Geltende Erlasse (SMBl. NRW.)  mit Stand vom 17.4.2024


Richtlinien für Abgrabungen RdErl. d. Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - I A 6 - 2.00.03- v. 1.1.1984

 

Richtlinien für Abgrabungen RdErl. d. Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - I A 6 - 2.00.03- v. 1.1.1984

Richtlinien für Abgrabungen
RdErl. d. Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
- I A 6 - 2.00.03- v. 1.1.1984

1
Grundsätze

Bei der Aufstellung und Ausgestaltung der Planunterlagen ist zur Ermöglichung einer zügigen Prüfung der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens insbesondere unter Gesichtspunkten des Natur- und Landschaftsschutzes von folgenden Grundsätzen auszugehen:
1.1
Die oberirdische Gewinnung von Bodenschätzen gilt stets als Eingriff in Natur und Landschaft (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 des Landschaftsgesetzes (LG) vom 26. Juni 1980 (GV. NRW. S. 734) in der jeweils geltenden Fassung). Die mit der Abgrabung unvermeidbar verbundenen Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft sind auszugleichen (§ 4 Abs. 4 LG).

Wenn die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft im Rang vorgehen und die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in erforderlichem Maße auszugleichen sind, so muss die Abgrabung versagt werden (§ 4 Abs. 5 LG). Wenn die mit dem Eingriff verfolgten Belange denen des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Rang vorgehen und der Eingriff nicht ausgleichbar ist, so können statt der nicht möglichen Ausgleichsmaßnahmen gem. § 5 LG Ersatzmaßnahmen gefordert werden.
1.2
Bei der Inanspruchnahme von Flächen für die oberirdische Gewinnung von Bodenschätzen sind die im Gesetz zur Landesentwicklung (Landesentwicklungsprogramm - LEPro) vom 5. Oktober 1989 (GV. NRW. S. 485/SGV. NRW. 230) enthaltenen Grundsätze und allgemeinen Ziele der Raumordnung und Landesplanung (insbesondere §§ 18, 25 Abs. 4, 32 Abs. 3 LEPro) zu berücksichtigen bzw. zu beachten.
1.3
Die nach dem Gesetz zur Ordnung von Abgrabungen (Abgrabungsgesetz - AbgrG) vom 23. November 1979 (GV. NRW. S. 922) in der jeweils geltenden Fassung, vorgeschriebene Herrichtung des für Abgrabungen in Anspruch genommenen Geländes (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 AbgrG) bezieht sich nicht nur auf die Zielsetzung einer Wiedernutzbarmachung für wirtschaftliche Zwecke, sondern auch auf eine Ausgestaltung für den Naturschutz und die Landschaftspflege.

Bei der Behandlung von Anträgen auf Genehmigung von Abgrabungen sollen ökologische Belange und der Biotop- und Artenschutz besondere Beachtung finden. Abgrabungen haben daher in verstärktem Maße auch in der Folgenutzung Zwecken des Naturschutzes zu dienen.
1.4
Abgrabungen können sich zu wertvollen Sekundärlebensräumen entwickeln, wenn sie in geeigneter Weise angelegt und vor Störungen durch konkurrierende Nutzungen bewahrt werden.
1.5
Im Hinblick auf die besondere Eignung von Abgrabungen als Sekundärlebensräume für Pflanzen und Tiere ist anzustreben, dass in jedem Regierungsbezirk mindestens 25 % aller noch zu genehmigenden Abgrabungen unter Ausschluss konkurrierender Nutzungen (z.B. Wassersport, Angeln, intensiver Erholungsverkehr u.ä.) dem Naturschutz zur Verfügung gestellt werden. Die Eignung der Abgrabung für den Naturschutz sollte bereits vor Erstellung der Planunterlagen mit der Bezirksregierung erörtert werden.
1.6
Sofern eine Abgrabungsfläche ausschließlich dem Naturschutz zur Verfügung gestellt werden soll, ist bei der Abfassung des Abbau- und des Herrichtungsplans darauf zu achten, dass unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange das Gebiet möglichst früh förmlich unter Naturschutz gestellt werden kann.

