Geltende Erlasse (SMBl. NRW.)  mit Stand vom 17.4.2024


Verwaltungsvorschriften zur Brucellose-Verordnung RdErl. d. Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten – I C 2 – 2220 – 4605 v. 5.6.1973

 

Verwaltungsvorschriften zur Brucellose-Verordnung RdErl. d. Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten – I C 2 – 2220 – 4605 v. 5.6.1973

Verwaltungsvorschriften zur Brucellose-Verordnung
RdErl. d. Ministeriums für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten – I C 2 – 2220 – 4605
v. 5.6.1973

Bei der Durchführung der Brucellose-Verordnung ist folgendes zu beachten:

1
Zu § 1:

1.1
Anwendung der Untersuchungsverfahren

1.1.1
Zur Durchführung der bakteriologischen Untersuchung sind die hierfür üblichen Verfahren anzuwenden.

1.1.2
Die Spermaplasma-Agglutination spricht mit großer Sicherheit auf manifeste Genitalbrucellose an. Für eine Frühdiagnose ist sie der Blutserumagglutination unterlegen; nur etwa die Hälfte der Reagenten, darunter aber nahezu alle Ausscheider, ist sperma-agglutinatorisch erfassbar. Eine zusätzliche klinische Kontrolle vermag jedoch dies insofern auszugleichen, als die spermaserologisch inapparenten Initialstadien der Genitalbrucellose über qualitative Veränderungen des Ejakulats (Leukozyten, Entzündungsprodukte, sonstige Mängel) feststellbar sind.

1.1.3
Der intracutane Allergietest beim Schwein ist nur eine orientierende bzw. ergänzende Untersuchungsmethode, die nur bei „positivem Ausfall eine Aussage“ erlaubt. Er ist geeignet, ohne größeren Aufwand einen Überblick über den Seuchenstatus eines „verdächtigen Bestandes“ zu vermitteln; die serologischen Untersuchungsmethoden einschließlich des Coombs-Testes werden durch den Allergietest nicht beeinflusst.

1.2
Mit Hilfe der klinischen oder der pathologisch-anatomischen Untersuchung ist stets nur der Verdacht auf Brucellose festzustellen; entsprechende Verfolgungsuntersuchungen sind erforderlich.

1.3
Die Blutproben sind ohne Zusatz von gerinnungshemmenden Mitteln, die verdächtigen Organe (z.B. Hoden, abgestoßene Früchte, Eihäute) in frischem Zustand einzusenden.

2
Zu § 3:

2.1
In Beständen, von denen nicht regelmäßig Milch an Molkereien abgegeben wird, sind von über 24 Monate alten Rindern im Abstand von je zwei Jahren Blutuntersuchungen durchzuführen. Die Besitzer sind von den Kreisordnungsbehörden anzuweisen, die entnommenen Proben im zuständigen Staatlichen Veterinäruntersuchungsamt untersuchen zu lassen. Andere Untersuchungsstellen dürfen nur im Einvernehmen mit der Bezirksregierung bestimmt werden. Bei Überschreitung des zeitlichen Abstandes zwischen zwei Untersuchungen sind die Besitzer unter Hinweis auf die Folgen nach § 21 Abs. 2 und § 23 Nr. 2 unter Festsetzung einer angemessenen Frist aufzufordern, die Untersuchungen ausführen zu lassen.

Die Kosten der Blutprobenentnahmen trägt bis auf Weiteres zur Hälfte das Land. Die Tierseuchenkasse hat sich bereit erklärt, die andere Hälfte der Kosten zu übernehmen. Hinsichtlich der Nachweise und des Abrechnungsmodus wird auf Nummer 6.3.1 der Verwaltungsvorschriften zur Leukose-Verordnung verwiesen.

2.2
Hinsichtlich der Untersuchung von Tankmilchproben aus Beständen, von denen regelmäßig Milch an Molkereien abgegeben wird, wird auf Nummer 6.2 der Verwaltungsvorschriften zur Leukose-Verordnung verwiesen.

2.3
Anlass zu einer früheren Untersuchung besteht zum Beispiel, wenn in einem Rinderbestand nicht nur vereinzelt Früh- oder Totgeburten oder Nachgeburtsverhaltungen auftreten oder wenn Rinder des Bestandes mittelbar oder unmittelbar Kontakt zu Rindern eines verseuchten Bestandes gehabt haben.

