Geltende Erlasse (SMBl. NRW.)  mit Stand vom 17.4.2024


Verwaltungsvorschriften zur Tuberkulose-Verordnung RdErl. d. Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten –  I C 2 – 2180 – 4604 v. 24.5.1973

 

Verwaltungsvorschriften zur Tuberkulose-Verordnung RdErl. d. Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten –  I C 2 – 2180 – 4604 v. 24.5.1973

Verwaltungsvorschriften zur Tuberkulose-Verordnung
RdErl. d. Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten –
 I C 2 – 2180 – 4604

v. 24.5.1973

Bei der Durchführung der Tuberkulose-Verordnung ist folgendes zu beachten:

1
Zu § 1:

1.1
Als „Tuberkulose des Rindes“ im Sinne der Verordnung gilt nur die durch Mycobacterium bovis verursachte Tuberkulose (bovine Tuberkulose).

1.2
Zur Durchführung der klinischen, pathologisch-anatomischen und bakteriologischen Untersuchung sind die hierfür üblichen Verfahren anzuwenden. Zu den pathologisch-anatomischen Untersuchungsverfahren zählt auch die Fleischuntersuchung, nach den Vorschriften des Fleischbeschaugesetzes. Zum allergischen Untersuchungsverfahren wird auf die Anlage zur Verordnung sowie auf die Anlage zu diesen Verwaltungsvorschriften verwiesen.

1.3
Klinische Untersuchungsergebnisse, die nur auf Tuberkulose hinweisen, und Tuberkulinreaktionen im Sinne der Nummer 2.23 der Anlage zur Verordnung sind in der Regel mit Hilfe der vergleichenden Tuberkulinpobe abzuklären. Spricht deren Ergebnis dafür, dass eine Tuberkulose-Infektion vorliegt, sind Verfolgsuntersuchungen durchzuführen. In diese sind alle über sechs Wochen alten Rinder des betroffenen Bestandes, erforderlichenfalls auch andere empfängliche Tiere einzubeziehen.

1.4
Wird bei einem geschlachteten Rind durch die Fleischuntersuchung Tuberkulose festgestellt, ist der für den Herkunftsbestand des Tieres zuständigen Amtstierarzt hiervon zu unterrichten. Auf die §§ 9 und 10 des Tierseuchengesetzes wird hingewiesen.

1.5
In allen Fällen, in denen am geschlachteten Rind Tuberkulose festgestellt wird, ist soweit möglich, eine Typendifferenzierung durchzuführen.

2
Zu § 3:

2.1
In der Regel ist die Untersuchung der Rinder eines Bestandes auf die Durchführung der Tuberkulinprobe zu beschränken. Weitergehende Untersuchungen sind für einen Bestand anzuordnen, wenn sie nach dem Gutachten des Amtstierarztes erforderlich sind.

2.2
Anlass zu einer früheren Untersuchung besteht z.B., wenn bovine Tuberkulose bei einem geschlachteten Tier des Bestandes festgestellt worden ist.

2.3
Tuberkulin wird vom Regierungspräsidenten dem Veterinäramt zur Verfügung gestellt. Die erforderlichen Haushaltsmittel werden mit Kassenanschlag zugewiesen.

2.4
Bei den turnusmäßigen Untersuchungen (Wiederholungsuntersuchungen) kann die Hautdickenmessung bei der Ablesung der Reaktion entfallen, wenn durch Palpation der Injektionsstelle, bei der eine Hautfalte zu bilden ist, keine Schwellung festgestellt wird; die Hautdickenmessung vor der Injektion ist in jedem Fall erforderlich.

2.5
Eine Verlängerung des Untersuchungsabstandes von zwei auf drei Jahre darf nur mit meiner Zustimmung angeordnet werden.

3
Zu § 4:

3.1
Die Nachuntersuchung von Rindern mit zweifelhaften Tuberkulinreaktionen ist nach dem Anhang durchzuführen.

3.2
In einem Bestand, in dem tuberkulin-zweifelhaft reagierende Rinder festgestellt werden, sind in der Regel nur Maßnahmen für das jeweilige Rind, nicht aber für den Bestand anzuordnen.

3.3
Nach den bisherigen Erfahrungen klingen Tuberkulinreaktionen, die nicht auf einer bovinen Tuberkulose beruhen, im allgemeinen nach etwa vier bis acht Monaten – auch in der vergleichenden Tuberkulinprobe – ab. Bleiben in Einzelfällen solche Reaktionen über diesen Zeitraum hinaus bestehen, z.B. bei persistierenden Tuberkulinreaktionen mit erheblichen Mitreaktionen auf Rindertuberkulin, sollte von der Möglichkeit der Tötungsanordnung nach § 12 des Tierseuchengesetzes Gebrauch gemacht werden, um Gewissheit zu erlangen, ob Tuberkulose vorliegt.