2
Abgrabungsplan

Der Abgrabungsplan sollte in der Regel aus vier Planteilen bestehen:
- der Übersichtskarte,
- dem Lageplan,
- dem Abbauplan und
- dem Herrichtungsplan.

Lageplan und Abbauplan können eine Einheit bilden.2.1
Übersichtskarte

Lage und Umgebung des Abbaubereiches im Umkreis von 2 km sind in einer Karte mit Maßstab 1:25 000 (Topographische Karten des Landesvermessungsamtes NRW) darzustellen. Diese Übersichtskarte sollte möglichst folgende Einzelheiten enthalten:

Zuwegung des Abbaubereiches, etwaige Wasserschutzzonen, Erholungsgebiete, Natur- und Landschaftsschutzgebiete, Wald, Flugplatz, Bebauung, Leitungen von überörtlicher Bedeutung, vorhandene Abgrabungen.
2.2
Der Lageplan

Der Lageplan im Maßstab 1:5 000 (Deutsche Grundkarte des Landesvermessungsamtes NRW) oder größer sollte insbesondere folgende Darstellungen im Planteil oder Aussagen im Erläuterungsteil enthalten:
2.2.1
die Lage und Umgebung des engeren Abbaubereiches, mindestens im Umkreis von 500 m,
2.2.2
die genaue Flächenbegrenzung der Abgrabung,
2.2.3
die katasteramtliche Bezeichnung der Flurstücke,
2.2.4
die Eigentums- und Besitzverhältnisse und die dinglichen Rechte mit Ausnahme der Grundpfandrechte,
2.2.5
die natürlichen Gegebenheiten des Abbaubereiches und der benachbarten Flächen mindestens im Umkreis von 500 m, insbesondere Höhenlinien oder -punkte, allgemeine Angaben über die Bodenverhältnisse, den Gehölzbestand sowie Angaben über den Grundwasserstand (Schwankungsbereich), bezogen auf NN und unter Flur (Ortsangabe und Messdatum), Angaben über die vorhandene Vegetation sowie Vorkommen gefährdeter Tier- und Pflanzenarten im Sinne der Roten Liste NRW. Insbesondere ist darzustellen, ob durch die Abgrabung ein schutzwürdiger Biotop zerstört oder beeinträchtigt wird.
2.2.6
die derzeitigen Nutzungen, insbesondere Bebauung, Verkehrsanlagen, land und forstwirtschaftliche Nutzungen, Leitungen sowie bestehende oder abgeschlossene Abgrabungen,
2.2.7
die Nutzungsbeschränkungen, die für den Abbaubereich gelten, z.B. wegen seiner Lage zu einem Naturschutz- oder in einem Landschaftsschutz-, Wasserschutz- oder gesetzlichen Überschwemmungsgebiet,
2.2.8
Angaben über die Lage in einem Naturpark oder in schutzwürdigen Biotopen (insbesondere aufgrund einer projektbezogenen erteilten Auskunft aus dem Biotopkataster der Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten NRW - LÖBF -) sowie Angaben über Natur- und besondere Kulturdenkmale im Abbaubereich,
2.2.9
Lage von Schürfen und Bohrungen mit Schichtenverzeichnis, soweit solche Untersuchungen vorgenommen wurden.
2.3
Der Abbauplan

