Historische SMBl. NRW.

 Aufgehobener Erlass: Aufgehoben durch Erlassbereinigung 2003 (§ 9 VV v. 29.8.61).

 


Historisch: Gliederungsnummer 451: Jugendgerichtsgesetz (Vollzug siehe 3216) Richtlinien zur Förderung der Diversion im Jugendstrafverfahren (Diversionsrichtlinien) Gem. RdErl. d. Justizministeriums - 4210 - III A. 79 -, d. Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales - IV B 2 6150 -, d. Innenministeriums - IV D 2 - 6591/2.4 - u. d. Kultusministeriums - II B 4. - 36 - 87/0 Nr. 223/92 - v. 1.2. 1992¹)

 

Historisch:

Gliederungsnummer 451: Jugendgerichtsgesetz (Vollzug siehe 3216) Richtlinien zur Förderung der Diversion im Jugendstrafverfahren (Diversionsrichtlinien) Gem. RdErl. d. Justizministeriums - 4210 - III A. 79 -, d. Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales - IV B 2 6150 -, d. Innenministeriums - IV D 2 - 6591/2.4 - u. d. Kultusministeriums - II B 4. - 36 - 87/0 Nr. 223/92 - v. 1.2. 1992¹)

209. Ergänzung - SMB1. NW. - (Stand 1. 4.1992 = MB1. NW. Nr. 22 einschl.)

1. 2. 92 (1)


Gliederungsnummer 451: Jugendgerichtsgesetz (Vollzug siehe 3216)

Richtlinien zur Förderung der Diversion im Jugendstrafverfahren (Diversionsrichtlinien)

Gem. RdErl. d. Justizministeriums - 4210 - III A. 79 -, d.

Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales - IV B 2

6150 -, d. Innenministeriums - IV D 2 - 6591/2.4 - u. d.

Kultusministeriums - II B 4. - 36 - 87/0 Nr. 223/92 -

v. 1.2. 1992¹)

l Anwendungsbereich

1.1. Bei straffällig gewordenen Jugendlichen und Heranwachsenden sollte im Bereich der leichten und im Grenzbereich zur mittleren Kriminalität ein förmliches Verfahren-nur stattfinden, wenn durch weniger einschneidende Maßnahmen eine erzieherische Einwirkung nicht zu erreichen ist Sofern nicht im Einzelfall gewichtige erzieherische Gründe für die Durchführung eines förmlichen Verfahrens sprechen, bietet sich bei jugendlichen und heranwachsenden Beschuldigten in diesen Deliktsbereichen die Einstellung ohne . Durchführung des förmlichen Verfahrens nach §§45, 47 JGG an (Diversion).

1.2 Die Diversion kommt insbesondere bei folgenden Deliktsarten in Betracht:

Allgemeine Straftaten

- leichte Fälle der Beleidigung (§ 185 StGB);

- leichte. Fälle der vorsätzlichen Körperverletzung (§ 223 StGB);

- fahrlässige Körperverletzung (§ 230 StGB);

- Diebstahl, Unterschlagung (§§242, 246, 247 StGB) geringwertiger Sachen (§248 a StGB) mit einer Wertgrenze von 100 DM sowie alle Fälle, in denen ein Strafgesetz auf § 248 a StGB verweist;

- unbefugter Gebrauch eines Fahrzeuges (§248b StGB);

- Beförderungserschieichung (§ 265 a StGB);

- Sachbeschädigung (§§303, 304 StGB) bei geringem Schaden;

Verstöße gegen strafrechtliche Nebengesetze

- geringfügige Verstöße gegen das Ausländer- und Asylverfahrensrecht;

- geringfügige Verstöße gegen das Urheberrechtsgesetz, sofern wirksam auf die Rückgabe der sichergestellten Vervielfältigungsstücke verzichtet oder wirksam in eine Vernichtung der durch die Tat hervorgebrachten Produkte (z. B. Löschen von Videobändern) eingewilligt wird;

- geringfügige Vergehen nach dem Waffengesetz, sofern wirksam auf die Rückgabe der sichergestellten • Gegenstände verzichtet wird;

- Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG) und Verstöße gegen §§ l, 6 Pflichtversicherungsgesetz.

Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Sie soll lediglich eine Orientierungshilfe geben. Entscheidend sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalles.

. 1.3 Die Diversion darf nicht zu einer Einschränkung der Unschuldsvermutung und von Verteidigerrechten der Beschuldigten führen. Eine Verfahrenseinstellung nach den §§ 45, 47 JGG kommt daher erst in Betracht, wenn ein hinreichender Tatverdacht besteht.

1.4 Die Diversion setzt in der Regel voraus, daß die oder . der Beschuldigte erstmalig strafrechtlich auffällig wird oder im Falle einer weiteren Straftat ein Delikt in Betracht steht, das entweder im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut oder auf die Art der Tatbegehung mit der ersten Straftat nicht vergleichbar ist oder in erheblichem zeitlichen Abstand zu der ersten Tat steht oder mehrere Straftaten geringerer Bedeutung oder mit geringem Schaden den Tatvorwurf bilden.