2.4
Die Kosten der im Rahmen der Tankmilch- und Blutprobenuntersuchungen in den Staatlichen Veterinäruntersuchungsämtern anfallenden Diagnostika trägt zur Hälfte das Land. Die Tierseuchenkasse hat sich bereit erklärt, die andere Hälfte der Kosten zu übernehmen. Die Staatlichen Veterinäruntersuchungsämter übersenden die entsprechenden Rechnungen nach sachlicher und rechnerischer Prüfung mit der Bitte um Begleichung an das Landesamt für Ernährungswirtschaft und Jagd – Tierseuchenkasse.

3
Zu § 5:

Auf § 30 des Tierseuchengesetzes wird hingewiesen.

4
Zu § 6:

4.1
Auf die sich für den Tierbesitzer aus § 19 Abs. 3 des Tierseuchengesetzes ergebenden Verpflichtungen wird hingewiesen.

4.2
Bei ansteckungsverdächtigen Tieren gilt der Verdacht als beseitigt, wenn bei den verdächtigen Tieren zwei im Abstand von sechs bis acht Wochen entnommene Blutproben – bei Kühen auch zwei gleichzeitig entnommene Milchproben – mit negativem Ergebnis untersucht worden sind und im Bestand keine verdächtigen Erscheinungen der Brucellose aufgetreten sind.

5
Zu § 7:

5.1
Zur wirksamen Bekämpfung ist ein Überblick über den Verseuchungsgrad innerhalb des Rinderbestandes erforderlich. Ausnahmen von der Untersuchung sind daher nur für Masttiere, die zur alsbaldigen Schlachtung bestimmt sind und spätestens drei Wochen vor der ersten Blutuntersuchung zum Nachweis des Erlöschens der Seuche bzw. zur Wiedererlangung der Anerkennung aus dem Bestand entfernt werden, oder für Masttiere unter zwei Jahren, sofern diese in getrennten Stallungen gehalten werden, oder für Ochsen zuzulassen.

5.2
Für die Untersuchung der Blutproben von Pferden, Hunden und anderen für die Seuche empfänglichen Tieren sind nur die in der Anlage zur Verordnung genannten serologischen Verfahren anzuwenden. Zu den anderen für die Seuche empfänglichen Tieren gehören vor allem Schweine, Schafe und Ziegen.

6
Zu § 8:

6.1
Zur Desinfektion von Geräten und Personen vgl. zu § 16.

6.2
Der Stall, in dem die seuchenkranken und –verdächtigen Tiere sind, darf von Personen nur in Schutzkleidung einschließlich Überschuhen bzw. Gummistiefeln betreten werden. Nach Verlassen des Stalles sind Schutzkleidung und Überschuhe in einem Vorraum oder in einem eigens hierfür bestimmten, in unmittelbarer Nähe des Stalles gelegenen Raum abzulegen und zu desinfizieren. Hände und Arme sind gründlich zu waschen und zu desinfizieren; als Desinfektionsmittel hierzu sind handelsübliche Hautdesinfektionsmittel geeignet.

6.3
Nachgeburten von Kühen aus dem verseuchten oder seuchenverdächtigen Bestand sind stets als brucelloseverdächtig zu behandeln und – soweit sie nicht zu Untersuchungen benötigt werden – unschädlich zu beseitigen. Als unschädliche Beseitigung kommt auch tiefes Vergraben – unter Verwendung von Clorkalk (Überstreuen oder Einschlämmen) – in Betracht.

6.4
Die mit infektiösem Material in Berührung gekommene Streu ist vor dem Transport aus dem Stall mit einem Desinfektionsmittel zu übergießen, um eine Verschleppung der Erreger beim Transport zu verhindern (vgl. Nummer 1 zu § 16).

6.5
Ausnahmen von dem Verbot der künstlichen Besamung können zugelassen werden, wenn alle seuchenkranken und –verdächtigen Rinder aus dem Bestand entfernt sind. Unter den gleichen Voraussetzungen bestehen auch keine Bedenken gegen das Decken der Rinder mit einem zum Bestand gehörenden Bullen.

6.6
Ausnahmen von den einschränkenden Bestimmungen über die Befugnis zum Betreten der Standorte usw. sollten nur dann gewährt werden, wenn unter Berücksichtigung der jeweiligen Situation keine Gefahr der Seuchenverschleppung besteht. Dies kann z.B. in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 Buchstaben a, b und d zutreffen.

6.7
Die Anordnung der Tötung seuchenverdächtiger ggf. auch ansteckungsverdächtiger Rinder bedarf der Zustimmung der Bezirksregierung. Eine Tötung ist nicht anzuordnen, wenn die Tiere keiner unmittelbaren Ansteckungsgefahr, wie z.B. der des Kalbens von kranken Tieren im selben Stall, ausgesetzt waren.

