Historische SGV. NRW.

 Aufgehobene Norm: (zur Aufhebung siehe unter (Fn 1))
 


Historisch: Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW); Bekanntmachung der Neufassung


Inhaltsverzeichnis:


Historisch:

Normüberschrift

Polizeigesetz
des Landes Nordrhein-Westfalen
(PolG NRW);
Bekanntmachung der Neufassung

Vom 24. Februar 1990 (Fn 1)

Auf Grund des Artikels 6 des Gesetzes zur Fortentwicklung des Datenschutzes im Bereich der Polizei und der Ordnungsbehörden (GFDPol) vom 7. Februar 1990 (GV. NW. S. 46) wird nachstehend der vom 1. Mai 1990 an geltende Wortlaut des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NW) vom 25. März 1980 (GV. NW. S. 234) unter Berücksichtigung der Änderungen durch

Artikel 20 des Dritten Gesetzes zur Funktionalreform (3. FRG) vom 26. Juni 1984 (GV. NW. S. 370) und

Artikel 1 des Gesetzes zur Fortentwicklung des Datenschutzes im Bereich der Polizei und der Ordnungsbehörden (GFDPol) vom 7. Februar 1990 (GV. NW. S. 46)

bekanntgemacht.

Der Innenminister
des Landes Nordrhein-Westfalen

Polizeigesetz
des Landes Nordrhein-Westfalen
(PolG NRW)
in der Fassung der Bekanntmachung
vom 24. Februar 1990

Inhaltsübersicht

Erster Abschnitt
Aufgaben und allgemeine Vorschriften

§ 1

Aufgaben der Polizei

§ 2

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

§ 3

Ermessen, Wahl der Mittel

§ 4

Verantwortlichkeit für das Verhalten von Personen

§ 5

Verantwortlichkeit für den Zustand von Sachen

§ 6

Inanspruchnahme nicht verantwortlicher Personen

§ 7

Einschränkung von Grundrechten

Zweiter Abschnitt
Befugnisse der Polizei

Erster Unterabschnitt
Allgemeine Befugnisse, Begriffsbestimmung

§ 8

Allgemeine Befugnisse, Begriffsbestimmung

Zweiter Unterabschnitt
Datenverarbeitung

Erster Titel. Datenerhebung

I.
Befragung, Auskunftspflicht,
allgemeine Regeln der Datenerhebung, Vorladung

§ 9

Befragung, Auskunftspflicht, allgemeine Regeln der Datenerhebung

§ 10

Vorladung

II.
Datenerhebung in bestimmten Fällen

§ 11

Erhebung von Personaldaten zur Vorbereitung für die Hilfeleistung und das Handeln in Gefahrenfällen

§ 12

Identitätsfeststellung

§ 13

Prüfung von Berechtigungsscheinen

§ 14

Erkennungsdienstliche Maßnahmen

§ 15

Datenerhebung bei öffentlichen Veranstaltungen und Ansammlungen

III.
Besondere Mittel der Datenerhebung

§ 16

Datenerhebung durch Observation

§ 17

Datenerhebung durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen

§ 18

Datenerhebung durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel zum Abhören und Aufzeichnen des gesprochenen Wortes

§ 19

Datenerhebung durch den Einsatz von Personen, deren Zusammenarbeit mit der Polizei Dritten nicht bekannt ist

§ 20

Datenerhebung durch den Einsatz Verdeckter Ermittler

§ 21

Polizeiliche Beobachtung

Zweiter Titel. Datenspeicherung,
Datenveränderung und Datennutzung

§ 22

Allgemeine Regeln über die Dauer der Datenspeicherung

§ 23

Zweckbindung bei der Datenspeicherung, Datenveränderung und Datennutzung

§ 24

Speicherung, Veränderung und Nutzung von Daten

§ 25

Datenabgleich

Dritter Titel. Datenübermittlung

I.
Allgemeine Regeln der Datenübermittlung

§ 26

Allgemeine Regeln der Datenübermittlung

II.
Datenübermittlung durch die Polizei

§ 27

Datenübermittlung zwischen Polizeibehörden

§ 28

Datenübermittlung an öffentliche Stellen, an ausländische öffentliche Stellen sowie an über- und zwischenstaatliche Stellen

§ 29

Datenübermittlung an Personen oder an Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs

III.
Datenübermittlung an die Polizei

§ 30

Datenübermittlung an die Polizei

IV.
Rasterfahndung

§ 31

Rasterfahndung

Vierter Titel. Berichtigung, Löschung
und Sperrung von Daten

§ 32

Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten

Fünfter Titel. Sicherung des Datenschutzes

§ 33

Errichtung von Dateien, Umfang der Dateibeschreibung, Freigabe von Programmen, automatisiertes Abrufverfahren

Dritter Unterabschnitt
Platzverweisung, Wohnungsverweisung und
Rückkehrverbot zum Schutz vor häuslicher Gewalt

§ 34

Platzverweisung

§ 34a

Wohnungsverweisung und Rückkehrverbot zum Schutz vor häuslicher Gewalt

Vierter Unterabschnitt
Gewahrsam

§ 35

Gewahrsam

§ 36

Richterliche Entscheidung

§ 37

Behandlung festgehaltener Personen

§ 38

Dauer der Freiheitsentziehung

Fünfter Unterabschnitt
Durchsuchung

Erster Titel. Durchsuchung von Personen

§ 39

Durchsuchung von Personen

Zweiter Titel. Durchsuchung von Sachen

§ 40

Durchsuchung von Sachen

Dritter Titel. Betreten und Durchsuchung von Wohnungen

§ 41

Betreten und Durchsuchung von Wohnungen

§ 42

Verfahren bei der Durchsuchung von Wohnungen

Sechster Unterabschnitt
Sicherstellung und Verwahrung

§ 43

Sicherstellung

§ 44

Verwahrung

§ 45

Verwertung, Vernichtung

§ 46

Herausgabe sichergestellter Sachen oder des Erlöses, Kosten

Dritter Abschnitt
Vollzugshilfe

§ 47

Vollzugshilfe

§ 48

Verfahren

§ 49

Vollzugshilfe bei Freiheitsentziehung

Vierter Abschnitt
Zwang

Erster Unterabschnitt
Erzwingung von Handlungen, Duldungen
und Unterlassungen

§ 50

Zulässigkeit des Verwaltungszwanges

§ 51

Zwangsmittel

§ 52

Ersatzvornahme

§ 53

Zwangsgeld

§ 54

Ersatzzwangshaft

§ 55

Unmittelbarer Zwang

§ 56

Androhung der Zwangsmittel

Zweiter Unterabschnitt
Anwendung unmittelbaren Zwanges

§ 57

Rechtliche Grundlagen

§ 58

Begriffsbestimmungen, zugelassene Waffen

§ 59

Handeln auf Anordnung

§ 60

Hilfeleistung für Verletzte

§ 61

Androhung unmittelbaren Zwanges

§ 62

Fesselung von Personen

§ 63

Allgemeine Vorschriften für den Schusswaffengebrauch

§ 64

Schusswaffengebrauch gegen Personen

§ 65

Schusswaffengebrauch gegen Personen in einer Menschenmenge

§ 66

Besondere Waffen, Sprengmittel

Fünfter Abschnitt
Entschädigungsansprüche

§ 67

Entschädigungsansprüche

Sechster Abschnitt
Verwaltungsvorschriften

§ 68

Verwaltungsvorschriften

Erster Abschnitt

Aufgaben und allgemeine Vorschriften

§ 1
Aufgaben der Polizei

(1) Die Polizei hat die Aufgabe, Gefahren für die öffentliche Sicherheit abzuwehren (Gefahrenabwehr). Sie hat im Rahmen dieser Aufgabe Straftaten zu verhüten sowie für die Verfolgung künftiger Straftaten vorzusorgen (vorbeugende Bekämpfung von Straftaten) und die erforderlichen Vorbereitungen für die Hilfeleistung und das Handeln in Gefahrenfällen zu treffen. Sind außer in den Fällen des Satzes 2 neben der Polizei andere Behörden für die Gefahrenabwehr zuständig, hat die Polizei in eigener Zuständigkeit tätig zu werden, soweit ein Handeln der anderen Behörden nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint. Die Polizei hat die zuständigen Behörden, insbesondere die Ordnungsbehörden, unverzüglich von allen Vorgängen zu unterrichten, die deren Eingreifen erfordern.

(2) Der Schutz privater Rechte obliegt der Polizei nach diesem Gesetz nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde.

(3) Die Polizei leistet anderen Behörden Vollzugshilfe (§§ 47 bis 49).

(4) Die Polizei hat ferner die Aufgaben zu erfüllen, die ihr durch andere Rechtsvorschriften übertragen sind.

(5) Maßnahmen, die in Rechte einer Person eingreifen, darf die Polizei nur treffen, wenn dies auf Grund dieses Gesetzes oder anderer Rechtsvorschriften zulässig ist. Soweit die Polizei gemäß Absatz 1 Satz 2 für die Verfolgung künftiger Straftaten vorsorgt oder die erforderlichen Vorbereitungen für die Hilfeleistung und das Handeln in Gefahrenfällen trifft, sind Maßnahmen nur nach dem Zweiten Unterabschnitt ,,Datenverarbeitung" des Zweiten Abschnittes dieses Gesetzes zulässig.

§ 2
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

(1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen hat die Polizei diejenige zu treffen, die den einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.

(2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht.

(3) Eine Maßnahme ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, daß er nicht erreicht werden kann.

§ 3
Ermessen, Wahl der Mittel

(1) Die Polizei trifft ihre Maßnahmen nach pflichtgemäßem Ermessen.

(2) Kommen zur Abwehr einer Gefahr mehrere Mittel in Betracht, so genügt es, wenn eines davon bestimmt wird. Dem Betroffenen ist auf Antrag zu gestatten, ein anderes ebenso wirksames Mittel anzuwenden, sofern die Allgemeinheit dadurch nicht stärker beeinträchtigt wird.

§ 4 (Fn 2)
Verantwortlichkeit für das Verhalten von Personen

(1) Verursacht eine Person eine Gefahr, so sind die Maßnahmen gegen diese Person zu richten.

(2) Ist die Person noch nicht 14 Jahre alt oder ist für sie zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten ein Betreuer bestellt, können Maßnahmen auch gegen die Person gerichtet werden, die zur Aufsicht über sie verpflichtet ist. Dies gilt auch, wenn der Aufgabenkreis des Betreuers die in § 1896 Abs. 4 und § 1905 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Angelegenheiten nicht erfaßt.

(3) Verursacht eine Person, die zu einer Verrichtung bestellt ist, die Gefahr in Ausführung der Verrichtung, so können Maßnahmen auch gegen die Person gerichtet werden, die andere zu der Verrichtung bestellt hat.

(4) Die Absätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, soweit andere Vorschriften dieses Gesetzes oder andere Rechtsvorschriften bestimmen, gegen wen eine Maßnahme zu richten ist.

§ 5 (Fn 2)
Verantwortlichkeit für den Zustand von Sachen

(1) Geht von einer Sache oder einem Tier eine Gefahr aus, so sind die Maßnahmen gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt zu richten. Soweit nichts anderes bestimmt ist, sind die nachfolgenden für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend auf Tiere anzuwenden.

