Geltende Erlasse (SMBl. NRW.)  mit Stand vom 17.4.2024


Wasserwirtschaftliche Anforderungen an Anlagen zum Lagern und Abfüllen von Jauche, Gülle und Silagesickersäften RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft IV B 4 – 220-5v. 8.8.1996

 

Wasserwirtschaftliche Anforderungen an Anlagen zum Lagern und Abfüllen von Jauche, Gülle und Silagesickersäften RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft IV B 4 – 220-5v. 8.8.1996

Wasserwirtschaftliche Anforderungen an Anlagen zum
Lagern und Abfüllen von Jauche, Gülle und Silagesickersäften

RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft
IV B 4 – 220-5v. 8.8.1996

Mit RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes NRW v. 27.1.1995 Az.: IV B 4-200-5 (SMB1. NRW. 770) wurden die wasserwirtschaftlichen Anforderungen an Anlagen zum Lagern und Abfüllen von Jauche, Gülle und Silagesickersäften eingeführt. Im Erlass wurde u.a. deutlich gemacht, dass die Verantwortung für den ordnungsgemäßen Betrieb sowie die Feststellung der dauernden Dichtigkeit der Anlage allein dem Betreiber obliegt.

Um die generellen Vorgaben für die Überwachung der genannten Anlagen aufzuzeigen, wurde innerhalb der nordrhein-westfälischen Wasserwirtschafts- und Landwirtschaftsverwaltung das nachfolgende „Merkblatt zur Überwachung von Anlagen zum Lagern und Abfüllen von Jauche, Gülle und Silagesickersäften" erarbeitet. Es soll den Betreibern, Wasserbehörden und landwirtschaftlichen Beratungsstellen aufzeigen, welche entsprechenden Prüf- und Wartungsarbeiten zur Gewährleistung der dauernden Dichtheit derartiger Anlagen durchzuführen sind.

Merkblatt zur Überwachung von Anlagen
zum Lagern und Abfüllen von Jauche, Gülle und Silagesickersäften

Allgemeine Rechtsgrundlagen

Nach den §§ 26 und 34 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 19. August 2002 (BGBl. I S. 3246) dürfen Stoffe nur so gelagert oder abgelagert werden, dass eine Verunreinigung des Grund- und Oberflächenwassers nicht zu besorgen ist.

Anlagen zum Lagern und Abfüllen von Jauche, Gülle und Silagesickersäften müssen nach §19 g Abs. 3 WHG so beschaffen sein und so eingebaut, aufgestellt, unterhalten und betrieben werden, dass der bestmögliche Schutz der Gewässer erreicht wird. Sie müssen mindestens entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik beschaffen sein sowie eingebaut, aufgestellt, unterhalten und betrieben werden.

Durch RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes NRW v. 27. 1. 1995 (SMBl. NRW. 770) wurden die DIN 11622 „Gärfuttersilos und Güllebehälter" als allgemein anerkannte Regeln der Technik i. S. des § 19g Abs. 3 WHG für den Bau und Betrieb, sowie zusätzliche wasserwirtschaftliche Anforderungen an Anlagen zum Lagern und Abfüllen von Jauche, Gülle und Silagesickersäften eingeführt.

Nach § 19g Abs. 6 WHG sowie des § 1 der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe v. 12. August 1993 (GV. NRW. S. 676), zuletzt geändert durch Verordnung vom 20. August 1999 (GV. NRW. S. 558), - SGV. NRW. 77 -, unterliegen derartige Anlagen weder der wasserrechtlichen Eignungsfeststellung noch der wiederkehrenden Prüfpflicht durch Sachverständige.

Die Verantwortung für den ordnungsgemäßen Betrieb sowie die Feststellung der dauernden Dichtigkeit der Anlagen obliegt allein dem Betreiber (Landwirt). Auf die Haftung des Betreibers wird hingewiesen.

Das Recht der zuständigen Behörden zur Überwachung und Kontrolle der Anlagen im Rahmen der Gewässeraufsicht nach § 116 Landeswassergesetz (LWG) vom 25. Juni 1995, zuletzt geändert am 25. September 2001 (GV. NRW. S. 734 / SGV. NRW. 77) und § 52 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 26. September 2002 (BGBl. I S. 3830) bleiben hiervon unberührt.

Geschlossene Behälter und Gruben mit einem Fassungsvermögen bis 50 m³ sind baugenehmigungsfrei. Sie müssen jedoch den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen. In Wasserschutzgebieten sind ferner die Anforderungen der jeweiligen Schutzgebietsverordnungen zu beachten.

Lagerbehälter mit mehr als 50 m³ Fassungsvermögen sowie offene Behälter für Jauche und Flüssigmist, unabhängig von ihrer Größe, bedürfen einer Baugenehmigung nach der Landesbauordnung. Bei der baurechtlichen Genehmigung werden die wasserwirtschaftlichen Belange mit berücksichtigt.

Nach DIN 11622 Teil 1 muss die ordnungsgemäße Ausführung aller Arbeiten, einschließlich der Eigenleistungen, durch einen fachkundigen Bauleiter *1) überwacht werden.

Überwachung, Kontrolle und Prüfung

Für die Überwachung der Anlagen sowie Kontrollen und Prüfungen sollen nach Abschluss der Baumaßnahme folgende Unterlagen aufbewahrt werden:
- Bei genehmigungspflichtigen Anlagen: Genehmigungsbescheid einschl. aller Bauantragsunterlagen.
- Abnahmebescheinigungen und anlagetechnische Unterlagen.
- Bei nicht genehmigungspflichtigen Anlagen: Bau- und anlagetechnische Unterlagen.
- Bescheinigung des fachkundigen Bauleiters über die Dichtigkeitsprüfung nach DIN 11622.
- Betriebsanleitung für Behälter und technische Einrichtungen gem. DIN 11622.

Während des Betriebes ist der ordnungsgemäße Zustand der Anlagen vom Betreiber sicherzustellen. Dabei ist insbesondere auf Undichtigkeiten zu achten und der Füllstand des Behälters zu beobachten. Um ein Überlaufen der Behälter zu vermeiden, ist bei offenen Behältern zur Aufnahme von anfallendem Niederschlagswasser ein Freibord von mindestens 20 cm bis zum oberen Behälterrand einzuhalten.

Darüber hinaus hat der Betreiber die Anlagen mindestens einmal jährlich einer gründlichen Sichtkontrolle zu unterziehen und deren Durchführung mit Tag und Datum schriftlich festzuhalten. Die schriftlichen Aufzeichnungen dienen dem Betreiber bei behördlichen Kontrollen und bei Schadensfällen als Nachweis, dass er seinen ihm in Eigenverantwortung obliegenden Pflichten zur Überwachung der Anlagen nachgekommen ist. Deshalb wird empfohlen, diese Aufzeichnungen für die Dauer des Betriebes der Anlage aufzubewahren. Da der Betreiber grundsätzlich für Schäden haftet, sollte er für einen ausreichenden Versicherungsschutz sorgen.

Die Sichtkontrolle sollte bei vollgefülltem Behälter durchgeführt werden.

Eine weitere Überprüfung sollte möglichst bei leerem Behälter erfolgen. Dies setzt voraus, dass beim Entleeren eine ordnungsgemäße Verwertung des Behälterinhaltes möglich ist.

Auf folgende Punkte ist besonders zu achten:
- Funktion und Dichtigkeit der Schieber, Verschlüsse, Ventile und Rohrleitungen.
- Einhaltung der Wartungsarbeiten gem. den Betriebsanleitungen der Hersteller.
- Risse, Abplatzungen, Korrosions- und Fäulnisschäden.
- Zustand der Fugenabdichtungen, Spannringe usw.
- Zustand der Abfüllplätze und Schächte.
- Entnahme von Wasserproben aus der Kontrolldrainage und Prüfung hinsichtlich Verfärbungen und Geruch.

Die bei der Prüfung festgestellten Mängel sind baldmöglichst - bei Gefahr im Verzug umgehend - zu beseitigen.