7
Zu § 9:

Die Anordnung auch anderer Maßregeln als der in § 8 Abs. 1 Nrn. 5, 9 und 10 genannten ist dann notwendig, wenn auch nur die geringste Gefahr besteht, dass die Seuche verschleppt werden kann.

8
Zu § 10:

8.1
Hinsichtlich der Ausnahmen für Mastschweine vgl. Nummer 1 und hinsichtlich der Untersuchung von Blutproben anderer Tiere vgl. Nummer 2 zu § 7; beides gilt sinngemäß.

8.2
Zur schnellen Orientierung über die Seuchensituation kann auch eine Untersuchung mittels der allergischen Probe durchgeführt werden. Fällt diese negativ aus, muss eine serologische Untersuchung nachfolgen (vgl. Nummer 1.3 zu § 1).

9
Zu § 11:

9.1
Eine Genehmigung nach Absatz1 Nr. 4 sollte in der Regel nur für Schweine erteilt werden, die zur Schlachtung verbracht werden.

9.2
Zur Beseitigung aller Seuchenerreger-Quellen müssen Weiden und Ausläufe, auf denen seuchenkranke oder –verdächtige Schweine gehalten werden, gesäubert (Entfernung des Kots, Abtragen verunreinigten Bodens), die Suhlplätze gründlich entseucht werden, z.B. durch Überstreuen mit Chlorkalk oder Einschlämmen von dünner Chlorkalkmilch in die oberste Bodenschicht.

9.3
Eine Genehmigung zum Verbringen von Schweinen in den Bestand sollte nur für Schweine, die zur Mast aufgestallt werden, erteilt werden.

9.4
Zur Desinfektion von Geräten sowie zum Betreten der Ställe, Weideflächen und sonstigen Standorte vgl. Nummer 1 und 2 zu § 8.

Zur unschädlichen Beseitigung der abgestorbenen Früchte, totgeborenen Ferkel oder Nachgeburten vgl. Nummer 3 und zur Beseitigung der mit infektiösem Material in Berührung gekommenen Streu vgl. Nummer 4 zu § 8.

9.5
Nach Absatz 1 Nr. 3 ist für die seuchenkranken und die seuchenverdächtigen Schweine in jedem Falle die Tötung anzuordnen. Nach Absatz 2 kann darüber hinaus auch für die Ansteckung verdächtige Schweine die Tötung angeordnet werden. Diese Anordnung bedarf der Zustimmung der Bezirksregierung.

9.6
Ausnahmen von Absatz 1 Nr. 6 sind nur zulässig, wenn die Flächen von Kotresten gesäubert, ggf. die oberste Bodenschicht bis zu 25 cm Tiefe abgetragen und die Wühlplätze und Einfriedungen desinfiziert worden sind (vgl. Nummer 1 zu § 16).

9.7
Ausnahmen von Nummer 7 setzen voraus, dass alle seuchenkranken und –verdächtigen Schweine aus dem Bestand entfernt worden sind. Ausnahmen können z.B. auch zugelassen werden bei den Schweinen, die bereits vor Feststellung der Brucellose oder des Verdachts auf Brucellose getrennt von dem verdächtigen Teilbestand in einem anderen Stallgebäude untergebracht waren und getrennt versorgt werden und Brucellose oder der Verdacht auf Brucellose dort nicht aufgetreten ist.

9.8
Ausnahmen von Nummer 9 sind nur in Einzelfällen vertretbar, wenn keine Gefahr der Seuchenverschleppung besteht.

10
Zu § 14:

10.1
Zur Desinfektion von Geräten und zum Betretender Ställe, Weideflächen und sonstigen Standorte vgl. Nummern 1 und 2, zur unschädlichen Beseitigung der abgestoßenen oder abgestorbenen Früchte, totgeborenen Lämmer oder Nachgeburten vgl. Nummer 3 und zur Beseitigung der mit infektiösem Material in Berührung gekommenen Streu vgl. Nummer 4 zu § 8.

10.2
Bei Ausnahmen von den Nummern 10 oder 12 ist in Anbetracht der Gefährlichkeit der Melitensis-Brucellose und der Seltenheit ihres Auftretens in der Bundesrepublik ein besonders strenger Maßstab anzulegen.

10.3
Nach Absatz 1 Nr. 4 ist für die seuchenkranken und seuchenverdächtigen Schafe und Ziegen in jedem Falle die Tötung anzuordnen. Nach Absatz 3 kann darüber hinaus auch für der Ansteckung verdächtige Schafe und Ziegen die Tötung angeordnet werden. Diese Anordnung bedarf der Zustimmung der Bezirksregierung.

