Geltende Erlasse (SMBl. NRW.)  mit Stand vom 22.3.2024


Regelmäßige Kontrollen nach Artikel 6 des Beschlusses der Kommission vom 20. Dezember 2011 (2012/21/EU) zur Vermeidung von Überkompensationen bei der Gewährung von Ausgleichszahlungen an bestimmte Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind Gem. RdErl. d. Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk u. d. Ministeriums für Inneres und Kommunales - 35-49.02.01-75.8-1266/14 v. 20.1.2014

 

Regelmäßige Kontrollen nach Artikel 6 des Beschlusses der Kommission vom 20. Dezember 2011 (2012/21/EU) zur Vermeidung von Überkompensationen bei der Gewährung von Ausgleichszahlungen an bestimmte Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind Gem. RdErl. d. Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk u. d. Ministeriums für Inneres und Kommunales - 35-49.02.01-75.8-1266/14 v. 20.1.2014

Regelmäßige Kontrollen nach Artikel 6
des Beschlusses der Kommission vom 20. Dezember 2011 (2012/21/EU)
zur Vermeidung von Überkompensationen bei der Gewährung von Ausgleichszahlungen
an bestimmte Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen
von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind

Gem. RdErl. d. Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk
u. d. Ministeriums für Inneres und Kommunales - 35-49.02.01-75.8-1266/14
v. 20.1.2014

1.
Allgemeines

Gemäß Artikel 107 Absatz 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sind vorbehaltlich abweichender Bestimmungen der Europäischen Verträge „staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich weder Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen“.

Ziel der europäischen Beihilfenkontrolle ist es, faire Wettbewerbsbedingungen im Europäischen Binnenmarkt sicherzustellen. Dabei ist ein sachgerechter Ausgleich mit den im europäischen Recht anerkannten Befugnissen der Mitgliedstaaten herbeizuführen. Zu diesen Befugnissen der Mitgliedstaaten und ihrer regionalen und lokalen Untergliederungen gehört es, Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse im Einklang mit den Europäischen Verträgen zur Verfügung zu stellen, in Auftrag zu geben, zu organisieren und zu finanzieren. In diesem Kontext ist auf die Artikel 14, 93, 106 und 107 AEUV sowie auf das Protokoll (Nr. 26) über Dienste von allgemeinem Interesse zu verweisen. Der in den europäischen Rechtstexten gebrauchte Terminus der „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ ist zwar nicht identisch mit dem deutschen Rechtsbegriff der „Daseinsvorsorge“ erfasst aber weitgehend die Daseinsvorsorgetätigkeiten.

Die Rechtsprechung des EuGH (Rechtssache Altmark vom 24.07.2003 - RS. C-280/00) und der Beschluss der Kommission vom 20. Dezember 2011 (2012/21/EU; sog. Freistellungsbeschluss) erfordern es, dass die Kommunen ihre Beziehungen zu allen Empfängern von Ausgleichszahlungen auf die Vereinbarkeit mit dem europäischen Beihilferecht überprüfen und, soweit notwendig, Anpassungen vornehmen.

Der Freistellungsbeschluss ist ein Bestandteil des vierteiligen sog. „Almunia-Pakets“. Im Rahmen einer Evaluierung und Novellierung des europäischen Beihilferechts ersetzt das „Almunia-Paket“ die zuvor geltenden Regelungen des sog. „Monti-Pakets“. Für diesen Erlass und für den kommunalen Raum ist dabei der auch als Freistellungsbeschluss bezeichnete „Beschluss der Kommission vom 20. Dezember 2011 über die Anwendung von Artikel 106 Absatz 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind“ (ABl. EU vom 11.01.2012; Nr. L 7/3; in Kraft getreten am 31.01.2012) von besonderer Bedeutung. Der Freistellungsbeschluss ersetzt die Freistellungsentscheidung des „Monti-Pakets“.

Nach den einschlägigen Vorgaben des EuGH und des Freistellungsbeschlusses müssen Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse erbringen, nach Artikel 4 des Freistellungsbeschlusses mit der Erbringung dieser Dienstleistung betraut werden (Betrauungsakt). Bei neuen Betrauungen unter der Geltung des „Almunia-Pakets“ darf die Betrauung, außer in den Fällen, in denen eine erhebliche Investition des Dienstleistungserbringers erforderlich ist, gemäß Art. 2 Absatz 2 des Freistellungsbeschlusses einen Zeitraum von zehn Jahren nicht übersteigen. Nach dem Freistellungsbeschluss sind im Betrauungsakt u.a. die Parameter, anhand derer der Ausgleich berechnet wird, festzulegen und durch regelmäßige Kontrollen Überkompensationen zu vermeiden. Diese Verpflichtung bezieht sich auf Unternehmen im Sinne des europäischen Beihilferechts, zu denen nicht nur die in einer Rechtsform des privaten Rechts geführten Betriebe, sondern auch die in einer Rechtsform des öffentlichen Rechts geführten Betriebe (Eigenbetriebe, Regiebetriebe, eigenbetriebsähnliche Einrichtungen, Anstalten nach § 114 a der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen - GO NRW - und gemeinsame Kommunalunternehmen nach §§ 27 f. des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit) gehören, soweit sie am Markt tätig sind.