Der Abbauplan, der in einem geeigneten Maßstab von 1:5 000 bis 1:1 000 darzustellen ist, soll in Karte und Text insbesondere enthalten:
2.3.1
den voraussichtlichen zeitlichen und räumlichen Verlauf der Abgrabung und ggf. ihre Einteilung in Abschnitte,
2.3.2
Längs- und Querschnitte möglichst mit Angaben über Schichtenaufbau, Wasserverhältnisse (Schicht- und Grundwasser), Böschungsneigungen und zu schützende Objekte in Böschungsnähe (z.B. Verkehrsanlagen, Leitungen, Wasserläufe, Deiche, Bebauung, Natur- und Kulturdenkmäler usw.) in geeignetem Maßstab (1:500 bis 1:1 000),
2.3.3
Art, geschätzte Menge sowie voraussichtliche Verwendung des anfallenden Materials (Angaben mit Zeitbezug), getrennt nach zu nutzendem Abbaumaterial, Mutterboden, kulturfähigem Boden und sonstigem Abraum sowie die voraussichtliche Abbautiefe,
2.3.4
die Ausweisung des Schutzstreifens (s. 2.3.1) und ggfs. bei trockenen Abgrabungen von Lockergestein des erforderlichen Streifens für die Herrichtung der endgültigen späteren Böschung entsprechend der geplanten Abbautiefe,
2.3.5
kurze Beschreibung der Art und Methode von Abbau- und ggfs. Aufbereitungsverfahren, auch im Hinblick auf die geplante Errichtung und den Betrieb von immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlagen sowie deren Emissionen und Immissionen durch Luftverunreinigungen, Geräusche und Erschütterungen,
2.3.6
Angaben über die ortsfesten Einrichtungen sowie die Transportwege und deren Belastung einschließlich des überschaubaren Einmündungsbereichs im öffentlichen Verkehrsnetz,
2.3.7
die Kennzeichnung der Flächen für dauernde und vorübergehende Ablagerung von Bodenschätzen, Mutterboden, ggfs. kulturfähigem Boden und sonstigem Abraum,
2.3.8
die abbaubedingten Veränderungen der Wege und Gewässer im Abbaubereich und dessen Umgebung,
2.3.9
die Versorgung und Entsorgung, Anlage von Absetz- und Schlammteichen sowie Angabe über Bergbauanlagen und Hohlräume,
2.3.10
Angaben über aktive oder passive Schutzmaßnahmen zur Abschirmung und Sicherung der Umgebung gegen abbaubedingte Störungen, z.B. durch Pflanzung und Erhaltung von Bäumen und Baumgruppen oder durch Geländerücken, sowie Angaben zur Sicherung des Abbaugebietes zur Umgebung (Schutzwall, Eingrünung, Zaun); darüber hinaus sind Angaben darüber zu machen, ob in einem Abstand von weniger als 500 m vom Rand der Abgrabung gelegene schutzwürdige Biotope, insbesondere die im Biotopkataster der LÖBF enthaltenen, durch die Abgrabung direkt oder indirekt (z.B. durch Grundwassersenkung) beeinträchtigt werden,
2.3.11
die Absichten einer späteren Erweiterung der Abgrabung.
2.4
Der Herrichtungsplan

Der Herrichtungsplan, der in einem geeigneten Maßstab von 1:5 000 bis 1:1 000 darzustellen ist, soll in Karte und Text insbesondere folgende Angaben enthalten:
2.4.1
die vorgesehenen Folgenutzungen des Abbaugebietes einschließlich der geplanten Erschließung,
2.4.2
die Gestaltung des Geländes nach dem Abbau, insbesondere die Ausformungen der Böschungen und Bermen, Ufer und Uferböschungen und Vorschüttungen, dargestellt im Grundriss und in Quer- und Längsschnitten mit Höhenangaben bezogen auf NN,
2.4.3
den voraussichtlichen zeitlichen und räumlichen Verlauf der Herrichtung und die Einteilung der Herrichtungsabschnitte entsprechend den Abschnitten des Abbaues,
2.4.4
die Art und Herkunft des Schüttmaterials, falls solches angefahren wird, ggfs. Nachweis der Verfügbarkeit zum Zeitpunkt der Herrichtung,
2.4.5
die vorgesehenen Maßnahmen zum Schutz hergerichteter Teilflächen vor abbaubedingten Störungen,
2.4.6
die Behandlung nicht mehr benötigter Betriebsanlagen nach Beendigung der Abgrabung,
2.4.7
die Verwendung und Behandlung von Mutterboden, kulturfähigem Boden und sonstigem Abraum sowie die nicht zu überdeckenden Flächen,
2.4.8
die vorgesehenen Maßnahmen zur Sicherung von Böschungen, Bermen und Ufern gegen Erosion, Deflation und verwitterungsbedingtes Abrutschen des Untergrundmaterials und des kulturfähigen Bodens (ggfs. sind Detailpläne dafür erforderlich),
2.4.9
die beabsichtigten Ansaat-, Pflanzungs-, Anspritz- und Aufforstungsmaßnahmen einschließlich der Bodenvorbereitungsmaßnahmen, bei größeren Pflanzungen mit Pflanzschema,
2.4.10
ggfs. die Flächenausweisung für vorübergehende Begrünungsmaßnahmen, wie Lärm- und Staubschutzpflanzungen und Eingrünung von Betriebseinrichtungen,
2.4.11
die geschätzten Kosten aller Herrichtungsmaßnahmen, aufgeschlüsselt nach Herrichtungsabschnitten und gegliedert in herrichtungsbedingte Kosten für Erdarbeiten, Kosten für die Beseitigung betriebsbedingter Anlagen und Kosten für die weiteren Herrichtungsmaßnahmen.