(2) Maßnahmen können auch gegen den Eigentümer oder einen anderen Berechtigten gerichtet werden. Das gilt nicht, wenn der Inhaber der tatsächlichen Gewalt diese ohne den Willen des Eigentümers oder Berechtigten ausübt.

(3) Geht die Gefahr von einer herrenlosen Sache aus, so können die Maßnahmen gegen denjenigen gerichtet werden, der das Eigentum an der Sache aufgegeben hat.

(4) § 4 Abs. 4 gilt entsprechend.

§ 6
Inanspruchnahme nicht verantwortlicher Personen

(1) Die Polizei kann Maßnahmen gegen andere Personen als die nach den §§ 4 oder 5 Verantwortlichen richten, wenn

1. eine gegenwärtige erhebliche Gefahr abzuwehren ist,

2. Maßnahmen gegen die nach den §§ 4 oder 5 Verantwortlichen nicht oder nicht rechtzeitig möglich sind oder keinen Erfolg versprechen,

3. die Polizei die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig selbst oder durch Beauftragte abwehren kann und

4. die Personen ohne erhebliche eigene Gefährdung und ohne Verletzung höherwertiger Pflichten in Anspruch genommen werden können.

(2) Die Maßnahmen nach Absatz 1 dürfen nur aufrechterhalten werden, solange die Abwehr der Gefahr nicht auf andere Weise möglich ist.

(3) § 4 Abs. 4 gilt entsprechend.

§ 7 (Fn 6)
Einschränkung von Grundrechten

Durch dieses Gesetz werden die Grundrechte auf

Leben und körperliche Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes),

Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 des Grundgesetzes),

Freizügigkeit (Artikel 11 des Grundgesetzes) und

Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) eingeschränkt.

Zweiter Abschnitt
Befugnisse der Polizei

Erster Unterabschnitt
Allgemeine Befugnisse, Begriffsbestimmung

§ 8
Allgemeine Befugnisse, Begriffsbestimmung

(1) Die Polizei kann die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende, konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit (Gefahr) abzuwehren, soweit nicht die §§ 9 bis 46 die Befugnisse der Polizei besonders regeln.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben, die der Polizei durch andere Rechtsvorschriften zugewiesen sind (§ 1 Abs. 4), hat sie die dort vorgesehenen Befugnisse. Soweit solche Rechtsvorschriften Befugnisse der Polizei nicht regeln, hat sie die Befugnisse, die ihr nach diesem Gesetz zustehen.

(3) Straftaten von erheblicher Bedeutung sind insbesondere Verbrechen sowie die in § 138 des Strafgesetzbuches genannten Vergehen, Vergehen nach § 129 des Strafgesetzbuches und gewerbs- oder bandenmäßig begangene Vergehen nach

1. den §§ 243, 244, 260, 263 bis 264a, 265b, 266, 283, 283a, 302a oder 324 bis 330a des Strafgesetzbuches,

2. § 53 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 oder 2 des Waffengesetzes,

3. § 29 Abs. 3 Satz 2 Nrn. 1 oder 4 des Betäubungsmittelgesetzes,

4. § 47a des Ausländergesetzes.

Zweiter Unterabschnitt
Datenverarbeitung

Erster Titel. Datenerhebung

I.
Befragung, Auskunftspflicht,
allgemeine Regeln der Datenerhebung, Vorladung

§ 9
Befragung, Auskunftspflicht,
allgemeine Regeln der Datenerhebung

(1) Die Polizei kann jede Person befragen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie sachdienliche Angaben machen kann, die für die Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich sind. Für die Dauer der Befragung kann die Person angehalten werden.

(2) Eine Person, deren Befragung nach Absatz 1 zulässig ist, ist verpflichtet, auf Frage Namen, Vornamen, Tag und Ort der Geburt, Wohnanschrift und Staatsangehörigkeit anzugeben. Sie ist zu weiteren Auskünften verpflichtet, soweit gesetzliche Handlungspflichten bestehen.

(3) Die Befragung richtet sich an den Betroffenen. Ist dessen Befragung nicht oder nicht rechtzeitig möglich oder würde sie die Erfüllung der polizeilichen Aufgabe erheblich erschweren oder gefährden, können die Daten auch ohne Kenntnis des Betroffenen erhoben werden, wenn dies zur Aufgabenwahrnehmung gemäß Absatz 1 erforderlich ist.

(4) Befragung und Datenerhebung sind offen durchzuführen; eine verdeckte Datenerhebung ist nur zulässig, wenn dies durch Gesetz zugelassen ist.

(5) Die Erhebung personenbezogener Daten zu unbestimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken ist unzulässig. Eine Datenerhebung über nicht gefahren- oder tatbezogene Merkmale sowie über Erkrankungen oder besondere Verhaltensweisen des Betroffenen ist nur zulässig, soweit dies für Identifizierungszwecke oder zum Schutz des Betroffenen, von Polizeivollzugsbeamten oder Dritten erforderlich ist.

(6) Werden durch Befragung Daten beim Betroffenen oder bei Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs erhoben, sind diese in geeigneter Weise über die Rechtsvorschriften für die Datenerhebung sowie entweder über die bestehende Auskunftspflicht oder über die Freiwilligkeit der Auskunft aufzuklären, es sei denn, dies ist wegen besonderer Umstände offenkundig nicht angemessen oder die Erfüllung der polizeilichen Aufgaben wird hierdurch erheblich erschwert oder gefährdet.

§ 10
Vorladung

(1) Die Polizei kann eine Person schriftlich oder mündlich vorladen, wenn

1. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß die Person sachdienliche Angaben machen kann, die für die Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich sind,

2. das zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen erforderlich ist.

(2) Bei der Vorladung soll deren Grund angegeben werden. Bei der Festsetzung des Zeitpunkts soll auf den Beruf und die sonstigen Lebensverhältnisse des Betroffenen Rücksicht genommen werden.

(3) Leistet ein Betroffener der Vorladung ohne hinreichenden Grund keine Folge, so kann sie zwangsweise durchgesetzt werden,

1. wenn die Angaben zur Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich sind,

2. zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen.

Die zwangsweise Vorführung darf nur auf Grund richterlicher Anordnung erfolgen, es sei denn, daß Gefahr im Verzug vorliegt.

(4) § 136 a der Strafprozeßordnung gilt entsprechend.

(5) Für die Entschädigung von Personen, die auf Vorladung als Zeugen erscheinen oder die als Sachverständige herangezogen werden, gilt das Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen entsprechend.

II.
Datenerhebung in bestimmten Fällen

§ 11
Erhebung von Personaldaten zur Vorbereitung
für die Hilfeleistung und das Handeln in Gefahrenfällen

Die Polizei kann über

1. Personen, deren Kenntnisse oder Fähigkeiten zur Gefahrenabwehr benötigt werden,

2. Verantwortliche für Anlagen oder Einrichtungen, von denen eine erhebliche Gefahr ausgehen kann,

3. Verantwortliche für gefährdete Anlagen oder Einrichtungen

Namen, Vornamen, akademische Grade, Anschriften, Telefonnummern und andere Daten über die Erreichbarkeit sowie nähere Angaben über die Zugehörigkeit zu einer der genannten Personengruppen erheben, soweit dies zur Vorbereitung für die Hilfeleistung und das Handeln in Gefahrenfällen erforderlich ist.

§ 12
Identitätsfeststellung

(1) Die Polizei kann die Identität einer Person feststellen,

1. zur Abwehr einer Gefahr,

2. wenn sie sich an einem Ort aufhält, von dem Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß

a) dort Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung verabreden, vorbereiten oder verüben,

b) sich dort Personen treffen, die gegen aufenthaltsrechtliche Strafvorschriften verstoßen,

c) sich dort gesuchte Straftäter verbergen,

3. wenn sie sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an Objekten dieser Art Straftaten begangen werden sollen, durch die Personen oder diese Objekte gefährdet sind, und dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist,

4. an einer Kontrollstelle, die von der Polizei eingerichtet worden ist, um eine Straftat nach § 129 a des Strafgesetzbuches, eine der in dieser Vorschrift genannten Straftaten oder eine Straftat nach § 250 Abs. 1 Nrn. 1 oder 2, nach § 255 des Strafgesetzbuches in den vorgenannten Begehungsformen oder nach § 27 des Versammlungsgesetzes zu verhüten. Die Einrichtung der Kontrollstelle ist nur mit Zustimmung des Innenministers oder einer von ihm beauftragten Stelle zulässig, es sei denn, daß Gefahr im Verzug vorliegt.

(2) Die Polizei kann die zur Feststellung der Identität erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, daß er Angaben zur Feststellung seiner Identität macht und mitgeführte Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Der Betroffene kann festgehalten werden, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 3 können der Betroffene sowie die von ihm mitgeführten Sachen durchsucht werden.

§ 13
Prüfung von Berechtigungsscheinen

Die Polizei kann verlangen, daß ein Berechtigungsschein zur Prüfung ausgehändigt wird, wenn der Betroffene auf Grund einer Rechtsvorschrift oder einer vollziehbaren Auflage in einem Erlaubnisbescheid verpflichtet ist, diesen Berechtigungsschein mitzuführen.

§ 14
Erkennungsdienstliche Maßnahmen

(1) Die Polizei kann erkennungsdienstliche Maßnahmen vornehmen, wenn

1. eine nach § 12 zulässige Identitätsfeststellung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich ist,

2. das zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist, weil der Betroffene verdächtig ist, eine Tat begangen zu haben, die mit Strafe bedroht ist und wegen der Art und Ausführung der Tat die Gefahr der Wiederholung besteht.

(2) Ist die Identität festgestellt, sind in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 die im Zusammenhang mit der Feststellung angefallenen erkennungsdienstlichen Unterlagen zu vernichten, es sei denn, ihre weitere Aufbewahrung ist nach Absatz 1 Nr. 2 oder anderen Rechtsvorschriften zulässig.

(3) Der Betroffene ist bei Vornahme der Maßnahme darüber zu belehren, daß er die Vernichtung der erkennungsdienstlichen Unterlagen verlangen kann, wenn die Voraussetzungen für ihre weitere Aufbewahrung entfallen sind.

(4) Erkennungsdienstliche Maßnahmen sind insbesondere

1. die Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken,

2. die Aufnahme von Lichtbildern,

3. die Feststellung äußerer körperlicher Merkmale,

4. Messungen.

§ 15
Datenerhebung bei öffentlichen Veranstaltungen
und Ansammlungen

(1) Die Polizei kann bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Veranstaltungen oder Ansammlungen, die nicht dem Versammlungsgesetz unterliegen, personenbezogene Daten, auch durch den Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bild- und Tonaufzeichnungen, von Teilnehmern erheben, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dabei Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten begangen werden. Dabei dürfen auch personenbezogene Daten über andere Personen erhoben werden, soweit dies erforderlich ist, um eine Datenerhebung nach Satz 1 durchführen zu können. Bild- und Tonaufzeichnungen, in Dateien suchfähig gespeicherte personenbezogene Daten sowie zu einer Person suchfähig angelegte Akten sind spätestens einen Monat nach der Datenerhebung zu löschen oder zu vernichten, es sei denn, sie werden zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten benötigt oder Tatsachen rechtfertigen die Annahme, daß die Person künftig Straftaten begehen wird, und die Aufbewahrung ist zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten von erheblicher Bedeutung erforderlich.

(2) § 24 Abs. 5 und 6 sowie § 32 Abs. 5 und 6 bleiben unberührt.