Eine Hilfestellung bei der praktischen Handhabung der Umsetzung des „Almunia-Pakets“ bietet eine Arbeitsunterlage der Kommission mit dem Titel „Leitfaden zur Anwendung der Vorschriften der Europäischen Union über staatliche Beihilfen, öffentliche Aufträge und den Binnenmarkt auf Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse und insbesondere auf Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse“ vom 29.04.2013 (SwD (2013) 53 final/2). Dieser Leitfaden gibt die rechtlich nicht bindende Auffassung der Kommission zu Fragestellungen im Zusammenhang mit der Umsetzung des „Almunia-Pakets“ wieder.

2.
Regelmäßige Kontrollen

Bei den regelmäßigen Kontrollen nach Artikel 6 des Freistellungsbeschlusses der Kommission vom 20. Dezember 2011 ist zu prüfen, ob eine unzulässige Ausgleichszahlung gewährt worden ist. Die im Rahmen der regelmäßigen Kontrollen zu treffende Entscheidung über die Zulässigkeit einer Ausgleichszahlung ist von der gewährenden und nicht von der empfangenden Stelle vorzunehmen. Für den kommunalen Bereich gelten die nachfolgenden Buchstaben a bis d:

a)
Die Gemeinden und Gemeindeverbände führen die regelmäßigen Kontrollen durch. Die örtliche Rechnungsprüfung gewährleistet bereits im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben eine Kontrolle im Sinne der Freistellungsentscheidung. Die örtliche Rechnungsprüfung kann sich gegebenenfalls fachlich geeigneter Stellen bedienen.

b)
Bei den Sondervermögen nach § 97 Absatz 1 Nummer 3 GO NRW können die regelmäßigen Kontrollen im Kontext mit der Jahresabschlussprüfung erfolgen. Führt die Jahresabschlussprüfung ein Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft durch, sind diese hinsichtlich der regelmäßigen Kontrollen gesondert zu beauftragen. Alternativ kann auch die örtliche Rechnungsprüfung der Gemeinde bzw. des Gemeindeverbandes mit der Durchführung der regelmäßigen Kontrollen betraut werden. Führt die Gemeindeprüfungsanstalt in Einzelfällen im Sinne des § 106 Absatz 2 Satz 2 GO NRW die Jahresabschlussprüfung mittels eines hierzu befähigten eigenen Prüfers durch, sollte die örtliche Rechnungsprüfung der Gemeinde bzw. des Gemeindeverbandes mit den regelmäßigen Kontrollen betraut werden.

c)
Bei den Anstalten öffentlichen Rechts nach § 114 a GO NRW und gemeinsamen Kommunalunternehmen nach §§ 27 f. des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit können die regelmäßigen Kontrollen im Kontext mit der Jahresabschlussprüfung erfolgen. Der mit der Jahresabschlussprüfung betraute Wirtschaftsprüfer oder die betraute Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sind hinsichtlich der regelmäßigen Kontrollen gesondert zu beauftragen. Alternativ können die zuständigen Organe der Anstalten auch die örtliche Rechnungsprüfung der kommunalen Träger der Anstalten im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger mit den regelmäßigen Kontrollen betrauen. Die Betrauung der örtlichen Rechnungsprüfung der kommunalen Träger mit den regelmäßigen Kontrollen kann auch durch die Anstaltssatzung vorgegeben werden.

d)
Bei Unternehmen und Einrichtungen der Gemeinden und der Gemeindeverbände in einer Rechtsform des privaten Rechts ist, soweit ein beherrschender Einfluss der kommunalen Beteiligten vorliegt, darauf hinzuwirken, dass im Kontext mit der Jahresabschlussprüfung ein Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit den regelmäßigen Kontrollen gesondert beauftragt wird. Alternativ kann auch darauf hingewirkt werden, dass im Rahmen der gesellschaftsvertraglichen oder satzungsrechtlichen Bestimmungen die örtlichen Rechnungsprüfungen der beteiligten Gemeinden bzw. Gemeindeverbände mit den regelmäßigen Kontrollen betraut werden.

Nach Artikel 2 Absatz 2 der Transparenzrichtlinie (Richtlinie 80/723/EWG) wird ein beherrschender Einfluss dann vermutet, wenn die Kommune unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzt oder über die Mehrheit der mit den Anteilen des Unternehmens verbundenen Stimmrechte verfügt oder mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen kann.

3.
Geltungsbereich und Geltungsdauer

Der Runderlass gilt für die Gemeinden und Gemeindeverbände des Landes  Nordrhein-Westfalen. Der Runderlass ersetzt den bisherigen Runderlass vom 30.05.2008 (MBl. NRW. S. 337).

4.
Inkrafttreten des Runderlasses

Der Runderlass tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.

MBl. NRW. 2014 S. 63.