3
Empfehlung zur Gestaltung von Abgrabungsflächen
3.1
Herrichtung des Betriebs- und Abbaugeländes

Die Herrichtung des Betriebs- und Abbaugeländes umfasst die Wiedereingliederung in die umgebende Landschaft durch Gestaltung, Rekultivierung oder Renaturierung oder natürliche Sukzession. Ziel dieser Maßnahmen ist es, wieder eine landschaftsökologisch intakte Landschaftseinheit entstehen zu lassen und der neugestalteten Fläche eine konkrete Funktion zu geben.

Die rekultivierten Böden sollen eine der vorgesehenen Nutzung entsprechende, nachhaltige Leistungsfähigkeit aufweisen.
3.2
Behandlung des Mutterbodens und des kulturfähigen Bodenmaterials
3.2.1
Im Gesamtbereich des Abgrabungsgeländes ist der Mutterboden fachgerecht und getrennt abzuräumen, gesondert zu lagern und bis zur Wiederverwendung durch geeignete Begrünungsmaßnahmen zu schützen. Die Bestimmungen der DIN 18 300 Erdarbeiten sind dabei zu beachten.
3.2.2
Für die Rekultivierung wird in der Regel weiteres kulturfähiges Bodenmaterial benötigt, damit nach Abschluss der Abgrabung eine für das Pflanzenwachstum ausreichend mächtige Bodenschicht aufgetragen werden kann. Das kulturfähige Bodenmaterial ist - soweit verfügbar und für die spätere Bodennutzung erforderlich - getrennt von den sonstigen Abraumschichten abzuräumen und gesondert zu lagern.
3.2.3
Mutterboden darf durch die Bearbeitung - besonders mit Maschinen - nicht verschmiert werden. Bei sehr nassem Boden, vor allem bei anhaltendem Regen, sollen Mutterbodenarbeiten vermieden werden.
3.2.4
Mutterboden darf durch Beimengungen von Unrat - z.B. Trümmern, Baurückständen, Metallen, Glas, Scherben, Öl, chemischen Stoffen, Schlacken, Asche oder schwer zersetzbaren Pflanzenresten, nicht verschlechtert werden.
3.2.5
Mutterboden der nicht sofort verwendet wird, ist, soweit er zur Herrichtung erforderlich ist, in Mieten aufzusetzen. Die Oberfläche der Mieten ist leicht zu mulden.
3.3
Maßnahmen zur Oberflächengestaltung während und nach dem Abbau von Lockergestein
3.3.1
Etwa anzulegende Schutzstreifen sollen in geeigneter Form gestaltet und mit schwer durchdringlichen, einheimischen, bodenständigen Gehölzen (Schlehe, Weißdorn, Wildrosen, Brombeeren u.ä.) bepflanzt werden.
3.3.2
Ausbildung des Abbaugebietes

Die Grenzlinien zwischen Land und Wasser sowie zwischen Flach- und Tiefwasserzonen sollen - z.B. durch die Anlage von Buchten oder Halbinseln - möglichst vielgestaltig strukturiert sein. Entstehen nach dem Abbau große Wasserflächen, so ist die Anlage von Inseln in Betracht zu ziehen. Bei den Inseln empfiehlt es sich, neben den Flachuferbereichen einen Steiluferabschnitt vorzugsweise an der windabgewandten Seite (meist am Nordostufer) anzulegen. Bei der Ufergestaltung und Inselanlage sind in erster Linie nicht verwertbare Abbaumassen zu verwenden. Für die Anlage von Inseln sollen verstärkt im Bereich der Abgrabung gelegene, im Eigentum der öffentlichen Hand stehende Flurstücke genutzt werden.