§ 15 a (Fn 5)
Datenerhebung durch den offenen Einsatz optisch-technischer Mittel

(1) Zur Verhütung von Straftaten kann die Polizei einzelne öffentlich zugängliche Orte, an denen wiederholt Straftaten begangen wurden, mittels Bildübertragung beobachten, solange Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dort weitere Straftaten begangen werden. Die Beobachtung ist, falls nicht offenkundig, durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen.

(2) Ergibt sich durch die Beobachtung der Verdacht einer begonnenen oder unmittelbar bevorstehenden Straftat, können die übertragenen Bilder aufgezeichnet werden. Die Aufzeichnungen dürfen nur zur Verfolgung von Straftaten verwendet werden. Soweit sie für diesen Zweck nicht oder nicht mehr benötigt werden, sind sie unverzüglich zu löschen.

(3) Werden die aufgezeichneten Daten einer bestimmten Person zugeordnet und verarbeitet, so ist diese jeweils davon zu benachrichtigen. Von der Benachrichtigung kann abgesehen werden, solange das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung das Benachrichtigungsrecht der betroffenen Person erheblich überwiegt.

(4) Straftaten im Sinne dieser Vorschrift sind solche von erheblicher Bedeutung im Sinne von § 8 Abs. 3 dieses Gesetzes sowie die im Sinne der §§ 224, 244 Abs. 1 Nr. 1 StGB.

III.
Besondere Mittel der Datenerhebung

§ 16
Datenerhebung durch Observation

(1) Die Polizei kann personenbezogene Daten erheben durch eine durchgehend länger als 24 Stunden oder an mehr als an zwei Tagen vorgesehene oder tatsächlich durchgeführte und planmäßig angelegte Beobachtung (längerfristige Observation)

1. über die in den §§ 4 und 5 genannten und unter den Voraussetzungen des § 6 über die dort genannten Personen, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist,

2. über Personen, soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß diese Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen wollen, sowie über deren Kontaktoder Begleitpersonen, wenn die Datenerhebung zur vorbeugenden Bekämpfung dieser Straftaten erforderlich ist.

Dabei dürfen auch personenbezogene Daten über andere Personen erhoben werden, soweit dies erforderlich ist, um eine Datenerhebung nach Satz 1 durchführen zu können.

(2) Eine längerfristige Observation darf nur durch den Behördenleiter angeordnet werden.

(3) Personen, gegen die sich Datenerhebungen richteten, sind nach Abschluss der Maßnahme hierüber durch die Polizei zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Datenerhebung erfolgen kann. Eine Unterrichtung durch die Polizei unterbleibt, wenn wegen desselben Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen eingeleitet worden ist.

(4) Auf eine Observation, die nicht die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen erfüllt (kurzfristige Observation), finden die Absätze 1 bis 3 keine Anwendung. Durch eine kurzfristige Observation kann die Polizei personenbezogene Daten über die in den §§ 4 und 5 genannten und andere Personen nur erheben, soweit dies zum Zwecke der Gefahrenabwehr (§ 1 Abs. 1) erforderlich ist und ohne diese Maßnahme die Erfüllung der polizeilichen Aufgabe gefährdet wird.

§ 17
Datenerhebung durch den verdeckten Einsatz
technischer Mittel zur Anfertigung
von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen

(1) Die Polizei kann personenbezogene Daten erheben durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen

1. über die in den §§ 4 und 5 genannten und unter den Voraussetzungen des § 6 über die dort genannten Personen, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist,

2. über Personen, soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß diese Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen wollen, sowie über deren Kontakt- oder Begleitpersonen, wenn die Datenerhebung zur vorbeugenden Bekämpfung dieser Straftaten erforderlich ist.

Dabei dürfen auch personenbezogene Daten über andere Personen erhoben werden, soweit dies erforderlich ist, um eine Datenerhebung nach Satz 1 durchführen zu können.

(2) Ein verdeckter Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen in oder aus der Wohnung (§ 41 Abs. 1 Satz 2) des Betroffenen ist nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 1 zulässig.

(3) Der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen darf nur durch den Behördenleiter angeordnet werden. Die Erhebung personenbezogener Daten in oder aus der Wohnung des Betroffenen durch den verdeckten Einsatz der in Satz 1 genannten technischen Mittel darf nur durch den Richter angeordnet werden. Bei Gefahr im Verzug kann die Maßnahme durch den Behördenleiter angeordnet werden. Eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich herbeizuführen. Der Herbeiführung der richterlichen Entscheidung bedarf es nicht, wenn anzunehmen ist, daß die Entscheidung des Richters erst nach Beendigung der Maßnahme ergehen wird. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Polizeibehörde ihren Sitz hat. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(4) Einer Anordnung nach Absatz 3 bedarf es nicht, wenn das technische Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen ausschließlich zum Schutz der bei einem polizeilichen Einsatz tätigen Personen mitgeführt und verwendet wird. Aufzeichnungen sind unverzüglich nach Beendigung des Einsatzes zu löschen, es sei denn, sie werden zur Verfolgung von Straftaten benötigt. § 24 Abs. 5 und 6 sowie § 32 Abs. 5 und 6 bleiben unberührt.

(5) Personen, gegen die sich Datenerhebungen richteten, sind nach Abschluss der Maßnahme hierüber durch die Polizei zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Datenerhebung erfolgen kann. Eine Unterrichtung durch die Polizei unterbleibt, wenn wegen desselben Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen eingeleitet worden ist.

(6) Bildaufzeichnungen, die mit einem selbsttätigen Aufzeichnungsgerät angefertigt wurden und ausschließlich Personen betreffen, gegen die sich die Datenerhebungen nicht richteten, sind unverzüglich zu vernichten, es sei denn, sie werden zur Verfolgung von Straftaten benötigt.

§ 18
Datenerhebung durch den verdeckten Einsatz
technischer Mittel zum Abhören
und Aufzeichnen des gesprochenen Wortes

(1) Die Polizei kann personenbezogene Daten erheben durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel zum Abhören und Aufzeichnen des gesprochenen Wortes

1. über die in den §§ 4 und 5 genannten und unter den Voraussetzungen des § 6 über die dort genannten Personen, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist,

2. über Personen, soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß diese Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen wollen, sowie über deren Kontakt- oder Begleitpersonen, wenn die Datenerhebung zur vorbeugenden Bekämpfung dieser Straftaten erforderlich ist.

Dabei dürfen auch personenbezogene Daten über andere Personen erhoben werden, soweit dies erforderlich ist, um eine Datenerhebung nach Satz 1 durchführen zu können.

(2) Ein verdeckter Einsatz technischer Mittel zum Abhören und Aufzeichnen des gesprochenen Wortes in oder aus der Wohnung (§ 41 Abs. 1 Satz 2) des Betroffenen ist nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 1 zulässig.

(3) Der verdeckte Einsatz technischer Mittel zum Abhören und Aufzeichnen des gesprochenen Wortes darf nur durch den Behördenleiter angeordnet werden. Die Erhebung personenbezogener Daten in oder aus der Wohnung des Betroffenen durch den verdeckten Einsatz der in Satz 1 genannten technischen Mittel darf nur durch den Richter angeordnet werden. Bei Gefahr im Verzug kann die Maßnahme durch den Behördenleiter angeordnet werden. Eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich herbeizuführen. Der Herbeiführung der richterlichen Entscheidung bedarf es nicht, wenn anzunehmen ist, daß die Entscheidung des Richters erst nach Beendigung der Maßnahme ergehen wird. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Polizeibehörde ihren Sitz hat. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(4) Einer Anordnung nach Absatz 3 bedarf es nicht, wenn das technische Mittel zum Abhören und Aufzeichnen des gesprochenen Wortes ausschließlich zum Schutz der bei einem polizeilichen Einsatz tätigen Personen mitgeführt und verwendet wird. Aufzeichnungen sind unverzüglich nach Beendigung des Einsatzes zu löschen, es sei denn, sie werden zur Verfolgung von Straftaten benötigt. § 24 Abs. 5 und 6 sowie § 32 Abs. 5 und 6 bleiben unberührt.

(5) Personen, gegen die sich Datenerhebungen richteten, sind nach Abschluss der Maßnahme hierüber durch die Polizei zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Datenerhebung erfolgen kann. Eine Unterrichtung durch die Polizei unterbleibt, wenn wegen desselben Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen eingeleitet worden ist.

(6) Aufzeichnungen des gesprochenen Wortes, die mit einem selbsttätigen Aufzeichnungsgerät angefertigt wurden und ausschließlich Personen betreffen, gegen die sich die Datenerhebungen nicht richteten, sind unverzüglich zu vernichten, es sei denn, sie werden zur Verfolgung von Straftaten benötigt.

§ 19
Datenerhebung durch den Einsatz von Personen,
deren Zusammenarbeit mit der Polizei
Dritten nicht bekannt ist

(1) Die Polizei kann personenbezogene Daten erheben durch den Einsatz von Personen, deren Zusammenarbeit mit der Polizei Dritten nicht bekannt ist,

1. über die in den §§ 4 und 5 genannten und unter den Voraussetzungen des § 6 über die dort genannten Personen, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist,

2. über Personen, soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß diese Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen wollen, sowie über deren Kontakt- oder Begleitpersonen, wenn die Datenerhebung zur vorbeugenden Bekämpfung dieser Straftaten erforderlich ist.

Dabei dürfen auch personenbezogene Daten über andere Personen erhoben werden, soweit dies erforderlich ist, um eine Datenerhebung nach Satz 1 durchführen zu können.

(2) Der Einsatz von Personen, deren Zusammenarbeit mit der Polizei Dritten nicht bekannt ist, darf nur durch den Behördenleiter oder einen von ihm beauftragten Beamten angeordnet werden.

(3) Personen, gegen die sich Datenerhebungen richteten, sind nach Abschluss der Maßnahme hierüber durch die Polizei zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Datenerhebung erfolgen kann. Eine Unterrichtung über den Einsatz von Personen, deren Zusammenarbeit mit der Polizei Dritten nicht bekannt ist, kann unterbleiben, wenn der weitere Einsatz dieser Personen oder Leib oder Leben einer Person dadurch gefährdet wird. Eine Unterrichtung durch die Polizei unterbleibt, wenn wegen desselben Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen eingeleitet worden ist.

§ 20
Datenerhebung durch den Einsatz Verdeckter Ermittler

(1) Die Polizei kann durch einen Polizeivollzugsbeamten, der unter einer ihm verliehenen, auf Dauer angelegten Legende eingesetzt wird (Verdeckter Ermittler), personenbezogene Daten über die in den §§ 4 und 5 genannten und andere Personen erheben, wenn

1. dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist,

2. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß Straftaten von erheblicher Bedeutung begangen werden sollen, und dies zur vorbeugenden Bekämpfung dieser Straftaten erforderlich ist.

(2) Soweit es für den Aufbau und zur Aufrechterhaltung der Legende unerläßlich ist, dürfen entsprechende Urkunden hergestellt oder verändert werden. Ein Verdeckter Ermittler darf unter der Legende zur Erfüllung seines Auftrages am Rechtsverkehr teilnehmen.

(3) Ein Verdeckter Ermittler darf unter der Legende mit Einverständnis des Berechtigten dessen Wohnung betreten. Das Einverständnis darf nicht durch ein über die Nutzung der Legende hinausgehendes Vortäuschen eines Zutrittsrechts herbeigeführt werden. Im übrigen richten sich die Befugnisse eines Verdeckten Ermittlers nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften.