2 Verfahren

2.1 Gewinnt die Polizei aufgrund des persönlichen Kon-

taktes zu den Beschuldigten den Eindruck, daß sich ei-ne Erledigung des Verfahrens im Wege der Diversion anbietet, so spricht sie eine dahingehende Empfehlung an die Staatsanwaltschaft aus. Zur Vorbereitung einer Entscheidung nach Nummer 2.4 hält die Polizei in einem Vermerk fest, ob nach ihrer Auffassung die vorliegenden Tatsachen (z. B. polizeiliches Ermittlungsverfahren, Vernehmung bei der Polizei, Verhalten des Beschuldigten) eine erzieherische Wirkung zeigen, die eine Ahndung durch das Jugendgericht entbehrlich macht Die Polizei soll in keinem Fall zusätzliche Erhebungen anstellen oder erzieherische Maßnahmen selbst treffen oder vermitteln. Als Informationsquellen sollen nur diejenigen herangezogen werden, die im jeweiligen Einzelfall auch der Tataufklärung dienen.

In Fällen von geringer Bedeutung kann aus Gründen der. Verhältnismäßigkeit eine knappe Fassung des Vermerks in Betracht kommen.

Wenn erzieherische Maßnahmen zur Vorbereitung der Diversionsentscheidung geboten erscheinen, soll die Polizei das Jugendamt unterrichten. Die Unterrichtungspflicht nach Nummer 32.1 der PDV 382 [RdErl. d. Innenministers v. 13. 1. 1988 (n. v.) - IV A 3 - 1591 - (SMB1. NW. 2053)]* bleibt unberührt

2.2 Ist das Jugendamt nicht bereits von der Polizei unterrichtet worden, so hört die Staatsanwaltschaft das Jugendamt an, wenn dies zur Durchführung der Diversion erforderlich erscheint.

2.3 Das Jugendamt berichtet der Staatsanwaltschaft möglichst kurzfristig

a) über bereits erfolgte oder eingeleitete erzieherische Maßnahmen und

b) unter Darstellung der Persönlichkeit und Tatumstände, ob ohne weitere erzieherische Maßnahmen von einer Verfolgung abgesehen werden kann oder ob als Voraussetzung für ein Absehen von der Verfolgung weitere und ggf. welche erzieherischen Maßnahmen vorgeschlagen .werden oder aus welchen Gründen eine Diversion nicht empfohlen werden kann.

Gibt das Jugendamt innerhalb einer ihm gesetzten Frist eine Stellungnahme nicht ab, wird unterstellt, daß es gegen die Erledigung des Verfahrens durch Diversion Bedenken trägt.

2.4 Die Staatsanwaltschaft sieht bei geständigen Beschuldigten von der Verfolgung ab und stellt das Verfahren ohne Zustimmung des Jugendgerichts nach § 45 Abs.. 2 JGG ein, wenn eine erzieherische Maßnahme die oder den Jugendlichen in einer Weise fördert, die die Entscheidung durch das Jugendgericht entbehrlich macht Bei erzieherischen Reaktionen unmittelbar nach der Tat aus dem sozialen Umfeld der Jugendlichen ist zu " prüfen, ob sie geeignet sind, die Einsicht der Jugendlichen in das begangene Unrecht zu fördern und deren künftiges Verhalten hierdurch zu beeinflussen. Erzieherische Reaktionen können auch Maßnahmen sein, die durch das Jugendamt veranlaßt wurden.

2.5 Hält die Staatsanwaltschaft die Anordnung einer richterlichen Maßnahme für erforderlich, jedoch eine Entscheidung durch Urteil für entbehrlich, so regt sie die Erteilung einer Ermahnung, von Weisungen oder von Auflagen durch das Jugendgericht nach §45 Abs. 3 JGG an.

Dies kann namentiich bei Fällen im Grenzbereich zur mittleren Kriminalität in Betracht kommen oder wenn ein unmittelbarer Kontakt der oder des Jugendlichen zum Jugendgericht aus erzieherischer Sicht erforderlich erscheint

• Nummer 3.2.7 der PDV 382 lautet wie folgt:

Das Jugendamt und sonst zuständige Behörden sind unverzüglich zu unterrichten, wenn fürsorgerische Maßnahmen schon während der polizeilichen Ermittlungen notwendig erscheinen.

In allen anderen Fällen ist spätestens mit der Abgabe der Ermittlungsvor-- gange an die Staatsanwaltschaft das Jugendamt zu unterrichten, sofern eine Gefährdung vorliegt

Hat das Jugendamt Aufgaben der Jugendgerichtshilfe anderen Stellen übertragen, ist bei einvernehmlicher Regelung zwischen Staatsanwaltschaft, Jugendamt und Polizei eine unmittelbare Unterrichtung dieser, Stellen zulässig.

') MB1. NW. 1992 S. 4SI.