Die Ausformung der Abgrabung hat die Folgenutzung zu berücksichtigen.

Die Böschungsköpfe sind abzurunden; Böschungsfüße sind in der Regel flach auszuziehen. In den für Zwecke des Naturschutzes vorgesehenen Abgrabungen können auch andere Formen in Betracht kommen (vgl. 3.5.1). Ufer sind im Wellenschlagbereich zu sichern. Bei gleichbleibendem Wasserstand soll dies durch Lebendverbau mit Erlen und Weiden oder vorgelagerten Grobkiesbänken als "Wellenbrecher" erfolgen. Im Randbereich von Naßabgrabungen sollen außerhalb des Abgrabungssees insbesondere zur Förderung von Amphibien und Wasserinsekten in geeigneter Weise gestaltete Kleingewässer angelegt werden.
3.3.3
Abbautiefe
3.3.3.1
Soll kein Grundwasser freigelegt werden, so darf der Abbau zur Vermeidung von Vernässung in der Regel nicht weiter als 2 m über dem mittleren Grundwasserspiegel reichen.
3.3.3.2
Ist nach dem Abbau die Anlage eines Gewässers geplant, das der Erholung oder der Fischerei dienen soll, so ist die Abgrabung im Mittel bis mindestens 4 m unterhalb des Grundwasserspiegels zu führen.
3.3.3.3
In Einzelfällen kann in festgelegten Bereichen eine andere Wassertiefe zugelassen werden; das gilt vor allem, wenn die Anlage von möglichst naturnahen Verlandungs- und Sumpfflächen vorgesehen ist.
3.3.3.4
Bei einer geplanten fischereilichen Nutzung der Gewässer oder an Gewässern, die dem Naturschutz dienen sollen, sind nach Möglichkeit in Teilbereichen auch größere, flach ausgemuldete Wasserflächen anzulegen, um vielgestaltige Lebensräume zu schaffen.

Den Gegebenheiten entsprechend soll die Schaffung von ausgedehnten, bis 2 m tiefen Flachwasserzonen mit möglichst flacher Uferneigung (etwa 1:10) angestrebt werden, um die Entwicklung einer Röhrichtzone zu ermöglichen. Sofern möglich sollte in den über 3 m tiefen Zonen nicht wirtschaftlich verwertbares inertes Material (z.B. Überkorn) so abgekippt werden, dass eine Vertikalstrukturierung des Untergrundes entsteht.
3.3.3.5
In der Wasserwechselzone von Sand- und Kiesabgrabungen sollen nach Möglichkeit schwachgeneigte Flächen (Böschungsneigung 1:10 oder flacher) als Nahrungs- und Rastplätze insbesondere für Watvögel geschaffen werden. Hier muss jegliche Bepflanzung unterbleiben.
3.3.4
Abbausohle

Die beim Abbau von Lockergestein im Überwasserbereich verbleibenden Sohlen sind gleichmäßig einzuebnen. Bei terrassenförmigen Abgrabungen an Hängen mit einseitigem Hangabschluss ist der Sohle ein leichtes Gefälle gegen den Hang zu geben. Bei der Folgenutzung "Naturschutz" kann die Sohle ungleichmäßig geformt sein und der natürlichen Entwicklung überlassen werden.
3.4
Maßnahmen zur Oberflächengestaltung während und nach dem Abbau von Festgestein
3.4.1
Hangschulter

Soweit am oberen Steinbruchrand aus dem Abraumanschnitt größere Böschungen im gewachsenen Lockerboden entstehen, sind sie auf eine begrünungsfähige und gleichzeitig standsichere Endneigung abzuschrägen.