(4) Der Einsatz eines Verdeckten Ermittlers darf nur durch den Behördenleiter angeordnet werden.

(5) Personen, gegen die sich Datenerhebungen richteten, sind nach Abschluss des Einsatzes eines Verdeckten Ermittlers hierüber durch die Polizei zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme erfolgen kann. Eine Unterrichtung kann unterbleiben, wenn dadurch der weitere Einsatz des Verdeckten Ermittlers oder Leib oder Leben einer Person gefährdet wird. Eine Unterrichtung durch die Polizei unterbleibt, wenn wegen desselben Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen eingeleitet worden ist.

§ 21
Polizeiliche Beobachtung

(1) Die Polizei kann personenbezogene Daten, insbesondere die Personalien einer Person sowie Kennzeichen des von ihr benutzten oder eingesetzten Kraftfahrzeuges, zur Polizeilichen Beobachtung in einer Datei speichern (Ausschreibung zur Polizeilichen Beobachtung), wenn

1. die Gesamtwürdigung der Person und der von ihr bisher begangenen Straftaten erwarten läßt, daß sie auch künftig Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen wird,

2. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß die Person Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen wird,

und dies zur vorbeugenden Bekämpfung dieser Straftaten erforderlich ist.

(2) Im Falle eines Antreffens der Person oder des von ihr benutzten oder eingesetzten Kraftfahrzeuges können Erkenntnisse über das Antreffen sowie über Kontakt- und Begleitpersonen und mitgeführte Sachen an die ausschreibende Polizeibehörde übermittelt werden.

(3) Die Ausschreibung zur Polizeilichen Beobachtung darf nur durch den Richter angeordnet werden. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Polizeibehörde ihren Sitz hat. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Anordnung ist auf höchstens ein Jahr zu befristen. Eine Verlängerung um nicht mehr als jeweils ein Jahr ist zulässig, soweit die Voraussetzungen des Absatzes 1 weiterhin vorliegen. Spätestens nach Ablauf von jeweils sechs Monaten ist von der ausschreibenden Polizeibehörde zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Anordnung noch bestehen. Das Ergebnis dieser Prüfung ist aktenkundig zu machen.

(4) Der Betroffene ist nach Beendigung der Ausschreibung zur Polizeilichen Beobachtung durch die Polizei über die Ausschreibung und die Löschung zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme erfolgen kann. Die Unterrichtung durch die Polizei unterbleibt, wenn wegen desselben Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen eingeleitet worden ist.

Zweiter Titel. Datenspeicherung, Datenveränderung
und Datennutzung

§ 22
Allgemeine Regeln über die Dauer der Datenspeicherung

Die Dauer der Speicherung ist auf das erforderliche Maß zu beschränken. Für automatisierte Dateien sind Termine festzulegen, zu denen spätestens überprüft werden muß, ob die suchfähige Speicherung von Daten weiterhin erforderlich ist (Prüfungstermine). Für nichtautomatisierte Dateien und Akten sind Prüfungstermine oder Aufbewahrungsfristen festzulegen. Dabei sind der Speicherungszweck sowie Art und Bedeutung des Anlasses der Speicherung zu berücksichtigen. Prüfungstermine oder Aufbewahrungsfristen für die in Dateien oder Akten suchfähig gespeicherten personenbezogenen Daten von Kindern dürfen zwei Jahre nicht überschreiten; die Frist beginnt mit dem Tag der ersten Speicherung.

§ 23
Zweckbindung bei der Datenspeicherung,
Datenveränderung und Datennutzung

(1) Die Speicherung, Veränderung und Nutzung darf nur zu dem Zweck erfolgen, zu dem die Daten erlangt worden sind. Die Nutzung sowie die weitere Speicherung und Veränderung zu einem anderen Zweck sind jedoch zulässig, soweit die Polizei die Daten auch zu diesem Zweck erheben darf. Satz 2 gilt nicht für die nach § 11 erhobenen Daten.

(2) Werden wertende Angaben über eine Person in Dateien gespeichert, muß feststellbar sein, bei welcher Stelle die den Angaben zugrundeliegenden Informationen vorhanden sind. Wertende Angaben dürfen nicht allein auf Informationen gestützt werden, die unmittelbar durch automatisierte Datenverarbeitung gewonnen wurden.

§ 24
Speicherung, Veränderung und Nutzung von Daten

(1) Die Polizei kann rechtmäßig erlangte personenbezogene Daten in Akten oder Dateien speichern, verändern und nutzen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben, zu einer zeitlich befristeten Dokumentation oder zur Vorgangsverwaltung erforderlich ist.

(2) Dabei kann die Polizei auch die im Rahmen der Verfolgung von Straftaten gewonnenen personenbezogenen Daten zum Zwecke der Gefahrenabwehr (§ 1 Abs. 1) speichern, verändern und nutzen. Eine suchfähige Speicherung dieser Daten in Dateien und Akten ist nur über Personen zulässig, gegen die ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist. Die nach § 22 festzulegenden Prüfungstermine dürfen für Daten nach Satz 1 bei Erwachsenen zehn Jahre und bei Jugendlichen fünf Jahre nicht überschreiten. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das letzte Ereignis eingetreten ist, das zur Speicherung der Daten geführt hat, jedoch nicht vor Entlassung des Betroffenen aus einer Justizvollzugsanstalt oder Beendigung einer mit Freiheitsentziehung verbundenen Maßregel der Besserung und Sicherung. Ist der Verdacht der Straftat gegen die Person entfallen, sind ihre in diesem Zusammenhang in Dateien suchfähig gespeicherten personenbezogenen Daten zu löschen sowie die zu ihrer Person suchfähig angelegten Akten zu vernichten.

(3) Werden personenbezogene Daten von Kindern, die ohne Kenntnis der Sorgeberechtigten erhoben worden sind, gespeichert, sind die Sorgeberechtigten durch die Polizei zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme erfolgen kann. Von der Unterrichtung kann abgesehen werden, solange zu besorgen ist, daß die Unterrichtung zu erheblichen Nachteilen für das Kind führt.

(4) Über Kontakt- oder Begleitpersonen einer Person, bei der Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie künftig Straftaten begehen wird, sowie über Auskunftspersonen kann die Polizei personenbezogene Daten suchfähig in Dateien speichern, verändern und nutzen, soweit dies zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten von erheblicher Bedeutung erforderlich ist. Die Daten dürfen nur für die Dauer eines Jahres gespeichert werden. Die Speicherung für jeweils ein weiteres Jahr ist zulässig, soweit die Voraussetzungen des Satzes 1 weiterhin vorliegen, jedoch darf die Speicherungsdauer insgesamt drei Jahre nicht überschreiten. Die Entscheidung über die jeweilige Verlängerung trifft der Behördenleiter oder ein von ihm beauftragter Beamter.

(5) Die Polizei kann gespeicherte personenbezogene Daten zu statistischen Zwecken nutzen; die Daten sind zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu anonymisieren.

(6) Die Polizei kann personenbezogene Daten zur polizeilichen Aus- und Fortbildung nutzen. Die personenbezogenen Daten sind zu anonymisieren. Einer Anonymisierung bedarf es nicht, wenn diese dem Aus- und Fortbildungszweck entgegensteht und die berechtigten Interessen des Betroffenen an der Geheimhaltung der Daten nicht offensichtlich überwiegen.

§ 25
Datenabgleich

(1) Die Polizei kann personenbezogene Daten der in den §§ 4 und 5 genannten Personen mit dem Inhalt polizeilicher Dateien abgleichen. Personenbezogene Daten anderer Personen kann die Polizei nur abgleichen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dies zur Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich ist. Die Polizei kann ferner rechtmäßig erlangte personenbezogene Daten mit dem Fahndungsbestand abgleichen.

(2) Wird der Betroffene zur Durchführung einer nach einer anderen Rechtsvorschrift zulässigen Maßnahme angehalten und kann der Datenabgleich mit dem Fahndungsbestand nicht bis zum Abschluss dieser Maßnahme vorgenommen werden, darf der Betroffene weiterhin für den Zeitraum angehalten werden, der regelmäßig für die Durchführung eines Datenabgleichs notwendig ist.

Dritter Titel. Datenübermittlung

I.
Allgemeine Regeln der Datenübermittlung

§ 26
Allgemeine Regeln der Datenübermittlung

(1) Personenbezogene Daten dürfen nur zu dem Zweck übermittelt werden, zu dem sie erlangt oder gespeichert worden sind. Abweichend hiervon kann die Polizei personenbezogene Daten übermitteln, soweit dies

1. durch Gesetz zugelassen ist,

2. zur Abwehr einer Gefahr erforderlich ist und der Empfänger die Daten auf andere Weise nicht oder nicht rechtzeitig oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand erlangen kann.

Die nach § 24 Abs. 4 gespeicherten Daten dürfen nur an Polizeibehörden übermittelt werden.

(2) Unterliegen die personenbezogenen Daten einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis und sind sie der Polizei von der zur Verschwiegenheit verpflichteten Person in Ausübung ihrer Berufs- oder Amtspflicht übermittelt worden, ist die Datenübermittlung durch die Polizei nur zulässig, wenn der Empfänger die Daten zur Erfüllung des gleichen Zwecks benötigt, zu dem sie die Polizei erlangt hat.

(3) Die Verantwortung für die Übermittlung trägt die übermittelnde Polizeibehörde. Sie prüft die Zulässigkeit der Datenübermittlung. Erfolgt die Datenübermittlung auf Grund eines Ersuchens des Empfängers, hat dieser der übermittelnden Polizeibehörde die zur Prüfung erforderlichen Angaben zu machen. Bei Ersuchen von Polizeibehörden sowie anderen öffentlichen Stellen prüft die übermittelnde Polizeibehörde nur, ob das Ersuchen im Rahmen der Aufgaben des Empfängers liegt, es sei denn, im Einzelfall besteht Anlaß zur Prüfung der Rechtmäßigkeit des Ersuchens. Erfolgt die Datenübermittlung durch automatisierten Abruf, trägt die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit des Abrufs der Empfänger.

(4) Der Empfänger darf die übermittelten personenbezogenen Daten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zu dem Zweck nutzen, zu dem sie ihm übermittelt worden sind. Ausländische öffentliche Stellen, über- und zwischenstaatliche Stellen sowie Personen und Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs sind bei der Datenübermittlung darauf hinzuweisen.

II.
Datenübermittlung durch die Polizei

§ 27
Datenübermittlung zwischen Polizeibehörden

(1) Zwischen Polizeibehörden können personenbezogene Daten übermittelt werden, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Eine Übermittlung zu einem anderen Zweck als dem, zu dem die Daten erlangt oder gespeichert worden sind, ist zulässig, soweit die Daten auch zu diesem Zweck erhoben werden dürfen. Satz 2 gilt nicht für die nach § 11 erhobenen Daten.

(2) Der Innenminister wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß die Datenübermittlung gemäß Absatz 1 an Polizeibehörden bestimmter ausländischer Staaten zulässig ist, wenn dies wegen der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit oder der polizeilichen Zusammenarbeit im Grenzgebiet erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, daß die Daten von den ausländischen Polizeibehörden entgegen dem Zweck eines deutschen Gesetzes im Geltungsbereich des Grundgesetzes, insbesondere entgegen den Vorschriften zur Speicherungs-, Nutzungs- oder Übermittlungsbeschränkung oder zur Löschungsverpflichtung verwandt werden. § 28 bleibt unberührt.