Nachrüstung vorhandener Anlagen

Anlagen, die den heutigen Sicherheitsanforderungen nicht entsprechen, sind baldmöglichst - bei Gefahr im Verzug umgehend - nachzurüsten. Dazu gehört insbesondere:
- Alle mit Gülle gefüllten Leitungen, die zu einem unbeabsichtigten Auslaufen des Behälterinhaltes führen können, müssen mit doppelten Sicherheitseinrichtungen (Schieber, Verschlussklappen, Ventile) versehen sein. Mindestens eine der Sicherheitseinrichtungen ist gegen Betätigung durch Unbefugte zu sichern.
- Die Befüllung und Entnahme der Gülle über den Behälterrand gilt als bevorzugte Lösung (s. RdErl.
V. 27. 1. 1995 ‑ SMBI. NRW. 770 ‑). Bei erdverlegten Leitungen sollten die Schieber in Kontrollschächten verlegt sein. Das Gestänge der Schieber ist mindestens bis zum Geländeniveau hochzuführen *2).
- Alle mit Gülle gefüllten Leitungen müssen bei Frostgefahr entleert werden oder frostfrei verlegt sein.
- Alle Leitungen und Schieber sind im Fahrbereich gegen Anfahren zu sichern.

Bei seitlichem Behälteranschluss sollte eine Absperrmöglichkeit innen oder außen unmittelbar an der Behälterwand vorgesehen werden.

Bei Anschluss im Behälterboden ist eine Absperrmöglichkeit des Bodenablaufes vorzusehen.

Weitergehende Dichtigkeitskontrollen

Sollte die Sichtkontrolle der Anlagen einen Verdacht auf Undichtigkeiten in nicht einsehbaren Bereichen ergeben, sind weitergehende Dichtigkeitsprüfungen erforderlich. Größere Undichtigkeiten können u. U. durch eine Füllstandskontrolle erkannt werden. Besteht die Möglichkeit, den Zulauf zum Behälter für mindestens 2 Tage abzusperren, lässt sich der Füllstand während dieser Zeit messen. Durch ein neben dem Behälter aufgestelltes Gefäß lassen sich dabei witterungsbedingte Füllstandsänderungen durch Verdunstung und Niederschlag berücksichtigen. Bei nicht absperrbarem Zulauf sollte der Füllstand über einen längeren Zeitraum unter Abschätzung der Zulaufmenge aufgrund von Erfahrungswerten beobachtet werden.

Ergibt die Füllstandskontrolle oder der bauliche Zustand der Behälter einen begründeten Verdacht auf Undichtigkeiten, ist die Untere Wasserbehörde zu benachrichtigen.

Für die Durchführung weiterer Kontrollen bieten sich folgende Möglichkeiten an:
- Vollständige Entleerung der Behälter und Prüfung des Bauzustandes von innen
*3).
- Entnahme von Bodenproben am Behälterrand in Höhe der Behältersohle und Überprüfung der Bodenproben.

- Freilegen der Behälterwände bis zum Wand-/Bodenabschluss. Die bei der Prüfung festgestellten Mängel sind baldmöglichst ‑ bei Gefahr im Verzug umgehend ‑ zu beseitigen.

Fachkundige Beratung beim Bau und der Unterhaltung von Anlagen zum Lagern und Abfüllen von Jauche, Gülle und Silagesickersäften bieten insbesondere die Bauberatungsstellen der Landwirtschaftskammern.

Unfälle beim Umgang mit Jauche, Gülle und Silagesickersäften, bei denen zu befürchten ist, dass diese Stoffe in ein Gewässer, in den Untergrund oder in die Kanalisation eindringen, sind dem zuständigen Ordnungsamt (§ 18 Abs. 3 LWG) unverzüglich zu melden.

*1) Fachkundiger Bauleiter kann der Unternehmer (Hersteller), Architekt oder Bauingenieur sowie ein von diesem beauftragter Vertreter sein. Aus Gewährleistungsgründen ist dringend zu empfehlen, die Aufgaben des „fachkundigen Bauleiters" schriftlich zu vereinbaren.

*2) Gegebenenfalls ist es zweckmäßig, die unteren Abgänge ordnungsgemäß abzudichten und die Leitungen über den Behälterrand zu führen. Erdverlegte Leitungen müssen zu Kontrollzwecken entleert werden können.

*3) Beim Einsteigen in die Behälter sind die Vorschriften der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft zu beachten; wegen der Vergiftungs- und Explosionsgefahr ist Vorsicht geboten.

MBl. NRW 1996 S. 1578