11
Zu § 15:

Brucellose kann auch bei Pferden (Widerrist-Fistel), Hunden, Katzen und (selten) bei Hühnern vorkommen, doch handelt es sich hierbei in der Regel um Infektionen, die von Rindern, Schweinen, Schafen und Ziegen ihren Ausgang genommen haben und die bei den betroffenen Tieren blind enden.

12
Zu § 16:

12.1
Die Reinigung und Desinfektion ist nach näherer Anweisung des beamteten Tierarztes durchzuführen. In die Desinfektion sind die Suhl- bzw. Wühlplätze der Schweine auf Ausläufen und Weiden einzubeziehen (Begießen oder Einschlämmen von Desinfektionsmitteln). Neben dünner Chlorkalkmilch sind als Desinfektionsmittel 3%ige Natronlauge oder 3%iges Kresolwasser zu verwenden.

12.2
Flüssige Abgänge sind, soweit sie nicht mit zu Dung verwendet werden, durch Zusatz von Kalkstickstoff oder dicker Kalkmilch (20 kg Kalkstickstoff auf einen Kubikmeter Flüssigmist oder dicke Kalkmilch : Flüssigmist = 6 : 100) zu desinfizieren. Der eingebrachte Kalkstickstoff bzw. die dicke Kalkmilch sind durch intensives maschinelles Umrühren bzw. Umpumpen gut zu verteilen. Die Einwirkungszeit muss bei dicker Kalkmilch und bei Kalkstickstoff mindestens 4 Tage betragen.

12.3
Eine Beschränkung der Desinfektion auf Standplätze und deren Umgebung sollte nur in Ausnahmefällen erfolgen, wenn eine weitere Verschleppung des Erregers auszuschließen ist. Bei Stallabteilungen sind unter Berücksichtigung der Art und des Ausmaßes der Abtrennung zwischen den einzelnen Abteilungen Ausnahmen vertretbar.

13
Zu § 17:

13.1
In die Untersuchungen nach Absatz 2 sind alle im Bestand verbliebenen Tiere, auch die Rinder und Schweine, die nach § 7 Absatz 1 und 10 Absatz 1 von der Untersuchung ausgenommen waren, einzubeziehen.

13.2
Blutproben dürfen bei Kühen in den ersten drei Wochen nach dem Kalben nicht entnommen werden, da ein negatives Untersuchungsergebnis bei diesen Tieren keine Aussagekraft besitzt.

13.3
Der Verdacht auf Brucellose hat sich als „unbegründet“ erwiesen, wenn bei den verdächtigen Tieren zwei im Abstand von sechs bis acht Wochen entnommene Blutproben – bei Kühen auch zwei gleichzeitig entnommene Milchproben – mit negativem Ergebnis untersucht worden sind und im Bestand keine verdächtigen Erscheinungen der Brucellose aufgetreten sind.

13.4
Der Verdacht auf Brucellose gilt als „beseitigt“ (§ 17 Absatz 2 Nummer 3), wenn nach Entfernung der seuchenverdächtigen Tiere aus dem Bestand die Untersuchungen nach § 17 Absatz 2 Nummer 3 ein negatives Ergebnis hatten.

14
Zu § 19:

14.1
Ein Rinderbestand, in dem der Verdacht auf Brucellose vorgelegen hat, kann die amtliche Anerkennung als brucellosefrei erlangen

14.1.1
nach § 19, wenn der Bestand vor Auftreten des Verdachts nicht anerkannt war, die Untersuchungen nach § 17 Absatz 2 Nummer 3 aber einen negativen Befund ergeben haben und im Bestand seit sechs Monaten keine klinischen Erscheinungen der Brucellose aufgetreten sind;

14.1.2
nach § 21 Absatz 3 ohne erneute Untersuchung, wenn die Anerkennung des Bestandes widerrufen worden ist und sich der Verdacht als unbegründet erwiesen hat (vgl. Nummer 3 zu § 17);

14.1.3
sofern es sich um einen Bestand handelt, für den das Ruhen der Anerkennung angeordnet worden ist, durch Aufhebung dieser Anordnung nach § 21 Absatz 4 Satz 3; die Voraussetzungen des § 17 Absatz 2 Nummern 3 und 4 müssen erfüllt sein.

15
Zu § 21:

Im Falle des Absatzes 4 sollte in der Regel das Ruhen der Anerkennung angeordnet werden – vgl. § 17 Absatz 2 Nummer 3 der Verordnung und Nummer 4 zu § 17.

MBl. NRW. 1973 S. 1058, geändert durch RdErl. v. 6.4.1983 (MBl. NRW. 1983 S. 893), 17.12.1990 (MBl. NRW. 1991 S. 79)