§ 28
Datenübermittlung an öffentliche Stellen,
an ausländische öffentliche Stellen
sowie an über- und zwischenstaatliche Stellen

(1) Die Polizei kann von sich aus personenbezogene Daten an öffentliche Stellen sowie an ausländische öffentliche und an über- und zwischenstaatliche Stellen übermitteln, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

(2) Die Polizei kann von sich aus anderen für die Gefahrenabwehr zuständigen öffentlichen Stellen bei ihr vorhandene personenbezogene Daten übermitteln, soweit die Kenntnis dieser Daten zur Aufgabenerfüllung des Empfängers für den Bereich der Gefahrenabwehr erforderlich erscheint.

(3) Die Polizei kann auf Ersuchen personenbezogene Daten an öffentliche Stellen übermitteln, soweit dies

1. zur Abwehr einer Gefahr durch den Empfänger,

2. in besonders gelagerten Einzelfällen zur Wahrnehmung einer sonstigen Gefahrenabwehraufgabe durch den Empfänger,

3. zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder zur Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte einer Person

erforderlich ist.

(4) Die Polizei kann personenbezogene Daten auf Ersuchen an ausländische öffentliche Stellen sowie an über- und zwischenstaatliche Stellen übermitteln, soweit dies zur Abwehr einer erheblichen Gefahr durch den Empfänger erforderlich ist. Die Datenübermittlung unterbleibt, soweit Grund zu der Annahme besteht, daß dadurch gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes im Geltungsbereich des Grundgesetzes, insbesondere gegen die Vorschriften zur Speicherungs-, Nutzungs- oder Übermittlungsbeschränkung oder zur Löschungsverpflichtung verstoßen wird, oder schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden.

§ 29
Datenübermittlung an Personen oder
an Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs

(1) Die Polizei kann von sich aus personenbezogene Daten an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs übermitteln, soweit dies

1. zur Erfüllung ihrer Aufgaben,

2. zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder zur Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte einer Person

erforderlich ist.

(2) Die Polizei kann auf Antrag von Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs personenbezogene Daten übermitteln, soweit der Auskunftsbegehrende

1. ein rechtliches Interesse an der Kenntnis der zu übermittelnden Daten glaubhaft macht und kein Grund zu der Annahme besteht, daß das Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen überwiegt,

2. ein berechtigtes Interesse geltend macht und offensichtlich ist, daß die Datenübermittlung im Interesse des Betroffenen liegt und er in Kenntnis der Sachlage seine Einwilligung hierzu erteilen würde.

III.
Datenübermittlung an die Polizei

§ 30
Datenübermittlung an die Polizei

(1) Öffentliche Stellen können, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, von sich aus personenbezogene Daten an die Polizei übermitteln, wenn dies zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben erforderlich erscheint.

(2) Die Polizei kann an öffentliche Stellen Ersuchen auf Übermittlung von personenbezogenen Daten stellen, soweit die Voraussetzungen für eine Datenerhebung vorliegen. Die ersuchte öffentliche Stelle prüft die Zulässigkeit der Datenübermittlung. Wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, prüft sie nur, ob das Ersuchen im Rahmen der Aufgaben der Polizei liegt, es sei denn, im Einzelfall besteht Anlaß zur Prüfung der Rechtmäßigkeit des Ersuchens. Die Polizei hat die zur Prüfung erforderlichen Angaben zu machen. Die ersuchte öffentliche Stelle hat die Daten an die Polizei zu übermitteln, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

(3) Die Polizei kann an ausländische öffentliche Stellen sowie über- und zwischenstaatliche Stellen Ersuchen auf Übermittlung von personenbezogenen Daten stellen, soweit die Voraussetzungen für eine Datenerhebung vorliegen und gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

IV.
Rasterfahndung

§ 31
Rasterfahndung

(1) Die Polizei kann von öffentlichen Stellen und Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs die Übermittlung von personenbezogenen Daten bestimmter Personengruppen aus Dateien zum Zwecke des automatisierten Abgleichs mit anderen Datenbeständen verlangen, soweit dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist (Rasterfahndung).

(2) Das Übermittlungsersuchen ist auf Namen, Anschrift, Tag und Ort der Geburt sowie andere für den Einzelfall benötigte Daten zu beschränken; es darf sich nicht auf personenbezogene Daten erstrecken, die einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegen. Von Übermittlungsersuchen nicht erfaßte personenbezogene Daten dürfen übermittelt werden, wenn wegen erheblicher technischer Schwierigkeiten oder wegen eines unangemessenen Zeit- oder Kostenaufwandes eine Beschränkung auf die angeforderten Daten nicht möglich ist; diese Daten dürfen von der Polizei nicht genutzt werden.

(3) Ist der Zweck der Maßnahme erreicht oder zeigt sich, daß er nicht erreicht werden kann, sind die übermittelten und im Zusammenhang mit der Maßnahme zusätzlich angefallenen Daten auf den Datenträgern zu löschen und die Akten, soweit sie nicht für ein mit dem Sachverhalt zusammenhängendes Verfahren erforderlich sind, zu vernichten. Über die getroffene Maßnahme ist eine Niederschrift anzufertigen. Diese Niederschrift ist gesondert aufzubewahren, durch technische und organisatorische Maßnahmen zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Löschung der Daten oder der Vernichtung der Akten nach Satz 1 folgt, zu vernichten.

(4) Die Maßnahme darf nur auf Antrag des Behördenleiters durch den Richter angeordnet werden. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Polizeibehörde ihren Sitz hat. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(5) Personen, gegen die nach Abschluss der Rasterfahndung weitere Maßnahmen durchgeführt werden, sind hierüber durch die Polizei zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der weiteren Datennutzung erfolgen kann. Die Unterrichtung durch die Polizei unterbleibt, wenn wegen desselben Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen eingeleitet worden ist.

Vierter Titel. Berichtigung,
Löschung und Sperrung von Daten

§ 32
Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten

(1) Personenbezogene Daten sind zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind. Sind personenbezogene Daten in Akten zu berichtigen, ist in geeigneter Weise kenntlich zu machen, zu welchem Zeitpunkt und aus welchem Grund diese Daten unrichtig waren oder geworden sind.

(2) In Dateien suchfähig gespeicherte personenbezogene Daten und die dazugehörigen zu den Personen suchfähig angelegten Akten sind zu löschen oder zu vernichten, wenn

1. dies durch dieses Gesetz bestimmt ist,

2. die Speicherung nicht zulässig ist,

3. bei der zu bestimmten Terminen vorzunehmenden Prüfung oder aus Anlaß einer Einzelfallbearbeitung festgestellt wird, daß die Daten für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich sind.

In Dateien nicht suchfähig gespeicherte Daten sind unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu löschen, soweit die Speicherung festgestellt wird. Die nach Satz 1 Nr. 3 vorzunehmende Aktenvernichtung ist nur durchzuführen, wenn die gesamte Akte für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist, es sei denn, daß der Betroffene die Vernichtung von Teilen der Akte verlangt und die weitere Speicherung ihn in unangemessener Weise beeinträchtigt. Soweit hiernach eine Vernichtung nicht in Betracht kommt, sind die Daten zu sperren und mit einem Sperrvermerk zu versehen.

(3) Andere als die in Absatz 2 genannten Akten sind nach Ablauf der jeweiligen Aufbewahrungsfrist zu vernichten.

(4) Stellt die Polizei fest, daß unrichtige oder nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 zu löschende personenbezogene Daten übermittelt worden sind, ist dem Empfänger die Berichtigung oder Löschung mitzuteilen, es sei denn, die Mitteilung ist für die Beurteilung der Person oder des Sachverhalts nicht oder nicht mehr von Bedeutung.

(5) Löschung und Vernichtung unterbleiben, wenn

1. Grund zu der Annahme besteht, daß schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden,

2. die Daten zur Behebung einer bestehenden Beweisnot unerläßlich sind,

3. die Nutzung der Daten zu wissenschaftlichen Zwecken erforderlich ist.

In diesen Fällen sind die Daten zu sperren und mit einem Sperrvermerk zu versehen. Sie dürfen nur zu den in Satz 1 genannten Zwecken oder sonst mit Einwilligung des Betroffenen genutzt werden. Im Falle des Satzes 1 Nr. 3 gilt § 28 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen.

(6) Anstelle der Löschung oder Vernichtung sind die Datenträger oder die Akten an ein Staatsarchiv abzugeben, soweit archivrechtliche Regelungen dies vorsehen.

Fünfter Titel. Sicherung des Datenschutzes

§ 33
Errichtung von Dateien, Umfang der Dateibeschreibung,
Freigabe von Programmen,
automatisiertes Abrufverfahren

(1) Die Errichtung von Dateien ist auf das erforderliche Maß zu beschränken. In angemessenen Abständen ist die Notwendigkeit ihrer Weiterführung oder Änderung zu prüfen.

(2) In der nach § 8 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen zu erstellenden Dateibeschreibung sind die durch dieses Gesetz vorgeschriebenen Löschungstermine oder die gemäß den §§ 22 und 24 Abs. 2 festzulegenden Prüfungstermine oder Aufbewahrungsfristen aufzuführen.

(3) Eine Dateibeschreibung nach § 8 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen ist auch zu erstellen, wenn die Polizei personenbezogene Daten in einer automatisierten polizeilichen Verbunddatei speichert, die über das Land hinausgeht.

(4) Über die Freigabe von Programmen zur Verarbeitung personenbezogener Daten auf zentralen oder dezentralen Datenverarbeitungsanlagen entscheidet der Innenminister oder eine von ihm beauftragte Stelle.

(5) Die Einrichtung eines automatisierten Verfahrens, das die Übermittlung personenbezogener Daten aus einer von der Polizei geführten Datei durch Abruf ermöglicht, ist unter den Voraussetzungen des § 9 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen zulässig; der Abruf darf nur Polizeibehörden gestattet werden.

Dritter Unterabschnitt
Platzverweisung, Wohnungsverweisung und
Rückkehrverbot zum Schutz vor häuslicher Gewalt

§ 34
Platzverweisung

Die Polizei kann zur Abwehr einer Gefahr eine Person vorübergehend von einem Ort verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes verbieten. Die Platzverweisung kann ferner gegen eine Person angeordnet werden, die den Einsatz der Feuerwehr oder von Hilfs- oder Rettungsdiensten behindert.

§ 34a (Fn 7)
Wohnungsverweisung und Rückkehrverbot
zum Schutz vor häuslicher Gewalt

(1) Die Polizei kann eine Person zur Abwehr einer von ihr ausgehenden gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer anderen Person aus einer Wohnung, in der die gefährdete Person wohnt, sowie aus deren unmittelbaren Umgebung verweisen und ihr die Rückkehr in diesen Bereich untersagen. Der räumliche Bereich, auf den sich Wohnungsverweisung und Rückkehrverbot beziehen, ist nach dem Erfordernis eines wirkungsvollen Schutzes der gefährdeten Person zu bestimmen und genau zu bezeichnen. In besonders begründeten Einzelfällen können die Maßnahmen nach Satz 1 auf Wohn- und Nebenräume beschränkt werden.