3.4
Wird in einem Bestand eine Infektion mit Mycobacterium avium festgestellt, ist nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 der Verordnung zu verfahren; hierzu ist die Ursache der Infektion zu ermitteln. Der Besitzer ist ggf. unter Hinweis auf die nachteiligen Folgen für den Rinder- und Schweinebestand zur systematischen Bekämpfung der Tuberkulose beim Geflügel anzuhalten.

3.5
Treten in einem Bestand vermehrt Tuberkulinreaktionen auf, die in der vergleichenden Tuberkulinprobe nicht geklärt werden können, ist wie nach Nummer 3 zu verfahren.

4
Zu § 6:

4.1
Hinsichtlich der Anerkennung als tuberkulosefreier Bestand ist § 16 der Verordnung zu beachten.

4.2
Rinder, bei denen Tuberkulose oder Verdacht auf Tuberkulose festgestellt worden ist, sind stets im Stall abzusondern. Eine Absonderung ansteckungsverdächtiger Rinder auf der Weide ist – sofern eine Aufstallung nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten möglich ist – vertretbar, wenn die angrenzenden Weiden durch Klauentiere anderer Besitzer nicht beweidet werden oder die Art der Abgrenzung zu Weiden, auf denen sich Rinder oder Schweine anderer Besitzer befinden, eine Übertragung der Tuberkulose nicht befürchten lässt. Der Grenzabstand sollte mindestens 5 m betragen.

4.3
Die Genehmigung nach Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe b darf nur erteilt werden, wenn Rinder unmittelbar zum sofortigen Schlachten aus dem Bestand entfernt werden. Die Genehmigung ist mit der Auflage zu verbinden, dass unverzüglich Nachweise über die Schlachtung vorgelegt werden. Der Nachweis der Schlachtung hat durch amtliche Schlachtbescheinigung (Schlachthof, Fleischbeschautierarzt, Fleischbeschauer) zu erfolgen. In der Schlachtbescheinigung müssen der Herkunftsort des Tieres und die Kennzeichnung (Ohrmarke) angegeben sein.

4.4
Zur Desinfektion von Geräten und Personen vgl. zu § 8.

5
Zu § 7:

5.1
Die Tötung ist für jedes Rind, bei dem Tuberkulose festgestellt ist, anzuordnen; die Form der Tuberkulose (z.B. sogenannte Reaktionstuberkulose, Lungen-, Darm- oder Eutertuberkulose) ist dabei nicht maßgebend.

5.2
Für seuchenverdächtige, ggf. auch für ansteckungsverdächtige Rinder kann die Tötung angeordnet werden, wenn anzunehmen ist, dass dadurch die Gefahr einer Weiterverbreitung der Tuberkulose vermindert werden kann. Nummer 1.6 der Verwaltungsvorschriften für das Ausführungsgesetz zum Tierseuchengesetz (AVV-AGTierSG-NRW) vom 5.11.1987 (SMBl. NRW. 7831) ist zu beachten.

6
Zu § 8:

6.1
Die Reinigung und Desinfektion ist nach näherer Anweisung des beamteten Tierarztes durchzuführen.

6.2
Zur Desinfektion sind nur Mittel, die 2 % wirksames Formaldehyd enthalten oder die nach gutachtlichen Untersuchungen diesen Mitteln in ihrer Wirkung gegenüber Tuberkelbakterien entsprechen, zu verwenden. Ihre Anwendung hat unter Beachtung der vom Hersteller gegebenen Gebrauchsanweisung nach näherer Anweisung durch den Amtstierarzt zu erfolgen.

6.3
Flüssige Abgänge sind, soweit sie nicht mit zu Dung verwendet werden, durch Zusatz von dicker Kalkmilch (dicke Kalkmilch: Flüssigmist = 8:100) zu desinfizieren. Die eingebrachte dicke Kalkmilch ist durch intensives maschinelles Umrühren bzw. Umpumpen gut zu verteilen; die Einwirkungszeit muss mindestens 2 Tage betragen. Danach sind die Abgänge möglichst nur auf Ackerland auszubringen und einzuarbeiten.