Zwischen dem Böschungsfuß und der Steinbruchoberkante sollte eine mindestens 3 m breite Berme verbleiben.

Ergeben sich aus dem Abraumanschnitt keine oder nur geringfügige Böschungen für Rand-/ Abschirmpflanzungen, dann ist an geeigneten Stellen auf der Böschungsoberkante die Anlage von Pflanzstreifen anzustreben.

Die Schutz- und Grüngürtelfunktion kann auch von umgebenden Abraumhalden übernommen werden, soweit deren Anlegung aus gewinnungstechnischen Gründen neben der Lagerstätte erforderlich ist.
3.4.2
Steinbruchwände und Bermen

Steinbruchwände und Bermen sollen in der Regel der natürlichen Entwicklung überlassen werden.
3.4.3
Steinbruchsohlen
3.4.3.1
Folgenutzung

Unregelmäßige Steinbruchsohlen sind in der Regel der natürlichen Entwicklung zu überlassen.
3.4.3.2
Renaturierung

Bei der Herrichtung für Naturschutzzwecke sind unregelmäßige Steinbruchsohlen in der Regel zu erhalten.

Falls die örtlichen Gegebenheiten es zulassen und erfordern, sollen einzelne Kleingewässer angelegt und an zurückbleibenden größeren Wasserflächen Ufer- und Randgestaltungen angestrebt werden.
3.5
Böschungen
3.5.1
Böschungen sind standsicher - gegebenenfalls unter Beachtung des Massenausgleichs - vielgestaltig anzulegen. Die Böschungsgestaltung über Wasser richtet sich nach der späteren Nutzung bzw. Naturschutzzielen. Im übrigen wird auf DIN 18 918 verwiesen.

Zur Wahrung der Standsicherheit soll die Uferneigung in der Wasserwechselzone durch Modellierung in gewachsenem Boden nicht steiler als 1:5 und in den tieferen Bereichen nicht steiler als 1:3 sein. Soweit Abgrabungen (auch in Teilbereichen) Zwecken des Naturschutzes vorbehalten bleiben, können im Einzelfall Steilwände (z.B. als Brutplatz für Uferschwalbe und Eisvogel) erwünscht sein.
3.5.2
An Naßabgrabungen, die ausschließlich oder in Teilbereichen dem Naturschutz vorbehalten sind, sollten nach Möglichkeit alle Störungen ferngehalten werden.
3.6
Bodenabdeckung

Die Bodenabdeckung des Abgrabungsbereichs ist nicht überall erforderlich. Die Flächen, die für Anpflanzungen sowie land- und forstwirtschaftliche Nutzung vorgesehen sind, sollten mit Mutterboden oder kulturfähigem Boden abgedeckt werden. Der Unterboden ist - soweit möglich - vorher aufzulockern.

In Abgrabungen, die ausschließlich oder auf Teilflächen Zwecken des Naturschutzes vorbehalten sind, kann entsprechend dem Entwicklungsziel auf eine Abdeckung mit kulturfähigem Boden verzichtet werden. Insbesondere feuchte, über einem stauenden Horizont gelegene sandige Böden sowie trockenwarme Standorte sind der natürlichen Entwicklung zu überlassen.
3.6.1
Vor dem Aufbringen des kulturfähigen Bodenmaterials und des Mutterbodens ist darauf zu achten, dass die Unterlage (Grubensohle, aufgeschütteter Abraum oder Fremdmaterial) aus genügend wasserdurchlässigem Material besteht oder eine Ableitung des überschüssigen Wassers auf andere Weise gewährleistet wird. Verdichtungen in der obersten Schicht der Unterlage sind - soweit möglich - vor dem Bodenauftrag durch Auflockerung zu beseitigen. Auf den Flächen für den Naturschutz sind Verdichtungen des Unterbodens in der Regel erwünscht. Sie sollten deshalb nach Möglichkeit nicht aufgelockert werden.
3.6.2
Art und Mächtigkeit der aufzubringenden Bodendecke sind abhängig von der Menge und Eignung des verfügbaren Bodenmaterials, der vorgesehenen Nutzung und der Beschaffenheit des Untergrundes. Die Mächtigkeit der für das Pflanzenwachstum zur Verfügung stehenden, durchwurzelbaren Bodenschicht (Mutterboden und kulturfähiges Bodenmaterial) sollte bei land- und forstwirtschaftlicher Rekultivierung möglichst 1 m betragen.
3.6.3
Auf Steinbruchsohlen, für die kulturfähiges Bodenmaterial und Mutterboden zur Gesamtabdeckung nicht zur Verfügung stehen, können diese auch stellenweise aufgetragen werden.
3.6.4
Zur Vermeidung von Bodenverdichtungen sollen die Rekultivierungsarbeiten für land- und forstwirtschaftliche Zwecke möglichst nur bei ausreichend abgetrocknetem Bodenzustand ausgeführt werden, um einen günstigen Wasser- und Lufthaushalt in dem aufgetragenen Neuboden zu ermöglichen.
3.7
Begrünung

Im allgemeinen sind bei der Begrünung die folgenden Grundregeln zu beachten:
3.7.1
Bei Abgrabungen, für die zumindest in Teilbereichen eine Naturschutz-Zielsetzung verfolgt wird, sollte berücksichtigt werden:
3.7.1.1
Eine Bepflanzung ist nur dort vorzunehmen, wo sie funktionell notwendig ist (z.B. Ufersicherung durch Weiden und Erlen, Sichtschutz, Vogelschutzgehölz) oder eine gewünschte Entwicklung beschleunigen soll. Es ist stets bodenständiges Pflanzgut zu verwenden. Der freie Anflug der Wasser- und Watvögel soll nicht durch Gehölzanpflanzungen behindert werden.
3.7.1.2
In Gewässern, die vorrangig Wasservögeln, Amphibien und Wasserinsekten einen geeigneten Lebensraum bieten sollen, empfiehlt es sich, durch punktuelle Initialpflanzungen mit heimischen Pflanzen die Vegetationsentwicklung - und damit die Tierbesiedlung - zu beschleunigen.
3.7.1.3
Eine Bepflanzung sollte nicht in nährstoffarmen Gewässern durchgeführt werden. Diese sind sich selbst zu überlassen.
3.7.1.4
In ruhig liegenden Bereichen sollten nicht zu begrünende Kies- und Sandflächen mit einer Neigung kleiner als 1:10, in einer Größe von mindestens 0,4 ha angelegt werden.
3.7.2
Die zu begrünenden Herrichtungsflächen sind unverzüglich nach der Bodenabdeckung durch Deckeinsaaten (Gras, Klee, Leguminosen) zu begrünen bzw. in Kultur zu nehmen. Pflanzflächen sind in der Regel in der nächsten Pflanzzeit zu bepflanzen. Bei flächigen Anpflanzungen sind Art und Dichte in einem Pflanzschema darzustellen. Die Zwecken das Naturschutzes zur Verfügung stehenden Flächen sollen grundsätzlich nicht angesät werden.
3.7.3
Bodenvorbereitung und Begrünung sollen entsprechend dem Fortschritt der Vegetationsperiode aufeinander abgestimmt werden.
3.7.4
Im Schwankungsbereich des Grundwassers - im allgemeinen 2 m über und unter dem mittleren Wasserspiegel - sollen geeignete Maßnahmen zur Schaffung einer Verlandungszone (z.B. Röhrichtzonen, Seggen) getroffen werden.
3.7.5
Wird durch die Abgrabung ein geschlossener Waldbestand aufgerissen, so soll für die Anlage eines Waldmantels gesorgt werden.
3.8
Pflege

Die Wirkung dauerhafter Begrünung und landschaftlicher Wiedereingliederung des Abbau- und Betriebsgeländes hängt von ausreichender Pflege während der Anwachszeit ab; in der Regel ist eine Pflegezeit von mindestens 3 Jahren erforderlich.

4
In-Kraft-Treten

Diese Richtlinien treten mit Wirkung von 1. Januar 1984 in Kraft.

MBl. NRW. 1984 S. 63, geändert durch RdErl. v. 8.3.1990 (MBl. NRW. 1990 S. 398).