(2) Der Person, die die Gefahr verursacht und gegen die sich die polizeilichen Maßnahmen nach Absatz 1 richten (betroffene Person), ist Gelegenheit zu geben, dringend benötigte Gegenstände des persönlichen Bedarfs mitzunehmen.

(3) Die Polizei hat die betroffene Person aufzufordern, eine Anschrift oder eine zustellungs-bevollmächtigte Person zum Zweck von Zustellungen behördlicher oder gerichtlicher Entscheidungen, die zur Abwehr einer Gefahr im Sinne des Absatzes 1 ergehen, zu benennen.

(4) Die Polizei hat die gefährdete Person auf die Möglichkeit der Beantragung zivilrechtlichen Schutzes hinzuweisen, sie über Beratungsangebote zu informieren, ihr eine Inanspruchnahme geeigneter, für diese Aufgabe qualifizierter Beratungseinrichtungen nahe zu legen und anzubieten, durch Weitergabe ihres Namens, ihrer Anschrift und ihrer Telefonnummer einen Kontakt durch die in der polizeilichen Einsatzdokumentation näher bezeichneten Beratungseinrichtung zu ermöglichen.

(5) Wohnungsverweisung und Rückkehrverbot enden außer in den Fällen des Satzes 2 mit Ablauf des zehnten Tages nach ihrer Anordnung, soweit nicht die Polizei im Einzelfall ausnahmsweise eine kürzere Geltungsdauer festlegt. Stellt die gefährdete Person während der Dauer der gemäß Satz 1 verfügten Maßnahmen einen Antrag auf zivilrechtlichen Schutz mit dem Ziel des Erlasses einer einstweiligen Anordnung, enden die Maßnahmen nach Absatz 1 mit dem Tag der gerichtlichen Entscheidung, spätestens jedoch mit Ablauf des zehnten Tages nach Ende der gemäß Satz 1 verfügten Maßnahmen. Die §§ 48, 49 des Verwaltungsverfahrensgesetzes bleiben unberührt.

(6) Das Gericht hat der Polizei die Beantragung zivilrechtlichen Schutzes sowie den Tag der gerichtlichen Entscheidung unverzüglich mitzuteilen; die §§ 18 bis 22 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz bleiben unberührt. Die Polizei hat die gefährdete und die betroffene Person unverzüglich über die Dauer der Maßnahmen nach Absatz 1 in Kenntnis zu setzen.

(7) Die Einhaltung eines Rückkehrverbotes ist mindestens einmal während seiner Geltung zu überprüfen.

Vierter Unterabschnitt
Gewahrsam

§ 35 (Fn 6)
Gewahrsam

(1) Die Polizei kann eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn

1. das zum Schutz der Person gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist, insbesondere weil die Person sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet,

2. das unerläßlich ist, um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit zu verhindern,

3. das unerläßlich ist, um eine Platzverweisung nach § 34 durchzusetzen,

4. das unerlässlich ist, um eine Wohnungsverweisung oder ein Rückkehrverbot nach § 34a durchzusetzen,

5. das unerläßlich ist, um private Rechte zu schützen, und eine Festnahme und Vorführung der Person nach den §§ 229, 230 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches zulässig ist.

(2) Die Polizei kann Minderjährige, die sich der Obhut der Sorgeberechtigten entzogen haben, in Gewahrsam nehmen, um sie den Sorgeberechtigten oder dem Jugendamt zuzuführen.

(3) Die Polizei kann eine Person, die aus dem Vollzug von Untersuchungshaft, Freiheitsstrafen oder freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung entwichen ist oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Justizvollzugsanstalt aufhält, in Gewahrsam nehmen und in die Anstalt zurückbringen.

§ 36
Richterliche Entscheidung

(1) Wird eine Person auf Grund von § 10 Abs. 3, § 12 Abs. 2 Satz 3 oder § 35 festgehalten, hat die Polizei unverzüglich eine richterliche Entscheidung über Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsentziehung herbeizuführen. Der Herbeiführung der richterlichen Entscheidung bedarf es nicht, wenn anzunehmen ist, daß die Entscheidung des Richters erst nach Wegfall des Grundes der polizeilichen Maßnahmen ergehen würde.

(2) Für die Entscheidung nach Absatz 1 ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Person festgehalten wird. Das Verfahren richtet sich nach den Vorschriften des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen.

§ 37 (Fn 3)
Behandlung festgehaltener Personen

(1) Wird eine Person auf Grund von § 10 Abs. 3, § 12 Abs. 2 Satz 3 oder § 35 festgehalten, ist ihr unverzüglich der Grund bekanntzugeben.

(2) Der festgehaltenen Person ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, einen Angehörigen oder eine Person ihres Vertrauens zu benachrichtigen, soweit dadurch der Zweck der Freiheitsentziehung nicht gefährdet wird. Unberührt bleibt die Benachrichtigungspflicht bei einer richterlichen Freiheitsentziehung. Die Polizei soll die Benachrichtigung übernehmen, wenn die festgehaltene Person nicht in der Lage ist, von dem Recht nach Satz 1 Gebrauch zu machen und die Benachrichtigung ihrem mutmaßlichen Willen nicht widerspricht. Ist die festgehaltene Person minderjährig oder ist für sie zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten ein Betreuer bestellt, so ist in jedem Falle unverzüglich derjenige zu benachrichtigen, dem die Sorge für die Person obliegt. Dies gilt auch, wenn der Aufgabenkreis des Betreuers die in § 1896 Abs. 4 und § 1905 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Angelegenheiten nicht erfaßt.

(3) Die festgehaltene Person soll gesondert, insbesondere ohne ihre Einwilligung nicht in demselben Raum mit Straf- oder Untersuchungsgefangenen untergebracht werden. Männer und Frauen sollen getrennt untergebracht werden. Der festgehaltenen Person dürfen nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die der Zweck der Freiheitsentziehung oder die Ordnung im Gewahrsam erfordert.

§ 38
Dauer der Freiheitsentziehung

(1) Die festgehaltene Person ist zu entlassen,

1. sobald der Grund für die Maßnahme der Polizei weggefallen ist,

2. wenn die Fortdauer der Freiheitsentziehung durch richterliche Entscheidung für unzulässig erklärt wird,

3. in jedem Falle spätestens bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen, wenn nicht vorher die Fortdauer der Freiheitsentziehung auf Grund eines anderen Gesetzes durch richterliche Entscheidung angeordnet ist.

(2) Eine Freiheitsentziehung zum Zwecke der Feststellung der Identität darf die Dauer von insgesamt zwölf Stunden nicht überschreiten.

Fünfter Unterabschnitt
Durchsuchung

Erster Titel. Durchsuchung von Personen

§ 39
Durchsuchung von Personen

(1) Die Polizei kann außer in den Fällen des § 12 Abs. 2 Satz 4 eine Person durchsuchen, wenn

1. sie nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten werden kann,

2. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Sachen mit sich führt, die sichergestellt werden dürfen,

3. sie sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet,

4. sie sich an einem der in § 12 Abs. 1 Nr. 2 genannten Orte aufhält.

5. sie sich in einem Objekt im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 3 oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an Objekten dieser Art Straftaten begangen werden sollen, durch die Personen oder diese Objekte gefährdet sind.

(2) Die Polizei kann eine Person, deren Identität nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, nach Waffen, anderen gefährlichen Werkzeugen und Explosivmitteln durchsuchen, wenn das nach den Umständen zum Schutz des Polizeivollzugsbeamten oder eines Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist. Dasselbe gilt, wenn eine Person nach anderen Rechtsvorschriften vorgeführt oder zur Durchführung einer Maßnahme an einen anderen Ort gebracht werden soll.

(3) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder Ärzten durchsucht werden; das gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

Zweiter Titel. Durchsuchung von Sachen

§ 40
Durchsuchung von Sachen

(1) Die Polizei kann außer in den Fällen des § 12 Abs. 2 Satz 4 eine Sache durchsuchen, wenn

1. sie von einer Person mitgeführt wird, die nach § 39 durchsucht werden darf,

2. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die

a) in Gewahrsam genommen werden darf,

b) widerrechtlich festgehalten wird oder

c) hilflos ist,

3. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine andere Sache befindet, die sichergestellt werden darf,

4. sie sich an einem der in § 12 Abs. 1 Nr. 2 genannten Orte befindet,

5. sie sich in einem Objekt im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 3 oder in dessen unmittelbarer Nähe befindet und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß in oder an Objekten dieser Art Straftaten begangen werden sollen, durch die Personen oder diese Objekte gefährdet sind,

6. es sich um ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug handelt, in dem sich eine Person befindet, deren Identität nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 festgestellt werden darf; die Durchsuchung kann sich auch auf die in dem Fahrzeug enthaltenen Sachen erstrecken.

(2) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so sollen sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.

Dritter Titel. Betreten und Durchsuchung von Wohnungen

§ 41
Betreten und Durchsuchung von Wohnungen

(1) Die Polizei kann eine Wohnung ohne Einwilligung des Inhabers betreten und durchsuchen, wenn

1. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Person befindet, die nach § 10 Abs. 3 vorgeführt oder nach § 35 in Gewahrsam genommen werden darf,

2. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sich in ihr eine Sache befindet, die nach § 43 Nr. 1 sichergestellt werden darf,

3. von der Wohnung Immissionen ausgehen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer zu einer erheblichen Belästigung der Nachbarschaft führen,

4. das zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für Sachen von bedeutendem Wert erforderlich ist.

Die Wohnung umfaßt die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.

(2) Während der Nachtzeit (§ 104 Abs. 3 der Strafprozeßordnung) ist das Betreten und Durchsuchen einer Wohnung nur in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nrn. 3 und 4 zulässig.

(3) Wohnungen können jedoch zur Abwehr dringender Gefahren jederzeit betreten werden, wenn

1. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß

a) dort Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung verabreden, vorbereiten oder verüben,

b) sich dort Personen treffen, die gegen aufenthaltsrechtliche Strafvorschriften verstoßen,

c) sich dort gesuchte Straftäter verbergen,

2. sie der Prostitution dienen.

(4) Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie andere Räume und Grundstücke, die der Öffentlichkeit zugänglich sind oder zugänglich waren und den Anwesenden zum weiteren Aufenthalt zur Verfügung stehen, können zum Zwecke der Gefahrenabwehr (§ 1 Abs. 1) während der Arbeits-, Geschäfts- oder Aufenthaltszeit betreten werden.

§ 42
Verfahren bei der Durchsuchung von Wohnungen

(1) Durchsuchungen dürfen außer bei Gefahr im Verzug nur durch den Richter angeordnet werden. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Wohnung liegt. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(2) Bei der Durchsuchung einer Wohnung hat der Wohnungsinhaber das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar zuzuziehen.

(3) Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist der Grund der Durchsuchung unverzüglich bekanntzugeben, soweit dadurch der Zweck der Maßnahmen nicht gefährdet wird.

(4) Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muß die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und das Ergebnis der Durchsuchung enthalten. Die Niederschrift ist von einem durchsuchenden Beamten und dem Wohnungsinhaber oder der zugezogenen Person zu unterzeichnen. Wird die Unterschrift verweigert, so ist hierüber ein Vermerk aufzunehmen. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen.

(5) Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Betroffenen lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.

(6) § 14 Abs. 3 gilt entsprechend.