7
Zu § 9:

7.1
Der Verdacht auf Tuberkulose hat sich als „unbegründet“ erwiesen (§ 9 Abs. 1),

7.1.1
wenn bei den verdächtigen Tieren eine klinische Untersuchung in Verbindung mit zwei Tuberkulinproben, die im Abstand von mindestens sechs Wochen durchgeführt worden sind, zu einem negativen Ergebnis geführt haben.

7.1.2
wenn bei der Zerlegung des Tierkörpers des verdächtigen Tieres, erforderlichenfalls durch bakteriologische und histologische Untersuchungen, das Vorliegen der Krankheit nicht bestätigt werden konnte. Auf Nummer 15.3.2 VV-AGTierSG-NW wird verwiesen.

7.2
Der Verdacht auf Tuberkulose gilt als „beseitigt“ (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe c), wenn nach Entfernung der seuchenverdächtigen Rinder aus dem Bestand die Untersuchungen nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe c ein negatives Ergebnis hatten.

8
Zu § 10:

8.1
In jedem nicht anerkannten Rinderbestand, in dem über das Vorkommen von Tuberkulose nichts bekannt ist, müssen die erforderlichen Maßnahmen zur Erreichung der amtlichen Anerkennung durchgeführt werden. Bei Neuaufbau eines Bestandes mit Rindern aus anerkannten Beständen gilt § 12 Nr. 2 der Verordnung

8.2
Ausnahmen von Absatz 1 hinsichtlich der zweiten Tuberkulinprobe können nur dann zugelassen werden, wenn die Tiere aus dem Bestand unmittelbar zur Schlachtung abgegeben werden. Nummer 3 Satz 2 zu § 6 gilt entsprechend.

9
Zu § 11:

9.1
Bestände mit Rindern unter zwei Jahren, in denen Rinder ausschließlich zur Mast gehalten werden und die außerdem nur aus amtlich anerkannten Beständen stammen, sind nach § 12 Nr. 2amtlich als tuberkulosefrei anzuerkennen, so dass sich eine Ausnahme von Nummer 1 für diese Rinder erübrigt. Für Rinder aus nicht anerkannten Beständen gilt die Verwaltungsvorschrift zu § 6 Nr. 2 entsprechend.  

9.2
Rinder aus nicht anerkannten Beständen dürfen nach der Richtlinie des Rates der EWG zur Regelung viehseuchenrechtlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit Rindern und Schweinen nicht in den innergemeinschaftlichen Handel gelangen oder mit Tieren in Berührung kommen, die für den innergemeinschaftlichen Handel bestimmt sind. Eine Genehmigung zum Entfernen von Rindern aus solchen Beständen darf nur zum Schlachten erteilt werden. Das Verbringen auf einen Schlachtviehmarkt ist nicht zulässig.

9.3
Für die Genehmigung nach Nummer 2 gilt Nummer 3 zu § 6 entsprechend.

10
Zu § 14:

10.1
Wird bei einem geschlachteten Schwein Tuberkulose festgestellt, ist der landwirtschaftliche Betrieb, in dem das betreffende Schwein gehalten wurde, zu ermitteln und der für den Herkunftsort zuständige Amtstierarzt zu benachrichtigen.

10.2
Aufgrund der Meldungen nach Nummer 1 sind in Frage kommende anerkannte Rinderbestände durch den Amtstierarzt auf Tuberkulose zu untersuchen.

10.3
Eine Untersuchung eines anerkannten Rinderbestandes ist auch dann anzuordnen, wenn zu befürchten ist, dass Rindertuberkulose von Menschen auf Rinder übertragen worden ist.

11
Zu § 16:

11.1
Die Anerkennung ist nur bei Feststellung der Bovinen Tuberkulose oder des Verdachts auf diese Tuberkulose zu widerrufen. Ein Widerruf wegen nicht auf boviner Infektion beruhender Tuberkulinreaktion ist nicht gerechtfertigt.

11.2
Ein Verdacht auf Tuberkulose ist nur unter den zu § 9 Nr. 1 genannten Voraussetzungen als unbegründet anzusehen.

11.3
Im Falle des Absatzes 4 sollte in der Regel das Ruhen der Anerkennung angeordnet werden.

Dieser Erlass ergeht zu § 4 Nr. 6 im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen.

MBl. NRW. 1973 S. 1029, geändert durch RdErl. vom 25.8.1981 (MBl. NRW. S. 1768), 6.4.1983 (MBl. NRW. S. 893), 8.9.1987 (MBl. NRW. S. 1460), 4.9.1991 (MBl. NRW. 1991 S. 1417)


Anlagen: