, das heißt, die den Fall betreffenden Vorgänge sind vorzulegen bzw. die erbetenen Auskünfte sind zu erteilen. Insoweit greifen die §§ 139 b GewO, 23 Abs. 2 ArbSchG nicht ein. Ist jedoch nicht auszuschließen, dass das Bekanntwerden des Akteninhalts oder das Erteilen einer Auskunft dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde und wird aus diesem Grunde die Ablehnung des Ersuchens für angezeigt gehalten, ist unter Aktenvorlage zwecks Entscheidung über eine Erklärung gem. § 96 StPO zu berichten.

2
Auskunftsersuchen von Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichten

Fordert ein Verwaltungs-, Sozial- oder Finanzgericht von der Arbeitsschutzbehörde Akten an oder wünscht es eine amtliche Auskunft und greift im Einzelfall § 139 b GewO oder § 23 Abs. 2 ArbSchG ein, so ist entsprechend §§ 99 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung, 119 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz, 86 Abs. 1 und 2 Finanzgerichtsordnung unter Vorlage der Akten zu berichten, falls die Ablehnung des Ersuchens für angezeigt gehalten wird. Im Falle der Ablehnung eines Ersuchens gegenüber einem Verwaltungsgericht regelt sich das weitere Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO.

3
Auskunftsersuchen anderer Gerichte

Werden durch andere Gerichten Akten angefordert oder wird um Erteilung einer amtlichen Auskunft gebeten, so sind diese Ersuchen abzulehnen, sofern im Einzelfall § 139 b GewO oder § 23 Abs. 2 ArbSchG eingreifen. Auf die Möglichkeit der Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht (I.6 a) kann hingewiesen werden. Anderenfalls ist nach den Grundsätzen der Amtshilfe (siehe III.3 c) zu verfahren.

V.
Aussage der Bediensteten der Arbeitsschutzverwaltung
vor Gericht als Zeuge oder Sachverständiger

1
Aussagen vor Strafgerichten, Staatsanwaltschaften und Finanzgerichten in Steuerstrafsachen

Wird ein Beschäftigter der Arbeitsschutzverwaltung gebeten, vor Gericht oder bei der Staatsanwaltschaft als Zeuge oder Sachverständiger auszusagen, so ist regelmäßig gemäß § 64 Abs. 2 LBG eine Aussagegenehmigung zu erteilen. Diese Genehmigung darf nur versagt werden, wenn die Aussage dem Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ernstlich gefährdet oder erheblich erschwert würde (§ 65 Abs. 2 LBG). Dieser Fall ist in der Praxis jedoch nur selten gegeben.

Die Aussage vor dem Strafgericht oder bei der Staatsanwaltschaft ist nach Erteilung der Aussagegenehmigung zulässig, da es sich in diesen Fällen um die Verfolgung von Straftaten bzw. Ordnungswidrigkeiten handelt. Die Geheimhaltungsvorschriften der §§ 23 Abs. 2 ArbSchG, 139 b GewO greifen in diesen Fällen nicht ein. Dies gilt auch für Verfahren vor den Finanzgerichten im Rahmen von Steuerstraftaten.

2
Aussagen vor Zivil-, Arbeits-, Verwaltungs- und Sozialgerichten sowie vor Ausschüssen des Landtags

Bei Aussagen vor Zivil-, Arbeits-, Verwaltungs- oder Sozialgerichten sind ergänzend die Zeugnisverweigerungsrechte aus der Zivilprozessordnung zu beachten. Diese greifen immer dann ein, wenn die Voraussetzungen für eine Anwendung der Geheimhaltungsvorschriften gegeben sind. Trotz Erteilung einer Aussagegenehmigung ist daher die Aussage zu verweigern, wenn Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse bzw. –verhältnisse berührt sind oder sich dies nicht zweifelsfrei ausschließen lässt. Das gleiche gilt, wenn eine Vernehmung vor dem Petitionsausschuss oder einem Untersuchungsausschuss des Landtags erfolgen soll.

3
Regelungen für Angestellte und Arbeiter

Für den Angestellten- bzw. Arbeiterbereich gelten aufgrund der inhaltlichen Vergleichbarkeit der Regelungen aus dem Bundes-Angestellten-Tarifvertrag bzw. dem Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder die oben genannten Ausführungen entsprechend.

MBl. NRW. 2002 S. 1060