Sechster Unterabschnitt
Sicherstellung und Verwahrung

§ 43
Sicherstellung

Die Polizei kann eine Sache sicherstellen,

1. um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren,

2. um den Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung einer Sache zu schützen,

3. wenn sie von einer Person mitgeführt wird, die nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten wird, und die Sache verwendet werden kann, um

a) sich zu töten oder zu verletzen,

b) Leben oder Gesundheit anderer zu schädigen,

c) fremde Sachen zu beschädigen oder

d) die Flucht zu ermöglichen oder zu erleichtern.

§ 44
Verwahrung

(1) Sichergestellte Sachen sind in Verwahrung zu nehmen. Lässt die Beschaffenheit der Sachen das nicht zu oder erscheint die Verwahrung bei der Polizei unzweckmäßig, sind die Sachen auf andere geeignete Weise aufzubewahren oder zu sichern. In diesem Falle kann die Verwahrung auch einem Dritten übertragen werden.

(2) Dem Betroffenen ist eine Bescheinigung auszustellen, die den Grund der Sicherstellung erkennen läßt und die sichergestellten Sachen bezeichnet. Kann nach den Umständen des Falles eine Bescheinigung nicht ausgestellt werden, so ist über die Sicherstellung eine Niederschrift aufzunehmen, die auch erkennen läßt, warum eine Bescheinigung nicht ausgestellt worden ist. Der Eigentümer oder der rechtmäßige Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist unverzüglich zu unterrichten.

(3) Wird eine sichergestellte Sache verwahrt, so hat die Polizei nach Möglichkeit Wertminderungen vorzubeugen. Das gilt nicht, wenn die Sache durch den Dritten auf Verlangen eines Berechtigten verwahrt wird.

(4) Die verwahrten Sachen sind zu verzeichnen und so zu kennzeichnen, daß Verwechselungen vermieden werden.

§ 45
Verwertung, Vernichtung

(1) Die Verwertung einer sichergestellten Sache ist zulässig, wenn

1. ihr Verderb oder eine wesentliche Wertminderung droht,

2. ihre Verwahrung, Pflege oder Erhaltung mit unverhältnismäßig hohen Kosten oder Schwierigkeiten verbunden ist,

3. sie infolge ihrer Beschaffenheit nicht so verwahrt werden kann, daß weitere Gefahren für die öffentliche Sicherheit ausgeschlossen sind,

4. sie nach einer Frist von einem Jahr nicht an einen Berechtigten herausgegeben werden kann, ohne daß die Voraussetzungen der Sicherstellung erneut eintreten würden,

5. der Berechtigte sie nicht innerhalb einer ausreichend bemessenen Frist abholt, obwohl ihm eine Mitteilung über die Frist mit dem Hinweis zugestellt worden ist, daß die Sache verwertet wird, wenn sie nicht innerhalb der Frist abgeholt wird.

(2) Der Betroffene, der Eigentümer und andere Personen, denen ein Recht an der Sache zusteht, sollen vor der Verwertung gehört werden. Die Anordnung sowie Zeit und Ort der Verwertung sind ihnen mitzuteilen, soweit die Umstände und der Zweck der Maßnahmen es erlauben.

(3) Die Sache wird durch öffentliche Versteigerung verwertet; § 979 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches gilt entsprechend. Bleibt die Versteigerung erfolglos, erscheint sie von vornherein aussichtslos oder würden die Kosten der Versteigerung voraussichtlich den zu erwartenden Erlös übersteigen, so kann die Sache freihändig verkauft werden. Der Erlös tritt an die Stelle der verwerteten Sache. Lässt sich innerhalb angemessener Frist kein Käufer finden, so kann die Sache einem gemeinnützigen Zweck zugeführt werden.

(4) Sichergestellte Sachen können unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden, wenn

1. im Falle einer Verwertung die Gründe, die zu ihrer Sicherstellung berechtigten, fortbestehen oder Sicherstellungsgründe erneut entstehen würden,

2. die Verwertung aus anderen Gründen nicht möglich ist.

Absatz 2 gilt sinngemäß.

§ 46
Herausgabe sichergestellter Sachen
oder des Erlöses, Kosten

(1) Sobald die Voraussetzungen für die Sicherstellung weggefallen sind, sind die Sachen an denjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt worden sind. Ist die Herausgabe an ihn nicht möglich, können sie an einen anderen herausgegeben werden, der seine Berechtigung glaubhaft macht. Die Herausgabe ist ausgeschlossen, wenn dadurch erneut die Voraussetzungen für eine Sicherstellung eintreten würden.

(2) Sind die Sachen verwertet worden, ist der Erlös herauszugeben. Ist ein Berechtigter nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln, ist der Erlös nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zu hinterlegen. Der Anspruch auf Herausgabe des Erlöses erlischt drei Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Sache verwertet worden ist.

(3) Die Kosten der Sicherstellung und Verwahrung fallen den nach den §§ 4 oder 5 Verantwortlichen zur Last. Mehrere Verantwortliche haften als Gesamtschuldner. § 77 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes findet Anwendung. Die Herausgabe der Sache kann von der Zahlung der Kosten abhängig gemacht werden. Ist eine Sache verwertet worden, können die Kosten aus dem Erlös gedeckt werden.

(4) § 983 des Bürgerlichen Gesetzbuches bleibt unberührt.

Dritter Abschnitt
Vollzugshilfe

§ 47
Vollzugshilfe

(1) Die Polizei leistet anderen Behörden auf Ersuchen Vollzugshilfe, wenn unmittelbarer Zwang anzuwenden ist und die anderen Behörden nicht über die hierzu erforderlichen Dienstkräfte verfügen oder ihre Maßnahmen nicht auf andere Weise selbst durchsetzen können.

(2) Die Polizei ist nur für die Art und Weise der Durchführung verantwortlich. Im übrigen gelten die Grundsätze der Amtshilfe entsprechend.

(3) Die Verpflichtung zur Amtshilfe bleibt unberührt.

§ 48
Verfahren

(1) Volllzugshilfeersuchen sind schriftlich zu stellen; sie haben den Grund und die Rechtsgrundlage der Maßnahme anzugeben.

(2) In Eilfällen kann das Ersuchen formlos gestellt werden. Es ist jedoch auf Verlangen unverzüglich schriftlich zu bestätigen.

(3) Die ersuchende Behörde ist von der Ausführung des Ersuchens zu verständigen.

§ 49
Vollzugshilfe bei Freiheitsentziehung

(1) Hat das Vollzugshilfeersuchen eine Freiheitsentziehung zum Inhalt, ist auch die richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit der Freiheitsentziehung vorzulegen oder in dem Ersuchen zu bezeichnen.

(2) Ist eine vorherige richterliche Entscheidung nicht ergangen, hat die Polizei die festgehaltene Person zu entlassen, wenn die ersuchende Behörde diese nicht übernimmt oder die richterliche Entscheidung nicht unverzüglich nachträglich beantragt.

(3) Die §§ 37 und 38 gelten entsprechend.

Vierter Abschnitt
Zwang

Erster Unterabschnitt
Erzwingung von Handlungen,
Duldungen und Unterlassungen

§ 50
Zulässigkeit des Verwaltungszwanges

(1) Der Verwaltungsakt, der auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, kann mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat.

(2) Der Verwaltungszwang kann ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn das zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist, insbesondere weil Maßnahmen gegen Personen nach den §§ 4 bis 6 nicht oder nicht rechtzeitig möglich sind oder keinen Erfolg versprechen, und die Polizei hierbei innerhalb ihrer Befugnisse handelt.

§ 51
Zwangsmittel

(1) Zwangsmittel sind

1. Ersatzvornahme (§ 52),

2. Zwangsgeld (§ 53),

3. unmittelbarer Zwang (§ 55).

(2) Sie sind nach Maßgabe der §§ 56 und 61 anzudrohen.

(3) Die Zwangsmittel können auch neben einer Strafe oder Geldbuße angewandt und solange wiederholt und gewechselt werden, bis der Verwaltungsakt befolgt worden ist oder sich auf andere Weise erledigt hat.

§ 52
Ersatzvornahme

(1) Wird die Verpflichtung, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen anderen möglich ist (vertretbare Handlung), nicht erfüllt, so kann die Polizei auf Kosten des Betroffenen die Handlung selbst ausführen oder einen anderen mit der Ausführung beauftragen. § 77 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes findet Anwendung.

(2) Es kann bestimmt werden, daß der Betroffene die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme im voraus zu zahlen hat. Zahlt der Betroffene die Kosten der Ersatzvornahme oder die voraussichtlich entstehenden Kosten der Ersatzvornahme nicht fristgerecht, so können sie im Verwaltungszwangsverfahren beigetrieben werden. Die Beitreibung der voraussichtlichen Kosten unterbleibt, sobald der Betroffene die gebotene Handlung ausführt.

§ 53 (Fn 6)
Zwangsgeld

(1) Das Zwangsgeld wird auf mindestens fünf und höchstens zweitausendfünfhundert Euro schriftlich festgesetzt.

(2) Mit der Festsetzung des Zwangsgeldes ist dem Betroffenen eine angemessene Frist zur Zahlung einzuräumen.

(3) Zahlt der Betroffene das Zwangsgeld nicht fristgerecht, so wird es im Verwaltungszwangsverfahren beigetrieben. Die Beitreibung unterbleibt, sobald der Betroffene die gebotene Handlung ausführt oder die zu duldende Maßnahme gestattet.

§ 54
Ersatzzwangshaft

(1) Ist das Zwangsgeld uneinbringlich, so kann das Verwaltungsgericht auf Antrag der Polizei die Ersatzzwangshaft anordnen, wenn bei Androhung des Zwangsgeldes hierauf hingewiesen worden ist. Die Ersatzzwangshaft beträgt mindestens einen Tag, höchstens zwei Wochen.

(2) Die Ersatzzwangshaft ist auf Antrag der Polizei von der Justizverwaltung nach den Bestimmungen der §§ 904 bis 910 der Zivilprozeßordnung zu vollstrecken.

§ 55
Unmittelbarer Zwang

(1) Die Polizei kann unmittelbaren Zwang anwenden, wenn andere Zwangsmittel nicht in Betracht kommen oder keinen Erfolg versprechen oder unzweckmäßig sind. Für die Art und Weise der Anwendung unmittelbaren Zwanges gelten die §§ 57 ff.

(2) Unmittelbarer Zwang zur Abgabe einer Erklärung ist ausgeschlossen.

(3) Auf Verlangen des Betroffenen hat sich der Polizeivollzugsbeamte auszuweisen, sofern der Zweck der Maßnahme nicht beeinträchtigt wird.

§ 56
Androhung der Zwangsmittel

(1) Zwangsmittel sind möglichst schriftlich anzudrohen. Dem Betroffenen ist in der Androhung zur Erfüllung der Verpflichtung eine angemessene Frist zu bestimmen; eine Frist braucht nicht bestimmt zu werden, wenn eine Duldung oder Unterlassung erzwungen werden soll. Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist.

(2) Die Androhung kann mit dem Verwaltungsakt verbunden werden, durch den die Handlung, Duldung oder Unterlassung aufgegeben wird. Sie soll mit ihm verbunden werden, wenn ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat.

(3) Die Androhung muß sich auf bestimmte Zwangsmittel beziehen. Werden mehrere Zwangsmittel angedroht, ist anzugeben, in welcher Reihenfolge sie angewandt werden sollen.

(4) Wird Ersatzvornahme angedroht, so sollen in der Androhung die voraussichtlichen Kosten angegeben werden.

(5) Das Zwangsgeld ist in bestimmter Höhe anzudrohen.

(6) Die Androhung ist zuzustellen. Das gilt auch dann, wenn sie mit dem zugrundeliegenden Verwaltungsakt verbunden ist und für ihn keine Zustellung vorgeschrieben ist.

Zweiter Unterabschnitt
Anwendung unmittelbaren Zwanges

§ 57
Rechtliche Grundlagen

(1) Ist die Polizei nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften zur Anwendung unmittelbaren Zwanges befugt, gelten für die Art und Weise der Anwendung die §§ 58 bis 66 und, soweit sich aus diesen nichts Abweichendes ergibt, die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes.

(2) Die Vorschriften über Notwehr und Notstand bleiben unberührt.

§ 58
Begriffsbestimmungen, zugelassene Waffen

(1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen.

(2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen.

(3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln, Wasserwerfer, technische Sperren, Diensthunde, Dienstpferde, Dienstfahrzeuge, Reiz- und Betäubungsstoffe sowie zum Sprengen bestimmte explosionsfähige Stoffe (Sprengmittel).

(4) Als Waffen sind Schlagstock, Pistole, Revolver, Gewehr und Maschinenpistole zugelassen.

(5) Wird der Bundesgrenzschutz im Lande Nordrhein-Westfalen zur Unterstützung der Polizei in den Fällen des Artikels 35 Abs. 2 Satz 1 oder des Artikels 91 Abs. 1 des Grundgesetzes eingesetzt, so sind für den Bundesgrenzschutz auch Maschinengewehre und Handgranaten zugelassen (besondere Waffen). Die besonderen Waffen dürfen nur nach den Vorschriften dieses Gesetzes eingesetzt werden.

§ 59
Handeln auf Anordnung

(1) Die Polizeivollzugsbeamten sind verpflichtet, unmittelbaren Zwang anzuwenden, der von einem Weisungsberechtigten angeordnet wird. Das gilt nicht, wenn die Anordnung die Menschenwürde verletzt oder nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden ist.

(2) Eine Anordnung darf nicht befolgt werden, wenn dadurch eine Straftat begangen würde. Befolgt der Polizeivollzugsbeamte die Anordnung trotzdem, so trifft ihn eine Schuld nur, wenn er erkennt oder wenn es nach den ihm bekannten Umständen offensichtlich ist, daß dadurch eine Straftat begangen wird.

(3) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung hat der Polizeivollzugsbeamte dem Anordnenden gegenüber vorzubringen, soweit das nach den Umständen möglich ist.

(4) § 59 Abs. 2 und 3 des Landesbeamtengesetzes ist nicht anzuwenden.

§ 60
Hilfeleistung für Verletzte

Wird unmittelbarer Zwang angewendet, ist Verletzten, soweit es nötig ist und die Lage es zulässt, Beistand zu leisten und ärztliche Hilfe zu verschaffen.

§ 61 (Fn 4)
Androhung unmittelbaren Zwanges

(1) Unmittelbarer Zwang ist vor seiner Anwendung anzudrohen. Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist. Als Androhung des Schusswaffengebrauchs gilt auch die Abgabe eines Warnschusses.

(2) Schusswaffen und Handgranaten dürfen nur dann ohne Androhung gebraucht werden, wenn das zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(3) Gegenüber einer Menschenmenge ist die Anwendung unmittelbaren Zwanges möglichst so rechtzeitig anzudrohen, daß sich Unbeteiligte noch entfernen können. Der Gebrauch von Schusswaffen gegen Personen in einer Menschenmenge ist stets anzudrohen; die Androhung ist vor dem Gebrauch zu wiederholen. Bei dem Gebrauch von technischen Sperren und dem Einsatz von Dienstpferden kann von der Androhung abgesehen werden.

§ 62
Fesselung von Personen

Eine Person, die nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten wird, kann gefesselt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie

1. Polizeivollzugsbeamte oder Dritte angreifen, Widerstand leisten oder Sachen von nicht geringem Wert beschädigen wird,

2. fliehen wird oder befreit werden soll oder

3. sich töten oder verletzen wird.

Dasselbe gilt, wenn eine Person nach anderen Rechtsvorschriften vorgeführt oder zur Durchführung einer Maßnahme an einen anderen Ort gebracht wird.

§ 63
Allgemeine Vorschriften für den Schusswaffengebrauch

(1) Schusswaffen dürfen nur gebraucht werden, wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges erfolglos angewendet sind oder offensichtlich keinen Erfolg versprechen. Gegen Personen ist ihr Gebrauch nur zulässig, wenn der Zweck nicht durch Schusswaffengebrauch gegen Sachen erreicht werden kann.

(2) Schusswaffen dürfen gegen Personen nur gebraucht werden, um angriffs- oder fluchtunfähig zu machen.

(3) Gegen Personen, die dem äußeren Eindruck nach noch nicht 14 Jahre alt sind, dürfen Schusswaffen nicht gebraucht werden. Das gilt nicht, wenn der Schusswaffengebrauch das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben ist.

(4) Der Schusswaffengebrauch ist unzulässig, wenn für den Polizeivollzugsbeamten erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet werden. Das gilt nicht, wenn der Schusswaffengebrauch das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr ist.

§ 64
Schusswaffengebrauch gegen Personen

(1) Schusswaffen dürfen gegen Personen nur gebraucht werden,

1. um eine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben abzuwehren,

2. um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung eines Verbrechens oder eines Vergehens unter Anwendung oder Mitführung von Schusswaffen oder Explosivmitteln zu verhindern,

3. um eine Person anzuhalten, die sich der Festnahme oder Identitätsfeststellung durch Flucht zu entziehen versucht, wenn sie

a) eines Verbrechens dringend verdächtig ist oder

b) eines Vergehens dringend verdächtig ist und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Schusswaffen oder Explosivmittel mit sich führt,

4. zur Vereitelung der Flucht oder zur Ergreifung einer Person, die in amtlichem Gewahrsam zu halten oder ihm zuzuführen ist

a) auf Grund richterlicher Entscheidung wegen eines Verbrechens oder auf Grund des dringenden Verdachts eines Verbrechens oder

b) auf Grund richterlicher Entscheidung wegen eines Vergehens oder auf Grund des dringenden Verdachts eines Vergehens, sofern Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie Schusswaffen oder Explosivmittel mit sich führt,

5. um die gewaltsame Befreiung einer Person aus amtlichem Gewahrsam zu verhindern.

(2) Schusswaffen dürfen nach Absatz 1 Nr. 4 nicht gebraucht werden, wenn es sich um den Vollzug eines Jugendarrestes oder eines Strafarrestes handelt oder wenn die Flucht aus einer offenen Anstalt verhindert werden soll.

§ 65
Schusswaffengebrauch gegen Personen
in einer Menschenmenge

(1) Schusswaffen dürfen gegen Personen in einer Menschenmenge nur gebraucht werden, wenn von ihr oder aus ihr heraus schwerwiegende Gewalttaten begangen werden oder unmittelbar bevorstehen und andere Maßnahmen keinen Erfolg versprechen.

(2) Wer sich aus einer solchen Menschenmenge nach wiederholter Androhung des Schusswaffengebrauchs nicht entfernt, obwohl ihm das möglich ist, ist nicht Unbeteiligter im Sinne des § 63 Abs. 4.

§ 66
Besondere Waffen, Sprengmittel

(1) Besondere Waffen im Sinne des § 58 Abs. 5 dürfen gegen Personen nur in den Fällen des § 64 Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 5 von dem Bundesgrenzschutz, der gemäß den Artikeln 35 Abs. 2 Satz 1 oder 91 Abs. 1 des Grundgesetzes zur Unterstützung der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen eingesetzt wird, und nur mit Zustimmung des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen oder eines von ihm im Einzelfall Beauftragten angewendet werden, wenn

1. diese Personen von Schusswaffen oder Explosivmitteln Gebrauch gemacht haben und

2. der vorherige Gebrauch anderer Schusswaffen erfolglos geblieben ist.

(2) Besondere Waffen dürfen nur gebraucht werden, um einen Angriff abzuwehren. Handgranaten dürfen gegen Personen in einer Menschenmenge nicht gebraucht werden.

(3) Im übrigen bleiben die Vorschriften über den Schusswaffengebrauch unberührt.

(4) Sprengmittel dürfen gegen Personen nicht angewendet werden.

Fünfter Abschnitt
Entschädigungsansprüche

§ 67
Entschädigungsansprüche

Die §§ 39 bis 43 des Ordnungsbehördengesetzes finden entsprechende Anwendung.

Sechster Abschnitt
Verwaltungsvorschriften

§ 68
Verwaltungsvorschriften

Der Innenminister erläßt die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Verwaltungsvorschriften.

Hinweis

Letzte Änderung durch Artikel 1 des Gesetzes zur Änderung des Polizeigesetzes u. des Ordnungsbehördengesetzes vom 8. Juli 2003 (GV. NRW. S. 410, in Kraft getreten am 24. Juli 2003) nicht eingepflegt. Die Bekanntmachung der Neufassung des Polizeigesetzes in der vom 25. Juli 2003 an geltenden Fassung (GV. NRW. 441) berücksichtigt die in Art 1 des eingangs erwähnten Gesetzes erfolgten Änderungen.

Fußnoten:

Fn 1

GV. NW. 1990 S. 70, ber. S. 580, geändert durch Art. 6 d. 3. Gesetzes zur Änderung d. Verwaltungsverfahrensgesetzes f. d. Land Nordrhein-Westfalen und zur Änderung anderer verwaltungsrechtl. Vorschriften v. 24. 11. 1992 (GV. NW. S. 446), Artikel 3 d. Gesetzes zur Änderung des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen v. 9.5.2000 (GV. NRW. S. 452), Artikel 1 d. Gesetzes zur Änderung d. Polizeigesetzes und des Ordnungsbehördengesetzes v. 18.12.2001 (GV. NRW. S. 870).Obsolet geworden durch Bekanntmachung der Neufassung vom 25. Juli 2003 (GV. NRW. S. 441).

Fn 2

§ 4 Abs. 2 und § 5 Abs. 1 geändert durch Art. 6 d. Gesetzes v. 24. 11. 1992 (GV. NW. S. 446); in Kraft getreten am 12. Dezember 1992.

Fn 3

§ 37 Abs. 2 geändert durch Art. 6 d. Gesetzes v. 24. 11. 1992 (GV. NW. S. 446); in Kraft getreten am 12. Dezember 1992.

Fn 4

§ 61 Abs. 2 ber. (GV. NW. 1990 S. 580).

Fn 5

§ 15a eingefügt durch Art. 3 d. Gesetzes v. 9.5.2000 (GV. NRW. S. 452); in Kraft getreten am 31. Mai 2000.

Fn 6

§ 7, § 35 und § 53 geändert durch Artikel 1 d. Gesetzes v. 18.12.2001 (GV. NRW. S. 870); in Kraft getreten am 1. Januar 2002.

Fn 7

§ 34a eingefügt durch Artikel 1 d. Gesetzes v. 18.12.2001 (GV. NRW. S. 870); in Kraft getreten am 1. Januar 2002.



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